4.Widerstand - Projektion – Stellvertreter
Egal wen Du im Leben triffst,
Du triffst immer nur dich selbst
egal was im Leben auf Dich trifft,
ist der Ursprung Du selbst
egal wie das Leben auf Dich trifft,
spiegelt es Dich in höchster Klarheit.
Kommen Ihnen diese Zeilen wie spanische Dörfer vor oder regt sich in ihnen das Gefühl „das kann doch nicht sein, so ein Blödsinn“, dann sind wir bereits mitten im Thema. Sie erleben gerade und sehr persönlich einen Widerstand, der sich wie ein Schutzwall vor ihren Gedanken aufbaut. Dabei unterscheidet sich der gedankliche Widerstand in keiner Weise von dem eines physikalischen Widerstandes. Denn auch unsere Gedanken basieren auf elektrischen Impulsen, bzw. Energiefeldern. So beschreibt der elektrische Widerstand43 der Elektrotechnik eine technische Barriere, die erst überwunden werden muss, damit Elektrizität fließen kann. Auf die Gedanken übertragen heißt das: Erst wenn wir den Widerstand überwunden, wenn sich unser Unbehagen aufgelöst oder sich unsere Verständnisblockade über die bewusste Auseinandersetzung geklärt hat, fließen unsere Gedanken innerhalb des betreffenden Themas wieder frei und ungebunden. Gebunden waren wir vor allem über unsere Vorstellungen, den damit verbundenen Erwartungen oder Versprechungen, die sich in unserem Selbstbild vereinen.
Bin nur betroffen, von dem, was mich betrifft, ist ein Teil von mir, hat mich getroffen, aufgeweckt.
Nun bin ich erschrocken, erregt mich der Schreck, finde es schrecklich, ist wie ein Schock.
Weise es von mir, dann geht‘s mir vom Rock.
Ist es weg, kommt doch zurück,
wenn ich wieder getroffen werde und betroffen bin.
4.1. Der Widerstand
Widerstände verhalten sich wie Stauseen. Je größer unser Widerstand wird, umso höher wächst die Staumauer und damit das dahinter gestaute Wasser. Im Alltagsverständnis wirkt das Stauwasser bedrohlich, weil es mit den Erwartungen und Versprechungen verknüpft ist. Leider wird dabei übersehen, dass alles auf dieser Welt mindestens zwei Seiten hat. Darum stecken in dem Wasser sinnbildlich all die Lebenschancen, die hinter der Staumauer verborgen bleiben. Ohne sich dieser Zusammenhänge bewusst zu sein, bleibt das Stauwasser dunkel und (lebens-)bedrohlich. Vor allem wenn der Widerstand, in Form der Staumauer, über die Jahre immer mehr in die Höhe gewachsen ist, wenn alleine die Größe der Staumauer schon Ängste auslöst.
Beispiel: Hat ein Mensch in seinem Selbstbild die feste Überzeugung verankert, dass ein einmal gegebenes Versprechen niemals gebrochen werden kann, wird die Staumauer umso bedrohlicher, wenn ein falsches Ehegelübde weniger aus Liebe, als aus dem Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit gegeben wurde. Dann steckt man in seiner selbst gestrickten Lebenslüge fest und muss sich davor fürchten, dass das selbst gezimmerte Bauwerk eines Tages in sich zusammenbricht und sich mit den Trümmern eine gigantische Flutwelle aus Schuldgefühlen über sich ergießt, man mitgerissen wird und letztlich emotional untergeht.
Wann immer sich in meinem Kopf ein Widerstand aufbaut, bin ich mit dem mir gezeigten nicht einverstanden, weigere ich mich, Informationen, Lebenseindrücke, Situationen aufzunehmen. Die warnende Stimme, die ich in meinem Kopf wahrnehme, ist die Stimme meines Selbstbildes. Das Selbstbild ist für die Menschen eine tragende Institution innerhalb ihres ICH-Bezuges. In ihm bildet sich die gelebte Persönlichkeitsstruktur und aller damit verbundenen Aspekten ab, die sich im Laufe eines Menschenlebens herausgebildet haben. Das Selbstbild beschreibt unsere Schokoladenseite. Wird das Selbstbild durch äußere Einflüsse gestört, angegriffen, infrage gestellt, reagieren wir automatisch mit dem Aufbau eines Widerstandes. Dieses emotionale Bollwerk soll unser ICH, bzw. das Ego, davor schützen, dass sich zerstörerische Elemente in unseren Gedanken breitmachen.
In dem Fall, in dem der Widerstand seine Schutzfunktion verliert, verliere ich auch die Kontrolle über die bis dahin hereinfließenden Informationen. Anfangs drehen sich meine Gedanken ständig im Kreis, überfallen mich Gefühle von Angst und Hilflosigkeit, völlig unerwartet und aus dem Hinterhalt. Wenn sich anschließend die gedankliche Belastung nicht auflöst, weil wir den dahinterstehenden Konflikt nicht zu Ende denken können oder zu keiner Entscheidung gelangen, entwickelt sich die Belastung zu einer echten psychischen Störung. Aus einer einfachen Gedankenschwere kann sich schließlich auch eine Psychose entwickeln. In diesem Stadium ist die Seele tatsächlich erkrankt, leidet unter der Unfähigkeit des Erkrankten mit dem dahinterliegenden emotionalen Konflikt mit klarem Bewusstsein reflektiv umzugehen.
Ein Widerstand ist per se also nicht grundsätzlich negativ, denn er bietet uns erst einmal Schutz gegenüber äußeren Einflussfaktoren. Es kommt entscheidend darauf an, wie man im Leben mit seinen Widerständen umgeht.
Wann immer sich ein solcher in mir aufbaut, begegne ich meinem Selbstbild, das mit dem Finger auf meine gefühlt dunkle Seite zeigt. Dieser Wegweiser wird aber in unserer Gesellschaft nicht als Chance wahrgenommen. Auch meine persönliche Erziehung war davon geprägt, Widerstände zu bekämpfen sie nieder zu ringen, anstatt ihnen auf Augenhöhe zu begegnen und sich mit seinen ungeliebten Aspekten auszusöhnen44,.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal ganz deutlich darauf hinweisen, dass bisauf das Licht45, alles in unserer Welt aus mindestens zwei Teilen, bzw. Polen besteht. So selbstverständlich besteht auch unser Geist nicht nur aus der Schokoladenseite unseres Selbstbildes, sondern eben auch aus all unseren Gedanken, die zum Beispiel geboren wurden aus Geiz, Gier, (sexuellen) Trieben, Neid, Bösartigkeit, Missgunst und sonstiger heimlicher Abartigkeiten. Eben aus all dessen, wofür wir uns schämen, uns schuldig fühlen oder wofür wir Angst haben, von unserem Umfeld und der Gesellschaft abgelehnt zu werden.
Wir haben vortrefflich gelernt nur unsere Schokoladenseite im besten Licht zu präsentieren: z.B. über unsere Kleidung, den Lebensstil, den Beruf, über Vereinszugehörigkeiten, über sportliche Aktivitäten, dem Auto, den wohlinszenierten Urlaubsreisen. Was wir als Gesellschaft und als Einzelner dabei bisher übersehen haben ist, dass wir nach dem Yin und Yang-Prinzip der Welt einen schlechten Stand im Leben haben, wenn wir bezüglich unserer Emotionen, ständig nur auf einem Bein stehen, weil wir das zweite amputierten und in die letzte Ecke unseres dunklen, gedanklichen Kellers verfrachtet haben. Schon die Alltagssprache lehrt uns, mit unseren Schatten46 aktiv umzugehen. Gerade wenn wir im Leben weiterkommen wollen, sollen wir „über unseren Schatten springen“. Tatsächlich löst sich der Schatten (der sich meistens, beginnend von unserem Fuß, abzeichnet) von unserem Körper, von unserem Selbst. Doch sobald wir wieder auf dem Boden der Realität/Tatsachen zurückgekehrt sind, der Sprung beendet ist, verbindet sich der Schatten ganz automatisch wieder mit unserem Körper. Anstatt also ständig abzuheben, um so seinen Schattenthemen zu entgehen (das zu große Haus, das zu teure Auto, die zu kostspielige Reise, eine übertriebene Selbstdarstellung über Kleider und Körperkult), ist es einfach intelligenter sich auf Augenhöhe mit den Themen auseinanderzusetzen, bevor diese beginnen, uns auseinanderzunehmen (bis hin zur Psychose).
Wenn ich mich z.B. über mein Dicksein schäme, mich dadurch nicht wertig genug fühle und Angst habe, dass man in meinem Umfeld mit dem Finger auf mich zeigt, mich ausgrenzt, kann ich weiterhin so tun als ob und im Beisein meiner Freunde einen Salatteller bestellen. Ich kann mich aber auch fragen, warum ich dieses Thema so aktiv verdränge und dann beherzt ein Schnitzel essen.
So wie beim Übergewicht ist die Inanspruchnahme professioneller Hilfe, zum Beispiel in Form eines psychologischen Coaches, anzuraten. Denn hier bewege ich mich in einem geschützten Raum, aus dem Nichts an Dritte weitergegeben wird, weil Schweigepflicht herrscht. In diesem Denkraum kann ich mich mit meinen Widerständen auseinandersetzen, ohne Angst haben zu müssen, von den Widerständen bedroht zu werden.
Gerade die Angst vor Scham, Schuld und der Gefahr von Verurteilungen aus unserem Umfeld, lassen mich als Einzelperson davor zurückschrecken mich selbst zu offenbaren. Doch hier bin ich in guter Gesellschaft, denn jeder Mensch trägt die Offenbarungsangst in sich.
4.2. Die Projektion
Wenn wir uns selbst nicht wahrnehmen und uns in Folge nicht als ganzheitliches Wesen annehmen können, brauchen wir ein Ventil, um mit den ungelösten Schattenthemen umzugehen. Dieses Ventil nennt man Projektion. Unter Projektion versteht man die Übertragung von allem Ungewünschten auf andere Menschen, Institutionen, Situationen, auf Pflanzen und Lebewesen und am Ende sogar auf Gott. Es ist...