Erkennen Sie Ihre Stärken
Der erste Schritt, um Ihren Beitrag näher zu bestimmen, liegt darin, Ihre Stärken zu kennen. Fragen Sie sich zunächst:
Können Sie sich morgens kaum aufraffen, zur Arbeit zu gehen, oder sind Sie nach Feierabend total erschöpft?
Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Arbeit nicht genügend geschätzt und beachtet wird?
Halten Sie nur noch an Ihrem Job fest, damit Sie Ihren Lebensunterhalt bestreiten können?
Tun Sie im Job oft nur so, als seien Sie beschäftigt?
Blicken Sie Ihrer jährlichen Leistungsbeurteilung nicht gerade erfreut entgegen?
Finden Sie Ihre Arbeit völlig belanglos?
Die wichtigste Frage aber lautet: Glauben Sie, dass Sie über weit mehr Intelligenz, Talente, Fähigkeiten und Kreativität verfügen, als Ihr derzeitiger Job es jemals erfordern wird?
Falls Sie eine dieser Fragen mit Ja beantwortet haben, dürften Sie in einem der größten menschlichen Dilemmas unserer Zeit stecken. Dieses Dilemma ist die grenzenlose Verschwendung von menschlichem Potenzial. Vielleicht ist es Ihnen bei Ihrer Arbeit einfach nicht möglich, nur einen Bruchteil von dem einzusetzen, was Sie zu bieten haben? Der amerikanische Philosoph William James sagte einmal: »Die meisten Menschen nutzen nur einen kleinen Teil ihres Potenzials. Wir alle haben mehr Energie- und Begabungsreserven, als wir zu träumen wagen, und die können wir ganz einfach anzapfen.«15 Es könnte für Sie jetzt an der Zeit sein, Ihr Potenzial voll auszuspielen, um die stürmischen Zeiten, in denen wir leben, erfolgreich zu meistern. Es könnte natürlich auch sein, dass Sie gerade gar keinen Job haben und frustriert sind, weil das, was Sie zu bieten haben, von anderen nicht geschätzt wird.
Die meisten Menschen nutzen nur einen kleinen Teil ihres Potenzials. Wir alle haben mehr Energie- und Begabungsreserven, als wir zu träumen wagen, und die können wir ganz einfach anzapfen.
In diesem Kapitel werden wir darüber sprechen, wie Sie Ihre Stärken erkennen und richtig einsetzen, um den Beitrag zu erbringen, den nur Sie zu leisten vermögen. Sie werden sehen, dass Sie sich eine großartige Karriere aufbauen können, wenn Sie das Höchste und Beste in die Waagschale werfen, was Sie zu bieten haben. Die folgende Geschichte hat uns eine Freundin erzählt:
Vor Kurzem habe ich mit einem Mann gesprochen, der noch keine 30 ist. Er hatte sein Studium hervorragend abgeschlossen und war voller Begeisterung und Tatendrang ins Arbeitsleben gestartet. Im Moment arbeitet er in einer Firma aus der Finanzdienstleistungsbranche. Ich stellte ihm eine Reihe von Fragen:
»Was ist im Augenblick das höchste strategisches Ziel Ihrer Firma?« Das konnte er mir nicht sagen.
»Wann haben Sie zum letzten Mal ein persönliches Gespräch mit einem Ihrer Vorgesetzten geführt, bei dem es um Ihre Rolle beim Erreichen der Ziele Ihrer Firma ging?« Er sagte, er habe seit seiner Einstellung vor drei Jahren noch gar kein persönliches Gespräch mit einem Vorgesetzten geführt.
Schließlich fragte ich ihn: »Welchen Beitrag haben Sie für Ihre Organisation geleistet?« Er überlegte einen Augenblick und antwortete dann leise: »Ich habe der Firma im letzten Jahr wahrscheinlich eine halbe Million Dollar gespart.«
»Wer weiß das außer Ihnen noch?«, fragte ich.
»Ich schreibe jede Woche einen Bericht für meinen Chef … Aber ich glaube, er liest ihn gar nicht.«
Der junge Mann sah niedergeschlagen aus. Ich empfand tiefes Mitgefühl für ihn – seine Energie war aus ihm gewichen, seine Tatkraft war verschwunden, seine Träume von einem großen Beitrag waren auf die bloße Erfüllung einer Stellenbeschreibung geschrumpft.
Für die Situation dieses jungen Mannes war natürlich auch ein schwaches Management verantwortlich. Doch er hatte einfach zugelassen, dass es so weit kommen konnte. Er hatte seinen eigenen Wert, seine Talente und Fähigkeiten aus den Augen verloren.
Sie sind ein einzigartiger, unersetzlicher Mensch!
Letztlich gibt es einen einfachen, alles überspannenden Grund, warum so viele Menschen mit ihrer Karriere unzufrieden sind: Es liegt an ihrer unklaren Vorstellung davon, wer sie sind – ihrer grundlegenden Einstellung zu sich selbst. Vergessen Sie nicht, dass Sie ein nahezu unbegrenztes Potenzial besitzen und im Gegensatz zu Maschinen selbst darüber entscheiden können, was Sie sein und werden wollen.
Ihr Wert als Mensch liegt nicht irgendwo außerhalb von Ihnen – er kommt aus Ihnen selbst. Dennoch stützen unzählige Menschen ihr Selbstwertgefühl allein auf äußere Faktoren oder den Vergleich mit anderen. Viele setzen ihren Selbstwert und den Wert von dem, was sie erreichen, auch mit Geld gleich. Doch wenn wir langjährigen Studien glauben dürfen, ist das Gehalt für die meisten in Wirklichkeit keine so große Motivation wie ein Beitrag, von dem sie tief in ihrem Inneren überzeugt sind. Das Gehalt ist eine Erwartung, kein Anreiz. Wir erwarten zu Recht, dass wir fair bezahlt werden, wenn wir gute Leistungen bringen. Trotzdem zieht ein Forscher folgendes Fazit: »Es kommt häufig vor, dass jemand, der ein wirklich gutes Gehalt und entsprechende Zusatzleistungen bekommt … jede Minute seiner Arbeit hasst. Manche dieser Leute kündigen und nehmen einen schlechter bezahlten Job an, weil er sie motiviert … Die meisten Menschen wenden in ihrer Freizeit viel Zeit für etwas auf, das ihnen Anerkennung bringt, und arbeiten dabei oft viel härter als in ihrem Beruf.«16
Manche von uns wurden so erzogen, dass sie sich ständig mit anderen vergleichen. Das kann derart extrem werden, dass sie sich nur noch darüber definieren, was andere von ihnen denken. Doch dadurch verlieren sie früher oder später ihre Identität. Das ist richtiggehender »Identitätsdiebstahl«! Sie sind nicht mehr zu einem einzigartigen Beitrag fähig, weil sie das verloren haben, was sie so einmalig und wertvoll macht.
Der große britische Managementtheoretiker Charles Handy sagt: »Wir können Erfolg so definieren, dass wir mit den anderen Schritt halten … doch diese Einstellung wird uns keinen Gewinn bringen, sondern sich zu einem Albtraum entwickeln.«17
In unserem riesigen Universum gibt es niemanden wie Sie. Sie sind absolut einzigartig. Die Kombination Ihrer Stärken, Erfahrungen, Talente und Fähigkeiten hat es bislang noch bei keinem anderen Menschen gegeben – und es wird sie auch nie wieder geben. Deshalb kann kein anderer den einzigartigen Beitrag erbringen, den Sie leisten können.
Die Kombination Ihrer Stärken, Erfahrungen, Talente und Fähigkeiten hat es bislang noch bei keinem anderen Menschen gegeben – und es wird sie auch nie wieder geben.
Auch Charles Handy hat bei seiner Arbeit für Unternehmen aus der Erdölbranche und für verschiedene Universitäten jahrelang keine wirkliche Erfüllung gefunden. Irgendwann erkannte er, dass er nicht den Beitrag erbrachte, den er leisten konnte. Er machte eine Bestandsaufnahme seiner Talente und Leidenschaften und beschloss, seine Karriere von nun an auf ein völlig anderes Fundament zu stellen.
Charles Handy erinnert sich: »Am Morgen meines 49. Geburtstags wurde mir schlagartig klar: Der heutige Tag würde wirklich der erste vom Rest meines Lebens sein … Ich würde keinen Job mehr haben und hatte mich selbst dafür entschieden. Natürlich sprach ich nicht von Arbeitslosigkeit. Ich sagte immer, ich würde jetzt mein einzigartiges ›Portfolio‹ einsetzen.«18
Handy betrachtete sich nicht länger als Rädchen im Getriebe eines Unternehmens, sondern als »Portfolio von Stärken« – als Kombination von Aktivposten, die nur er besaß, wie bei einem Portfolio mit Aktien und Anteilscheinen. Zu seinen Stärken gehörten sein ungewöhnlich gutes Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge und sein großes schriftstellerisches Talent. Inzwischen hat er 18 höchst erfolgreiche Bücher verfasst und einen beeindruckenden Beitrag für die ganze ökonomische Welt geleistet.
Handy berichtet von einem Gespräch mit einem Freund, »einem 48-jährigen Marketingleiter, der sich beklagte, dass für Leute in seinem Alter in der Welt der Werbung mit ihrem Jugendlichkeitswahn keine guten Jobs mehr zu finden seien«. Doch Handy wusste, dass es in Zukunft immer weniger Jobs geben würde, »bei denen man seine Zeit viele Jahre im Voraus an eine Organisation verkauft«. Daher ermunterte er seinen Freund, »sein Portfolio einzusetzen« – genau wie er selbst.
Wer es Charles Handy gleichtun will,...