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E-Book

Tristan und Isolde

Die Opern der Welt

AutorRichard Wagner
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl190 Seiten
ISBN9783849601881
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,49 EUR
Dies ist das Libretto zur Oper Tristan und Isolde. Genießen Sie zum Klang Ihrer Lieblingsoper die Original-Texte auf Ihrem Bildschirm. Einzelne Akte und, falls mehrsprachig, Sprachen lassen sich über das Inhaltsverzeichnis auswählen.

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Leseprobe

Erster Aufzug


 

Zeltartiges Gemach auf dem Vorderdeck eines Seeschiffes reich mit Teppichen behangen, beim Beginn nach dem Hintergrunde zu gänzlich geschlossen; zur Seite führt eine schmale Treppe in den Schiffsraum hinab.

 

Isolde auf einem Ruhebett, das Gesicht in die Kissen gedrückt. – Brangäne, einen Teppich zurückgeschlagen haltend, blickt zur Seite über Bord –.

 

Erste Szene

STIMME EINES JUNGEN SEEMANNES aus der Höhe, wie vom Mast her, vernehmbar.

Westwärts

schweift der Blick;

ostwärts

streicht das Schiff.

Frisch weht der Wind

der Heimat zu:

mein irisch Kind,

wo weilest du?

Sind's deiner Seufzer Wehen,

die mir die Segel blähen?

Wehe, wehe, du Wind!

Weh, ach wehe, mein Kind!

Irische Maid,

du wilde, minnige Maid!

ISOLDE jäh auffahrend.

Wer wagt mich zu höhnen?

 

Sie blickt verstört um sich.

 

Brangäne, du?

Sag – wo sind wir?

BRANGÄNE an der Öffnung.

Blaue Streifen

stiegen im Westen auf;

sanft und schnell

segelt das Schiff:

auf ruhiger See vor Abend

erreichen wir sicher das Land.

ISOLDE.

Welches Land?

BRANGÄNE.

Kornwalls grünen Strand.

ISOLDE.

Nimmermehr!

Nicht heut noch morgen!

BRANGÄNE läßt den Vorhang zufallen und eilt bestürzt zu Isolde.

Was hör ich! Herrin! Ha!

ISOLDE wild vor sich hin.

Entartet Geschlecht!

Unwert der Ahnen!

Wohin, Mutter,

vergabst du die Macht

über Meer und Sturm zu gebieten?

O zahme Kunst

der Zauberin,

die nur Balsamtränke noch braut!

Erwache mir wieder,

kühne Gewalt;

herauf aus dem Busen,

wo du dich bargst!

Hört meinen Willen,

zagende Winde!

Heran zu Kampf

und Wettergetös!

Zu tobender Stürme

wütendem Wirbel!

Treibt aus dem Schlaf

dies träumende Meer,

weckt aus dem Grund

seine grollende Gier!

Zeigt ihm die Beute,

die ich ihm biete!

Zerschlag es, dies trotzige Schiff,

des zerschellten Trümmer verschling's!

Und was auf ihm lebt,

den wehenden Atem,

den laß ich euch Winden zum Lohn!

BRANGÄNE im äußersten Schreck um Isolde sich bemühend.

O weh!

Ach! Ach

des Übels, das ich geahnt!

Isolde Herrin!

Teures Herz!

Was bargst du mir so lang?

Nicht eine Träne

weintest du Vater und Mutter;

kaum einen Gruß

den Bleibenden botest du.

Von der Heimat scheidend

kalt und stumm,

bleich und schweigend

auf der Fahrt;

ohne Nahrung,

ohne Schlaf;

starr und elend,

wild verstört:

wie ertrug ich,

so dich sehend,

nichts dir mehr zu sein,

fremd vor dir zu stehn?

O, nun melde,

was dich müht!

Sage, künde,

was dich quält!

Herrin Isolde!

trauteste Holde!

Soll sie wert sich dir wähnen,

vertraue nun Brangänen!

ISOLDE.

Luft! Luft!

Mir erstickt das Herz!

Öffne! Öffne dort weit!

 

Brangäne zieht eilig die Vorhänge in der Mitte auseinander.

 

 

Zweite Szene

 

Man blickt dem Schiff entlang bis zum Steuerbord, über den Bord hinaus auf das Meer und den Horizont. Um den Hauptmast in der Mitte ist Seevolk, mit Tauen beschäftigt, gelagert; über sie hinaus gewahrt man am Steuerbord Ritter und Knappen, ebenfalls gelagert, von ihnen etwas entfernt Tristan, mit verschränkten Armen stehend und sinnend in das Meer blickend; zu Füßen ihm, nachlässig gelagert, Kurwenal. Vom Maste her, aus der Höhe, vernimmt man wieder die Stimme des jungen Seemanns.

 

DER JUNGE SEEMANN auf dem Maste, unsichtbar.

Frisch weht der Wind

der Heimat zu: –

Mein irisch Kind,

wo weilest du?

Sind's deiner Seufzer Wehen,

die mir die Segel blähen?

Wehe, wehe du Wind!

Weh, ach wehe, mein Kind!

ISOLDE deren Blick sogleich Tristan fand und starr auf ihn geheftet blieb, dumpf für sich.

Mir erkoren, –

mir verloren, –

hehr und heil –

kühn und feig!

Tod geweihtes Haupt!

Tod geweihtes Herz! –

 

Zu Brangäne, unheimlich lachend.

 

Was hältst du von dem Knechte?

BRANGÄNE ihrem Blicke folgend.

Wen meinst du?

ISOLDE.

Dort den Helden,

der meinem Blick

den seinen birgt,

in Scham und Scheue

abwärts schaut?

Sag, wie dünkt er dich?

BRANGÄNE.

Frägst du nach Tristan,

teure Frau?

Dem Wunder aller Reiche,

dem hochgepries'nen Mann?

Dem Helden ohne Gleiche,

des Ruhmes Hort und Bann?

ISOLDE sie verhöhnend.

Der zagend vor dem Streiche

sich flüchtet, wo er kann,

weil eine Braut er als Leiche

für seinen Herrn gewann!

Dünkt es dich dunkel,

mein Gedicht?

Frag ihn denn selbst,

den freien Mann,

ob mir zu nah'n er wagt?

Der Ehren Gruß

und zücht'ge Acht

vergißt der Herrin

der zage Held,

daß ihr Blick ihn nur nicht erreiche,

den Helden ohne Gleiche!

Oh, er weiß

wohl, warum!

Zu dem Stolzen geh,

meld ihm der Herrin Wort!

Meinem Dienst bereit,

schleunig soll er mir nah'n.

BRANGÄNE.

Soll ich ihn bitten,

dich zu grüßen?

ISOLDE.

Befehlen ließ

dem Eigenholde

Furcht der Herrin

ich, Isolde!

 

Auf Isoldes gebieterischen Wink entfernt sich Brangäne und schreitet verschämt dem Deck entlang dem Steuerbord zu, an den arbeitenden Seeleuten vorbei....

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