Studien zeigten, dass regelmäßige, sportliche Aktivität die Lebensqualität von Krebspatienten in der Rehabilitation verbessert sowie krankheits- und therapiebedingte Beschwerden wie u. a. die tumorbedingte Fatigue lindern kann. In einer Kontrollstudie konnte dieses Ergebnis durch Einsatz eines strukturierten Übungsprogramms, bestehend aus einem Kraft- und einem Ausdauerteil, bei Brustkrebspatientinnen mit Fatigue bestätigt werden. In der Kontroll- und Trainingsgruppe verbesserten sich während der stationären Zeit die Werte für Lebensqualität und Fatigue. Innerhalb der drei Monate nach der stationären Zeit stieg die Lebensqualität der Frauen der Trainingsgruppe, die regelmäßig das Programm trainierten, weiter an und die Fatigue nahm ab. In der Kontrollgruppe hingegen näherten sich die Werte wieder dem Ausgangsstadium zu Beginn der stationären Rehabilitation an.
Einleitung: Verschiedene Studien in der letzten Zeit zeigten positive und mehrdimensionale Wirkungen von sportlicher Aktivität auf tumorbedingte Fatigue und weitere Lebensqualitätparameter. Im Rahmen einer prospektiv randomisierten Interventionsstudie wurde von Juni 2005 bis Mai 2006 an der Sonnenberg-Klinik in Bad Sooden-Allendorf ein speziell entwickeltes Sport- und Übungsprogramm für Brustkrebspatientinnen mit Fatigue auf seine Effektivität hinsichtlich einer Verbesserung der tumorbedingten Fatigue bzw. der allgemeinen Lebensqualität untersucht. Das Programm beinhaltet Elemente des Muskelkraft- und Dehnungstrainings sowie eine detaillierte Anleitung zum aeroben Ausdauertraining. Bei den 63 Probanden handelte es sich um Frauen, die aufgrund einer Brustkrebserkrankung eine stationäre Rehabilitation in Anspruch nahmen und die zusätzlich unter einer außerordentlichen Müdigkeit, einer Fatigue litten.
Patienten und Methoden: Die 63 Patientinnen mit Brustkrebs und Fatigue wurden gebeten, 4 verschiedene Fragebögen zu 3 Zeitpunkten zu beantworten: t1 = Beginn der stationären Rehabilitation, t2 = Ende der stationären Rehabilitation, t3 = 3 Monate nach t2. Im Rahmen der Eingangsdiagnostik, wurde mit Hilfe eines Fatigue-LASA ein Screening zur Ausprägung der Müdigkeit und Erschöpfung durchgeführt. Patientinnen mit einem Score von mindestens 4 wurde die Teilnahme an der Studie angeboten. Mit Hilfe eines Randomisierungsverfahrens wurden die Teilnehmerinnen eingeteilt in eine Kontrollgruppe (n = 31), die das Übungsprogramm nicht trainiert und in eine Interventionsgruppe (n = 32), die angehalten wurde, dreimal pro Woche die Kraft- und Dehnungsübungen zu trainieren und zweimal pro Woche das Ausdauertraining durchzuführen. Um die Effektivität hinsichtlich einer Verbesserung der Lebensqualität bzw. Verringerung der Fatigue, Angst und Depression zu überprüfen, wurden folgende Messinstrumente eingesetzt: Das „Functional Assessment of Chronic Illness Therapy (FACIT) Measurement System“ fragt durch das Grundmodul FACIT-G die Lebensqualität direkt ab. Durch entsprechende krankheitsspezifische Zusatzmodule ergänzt, lässt sich mit dem FACIT außerdem eine Aussage zum aktu¬ellen Grad der Fatigue machen. Das „Multidimensional Fatigue Inventory“ (MFI) dient ausschließlich der Messung von Fatigue. Die „Hospital Anxiety and Depression Scale” (HADS) stellt durch Aufzeigen der Angst und Depression indirekt die Lebensqualität dar. Zu den Zeitpunkten t1 und t2 erfolgte zusätzlich eine leistungsdiagnostische Untersuchung im Ausdauer- und Kraftbereich. Zur Prüfung von Kraftveränderungen wurde ein semi-objektives und apparatives Messverfahren zur Messung der isometrischen Maximalkraft der Armbeuger und der Beinstrecker verwendet. Die individuelle Ausdauerleistungsfähigkeit wurde mit dem Harvard-Step-Test anhand der Belastungs- und Erholungsfrequenz abgeschätzt.
Ergebnisse: Das Screeningverfahren zeigte eine starke Verbreitung von Fatigue bei Brustkrebspatientinnen (79%). Das Patientenkollektiv setzte sich zu über 40% aus 41–50jährigen zusammen. Bei über der Hälfte der Patienten lag die Ersterkrankung weniger als ein Jahr zurück. Alle Frauen wurden operiert und jeweils über 60% unterzogen sich einer Strahlen- bzw. Chemotherapie. Die sportliche Aktivität war vor und während der Therapie sowie während der stationären Rehabilitation zwischen Kontroll- und Trainingsgruppe vergleichbar. Nach der stationären Rehabilitation war die Trainingsgruppe aufgrund des Übungsprogramms sportlich deutlich aktiver als die Kontrollgruppe. Die Lebensqualität verbesserte sich in der Trainingsgruppe von t1 nach t3 signifikant, in der Kontrollgruppe war von t1 nach t3 kein signifikanter Zeiteffekt festzustellen (Ergebnisse FACIT-G). Genauso sank die Fatigue in der Trainingsgruppe von t1 zu t3 signifikant, in der Kontrollgruppe hingegen nicht (Ergebnisse FACIT-F). Der MFI zeigte ebenfalls eine deutliche Verbesserung der Fatigue von t1 zu t3 in der Trainingsgruppe an und eine weniger ausgeprägte in der Kontrollgruppe. Gruppeneffekte waren nicht signifikant, da die Werte beider Gruppen am Ende der stationären Zeit (t2) nah beieinander lagen. Die Angst- und Depressionswerte lagen in beiden Gruppen nicht im auffälligen Bereich (Ergebnis HADS). Bei Betrachtung der Ergebnisse liegt die Vermutung nahe, dass sich die Mittelwerte der Kontroll- und Trainingsgruppe zu einem vierten Messtermin (6 Monate nach Ende der stationären Rehabilitation) noch stärker unterscheiden würden: Während die Trainingsgruppe an Lebensqualität zugewinnt, bleiben die Werte der Kontrollgruppe konstant oder verschlechtern sich weiter. Die leistungsdiagnostischen Kraftmessungen zeigten nur einen schwachen Gruppeneffekt, allerdings einen deutlichen Zeiteffekt bei beiden Gruppen (Ergebnis Messung der isometrischen Maximalkraft). Das Sportprogramm der Klinik führte zu einem Anstieg der Kraftwerte. Der Zeiteffekt, der bei den Kraftmessungen vorliegt, ist mit einer Verbesserung der intra- und intermuskulären Koordination zu begründen. Die Ausdauermessung mit dem Harvard-Step-Test zeigten keine deutlichen Verbesserungen, da die Trainingszeit von drei Wochen (t1 bis t2) für morphologische Adaptationen des Organismus nicht reichten. Aus trainingswissenschaftlicher Sicht wäre eine erneute Messung der Kraft- und Ausdauer nach drei Trainingsmonaten sinnvoll, um neben koordinativen auch morphologische Adaptationen bestätigen zu können. Insgesamt stellte sich das Programm als geeignet und gut durchführbar heraus und wurde von den Patientinnen gerne als Orientierungshilfe für die Zeit nach der stationären Rehabilitation genutzt.
Schlagwörter:
Rehabilitation – Brustkrebs – sportliche Aktivität – Lebensqualität – Fatigue
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