TEIL 1
GESUNDHEIT
Mehr vom Guten – weniger vom Schlechten.
© Plainpicture, Hamburg, Maskot
FRÜCHTE UND GEMÜSE sind gesund. Wir essen zu viel Tierisches und zu wenig Pflanzliches. So weit sind sich die Fachleute heute einig. Doch wie viel ist »zu viel«, und weshalb sind die tierischen Nahrungsmittel ein Problem? Interessant ist, dass niemand sich darum sorgt, ob man alle nötigen Vitamine, Mineralstoffe und genug Eiweiß zu sich nimmt – bis man sagt, dass man keine tierischen Produkte konsumiert. Dann interessieren sich plötzlich alle dafür und prognostizieren schweren Mangel.
Woran liegt dies? Da es immer mehr gesund vegan lebende Menschen gibt, können Ernährungsberater heute nicht mehr sagen, dass es unmöglich sei, ohne tierische Produkte zu überleben. Damit würden sie sich lächerlich machen. Sie wollen bisher Gelerntes aber auch nicht infrage stellen und behaupten nun, dass man zwar vegan leben könne, aber nur wenn man sich sehr gut mit der Ernährung auskenne.
Interessanterweise ist es jedoch genau umgekehrt: Wer sich hauptsächlich von Milchprodukten und Fleisch ernährt, wie dies bei uns heute üblich ist, leidet viel eher unter Mangelernährung als ein Veganer, der sich hauptsächlich von Früchten und Gemüsen ernährt.
Dafür gibt es eine Fülle von Indizien. Jede Schwangere, die sich einem Gynäkologen oder Hausarzt nähert, bekommt sofort und fast reflexhaft das Vitamin Folsäure verordnet, offenbar weil praktisch alle daran Mangel leiden, alle außer Veganerinnen. »Folsäure« heißt übersetzt »Blattsäure«, und an Blätternahrung herrscht in der Tat Mangel, aber eben nicht bei Veganerinnen. Auch ist es fraglich, womit der Mischköstler täglich seinen Vitamin-C-Bedarf decken soll, von den sekundären Pflanzenstoffen, die sich als immer wichtiger erweisen, ganz zu schweigen.
Diese Pflanzenstoffe sind keineswegs sekundär, sondern ganz primär beim Verhindern von Krebs, wie wir spätestens aus den Arbeiten von Professor Richard Bélieveau und Dr. Denis Gingras und ihrem Buch Krebszellen mögen keine Himbeeren (siehe Anhang) wissen. Ständig tauchen aus diesem Bereich neue hoffnungsvolle Nachrichten auf, werden Stoffe aus unseren guten alten Gemüsen und Beeren isoliert, die mit ihren Flavonoiden, Saponinen und wie sie alle heißen, die Krebsentstehung verhindern, die Angiogenese, das heißt die Blutversorgung von Tumoren, unterbinden und so weiter.
Wir müssen uns also wirklich sorgen, aber vor allem um die Mischköstler und ihre Mangeldiät im Hinblick auf wichtigste Pflanzenstoffe. Offensichtlich haben wir in allen Industrienationen mit hohem Konsum tierischer Nahrungsmittel ein gravierendes Gesundheitsproblem in der Bevölkerung:
•In den USA haben heute die Hälfte aller Erwachsenen ein oder mehrere vermeidbare chronische Leiden, und über zwei Drittel davon sind schwer übergewichtig.1 Es mangelt der US-amerikanischen Ernährung an den Vitaminen A, D, E, C, an Folat, Kalzium, Magnesium, Faserstoffen und Kalium.
•In Europa geht die Tendenz in ähnliche Richtung. Auch in Deutschland sind bereits über die Hälfte der Erwachsenen übergewichtig.2 Und Deutschland steht in Europa nicht allein da: In rund der Hälfte der OECD-Staaten sind mindestens 50 Prozent übergewichtig. Österreich ist hier in Europa zweiter Spitzenreiter.
•14 bis 19 Prozent der Männer in Europa sind impotent. Und jede zehnte Partnerschaft bleibt aufgrund von Unfruchtbarkeit ungewollt kinderlos.3
•Jede vierte Person in Deutschland leidet an Bluthochdruck, bei den über 65-Jährigen ist es sogar jeder Zweite.4
•Rund 8 Prozent der erwachsenen Deutschen leiden an Diabetes mellitus.5
•43 Prozent der Frauen und 38 Prozent der Männer in Deutschland sind chronisch krank.6
Das Problem sind also nicht die wenigen Veganer, die sich pflanzenbasiert ernähren, sondern die übliche fleisch- und milchzentrierte Ernährung.
Weshalb bei all diesen chronischen Gesundheitsproblemen, für die die Schulmedizin offensichtlich keine Lösungen bietet, die vegane Peace-Food-Ernährung helfen kann, zeigen die Kapitel des ersten Teils.
Die Proteinversorgung
Eine Frage, die nur Veganer immer wieder hören, ist: »Aber woher bekommst du denn dein Eiweiß, deine Proteine?«
Wie bereits der Name vermuten lässt, ist Protein ein wichtiger Stoff. Ohne ihn wäre der Aufbau unseres Körpers gar nicht möglich. Proteine sind auch unter dem Namen »Eiweiße« bekannt. Früher dachte man, das Protein aus dem Ei sei das ideale. Keines käme an dessen »Wertigkeit« heran. Heute ist diese Auffassung überholt, und in Wissenschaftlerkreisen wird praktisch nur noch das Wort »Protein« verwendet. Obwohl längst als Irrglaube entlarvt, ist die Überzeugung von der Überlegenheit tierischen Proteins gegenüber pflanzlichem noch sehr weit verbreitet. Immerhin hat man dies rund hundert Jahre geglaubt, und die Fleisch- und Milchindustrie hat alles getan, diesen (Irr)glauben zum Allgemeinwissen hochzustilisieren, und unternimmt alles, ihn selbst heute noch – und entgegen unzähligen Studien – am Leben zu erhalten. Schon 1959 immerhin war im Editorial der renommierten medizinischen Fachzeitschrift The Lancet zu lesen: »Früher galten pflanzliche Eiweiße als zweitklassig und gegenüber dem erstklassigen tierischen Eiweiß als minderwertig. Diese Unterscheidung wurde allerdings mittlerweile revidiert.«7
Bis heute konnte sich dieses Vorurteil jedoch dank der Agrarindustrie halten, da wenige die renommierte Wissenschaftszeitschrift Lancet lesen, aber viele der Werbung ausgesetzt sind. Dort wird immer noch der falsche Eindruck erweckt, Fleisch wäre »ein Stück Lebenskraft«. Das stimmt natürlich, »solange es lebt«, wie der Ernährungswissenschaftler Prof. Claus Leitzmann aus Gießen treffend ergänzt.
Dass Schweinefleisch das beste Protein für Menschen wäre, ist ein eklatanter, aber immer noch von entsprechenden Interessenvertretern wiederholter Denkfehler auch in schulmedizinischen Kreisen. Tatsächlich sind Schweine uns in ihren Organen und Geweben sehr ähnlich, weshalb Menschen schon mit echten Schweineherzklappen leben. Im Schweineprotein finden sich ganz ähnliche Aminosäuremuster, wie unser Körper sie auch braucht. Nach dieser Logik könnten wir jedoch auch Menschenfresser werden, da müsste sich unser Organismus noch weniger anstrengen und könnte das Eiweiß gleich eins zu eins übernehmen …
Doch sollen wir es dem Körper denn so leicht machen? Das ist ebenfalls ein längst überholter, aber immer noch verbreiteter Irrtum. Früher haben Orthopäden ständig ruhiggestellt und Korsette und Einlagen angemessen und den Organismus so immer weiter geschwächt. Wenn ein Bein nach sechs Wochen aus dem Gips wieder befreit wurde, war ein guter Teil der Muskelmasse durch Inaktivität verschwunden. »Use it or lose it. – Benutze es oder verlier es«, sagen die Angelsachsen ganz richtig. Selbst wenn man Orthopäden früher aufforderte: »Herr Kollege, schonen Sie Ihr Hirn, um lange etwas davon zu haben«, um auf diesen Irrtum hinzuweisen, sind noch nicht alle aufgewacht. Unsere Muskeln, unser Kreislauf und unser Herz, aber auch Hirn und Darm und natürlich der Stoffwechsel sind zu fordern, um sie zu fördern. Wir wissen heute, wenn wir dem Dickdarm keine Ballaststoffe anbieten, erhöhen wir das Dickdarmkrebsrisiko deutlich (Weder Fleisch noch Milchprodukte enthalten im Gegensatz zu pflanzlichen Nahrungsmitteln diese wichtigen Ballaststoffe.). Genauso sollten wir unseren Stoffwechsel herausfordern und ihn veranlassen, sich aus verschiedenen Pflanzenarten seine Aminosäuren zusammenzusuchen, aus denen er sein ganz spezifisches Protein aufbaut. Das dürfte einer der Gründe sein, warum pflanzlich-vollwertige Nahrung so viel gesünder ist.
Damit lässt sich auch erklären, weshalb tierische Proteine in Studien8 meist viel schlechter abschneiden: Sie fördern diverse Krankheiten, die durch pflanzliche Proteine nicht beeinflusst oder sogar gebessert werden.
Die Proteinmenge
Ist ein Proteinmangel eigentlich weit verbreitet? Wie viele Leute kennen Sie, die unter einem Proteinmangel leiden? Sie werden lange überlegen müssen, um überhaupt eine einzige Person mit Proteinmangel zu finden. Es gibt sie, aber bei uns selten: all jene, die grundsätzlich zu wenig Nahrung aufnehmen, wie zum Beispiel Magersüchtige oder manche ältere Menschen. Bei gesunden erwachsenen Personen, die sich satt essen, ist dies jedoch ein weit überschätztes Problem. Ganz im Gegenteil! Wir konsumieren nicht zu wenig, sondern zu viel Proteine. Der deutsche Wissenschaftler...