2Porträt
Sie stellen eine Person in einer Videosequenz vor.
Schlüsselkonzepte
- Filmen mit Aufnahmekonzept
- Sequenzen
- Handlungsablauf
- Die 180°-Regel
- Schneiden zur Handlung
- Kadrierung bei Hochformatvideos
- Kamerabewegung
- Aufnahmen in Zeitlupe
- Texteinblendungen
Online-Videos
- Videoprofil in Singapur (Singapor)
- Hochformatvideo in Paris (Richard – Paris)
- Olja in Lwiw (Olya – Lviv)
App-Tutorial
- Videos für soziale Medien bearbeiten
Übung
- Filmen einer Porträtsequenz mit Aufnahmekonzept
Mit Porträtszenen kann eine Figur so vorgestellt werden, dass sich bestimmte Züge ihrer Persönlichkeit bereits erkennen lassen.
Online-Videos
Die Videos zu diesem Kapitel können Sie sich auf www.smartfilmbook.com ansehen.
Ziel
In diesem Kapitel lernen Sie, wie man mit Modellen vor der Kamera arbeitet.
Herausforderungen
Es ist entscheidend für die Aufnahme authentischer Filmporträts, dem Modell Gelassenheit zu vermitteln und sein Vertrauen zu gewinnen, damit es vor der Kamera eine gute Performance abliefert.
Wenn wir mit dem Filmen eines Modells beginnen, dann verwenden wir zunächst ein gängiges Aufnahmekonzept, damit es sich vor der Kamera wohlfühlt.
Online-Beispiel 2.1: Videoprofil in Singapur (Singapor)
Dieses Video ist eine kurze Charakterstudie. Es stellt eine Frau vor, die einen Rundgang zu ihren Kollegen macht.
Grundelemente
Ich verwende bei dieser Porträtserie ein passendes Aufnahmekonzept für gehende Bewegung. Folgende Einstellungen habe ich benutzt:
- Kamerafahrt
- Füße
- Kamerafahrt rückwärts
- Subjektive (POV)
- Gesicht
Fahrt: Das Modell läuft und die Kamera folgt im gleichen Tempo. Ich habe mich bei der Kadrierung für eine Halbnahe entschieden. Dies ist eine Variante einer Over-the-Shoulder-Einstellung (OTS). Diese wird bei Aufnahmesequenzen von Personen häufig verwendet. Beachten Sie, dass sich die Kamera bei einer normalen OTS-Einstellung nicht bewegt.
Füße: Die Großaufnahme des Bodens zeigt die Schuhe der Person, während sie weitergeht.
Rückwärtsfahrt: Das Modell bewegt sich vorwärts und der Kameramann geht rückwärts, der Abstand zum Gesicht des Modells bleibt gleich.
Subjektive: Eine Subjektive (auch Point-of-View, kurz POV genannt) ist eine Einstellung aus der Sicht des Betrachters. Sie zeigt, wie die Szene aus der Perspektive des Modells aussieht. Diese einzigartige Perspektive ist eine Art »Neutralaufnahme«, da das Modell selbst nicht im Bild zu sehen ist. Neutralaufnahmen sind sehr nützlich, wenn Sie Clips zu einem Video zusammenfügen, denn sie tragen dazu bei, Anschluss- und Zeitprobleme im Bildfluss zu lösen.
Gesicht: In dieser Gesichtsaufnahme wendet das Modell den Kopf. Die Einstellung ist in Zeitlupe gefilmt. Diese Aufnahme ist ein passender Abschluss der Sequenz. Wenn Sie das Gesicht filmen, bitten Sie Ihr Modell, nicht zu sprechen. Wenn Sie diese Einstellung dann später mit einem O-Ton der betreffenden Person unterlegen, wirkt alles optisch und akustisch korrekt.
Varianten
Nehmen Sie für jede Einstellung mindestens zwei Varianten auf. Hierzu können Sie beispielsweise die Perspektive oder die Einstellungsgröße ändern.
Profitipps
- Vergessen Sie nicht, dass keine Einstellung im Konzept länger als zehn Sekunden dauern sollte.
- Verwenden Sie keinesfalls die Zoomfunktion Ihrer Kamera. Nutzen Sie stattdessen Ihre Füße (»Turnschuhzoom«) und bewegen Sie die Kamera näher zum Modell.
- Vergessen Sie nicht, den Aufnahmeausschnitt möglichst konstant zu halten. Verwenden Sie nach Möglichkeit ein Gimbal und fixieren Sie Fokus und Belichtung (siehe Seite 8).
- Bewegen Sie sich ohne Hektik und lassen Sie das Modell ins Bild treten und es wieder verlassen.
Drehort
Auf einem Dach in Singapur
Beleuchtung
Gefiltertes Sonnenlicht
Apps
iOS’ Videokamera-App im Slo-mo-Videomodus. Ich habe meine Aufnahme auf 240 FPS eingestellt.
Aufbau
Bevor Sie für das Porträt Ihr Modell beim Gehen aufnehmen, müssen Sie eine »Handlungsachse« für die Person abstecken.
Legen Sie für jeden Take jeweils zwei Punkte auf dem Boden fest, an denen der Weg des Modells beginnen bzw. enden soll.
Zum Erstellen der Großaufnahme der Füße im Filmbeispiel habe ich die Kamera in Bodennähe an Position C platziert. Das Modell ging von A nach B.
Es mag trivial erscheinen, aber wenn man den Leuten nicht sagt, wo sie stehenbleiben sollen, werden sie einfach immer weiterlaufen, weil sie denken, dass man mehr Zeit zum Drehen braucht. (Hinzu kommt: Das Modell blickt sich auch nicht um und wird deswegen nicht sehen, wenn Sie ihm durch Winken bedeuten, doch endlich stehenzubleiben.)
Ich markiere drei Positionen für mein Modell: A, B und C.
Das Modell läuft immer an der A-Markierung los und bleibt an der B-Markierung stehen. Es wird angewiesen, zur A-Markierung zurückzukehren, sobald der Regisseur »Schnitt« ruft.
Hier sind sieben typische Kamerapositionen für die Aufnahme einer Gehsequenz:
- Over-the-Shoulder. Filmen Sie aus einer festen Position und machen Sie einen Kameraschwenk. Bei diesem sogenannten »Mitschwenk« folgt die Kamera dem Modell.
- Profil. Nehmen Sie unterschiedliche Ausschnittgrößen aus einer festen Position auf und machen Sie eine Bewegungsaufnahme. Bei der Bewegungsaufnahme bewegt sich die Kamera in die gleiche Richtung und parallel zum Motiv.
- Gesicht. Filmen Sie aus einer festen Position und machen Sie einen Kameraschwenk rückwärts. Seien Sie vorsichtig, wenn Sie rückwärtslaufen, und proben Sie diese Einstellung mit Ihrem Modell, um ein gutes Ergebnis zu erhalten.
- Subjektive. Der Kameramann filmt auf Augenhöhe und bewegt sich dabei auf dem gleichen Weg wie zuvor das Modell. Hier wird das Modell für die Einstellung nicht benötigt und ist auch nicht sichtbar.
- Füße. Machen Sie eine Großaufnahme des Bodens, wobei die Füße Ihres Modells quasi unter dem Objektiv vorbeilaufen.
- Eröffnungsszene und Neutralaufnahmen. Nehmen Sie eine größere Ansicht des Umfelds auf und filmen Sie Details der Umgebung ohne Ihr Modell. So haben Sie später mehr Bearbeitungsmöglichkeiten.
- Eine Variante der Gesichtsaufnahme mit der Kamera, die deutlich weiter vom Modell entfernt ist.
Um die Illusion von Kontinuität zu wahren, muss das Modell jedes Mal den gleichen Weg gehen und auch der Hintergrund muss derselbe sein. Wenn sich der Hintergrund ändert, müssen Sie mit der Umsetzung des Aufnahmekonzepts von vorn beginnen.
Ich erkläre meinem Modell, dass der Kameramann bei einigen Einstellungen bei der Markierung C anhalten wird. Das Modell soll dann Kamera und mögliche Ablenkungen ignorieren und weitergehen, bis es Markierung B erreicht.
Es ist hilfreich, diese Choreographie vor dem Filmen zu proben.
Ein solcher »Tanz« mit der Kamera ist besonders hilfreich bei Rückwärtsfahrten, da das Vorbeigehen des Motivs an der Kamera (und damit das Verlassen des Bilds) einen natürlichen Schnittpunkt im Filmmaterial bildet, an dem ich schneiden kann, um eine andere Einstellung aus dem Konzept zu zeigen.
Die Sichtachse
Die Beschränkung aller Kamerapositionen auf eine Seite des Modells stärkt die Kontinuität der Sequenz.
In diesem Kontext wird auch von der »180°-Regel« gesprochen. Diese gilt beispielsweise für Aufzeichnungen von Sportereignissen wie Fußballspielen oder das Filmen von Dialogszenen mit Schauspielern.
Es gibt einen guten Grund dafür, warum Sie in solchen Situationen die Grenze nicht überschreiten sollten: Wenn Sie etwa beim Fußballspiel einen Bildwechsel zu einer Kamera auf der anderen Seite des Spielfelds machen, haben die Mannschaften aus Sicht des Zuschauers mitten im Spiel urplötzlich die Seiten gewechselt....