1Kleines Umsatzsteuer-ABC für Vereine
In diesem Kapitel werden zwanzig wichtige Fachbegriffe und Stichwörter rund um das Thema »Umsatzbesteuerung für Vereine« von A wie Aufzeichnungspflichten bis Z wie Zuschüsse in alphabetischer Reihenfolge erläutert. Themen, die eine ausführlichere Darstellung erfordern ‒ insbesondere die elektronische Steuererklärung mit ELSTER ‒, finden Sie in separaten Kapiteln.
1.1Aufzeichnungspflichten
Der Verein ist verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Die Aufzeichnungen richten sich danach,
welche Art von Umsätzen der Verein hat,
welche Vorsteuerbeträge er geltend machen will oder
welche Sondervorschriften für den Verein gelten.
Die Aufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmers und die abziehbaren Vorsteuern zu erhalten und die Grundlagen für die Steuerberechnung festzustellen. Entgelte, Teilentgelte, weitere Bemessungsgrundlagen sowie die Vorsteuerbeträge sind am Schluss jedes Voranmeldezeitraums zusammenzurechnen.
1.1.1Umfang der Aufzeichnungspflichten
Der Umfang der Aufzeichnungspflichten richtet sich nach der Art der Buchführung. Soweit die geforderten Angaben aus dem Rechnungswesen oder den Aufzeichnungen des Vereins eindeutig und leicht nachprüfbar hervorgehen, brauchen für die Umsatzsteuer keine gesonderten Aufzeichnungen gemacht zu werden.
Aus der Buchführung bzw. den Aufzeichnungen müssen unter anderem zu ersehen sein:
Die vereinbarten Entgelte für die vom Verein ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Umsätze auf die steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätze, wiederum getrennt nach Steuersätzen, verteilen.
Die Höhe der abziehbaren Vorsteuern und die Entgelte von Vorleistungen.
Ist der Verein nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt, so müssen aus den Aufzeichnungen diejenigen Vorsteuerbeträge eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sein, die den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen ganz oder teilweise zuzurechnen sind.
Wenn sich das Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Nutzungen von Anlagevermögen verändert und sich somit der Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten ändert, hat der Verein die Berechnungsgrundlagen für den Ausgleich vorzuhalten.
1.1.2Erleichterte Trennung der Bemessungsgrundlagen
Vereinen, die beispielsweise im Rahmen ihrer Gastronomie auch Lieferungen von Speisen außer Haus bewirken (Steuersatz 7 %) und denen wegen der Art und des Umfangs des Geschäfts eine Trennung der Entgelte und Teilentgelte nach Steuersätzen in den Aufzeichnungen nicht zuzumuten ist, kann das Finanzamt auf Antrag gestatten, die Entgelte und Teilentgelte nachträglich auf der Grundlage der Wareneingänge zu trennen.
Beispiel
Aus dem Vereinskiosk heraus werden nicht nur Waren mit 19 % verkauft, sondern auch Eis, Süßigkeiten, Bratwürste, Kuchen u. a., die nur mit 7 % versteuert werden müssen, da keine Verzehrmöglichkeiten bereitgestellt sind.
Im Einvernehmen mit dem Finanzamt werden ausgehend vom Wareneinkauf die Höhe der Verkaufserlöse für die einzelnen Warengruppen geschätzt. Aus den Gesamterlösen wird der rechnerische Anteil an ermäßigt besteuerten Erlösen herausgerechnet.
Eine Erleichterung der Aufzeichnungspflichten kommt nicht in Betracht, wenn eine Registrierkasse mit Zählwerken eingesetzt wird.
1.2Bescheinigung der Landesbehörde
In vielen Bereichen hängt die Umsatzsteuerbefreiung von einer Anerkennung der Tätigkeiten des Vereins durch die zuständige Landesbehörde ab. Die Prüfung, ob und für welchen Zeitraum der Verein die gleichen Aufgaben erfüllt wie eine staatliche Stelle, wird von der zuständigen Landesbehörde vorgenommen. Örtlich zuständig ist das Bundesland, in dem der Verein tätig ist. Die jeweils zuständige Landesbehörde wird von der Landesregierung nach der Ressortzuständigkeit der Landesministerien festgelegt.
Nach Erteilen der Bescheinigung entscheidet das zuständige Finanzamt des Vereins, ob die Voraussetzungen der Steuerbefreiung im Übrigen vorliegen. Dazu gehört, ob die jeweils erbrachte Leistung dem Leistungskatalog der Bescheinigung entspricht oder ob die Leistungen anderen Zwecken, beispielsweise der bloßen Freizeitgestaltung, dienen.
Eine erteilte Bescheinigung gilt als Grundlagenbescheid, der Bindungswirkung entfaltet, solange er nicht geändert oder aufgehoben wird. Die Bescheinigung schafft die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Leistungen für den in ihr bezeichneten Zeitraum, also möglicherweise auch für Zeiträume vor der Antragstellung.
Die Finanzämter sind angewiesen, die zuständige Landesbehörde von Amts wegen einzuschalten, wenn ein Unternehmen unter die Befreiungsvorschrift fallen könnte.
Bescheinigung über die Durchführung kultureller Tätigkeiten
Generell unterliegen kulturelle Tätigkeiten von Vereinen dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Da die Umsätze der von Gebietskörperschaften geführten Theater, Orchester, Kammermusikensembles und Chöre steuerfrei sind, sieht das Gesetz aus Gründen der Gleichbehandlung eine Befreiung der Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer vor. Die Interessen der Kulturtreibenden sind nicht unbedingt auf eine Steuerbefreiung gerichtet, da mit der Befreiung ein Verlust des Vorsteuerabzugs einhergeht.
Voraussetzung für die Befreiung ist eine Bestätigung der zuständigen Landesbehörde (Kultusministerium), dass die anderen Einrichtungen die gleichen kulturellen Aufgaben wie die Einrichtungen der Gebietskörperschaften erfüllen.
Um diese Bescheinigung der Landesbehörde herum hat sich im Laufe der Jahre eine vielfältige Rechtsprechung ergeben. Unübersichtlich ist die Rechtslage, weil das Kultusministerium über die Bescheinigung ‒ teilweise rückwirkend ‒ entscheidet und diese als Grundlagenbescheid unmittelbar für das Besteuerungsverfahren Anwendung findet. Die zulässige Antragstellung auch durch das Finanzamt einerseits und die Anerkennung von Einzelkünstlern als »Einrichtung« andererseits haben nicht zur Klarheit beigetragen.
Hinweis
Da bei sonstigen Einrichtungen auch die Finanzverwaltung nachträglich die Bescheinigung bei der Kulturbehörde beantragen kann, sollte das Antragsverfahren in jedem Fall durchgeführt werden, um spätere unliebsame Überraschungen (Schulden einer unberechtigt ausgewiesenen Mehrwertsteuer und Wegfall des Vorsteuerabzugs) durch eine nachträglich erteilte Bescheinigung auszuschließen.
Hinweis
Für die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten gibt es kein gesondertes Bescheinigungsverfahren, vielmehr wirkt die Bescheinigung des Künstlers auf den Veranstalter durch.
1.3Einfuhrumsatzsteuer
Der Einfuhrumsatzsteuer unterliegt die Einfuhr von Gegenständen aus dem Ausland (Nicht-EU-Land) in das Inland. Die Einfuhrumsatzsteuer wird im Rahmen der zollamtlichen Abfertigung erhoben. Die Höhe der Einfuhrumsatzsteuer bemisst sich nach dem Wert des eingeführten Gegenstands (Zollwert). Soweit der eingeführte Gegenstand im Verein für steuerpflichtige Ausgangsumsätze genutzt wird, kann die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer verrechnet werden, sofern der Verein kein Kleinunternehmer ist.
1.4Entstehung der Umsatzsteuer
Grundsätzlich entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldezeitraums, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt worden ist. Die Steuer entsteht in der gesetzlichen Höhe, unabhängig davon, ob der Leistende eine Rechnung geschrieben hat oder nicht. Lieferungen und Werklieferungen sind ausgeführt, wenn der Empfänger der Lieferung die Verfügungsmacht über den zu liefernden Gegenstand erlangt. Das ist grundsätzlich mit der Übergabe des Gegenstands der Fall. In Beförderungsfällen gilt die Lieferung bereits mit Beginn der Beförderung als ausgeführt.
Sonstige Leistungen und Werkleistungen sind im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt. Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen ist die Leistung mit Beendigung des entsprechenden Rechtsverhältnisses ausgeführt, es sei denn, die Beteiligten hatten Teilleistungen vereinbart.
Anzahlungen, Abschlagszahlungen, Vorauszahlungen oder Vorschüsse unterliegen der Umsatzbesteuerung im Zeitpunkt der Vereinnahmung.
Leistungen können in Teilleistungen aufgeteilt und entsprechend versteuert werden, wenn die Teilleistung als solche im Voraus und zivilrechtlich wirksam zwischen den Vertragsparteien vereinbart ist.
1.4.1Soll- oder Ist-Besteuerung
Grundsätzlich hat der Verein seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten zu besteuern. Das bedeutet, dass der einzelne Umsatz derjenigen Steuererklärung (Voranmeldung) zuzuordnen ist, die für den Zeitraum abzugeben ist, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Diese Besteuerungsart wird als Soll-Besteuerung bezeichnet.
1.4.2Berechnung nach vereinnahmten Entgelten
Vereine, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 500.000 EUR betragen...