Biochemische Zusammenhänge
von Bewusstsein, Unterbewusstsein
und spirituellem Bewusstsein
In Übereinstimmung mit allen Religionen wissen wir, dass die Menschen über ein göttlich-kosmisches Heilungszentrum verfügen, aus dem die Lebensenergie und die Heilkräfte fließen. Diese Tatsache wird auch von spirituell interessierten Wissenschaftlern weltweit vertreten, seien es Quantenphysiker, Biochemiker, Ärzte, Neurophysiologen oder ganzheitlich denkende Psychologen. Hildegard nennt dieses Zentrum rationalitas – brennende spirituelle Vernunft. Wenn man mit diesem Heilungszentrum in Verbindung steht, wird man weder Schmerzen noch andere körperliche Leiden empfinden. Der Grund für jenes bekannte, wohl jedermann vertraute Phänomen ist biochemisch gesehen das komplexe Zusammenspiel von Neuropeptiden, Neurohormonen, Alkaloiden, Aminosäureabkömmlingen und Nervenbotenstoffen, die aufgrund unserer Gedanken und Gefühle im Hypothalamus und in der Hypophyse synthetisiert werden. Jene hochwirksamen Nervenbotenstoffe steuern das gesamte autonome Nervensystem: Wachen und Schlafen, den Wärmehaushalt, die Blutdruck- und Atmungsregulation, den Stoffwechsel, Verdauung und Ausscheidung, den Hormonhaushalt und die Sexualfunktionen.
Der Hypothalamus verfügt über die beste Apotheke der Welt und kann aus unseren Ideen, Gedanken, Gefühlen und Stimmungen in Sekundenschnelle aus den Eiweißbausteinen der Aminosäuren Neuropeptide, Neurohormone, morphiumähnlichen Alkaloide sowie weitere Neurotransmitter herstellen. Für jedes Gefühlsmuster gibt es eine entsprechende chemische Substanz, die über die Hirnanhangsdrüse freigesetzt wird und ihre Information an sämtliche Zielorgane und Körperzellen weitergeben kann.
Unsere Gedanken und Gefühle haben damit einen entscheidenden Einfluss auf die Ausschüttung dieser Botenstoffe und steuern die Funktion unseres Körpers. Dem Gehirn ist es dabei egal, ob wir Wut oder Liebe empfinden. Es tut nur seinen Job und stellt die Wut- oder Liebeschemikalien her. Wenn wir zornig sind oder hassen, wird der Körper mit »Schwarzgalle« überschüttet. Wenn wir lieben, fließen Glückshormone und durchtränken sämtliche Zellen mit Glück und Liebe; es kann fast so sein, als wenn wir im Drogenrausch wären – nur ohne dessen Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.
Alle Nervenzellen stehen miteinander in Verbindung und übertragen die Nervenbotenstoffe unserer Gedanken und Emotionen durch Synapsen auf Rezeptoren anderer Nervenzellen, wobei im synaptischen Spalt funkenförmige Entladungen wie ein »Minigewitter« stattfinden. Bei anhaltenden Grundstimmungen wie Hass oder Liebe finden die Entladungen immer an der gleichen Stelle auf der Nervenzelle statt, sodass zwischen den Nervenzellen enge Beziehungen entstehen. Dadurch bildet sich an dieser Stelle ein verknotetes Neuronennetzwerk, das einem bestimmten Denkschema entspricht.
Haben Sie beispielsweise schon einmal gespürt, dass Ihr »innerer Schweinehund« wie ein Knoten festsitzt? Der Weg, jenen »Nervenknoten« zu lösen, liegt darin, sich bewusst gegen die eigene Denkstruktur und Verhaltenslogik aufzulehnen. Das erfordert Selbstüberwindung und die Liebe zum Göttlichen. Ändern wir unsere Gedanken, Ideen und Gefühle, dann ändert sich auch die ganze Biochemie, und die alten, verknoteten Nervenstrukturen werden gelöst und aufgebrochen. Wenn wir zum Beispiel Lebensfreude und Liebe spüren, werden ganz andere Biochemikalien synthetisiert, die zu ganz anderen Nervenstrukturen führen und damit den Zustand unseres Körpers verändern. Da wir selbst für unsere Gedanken, Ideen und Gefühle verantwortlich sind, sind wir auch selbst für den Zustand unseres Körpers verantwortlich. Das Denken und Fühlen formen unsere Welt von innen nach außen!
Mit der rationalitas, der »brennenden Vernunft«, sowie dem Bewusstsein und dem Unterbewusstsein verfügen wir also über drei geistige Zentren, mit denen wir unser Leben gestalten können. Aber vor allem mithilfe unserer spirituellen Intelligenz sind wir in der Lage, »verkrustete Nervenknoten« aufzubrechen. So können wir mit neuen Ideen, Gedanken und Gefühlen neue Nervenstrukturen aufbauen, die es uns ermöglichen, auf einem höheren Bewusstsein die Weichen für ein wunderbares, spannendes, abwechslungsreiches und außergewöhnliches Leben zu stellen. Von da an wissen wir, dass und wie wir das riesige Innovationspotenzial unseres Gehirns von über 400 Milliarden Informationseinheiten tagtäglich verändern können, um immer wieder neue Welten zu schaffen, in denen wir glücklich und zufrieden wirken und leben können. Mit diesen neuen Möglichkeiten und Ideen können wir selbst eigenverantwortlich von innen nach außen unsere Welt verändern und auf das Wohlbefinden und den Zustand unseres Körpers Einfluss nehmen.
Zum Bewusstsein gehören die fünf Sinnesorgane, die Vernunft, der Wille zur Tat, die Unterscheidungskraft, die rationale Kreativität und die Konzentration. Wir treffen mit unserem Bewusstsein Entscheidungen und setzen sinnvolle Ziele. Das Bewusstsein lässt sich über die Sinnesorgane leicht von außen durch den Einfluss der Medien und der Modeströmungen beeinflussen. Albert Einstein hat geraten, jeden Tag das genaue Gegenteil von dem zu tun, was alle anderen machen, um auf neue Ideen zu kommen und richtige Entscheidungen zu fällen …
Dem Unterbewusstsein ordnen wir das Gedächtnis und die Motivationen zu, die unser Leben gestalten. Es speichert unsere Erfahrungen im Umgang mit Gut und Böse und fertigt einen »Abdruck« von allen unseren Erfahrungen an. Wie gesagt, hat jeder Gedanke und jedes Gefühl eine andere Biochemie, die sowohl die Strukturen unserer Nervenzellen als auch die Zusammensetzung des Bluts und damit den Zustand unserer Organe und Körperzellen beeinflussen. Alle Informationen werden von biochemischen Substanzen übertragen, die sich mit dem Gemütszustand unseres Unterbewusstseins verändern.
In erster Linie wird unser Unterbewusstsein durch die 35 spirituellen Wertepaare der »Laster und Tugenden« beeinflusst. Für jede Schwäche und jede Stärke gibt es eine andere Biochemie, die im Gehirn entsprechende Signale auf die Nerven überträgt. Wenn die negativen Einflüsse längere Zeit anhalten oder zu einem Dauerzustand werden, bleiben auch die Nervenzellen in einer entsprechend negativen Beziehung, die sich krank machend auf den ganzen Körper auswirkt. Wir können daher verstehen, warum wir zuvor unser Unterbewusstsein von seinen verknöcherten Blockaden befreien müssen, damit neue Nervenstrukturen entstehen, die den Körper in einen gesunden Zustand versetzen.
Das göttliche Bewusstsein, das Zentrum der spirituellen Intelligenz rationalitas, ist die Welt der Märchen und Träume sowie der Inspiration und Kreativität. Hier entstehen unsere Visionen, Heilungen und Abenteuer, die Musik, die die Herzen der Menschen berührt, unvergessliche Bilder, die die Seele bewegen, große Erfindungen, die die Welt verändern, sowie die Kunst des Heilens. Mit diesem Bewusstsein werden Wunder möglich. Hier ist die Kraft zu Hause, mit der wir das Böse in Gutes umprogrammieren können. Dieses Zentrum öffnet sich ganz besonders in der Meditation, im Gebet, in der Stille und im Fasten. Denn genau dann erfahren wir unseren innersten Wesenskern, der mit allem in Verbindung steht, mit dem wir die Dinge unseres Lebens wieder angemessen und richtig einordnen können.
Viele glauben, dass man ein spirituelles Leben leichter im Kloster oder in der Einsamkeit des Himalajagebirges führt. Man kann das Göttliche aber genauso gut auch im ganz gewöhnlichen Alltag finden, im stimulierenden Wechsel von ora et labora – in der Ruhe des Gebets bzw. der Kontemplation und in der motivierten Arbeit. Hier können wir gelassen und stark werden, obwohl wir mitten in der Welt von Gut und Böse leben, ruhig aktiv und aktiv in der Ruhe, wie ein Felsen im Meer zwischen Kreativität und Leistung.
Wenn wir eine aktuelle Bilanz unseres psychisch-sozialen Verhaltens anhand der Tabelle der »Tugenden und Laster« ziehen, haben wir einen ersten Überblick über den spirituellen Zustand unserer Seele. Das Endergebnis kann eine Psychosynthese sein, die sich aus dem positiven oder negativen Zustand unserer Seele ergibt und sich natürlich auch auf unser Unterbewusstsein auswirkt. So kann man dabei vorgehen:
Bilanz der Laster: Nehmen Sie die Tabelle (im Anhang) zur Hand und fragen Sie sich von Nummer 1 bis 35 ganz spontan, in welcher Realität Sie sich befinden, zum Beispiel:
Nummer 1, Irdische Liebe: »Bin ich ein Mensch, der von der Gier nach materiellen Werten getrieben wird?«
Nummer 2, Ausgelassenheit (Unordnung): »Bin ich ein chaotischer Mensch, fehlt mir die Ordnung in meinem Leben, in meiner Ernährungsweise?«
Nummer 5, Feigheit, Resignation: »Bin ich ein Feigling oder resigniert, mutlos?«
Bilanz der Tugenden: Andererseits kann man auch auf der rechten Seite der Tabelle eine Bilanz seiner positiven Werte ziehen oder feststellen, was uns zu unserem Glück noch fehlt, etwa:
Nummer 1, Himmlische Liebe: »Habe ich eine liebevolle Beziehung zu Gott, zu meinen Mitmenschen und zu mir selbst?«
Nummer 2, Disziplin, Ordnung: »Habe ich Ordnung in meinem Leben?«
Nummer 5, Gottvertrauen, Triumph und Sieg: »Habe ich das Gefühl, stark und unbesiegbar zu sein?«
Setzen Sie Prioritäten, und seien Sie ganz ehrlich mit sich selbst. Wenn Sie ein Thema gefunden haben, können Sie dazu das entsprechende Kapitel in der Psychotherapie der Hildegard von Bingen lesen (siehe...