In der vorliegenden Grundlagenstudie zur Junghengstaufzucht wurden verschiedene
Aufzuchtintensitaten von Junghengsten in der Praxis miteinander verglichen, um deren
Auswirkungen auf das Pferd und seine Gesundheit sowie die dauerhafte Leistungsfahigkeit
feststellen zu konnen. Ausloser fur diese Grundlagenstudie war, dass sich innerhalb der
vergangenen 20 Jahre Aufzuchtsysteme mit einer hohen Intensitat entwickelt haben, die auf
eine rasche korperliche Entwicklung von Junghengsten mit dem Ziel der Korung ausgerichtet
sind. Im Zuge dessen spezialisierten sich auch einzelne Betriebe auf die Hengstaufzucht.
Um feststellen zu konnen, wie sich eine hohe Aufzuchtintensitat auf das Individuum auswirkt,
wurden in elf westfalischen und niedersachsischen Hengstaufzuchtbetrieben metrische,
palpatorische und deskriptive Daten an insgesamt 459 Hengsten gewonnen. Weiterhin wurde
die distale Radiusepiphysenfuge von 110 Hengsten gerontgt, um zu uberprufen, wie sich
unterschiedliche Aufzuchtintensitaten auf den Zeitpunkt des Epiphysenfugenschluss (EpFS)
auswirken. Im nachsten Schritt wurden 1.199 in den Jahren 1996 bis 2006 / 2007 zur
Vorauswahl angemeldete Hengste aus den elf Hengstaufzuchtbetrieben unter turniersportlichen und zuchterischen Gesichtspunkten zuruckverfolgt, um eine Aussage
daruber machen zu konnen, wie sich verschiedene Aufzuchtintensitaten auf die dauerhaften
Nutzungseigenschaften der Hengste auswirken. Um Informationen daruber zu erhalten, wie
das System der Junghengstkorung von den Mitgliedern des Westfalischen
Pferdestammbuches e.V. bewertet wird, wurde eine explorative Umfrage unter diesen
durchgefuhrt.
Auserdem wurden verschiedene Methoden (DXA, QUS, fpVCT, Dreipunktbiegetest) zur
Bestimmung der Knochenqualitat miteinander verglichen. Es war die Zielsetzung,
mittelfristig einen zuverlassigen Parameter zur Bestimmung der Knochenqualitat nutzen zu
konnen, der sensitiv genug erscheint, um z.B. mogliche Effekte der Aufzuchtintensitat auf den
Knochen nachzuweisen.
Im Rahmen der Datenerhebung wurden die elf Kooperationsbetriebe mittels eines
Fragebogens zu den Betriebsstrukturen charakterisiert. Auf der Basis des alterskorrigierten
durchschnittlichen Lebendgewichtes der Hengste wurde eine Einteilung der
Hengstaufzuchtbetriebe in Aufzuchtsysteme niedriger, moderater und hoher Intensitat
vorgenommen.
An den Hengsten wurden metrische, deskriptive und palpatorische Daten erhoben. Es konnte
festgestellt werden, dass die Hengste aus den intensiven Aufzuchtsystemen deutlich hohere
Tageszunahmen hatten als die Hengste aus den moderaten und den wenig intensiven
Aufzuchtsystemen. Wahrend bei der Korpergrose, dem Brustumfang und der Rumpflange
lineare Wachstumsverlaufe entsprechend der Aufzuchtintensitat beobachtet werden konnten,
wurden durch die Aufzuchtintensitat zu erklarende unterschiedliche Entwicklungen der Mase
von Rohrbein und Fesselgelenk nicht festgestellt.
Der durchschnittliche Zeitpunkt des EpFS entsprach mit 26,1 Monaten den Werten, die aus
der Literatur bekannt sind. Dabei schlossen die EpF der intensiv aufgezogenen Hengste zu
einem Zeitpunkt von 24,9 Monaten und die der wenig intensiv aufgezogenen zu einem
Zeitpunkt von 27,1 Monaten. Auserdem zeigten die moderat und intensiv aufgezogenen
Hengste eine deutlich hohere Frequenz eines unregelmasigen EpFS-verlaufs als die Hengste,
die wenig intensiv aufgezogen wurden.
Die Frequenz der Veranderungen an den Extremitaten der intensiv aufgezogenen Hengste lag
deutlich uber der Frequenz der wenig intensiv und moderat aufgezogenen Hengste.
Veranderungen im Bereich der Weichteilgewebe oder der knochernen Strukturen konnen als
Indikatoren fur Uberbelastungen des Stoffwechsels zum Beispiel durch hoch konzentrierte
Futterung gelten.
Von den zur Uberprufung der dauerhaften Nutzbarkeit zuruckverfolgten Hengsten wurde ein
Drittel gekort, davon entstammten relativ gesehen die meisten aus einem Aufzuchtsystem
moderater Intensitat. Die durch den turniersportlichen Einsatz definierte Nutzungsdauer war
bei den intensiv aufgezogenen Hengsten am hochsten, wahrend die moderat aufgezogenen
Hengste die durchschnittlich hochste Gewinnsumme aufwiesen.
Unter den Gesichtspunkten nachhaltiger zuchterischer Selektion erscheint das
Aufzuchtsystem geringer Intensitat besonders erfolgreich. So gingen aus diesem System die
meisten Nachkommen pro gekortem Hengst hervor, sowie die meisten Nachkommen mit
Turniererfolgen bis zur schweren Klasse. Die Nachkommen der Hengste aus den
Aufzuchtsystemen geringer Intensitat hatten zudem die hochsten Lebensgewinnsummen.
Die Zuchter, die im Rahmen der Umfrage zur Bewertung der Hengstaufzuchtstrukturen in
Westfalen befragt wurden, stellten fest, dass innerhalb der Hengstaufzucht der vergangenen
Jahre eine starke Spezialisierung mit dem Ergebnis einer intensiven Vorbereitung der
Junghengste auf die Korung stattgefunden hat. Weiterhin wurde festgestellt, dass die
genetischen Effekte, die im Rahmen der Korung uberpruft werden sollen, durch die
Umwelteffekte uberlagert werden. Aus diesen Grunden wurden nicht immer die richtigen
Pferde gekort, spatreife Linien hatten keine Chance. Sie kritisieren, dass nicht die
Uberprufung der eigentlichen Zuchteignung im Vordergrund stunde, sondern die
Vermarktung. Neben der positiven Bewertung der guten Organisation der westfalischen
Korung konnte sich mehr als die Halfte ein alternatives Korsystem vorstellen. Dieses sollte
starker an der altersgemasen Entwicklung der Hengste orientiert sein und eine starkere
Leistungsselektion berucksichtigen.
Im Rahmen des Methodenvergleichs zur Knochendichtemessung wurden drei in der
Humanmedizin etablierte Methoden (DXA, QUS, fpVCT) zur Bestimmung der
Knochenqualitat an 19 Metacarpi des Pferdes ex-vivo getestet und im Anschluss daran zur
Uberprufung der Knochenbruchstabilitat gebrochen. Mittels Dreipunktbiegung wurde die
Knochenbruchstabilitat gemessen, die als absoluter Parameter der Knochenqualitat gilt. Die
einzige Methode, fur die ein linearer Bezug zur Bruchstabilitat festgestellt werden konnte,
war die DXA-Messung, die den Mineralgehalt im Knochen misst. Fur die QUS- und die
fpVCT-Messung konnte kein linearer Zusammenhang zur Knochenbruchstabilitat hergestellt
werden, jedoch fur die beiden Parameter untereinander. Daraus ist abzuleiten, dass diese
genannten Methoden ahnliche Qualitatsparameter des Knochens messen, nicht jedoch die
Knochenqualitat in Form der Knochenbruchstabilitat.
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