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E-Book

Traumatische Schädigungen des Nervensystems

AutorAndreas Ferbert, Raimund Firsching
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl216 Seiten
ISBN9783170266452
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis52,99 EUR
Verletzungen des Nervensystems zählen zu den häufigsten Verletzungsformen. Da es sich dabei nicht um eine 'elektive' Krankheit handelt, muss jeder Arzt mit den Grundproblemen der Behandlung vertraut sein. Das Buch gibt einen systematischen Überblick über die klinische Untersuchung, die bildgebende Diagnostik, die Sofortmaßnahmen, die operative und konservative Behandlung sowie die Spätfolgen. Behandelt werden Schädelhirntraumen aller Schweregrade und Verletzungen der Halswirbelsäule sowie der peripheren Nerven. In einem separaten Abschnitt werden auch die wichtigsten Fragen der Angehörigen in für den Laien verständlichen Begriffen beantwortet. Die Fragen basieren auf Gesprächen, die die Autoren in vielen Jahren klinischer Arbeit geführt haben.

Prof. Dr. Raimund Firsching ist Direktor der Neurochirurgischen Universitätsklinik Magdeburg. Prof. Dr. Andreas Ferbert ist Direktor der Neurologischen Klinik in Kassel.

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Leseprobe

2 Epidemiologie der Schädelhirnverletzung


Epidemiologische Daten zu Schädelhirnverletzungen sind spärlich. Wie bei anderen epidemiologischen Daten ist ihre Qualität entscheidend davon abhängig, welche Definitionen verwendet werden. Uneinheitliche Verwendung von Diagnosen führt dazu, dass verschiedene Studien schwer vergleichbar sind. Insbesondere trifft dies zu auf zeitliche Trends während der letzten Jahrzehnte und auf den internationalen Vergleich mit der Rate von Verletzungen in anderen Ländern. Mortalitätsstatistiken sind dabei noch die verlässlichsten Quellen. Statistiken über Behandlungen sind wegen der Mehrfachzählungen nur sehr eingeschränkt verwertbar. Da viele Schädelhirnverletzungen nicht zum Tode führen, ist die Datenlage bzgl. der wahren Inzidenz von Schädelhirnverletzungen schlecht.

In Deutschland weist das Jahrbuch des Statistischen Bundesamtes 2004 insgesamt etwa 818.000 Verstorbene aus, davon etwa 33.000, also 4 %, durch Unfälle. Dabei ist Unfall keineswegs gleich Verkehrsunfall: Nur 6.000 der o. g. 33.000 Unfälle sind Verkehrsunfälle. Häufiger noch als tödliche Verkehrsunfälle sind häusliche Unfälle mit Todesfolge. Die Verteilung nach den für die Ursache von Verletzungen relevanten ICD-Ziffern zeigt Tabelle 2.1.

Tab. 2.1: Tödliche Unfälle in Deutschland 2004 (Quelle: Jahrbuch des Statistischen Bundesamtes)

V01–V99

Transportmittelunfälle

6.087

W00–W19

Stürze

7.913

W65–W74

Unfälle durch Ertrinken

401

X00–X84

Exposition Rauch, Feuer

446

X60–X84

Vorsätzliche Selbstbeschädigung

10.733

X85–Y09

Tätlicher Angriff

526

Nicht zuzuordnen

6.619

Eine detailliertere Aufstellung nach Schädelhirnverletzungen ist nur aus der Statistik der vollstationär Behandelten zu ersehen (Tab. 2.2). Bei der Bewertung der Zahlen ist zu bedenken, dass einige Patienten mehrfach genannt werden können, andere, die nur ambulant behandelt wurden, gar nicht.

Tab. 2.2: Vollstationäre Behandlungen mit Kopfverletzungen in Deutschland 2003 (Quelle: Jahrbuch des Statistischen Bundesamtes)

ICD-Ziffer

S00

Oberflächliche Verletzung des Kopfes

22.108

S01

Offene Wunde des Kopfes

14.592

S02

Fraktur des Schädels (auch Gesichtsschädel)

48.132

S04

Verletzung von Hirnnerven

220

S05

Verletzung Auge und Orbita

6.512

S06

Intrakranielle Verletzung

212.120

S09

Sonstige Verletzungen des Kopfes

2.457

S00–S09

Verletzungen des Kopfes

314.369

Trends in der Mortalität des Schädelhirntraumas: Die Rate an Schädelhirnverletzungen ist in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen. Während sie 1972 bei 27,2 pro 100.000 Einwohnern lag, so lag sie 2000 bei 9 pro 100.000. Der stetig abnehmende Trend war nur kurzzeitig zwischen 1989 und 1991 unterbrochen durch die deutsche Wiedervereinigung (Steudel et al. 2005). Dieser Trend hat sich seit der Publikation von Steudel (Auswertung bis 2000) in den folgenden 4 Jahren noch fortgesetzt: 7.567 Tote durch Schädelhirntrauma im Jahr 2000 und 7.008 Tote im Jahr 2004).

Zahlen zur Inzidenz von Schädelhirnverletzungen (also nicht nur derjenigen mit Todesfolge) sind, wie oben ausgeführt, mit größerer Unsicherheit behaftet. In Deutschland wird für 1998 eine Zahl von 337/100.000 angegeben. In einem Literaturüberblick über das internationale Schrifttum schwanken die Zahlen zwischen 430 für England und Wales über 200 für Norwegen bis zu 98 in den USA (Steudel et al.). Es versteht sich von selbst, dass die letztgenannte Zahl aus den USA, die die Krankenhausfälle zählt, die wahre Zahl unterschätzt, nachdem in den letzten Jahren die Indikation zu einer stationären Aufnahme in den USA stetig strenger gestellt wurde. Der größte Teil der Schädelhirnverletzungen sind leichtere Verletzungen. Etwa 75 % dürften eine Commotio erlitten haben.

Die Bereitschaft, solche Patienten stationär aufzunehmen, ist international sehr unterschiedlich. Allerdings darf die Bedeutung der Patienten mit leichterem SHT nicht unterschätzt werden. Die vegetativen, kognitiven und emotionalen Folgen dieser Verletzungen sind sowohl für das Wohlbefinden des Betroffenen, aber auch bezüglich der volkswirtschaftlich entstehenden Kosten erheblich.

In den USA kamen im Jahre 2002 mehr als 160.000 Menschen in Folge eines Unfalls zu Tode. Unfallverletzungen waren damit die fünfthäufigste Todesursache. Unfälle stellten 6,6 % aller Todesursachen dar, während dieser Anteil in Deutschland 2004 4 % betrug. Inwieweit dies bedeutet, dass Unfälle in den USA um mehr als die Hälfte häufiger sind als bei uns, oder ob die Unterschiede zumindest teilweise durch unterschiedliche Methodik bedingt ist, muss offen bleiben. Altersbezogen hatten in den USA die über 75-Jährigen die größte unfallbedingte Mortalität. 30 % der zum Tode führenden Verletzungen betrafen die Kopf- und Nackenregion.

Tabelle 2.3 und 2.4 zeigen die Todesursachen. Auffällig ist vor allem, dass Morde durch Schusswaffen in den USA recht häufig sind. Betrachtet man die Verteilung der Verletzung nach Körperregionen (Tab. 2.5), so wird die große Bedeutung der Schädelhirnverletzungen deutlich, die hier den ersten Platz einnehmen.

Tab. 2.3: Unfalltod in den USA im Jahr 2002 (nach Minino et al. 2006)

Gesamtzahl der Unfalltoten

100 %

(n = 161.269)

Unbeabsichtigt

66 %

Suizid

20 %

Mord

11 %

Unklar

3 %

Tab. 2.4: Die fünf häufigsten zum Tode führenden Unfallursachen (USA)

Verkehrsunfall

27 %

Waffe

19 %

Vergiftung

16 %

Sturz

11 %

Erstickung (Suffocation)

8 %

Andere

19 %

Tab. 2.5: Verletzte Körperregion bei tödlichen Unfällen in den USA 2002 (insgesamt 247.000 verletzte Regionen)

Kopf und Hals

30 %

davon...

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