Das Geheimnis: selbst kochen
»Vegan« allein ist natürlich noch lange kein Garant fürs Abnehmen. Denn wie bei Biolebensmitteln hat sich auch hier eine Industrie entwickelt, die den Verbraucher mit all dem versorgt, was er zu brauchen meint. Und so findet man in Bioläden, Reformhäusern, gutsortierten Supermärkten und Internetshops ein ständig wachsendes Angebot an veganen Nahrungsmitteln, die alles andere als schlank machen. Auch vegane Schoko-Nuss-Creme enthält nichts anderes als Fett, Zucker, Nüsse und Kakaopulver (und ein paar andere Zutaten wie Emulgatoren oder Aromen). Vegane Schokoriegel liefern genauso viele Kalorien wie »normales« Naschwerk. Vegane Salami erhält ihr Aroma neben Zucker und Fett vor allem durch Hefeextrakt, das zwar nicht durch eine E-Nummer gekennzeichnet werden muss, dessen Salze chemisch aber denen in Natriumglutamat (E 621) gleichen – das, ganz nebenbei, unter Verdacht steht, das natürliche Sättigungsgefühl zu beeinträchtigen und ein permanentes Heißhungergefühl auszulösen.
Nur wer selbst mit frischen Zutaten kocht, kann auch selbst darüber bestimmen, was auf den Teller kommt. Ein Blick auf die Zutatenliste vieler veganer Fertiggerichte zeigt, dass Essen, das auf tierische Bestandteile verzichtet, nicht gleichzeitig »natürlich« sein muss. Säuerungs- und Verdickungsmittel etwa sind fast immer ebenso fester Bestandteil wie der schon erwähnte Hefeextrakt. Die wenigsten würden wohl von sich aus zu den Zutaten greifen, die sich in vielen Dosen, Tüten und anderen Packungen finden. Wahrscheinlich wüssten sie auch gar nicht, wo sie Weizeneiweiß, Maltodextrin, Glukose-Fruktose-Sirup oder modifizierte Stärke bekommen sollten.
»Billige« Energie aus Weißmehl
Weizeneiweiß ist nicht nur für Menschen gefährlich, die an Zöliakie leiden. Die sind wahrscheinlich ohnehin sensibilisiert und studieren die Packungsangaben sehr genau oder greifen beim Einkaufen gleich zu entsprechend gekennzeichneten glutenfreien Lebensmitteln.
Weil die neuen Weizenzüchtungen bis zu 50 Prozent aus dem Klebereiweiß Gluten bestehen, wodurch sich das Mehl industriell besser weiterverarbeiten lässt, klagen aber auch immer mehr »gesunde« Leute nach dem Genuss von Brot und Gebäck aus Weizen über ein unangenehmes Völlegefühl und einen aufgeblähten Bauch. Moderne Weizensorten lassen zudem den Blutzuckerspiegel ungleich schneller und stärker ansteigen als früher üblich. Denn sie enthalten deutlich mehr Stärke, eine pflanzliche Speicherform von Zucker (Glukose).
Um den im Blut enthaltenen Zucker in die Zellen zu verfrachten und dort als Energiequelle zu nutzen, schüttet die Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin aus. Dieses öffnet wie ein Schlüssel einen Transportschacht in der Zellmembran, damit der Zucker im Inneren verbrannt werden kann. Der Blutzucker sinkt wieder auf ein normales Niveau, das Insulin wird in den nächsten Stunden im Körper abgebaut.
Dieser natürliche Regulationsmechanismus wird empfindlich gestört, wenn wir zu viel Zucker essen – nicht nur in Reinform in Kaffee oder Süßigkeiten, sondern eben auch versteckt wie zum Beispiel in weizenhaltigen Produkten. Irgendwann nämlich sprechen die Zellen einfach nicht mehr auf das »Schlüsselhormon« an, worauf die Bauchspeicheldrüse immer noch mehr Insulin produziert. Das wiederum hat Folgen für den Fettstoffwechsel, denn Insulin beeinflusst nicht nur den Blutzuckerspiegel. Es fördert auch die Einlagerung von Nahrungsfetten in die körpereigenen Fettzellen. Gleichzeitig hemmt es die Zerlegung und anschließende Freisetzung von Fettsäuren aus den körpereigenen Fettdepots, auch wenn die Zellen diese aufgrund des nicht zur Verfügung stehenden Zuckers gerade gut als Energielieferanten gebrauchen könnten.
Erschöpft von der andauernden Insulinproduktion, gibt die Bauchspeicheldrüse schließlich irgendwann ihre Arbeit ganz auf: Ein Diabetes ist entstanden.
Ganz nebenbei sorgt das rasante Auf und Ab des Blutzuckerspiegels dafür, dass wir ständig essen. Denn weil der Zuckerspiegel ebenso rasch wieder abfällt, wie er zuvor gestiegen ist, signalisieren Botenstoffe dem Gehirn umgehend einen entsprechenden Mangel. Im Kopf werden daraufhin über verschiedene Signalwege andere »Botschaften« versandt. Die wichtigste: »Essen, um das Energiedefizit schnellstmöglich zu beheben!« Und so meldet sich erneut Hunger, obwohl die letzte Mahlzeit noch gar nicht lange zurückliegt.
Ungünstige Fettsäuren
Wie »normales« Fast Food liefern auch vegane Fertignahrungsmittel häufig mehr Fett, als es für die tägliche Energiebilanz nötig und gut ist. Vor allem enthalten sie meist das vergleichsweise preiswerte Sonnenblumenöl. Das ist wie auch Distel- und Maiskeimöl zwar reich an lebenswichtigen Omega-6-Fettsäuren. Und weil unser Körper diese sogenannten essenziellen Fettsäuren nicht selbst herstellen kann, müssen wir sie ihm auch regelmäßig über die Nahrung zuführen. Viel hilft jedoch nicht viel. Im Gegenteil: Im Übermaß können Omega-6-Fettsäuren ihre Wirkung nicht entfalten und schaden der Gesundheit sogar. Chronisch erhöhter Blutdruck, gestörte Blutgerinnung, Plaquebildung, Gefäßverengung, chronische Entzündungen, Allergien und sogar Krebs können Folge dieser Überversorgung sein.
Wie viel Omega-6-Fettsäuren zu viel sind, hängt weniger von der Menge als von dem Verhältnis zu einer anderen Gruppe essenzieller Fettsäuren ab: den Omega-3-Fettsäuren. Im Idealfall sollte man zwei- bis dreimal so viele Omega-6- wie Omega-3-Fettsäuren zu sich nehmen. Die Wirklichkeit sieht leider anders aus, ein Verhältnis von 20 zu 1 ist dank moderner Ernährungsweise keine Seltenheit. Da auch bei der Fettsäurenzusammensetzung von Getreide und Getreideprodukten die Omega-6-Fettsäuren überwiegen, nimmt man bei der normalerweise stark kohlenhydratlastigen hiesigen Kost noch mehr davon zu sich. Fertiggerichte setzen dem Ganzen dann die Krone auf.
Wer sich rein pflanzlich ernähren will, muss besonders aufpassen. Denn die gesunden Omega-3-Fettsäuren kommen in hohen Dosen nur in wenigen Pflanzenölen vor. Der beste Lieferant ist Leinöl. Zugegeben: Sein Geschmack ist recht intensiv und für viele wahrscheinlich etwas gewöhnungsbedürftig. Aber schon 1 bis 2 Esslöffel am Tag würden den Omega-3-Fettsäuren-Bedarf decken. Die kleinen Leinsamen, aus denen das wertvolle Öl gewonnen wird, enthalten zwar ebenfalls reichlich Omega-3-Fettsäuren. Weil sie meist jedoch unzerkaut geschluckt werden, kann der Körper diese nicht in entsprechendem Maße nutzen. Daher sollten Sie die Samen vor dem Verzehr immer grob schroten oder im Mörser zerstoßen.
Die Fettreserven mobilisieren
Damit der Körper seine eigenen Fettreserven anzapft und die Pfunde purzeln wie erhofft, muss vor allem eines stimmen: die Energiebilanz. Am Ende eines Tages darf die Zahl der zugeführten Kalorien die der verbrauchten nicht übersteigen. Sie muss darunter liegen. Das mag ein alter Hut sein und auch einfach klingen. In der Realität scheitert das Projekt Abnehmen aber regelmäßig an dieser einfachen Gleichung.
Die gute Nachricht: Wer sich hauptsächlich von frischem Gemüse, Hülsenfrüchten, Tofu, Kartoffeln, Vollkornprodukten und Obst ernährt, verliert auf Dauer auf jeden Fall an Gewicht. Sie müssen dabei nicht einmal groß auf die Zahl der zugeführten Kalorien achten. Schließlich sind die veganen Basics bis auf ein paar wenige Ausnahmen äußerst figurfreundlich. Das liegt an ihrer geringen Energiedichte: Die Lebensmittel enthalten relativ wenig Kalorien pro Gramm, dafür aber viel Wasser. Und Wasser macht satt, ohne den Stoffwechsel energietechnisch zu belasten. Ganz konkret bedeutet das zum Beispiel: 1 Gramm Rucola hat weniger als 0,2 Kilokalorien (ca. 0,8 Kilojoule), dieselbe Menge Salami oder geriebener Emmentaler Käse jeweils fast 4 Kilokalorien (ca. 17 Kilojoule). Wenn Sie also einfach eine Handvoll Rucola auf den frisch gebackenen Pizzaboden geben statt wie bisher Salami und Käse, haben Sie unglaublich viele Kalorien gespart und bekommen trotzdem nicht das Gefühl, auf etwas verzichten zu müssen. Sie könnten sogar ein bisschen mehr essen.
Keine Chance für Jo-Jo-Effekte
Wer auf pflanzliche Kost umstellt, hat auch in einer anderen Hinsicht gute Karten. Denn der sogenannte Jo-Jo-Effekt, der nach vielen Diäten das Gewicht schnell wieder nach oben peitscht, lässt sich mit der Umstellung auf eine vegane Ernährung gut vermeiden.
Zum einen liegt das daran, dass das Ziel der »Veggie-Diät« eine langfristige Ernährungsumstellung ist. Auch wenn vielleicht nicht jeder, der es einmal für mehrere Wochen oder Monate ausprobiert hat, sich vegan zu ernähren, für immer streng vegan weiteressen und vielleicht sogar auf ein Stück Fleisch oder Käse hin und wieder nicht verzichten möchte: Die wenigsten werden wieder völlig ungezügelt in alte Essgewohnheiten zurückfallen. Sie haben sich einfach schon zu intensiv mit den Produkten und Herstellungsverfahren der modernen Lebensmittelindustrie auseinandergesetzt und stehen ihnen kritisch gegenüber.
Zum anderen, und das ist das ernährungsphysiologische Moment, ist die vegane Ernährung reich an gesunden Proteinen, sodass der Körper ausreichend mit Eiweiß versorgt wird und nicht auf seine eigenen Reserven zurückgreifen muss. Das heißt, die Muskeln bleiben erhalten und können wie gewohnt Kalorien verbrennen. Dieser Effekt ließe sich sogar noch unterstützen, indem man durch ein leichtes Ausdauer- und Krafttraining zusätzliche Muskelmasse aufbaut. Auch das fällt jetzt leichter. Denn mit der...