Um wettbewerbsfähig und flexibel am Markt als Industriebetrieb Bestand zu haben, gehören mittlerweile Veränderungen zu den täglichen Herausforderungen für Führungskräfte und Mitarbeiter.
Eine Zunahme der Komplexität der Umwelten, die Globalisierung sowie die Möglichkeiten durch Innovationen und Technologien stellen Unternehmen nahezu täglich vor neue Herausforderungen. Sie sind Chance und Risiko zugleich, so dass Flexibilität und gute Führung heutzutage zu den Grundvoraussetzungen für Erfolg zählen (Vgl. Oltmanns & Nemeyer, S. 28ff).
Doch nicht selten sehen sich Führungskräfte des mittleren Managements als Opfer und weniger als Gestalter der Veränderungsprozesse. Führungskräfte, die sich in der Rolle des Opfers befinden, sind nahezu unfähig an Handlungen zu denken, wenn sie unter Stress geraten. Sie verharren im Moment, verbringen ihre Zeit eher damit über die aktuelle Situation nachzudenken und neigen dazu übereilt auch negative Bedingungen hinzunehmen. Der geringe Optimismus, der bei diesen Führungskräften noch vorhanden ist wird mit auftretenden Schwierigkeiten schnell zunichte gemacht. Solche Führungskräfte werden auch als lageorientiert bezeichnet; dies bedeutet, dass sowohl positive als auch negative Ereignisse wenig bis gar keinen Eindruck bei ihnen hinterlassen. Die Gestalterrolle hingegen lebt mit der Einstellung: Ich vermag etwas zu bewegen. Diese Führungskraft kann die Lage überblicken, einordnen und beherrschen. Die Handlungsaktivitäten werden in die eigenen Hände genommen und so der Wandel gestaltet (Vgl. Rosenberger, S. 207).
Das mittlere Management bildet die Schnittstelle zwischen Strategie und Operationalisierung. Ihre Pflicht ist es, die operative Ebene so zu führen, dass die definierten, strategischen Ziele sowie die Unternehmensausrichtung erreicht werden. Diese Führungskräfte signalisieren ihre Bereitschaft, die Weiterentwicklung der Unternehmung im Sinne des Top-Managements zu unterstützen. Bei der Umsetzung vertreten sie dann aber gegenüber ihren Mitarbeitern eine ganz andere – ihre eigene – Meinung.
Diese Art der Macht verleitet viele Führungskräfte; bewusst oder unbewusst dazu, ihre eigenen Interessen zu befriedigen. Dabei gibt es jene, die die Angst vor Veränderungen überspielen und welche, die Ängste bei ihren Mitarbeitern schüren (Vgl. Doppler & Voigt, S. 65ff).
Eine repräsentative Studie im Rahmen eines Forschungsprojektes an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Hochschule Osnabrück zeigte, dass sich eine Führungskraft mit steigender Position in der Hierarchie immer weniger für sein Verhalten rechtfertigen muss. Diese Untersuchung wies nach, dass zwar Angebote zur Entwicklung von Führungskräften bestehen, die aber wiederum aufsteigend hierarchisch abnehmend genutzt werden (Vgl. Steinert, S. 12f).
Da das Verhalten von Führungskräften eine Vorbildfunktion im Unternehmen darstellt, ist es bei negativer Einflussnahme unweigerlich der Fall, dass viele Veränderungsvorhaben nicht die gewünschten Ergebnisse bringen. Oft wird auch die Ausrede verwendet zu wenig Handlungsspielraum zu haben, um Veränderungen herbei zu führen. Dies kann zum Gefühl der Ohnmacht führen, das weitreichend ineffizientes Vorgehen sowie Resignation zur Folge haben kann. Daher wirkt sich auch die Opfer- bzw. Gestalterrolle direkt auf die Mitarbeiter aus. Auch bei der Unternehmensdiagnose stellt sich immer wieder heraus, dass viel Ressourcenaufwand, Zeit und Energie durch das Verhalten der Führungskräfte zunichte gemacht wird (Vgl. Wielens (Hrsg.), S. 209f).
10,4 Millionen Treffer bei Google-Books mit dem Stichwort „Führung“ sprechen eine klare Sprache. Es gibt also nahezu unzählige Autoren und Wissenschaftler, die sich mit dem Thema Führungskultur und dessen Entwicklung auseinandersetzen.
So setzen sich beispielsweise Rodler und Kirchler mit der Führungsforschung auseinander und postulieren, dass Führung eine sehr große Nähe zu Macht und Einfluss hat. Dies bedeutet, dass dadurch die Möglichkeit entsteht auf das Handeln anderer einzuwirken. Die Beeinflussung kann sowohl positiv als auch negativ erfolgen (Vgl. Rodler & Kirchler, S. 10).
Die Schlussfolgerung daraus ist, dass gerade in Veränderungsprozessen die mittlere Führungskraft möglicherweise die größte Hebelwirkung hat.
Des Weiteren hat sich die Führungsforschung überwiegend mit Führungspersönlichkeit und –verhalten beschäftigt, um herauszufinden welche Faktoren für eine erfolgreiche Führung stehen. Doch mittlerweile findet ein Paradigmenwechsel statt; dies hat zur Folge, dass der Führungsprozess sowie der kognitive Prozess der Mitarbeiter in den Vordergrund der Forschungsbetrachtung rücken (Vgl. Graf & Van Quaquebeke, S. 291).
Im untersuchten Industriebetrieb sind Veränderungen basierend auf Umwelteinflüssen aber auch durch das Streben nach ständigen Verbesserungen an der Tagesordnung. Dadurch ergibt sich noch vielmehr der Wunsch des Top-Managements, dass die mittlere Führungsebene den Wandel proaktiver gestaltet. Macht und Ohnmacht – speziell im Veränderungsprozess – sind gerade im mittleren Management nahezu in jedem Unternehmen zu finden.
Im Industriebetrieb wurde dies einerseits durch das enorme Wachstum der letzten Jahre sowie das kürzlich implementierte Lean-Management. Dabei gibt jene, die sich stark abgrenzen, ihre Machtposition verdeutlichen und verteidigen sowie die, die hilflos und ohnmächtig zusehen sowie ihre Zeit damit verbringen nach den Schuldigen für Ihre Lähmung und für ihre Misserfolge zu suchen. Einflüsse wie Fachkräftemangel, Gesellschaftsverantwortung der Unternehmung, die wirtschaftliche Situation und zunehmender Wettbewerb verlangen nach Vorbildern, die die Unternehmensentwicklung nachhaltig mitgestalten und positiv beeinflussen.
Da nach wie vor starke hierarchische und fachspezifisch-orientierte Führung in Unternehmen vorherrschen, ist die Relevanz von zukunftsorientiertem Management sowie dessen Rolle als Inspirator und Wegbegleiter aktueller denn je. Bei der Weiterentwicklung eines Unternehmens ist das Thema Führungskultur einer der stärksten Einflussfaktoren und zu einem großen Teil für Erfolg oder Misserfolg verantwortlich.
Zusätzlich ist der Wandel der Denkweise von Mitarbeitern zu beachten, da diese eine andere Einstellung zum Thema Arbeitsplatz und -Klima haben und dadurch vermehrt zum partizipativen Arbeiten tendieren.
Da nur begeisterte Gestalter Andere ermutigen und auch Begeisterung in ihnen wecken können, ist es im Veränderungsprozess unabdingbar als Führungskraft die Funktion des Initiators und Begleiters einzunehmen. Aus diesem Grund werden sich Führungskräfte künftig anderen Herausforderungen stellen müssen als noch vor einigen Jahren.
„Es gibt mehr Leute, die kapitulieren, als solche, die scheitern.“
Henry Ford, Gründer der Ford Motor Company, 1863-1947
Aufgrund von Marktveränderungen oder anderen Einflüssen sollte es aber in einer Organisation mehr Gestalter als Opfer geben, um die notwendige Flexibilität und Wandlungsbereitschaft zu gewährleisten. Viele Veränderungsprojekte und Organisationsentwicklungsmaßnahmen scheitern oftmals an starren Strukturen und fest verankerten Verhaltensweisen von Führungskräften. Veränderungen werden zumeist von der Führungsebene initiiert und getrieben, wobei diese Arbeit bei der Rolle im Bereich des mittleren Managements ansetzt. Es handelt sich hierbei um jene hierarchische Ebene, die einerseits am meisten betroffen, aber auch den höchsten Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg von Veränderungen hat. Da die Einstellungen, Beweggründe und Verhaltensweisen der Menschen so unterschiedlich sind, liegt der Fokus nicht darauf Führungskräfte zu anderem Verhalten zu zwingen sondern ihnen eine neue Rolle im Wandel zuzuweisen. So werden aus Opfer Gestalter gemacht und aus Machtspielen eine Verantwortungsrolle generiert. Damit kann ihnen versinnbildlicht werden, welche wichtige Rolle sie im Veränderungsprozess haben und wie ihr gezielter Einsatz den Wandel positiv vorantreiben kann.
Zunächst soll die Frage beantwortet werden, inwiefern die Führung Einfluss auf organisationale Veränderungen hat und wie eine veränderungsorientierte Führungskultur aussehen könnte. Zudem ist es Ziel dieser Arbeit, einen generischen Leitfaden zu definieren, um von der eruierten IST-Führungskultur zur definierten transformationalen Führungskultur des mittleren Managements zu gelangen. Als Praxisbeispiel dient hier der Industriebetrieb. Es soll dabei ein Implementierungskonzept mit Hilfe des Transformationsmanagements kreiert werden, das auch auf andere Unternehmen, die vor den gleichen Herausforderungen stehen, anwendbar ist.
Die Grundlage bildet Fachliteratur zum Thema...