Ungestraft rasen, lauschen und beleidigen
Die Realität
Schnell fahren ist ein Grundbedürfnis des gemeinen Deutschen. Obwohl es auf bundesdeutschen Autobahnen noch immer kein Tempolimit gibt, sind die meisten interessanten Streckenabschnitte auf Tempo 120, nicht selten auch auf 100 oder gar 80 km/h begrenzt. Den passionierten Raser interessiert dies so lange nicht, wie das Bußgeld noch bezahlbar und das Punktekonto in Flensburg noch übersichtlich ist. Verkehrsteilnehmer, die auf freie Fahrt bestehen, rüsten mit Radarwarngeräten auf, deren Einsatz allerdings verboten ist und unter Strafe steht.
Die Fakten
In Europa werden annähernd 100 Prozent aller Radarmessungen im sogenannten K-Band, also mit 24,15 GHz, und im Ka-Band (34,36 GHz) durchgeführt. In Spanien, Holland und England gibt es überdies 13,45 GHz und in Frankreich 9,90 GHz. Die Messungen passieren in diesen Fällen auf den letzten 40 Metern bis zum Blitzer.
»Wer auch immer sich bemüßigt fühlt, ein Radarwarnsystem in seinem Wagen zu installieren, sollte diese Daten also beachten«, sagt ein Händler auf Nachfrage.
Die Warngeräte funktionieren nicht, wenn – wie in der Schweiz üblich – Infrarotmessungen vorgenommen werden. Diese Messungen werden in einem Bereich von 43 bis 50 Metern vorgenommen und sind nur durch einen sogenannten Infrarotstörer (ab ca. 175 Euro) zu bekämpfen.
Nun gibt es aber auch noch die Lichtschrankenmessung. Dagegen gibt es zunächst gar keinen Schutz. Zunächst! Die Lichtschranke an sich lässt sich weder frühzeitig erkennen noch effizient stören. Die einzige Schwachstelle in diesem komplexen System ist die Funkverbindung zwischen der Lichtschranke und der Kamera, die das Erinnerungsbild anfertigt. Diese Funkverbindung lässt sich durch einen Lichtschrankenschutz stören. So etwas kostet rund 175 Euro aufwärts.
Misst der Verkehrspolizist mit einer Laserpistole, die eine Reichweite von bis zu 1000 Metern hat, hilft nur noch beten, ein Power-Slide, oder man besitzt einen Laserwarner bzw. einen Laserstörer (ab ca. 599 Euro).
Die fest installierten Starenkästen und Rotlichtblitzer funktionieren über Kontaktschleifen in der Fahrbahn. Hier gibt es zunächst einmal gar nichts, was ein Gerät vorab messen könnte. Da die Geräte aber über einen längeren Zeitraum an ein und derselben Stelle stehen, gibt es für interessierte Autofahrer im Internet informative Seiten wie www.radarfalle.de, die umfangreiche Auskünfte vermitteln können.
Warnung über Navigationssystem und iPhone
Die meisten Hersteller von Navigationssystemen bieten den Service an, vor Starenkästen zu warnen, die sich auf der geplanten Route versteckt halten. Außerdem steht es natürlich jedem Besitzer eines solchen Navigationsgerätes frei, sich über die sogenannte Point-of-Interest-Funktion (Krankenhäuser, Werkstätten, Sehenswürdigkeiten), also die interessanten Punkte am Wegesrand entlang, die gängigen Rotlicht- und Geschwindigkeitsblitzer selbst zu markieren.
Für Smartphones gibt es beispielsweise die App von www.blitzer.de. Sie ist gratis und verwandelt ihr Smartphone in einen veritablen Radarwarner. Nähert sich der interessierte Fahrer einem Starenkasten, erinnert ihn ein Ping-Signal und ein Blitzer-Icon vor der stationären Geschwindigkeitsmessung.
Der Kamera-Locator
Schwierig wird das persönliche Raserschutzschild bei Videoaufnahmen aus nachfahrenden Zivilfahrzeugen. Interessant hierbei ist, dass die Messung über eine Distanz von mindestens 400 bis 500 Metern mit gleichmäßigem Abstand durchgeführt werden muss. Wer den Videobeweis frühzeitig erkennen möchte, braucht einen Videokamera-Locator, den es im Fachhandel zu erstehen gibt, oder das geschulte Auge im Rückspiegel.
Schutz vor Abstandsmessungen auf Autobahnen, die in der Regel mit Geschwindigkeitsmessungen durch Radar oder Laser einhergehen, bieten nur die oben genannten Radar- und Laserwarngeräte. Zu erkennen sind diese Messungen im Bereich vor Autobahnbrücken. Wenn am rechten Standstreifen weiße Markierungsstriche im Abstand von je 50 Metern entdeckt werden, ist die Messstelle mit zwei Videokameras auf der kommenden Brücke meist nicht mehr weit. Der Rundumschutz, also alle Warngeräte zusammen, würden in etwa 1500 Euro kosten – ohne Einbau. Dafür kann man zusammengerechnet mehr als 30-mal 20 km/h zu schnell fahren.
Aber, Vorsicht. Das ist verboten!
Das sagt der Gesetzgeber
Paragraf 23 der Straßenverkehrsordnung verbietet den Einsatz dieser Gerätschaften: »Dem Führer eines Kraftfahrzeuges ist es untersagt, ein technisches Gerät zu betreiben oder betriebsbereit mitzuführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören.« Wer es dennoch tut, muss mit vier Punkten in Flensburg und 75 Euro Geldbuße rechnen. Der Verkauf und der Besitz eines oder mehrerer dieser Geräte ist allerdings nicht verboten. Sammler elektronischer Gadgets können also aufatmen.
Schuld und Sühne
Tempoüberschreitungen und was sie in Euro, Punkten und Fahrverbot kosten (Stand 1. Juni 2017): |
bis 10 km/h innerorts | 15 Euro |
bis 10 km/h außerorts | 10 Euro |
11 bis 15 km/h innerorts | 25 Euro |
11 bis 15 km/h außerorts | 20 Euro |
16 bis 20 km/h innerorts | 35 Euro |
16 bis 20 km/h außerorts | 30 Euro |
21 bis 25 km/h innerorts | 80 Euro, 1 Punkt |
21 bis 25 km/h außerorts | 70 Euro, 1 Punkt |
26 bis 30 km/h innerorts | 100 Euro, 1 Punkt |
26 bis 30 km/h außerorts | 80 Euro, 1 Punkt |
31 bis 40 km/h innerorts | 160 Euro, 2 Punkte, 1 Monat |
31 bis 40 km/h außerorts | 120 Euro, 1 Punkt |
41 bis 50 km/h innerorts | 200 Euro, 2 Punkte, 1 Monat |
41 bis 50 km/h außerorts | 160 Euro, 2 Punkte, 1 Monat |
51 bis 60 km/h innerorts | 280 Euro, 2 Punkte, 2 Monate |
51 bis 60 km/h außerorts | 240 Euro, 2 Punkte, 1 Monat |
61 bis 70 km/h innerorts | 480 Euro, 2 Punkte, 3 Monate |
61 bis 70 km/h außerorts | 440 Euro, 2 Punkte, 2 Monate |
über 70 km/h innerorts | 680 Euro, 2 Punkte, 3 Monate |
über 70 km/h außerorts | 600 Euro, 2 Punkte, 3 Monate |
Rote Ampel überfahren kostet in Euro, Punkten und Fahrverbot: |
ohne Gefährdung anderer: | 90 Euro, 1 Punkt |
mit Gefährdung: | 200 Euro, 2 Punkte, 1 Monat |
Rotphase länger als 1 Sekunde ohne Gefährdung: | 200 Euro, 2 Punkte, 1 Monat |
Rotphase länger als 1 Sekunde, mit Gefährdung: | 320 Euro, 2 Punkte, 1 Monat |
Das System Flensburg
Die Punkte werden bekanntermaßen im Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg gesammelt und gespeichert. Wer insgesamt 18 Punkte erreicht hat, bekommt den Führerschein für mindestens 6 Monate entzogen.
Es gilt: | 1–3 Punkte: Vormerkung |
Allerdings sollten Sie wissen, dass es im Mai 2014 eine Reform des Bußgeldkatalogs gab. Daraus ergibt sich, dass einem Autofahrer nach dem neuen Punktesystem eine Fahrerlaubnis nur dann entzogen werden darf, wenn die Maßnahmen beider Vorstufen (Ermahnung und Verwarnung) stattgefunden haben! Das heißt: Jemand, der ohne Ermahnung...