BEDARFSGERECHTE HAUSPLANUNG
Das eigene Wohnhaus ist meist die mit Abstand größte Investition, die eine Familie jemals tätigt – aber nicht nur das: Vor dem Bauen muss man über viele Aspekte seines Lebens nachdenken und sich über Wünsche und Pläne für die Zukunft klar werden.
Im ersten Teil dieses Buches wollen wir versuchen, Ihnen eine Richtschnur an die Hand zu geben, die Ihnen bei diesen Überlegungen hilft und die wichtigsten Fragen nicht nur formuliert, sondern auch verschiedene mögliche Antworten anbietet und deren Folgen durchspielt. Angefangen bei der Suche nach einem geeigneten Grundstück über die Bedarfsermittlung bis hin zur Umsetzung in ein Projekt stellen wir Ihnen Ihre Möglichkeiten, aber auch manche Gefahren vor, damit Sie bewusst und mit soliden Informationen an die Planung Ihres eigenen Hauses herangehen können. Themen aus Bautechnik und Baudurchführung werden dann in späteren Kapiteln abgehandelt.
Wo wollen wir leben?
Einige der wichtigsten Entscheidungen über das neue Haus werden schon beim Grundstückskauf getroffen. Der Bauplatz beeinflusst die weitere Planung nicht nur durch seinen Kaufpreis (siehe „Die Finanzierung“ ab Seite 101), sondern auch durch seine Lage und Beschaffenheit.
Die Lage des Wohnorts
Bei der Suche nach einem Bauplatz steht die Entscheidung für einen künftigen Wohnort an. Dabei ist fast immer vor allem die Entfernung zum Arbeitsplatz und zur Schule beziehungsweise Kindertageseinrichtung von entscheidender Bedeutung. Auch weitere relevante Infrastrukturen wie Sportanlagen, Einkaufsmöglichkeiten, Angebote zur Naherholung etc. sowie deren Entfernung zum eigenen Heim spielen eine große Rolle.
Wenn man für die täglichen Wege zur Arbeit, zum Lernort, zum Einkaufen große Entfernungen überwinden muss und dafür womöglich auf das Auto angewiesen ist, läuft man – neben dem für das Pendeln entstehenden Zeitaufwand – Gefahr, dass die Kosten für individuelle Mobilität sich entscheidend auf die Kalkulation der künftigen Lebenshaltungskosten auswirken.
Die weitere Entwicklung dieser Kosten ist zwar schwer auf den Euro genau zu prognostizieren, sie werden aber nach allen aktuellen Erkenntnissen auch in Zukunft stärker steigen als die allgemeine Inflation. Nicht kalkulierbar ist auch die politische Verlässlichkeit in Hinblick auf die steuerliche Entlastung der Berufspendler. Vor diesem Hintergrund sollte man sich vor dem Grundstückskauf kritisch folgende Fragen stellen:
Wie weit (in Kilometern und Fahrzeit) ist mein Arbeitsplatz vom jeweiligen Bauplatz entfernt?
Kann ich diese Distanz mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen, oder brauche ich dafür unbedingt das Auto?
Braucht die Familie künftig sogar ein zweites Auto, um die notwendige Mobilität sicherzustellen?
Das Ergebnis dieser Rechnung könnte in manchen Fällen sein, dass die zu erwartenden Kosten für Kauf und Betrieb eines zweiten (oder auch des ersten) Autos dafür sorgen, dass ein vermeintlich günstiger Bauplatz auf dem Land sich schon nach wenigen Jahren als kostspieliger erweist als ein teureres Grundstück in besserer Lage – von den ökologischen Folgen des Autoverkehrs ganz zu schweigen …
Unter „Lage“ ist nicht nur zu verstehen, in welcher Umgebung das Haus steht, sondern auch, wie gut es in Bezug auf die örtlichen Gegebenheiten ausgerichtet ist. Hier sind die Nutz- und Wirtschaftsräume zur dunkleren und lauteren Straßenseite ausgerichtet, die Wohnräume sind heller, ruhiger und bieten einen schönen Blick ins Grüne.
Lage des Grundstücks im Ort
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Lage des Grundstücks im Ort. So zieht es junge Familien oft in Lagen an den Rändern von Städten, wo ihre jüngeren Kinder günstig in die Natur, zu Sportplätzen etc. gelangen können. Für Bauherren ohne Kinder oder mit Kindern im Teenageralter ist oft der kurze Weg in die Stadtbeziehungsweise Ortsmitte mit ihren Möglichkeiten für Einkauf, Freizeitgestaltung und Kultur wichtiger, so dass sie zentrumsnahe Lagen bevorzugen. Dabei sind auch die Distanzen zu Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs sowie dessen Betriebszeiten und Taktfrequenzen zu berücksichtigen.
Kommen wir für alltägliche Verrichtungen wie Einkauf, Schulweg der Kinder etc. ohne Auto aus?
Können sich die Kinder weitgehend selbstständig bewegen (zu Fuß, mit dem Fahrrad oder per Bus oder Bahn), oder sind sie für Fahrdienste auf die Eltern angewiesen?
Wenn man sich auf den künftigen Wohnort und die Lage des künftigen Hauses festgelegt hat, kann die genauere Bewertung des Grundstücks beginnen.
Grundstücksgröße
Die Größe des Grundstücks ist ein wichtiger Entscheidungsfaktor, nicht nur wegen der Frage, ob ein Haus in der gewünschten Dimension überhaupt darauf Platz hat und sinnvoll angeordnet werden kann. Da sich die Quadratmeterzahl des Baulands direkt auf den Preis auswirkt, steckt darin auch der Schlüssel zur Einhaltung des Kostenrahmens.
Grundstückszuschnitt
Ein gut geschnittenes Grundstück kann auch bei geringerer Größe erheblich besser nutzbar sein als eine größere Parzelle in ungünstiger Geometrie! Daher sollte man zuerst anhand des Lageplans versuchen, die folgenden Fragen zu beantworten:
Traumhafte Lage mit tollem Ausblick in die Natur… aber wie sieht es hier mit den täglichen Wegstrecken für die Familie aus?
Ermöglicht das Verhältnis von Länge zu Breite einen günstigen Grundriss und die gewünschte Ausrichtung für das Haus?
Auf welcher Seite des (geplanten) Hauses liegt der Garten?
Wo kann ich das Auto (die Autos?) unterbringen?
Dabei spielt neben den Abmessungen des Flurstücks auch die Bebaubarkeit eine Rolle, die üblicherweise aus den Festsetzungen des dort gültigen Bebauungsplans hervorgeht. Näheres zu Bebauungsplänen finden Sie ab Seite 232.
Ausrichtung (Himmelsrichtung)
Unter der Ausrichtung eines Grundstücks versteht man die Himmelsrichtung, in die sich das darauf zu bauende Haus sinnvollerweise orientieren soll. Üblicherweise ist es günstig, wenn Bauplätze von Norden oder Osten her zugänglich sind, weil sich dann bei sinnvollem Grundstückszuschnitt hinter dem Haus ein geschützter Garten ergibt, der in Richtung Süden oder Westen ausgerichtet ist. Aus diesen Himmelsrichtungen scheint die Sonne am Mittag und Nachmittag, somit zu den Zeiten, in denen Gärten überwiegend genutzt werden.
Es gibt aber auch Menschen, die ihren Garten am liebsten vormittags nutzen – für sie eignet sich ein von Westen erschlossener Bauplatz mit einem nach Osten ausgerichteten Hausgarten.
Entsprechend hat die Ausrichtung des Grundstücks eine entscheidende Bedeutung für die Besonnung des Hauses. Grundrisse von Wohngebäuden sind üblicherweise so gestaltet, dass sich die Wohnräume zum Garten hin öffnen. Zusammen mit dem bereits Gesagten bedeutet dies, dass die Sonne von der Gartenseite ins Haus einfällt, die (lautere) Straße möglichst auf einer anderen Seite liegen sollte, wie in der Skizze auf Seite 13 dargestellt.
Topografie
Viele Bauherren stellen sich ihr Haus auf einem ebenen Grundstück vor. Neben dem Wunsch nach einem gut nutzbaren Garten liegt dies oft schlicht daran, dass ein Wohnhaus in der Regel auf einem flachen Stück Land vorkommt, dass man das so gewöhnt ist.
Grundstücke in Hanglage gelten im Vergleich dazu als eingeschränkt nutzbar und bautechnisch schwierig. Wenn man nicht gerade ein Fertighaus unverändert aus dem Katalog bestellen will, ist dies ein bedauerliches Vorurteil: die technischen Probleme sind heutzutage fast immer gut lösbar, und die planerische Herausforderung einer Hanglage führt oft zu besonders reizvollen Ergebnissen.
Hanglagen bieten oft eine Aussicht über die benachbarte Bebauung hinweg, die im Haus erlebbar gemacht werden kann. In vielen Fällen lassen sich vielgestaltige Wohnlandschaften auf mehreren Ebenen auf besonders interessante Weise in Grundstücke in Hanglagen integrieren.
Ein weiterer Vorteil von Häusern am Hang liegt darin, dass sie den Zugang auf das Grundstück– und somit die Nutzung von privaten Freiräumen im Gelände – nicht nur auf einem Geschoss, sondern von mehreren Ebenen aus ermöglichen. So...