OUVERTÜRE
Was immer in kommenden Zeiten von der grande nation Frankreich bleiben wird – die einzigartigen Errungenschaften der französischen Geschichte und Kultur werden wohl nie in Vergessenheit geraten. Auch wenn bis heute, wie ich leider feststellen muss, einer der großen französischen Triumphe längst noch nicht die Anerkennung erfahren hat, die ihm eigentlich zustünde. Denn es ist eine ebenso einfache wie bekannte anthropologische Tatsache: Französische Frauen werden nicht dick.
Ich bin weder Ärztin, Physiologin, Psychologin, Ernährungsexpertin noch sonst ein Profi, der Menschen hauptamtlich hilft oder sie studiert. Aber ich bin in Frankreich aufgewachsen, mit zwei gesunden Augen, die mich meine Landsleute und Geschlechtsgenossinnen ein Leben lang haben beobachten lassen. Und ich esse sehr viel. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie bei jeder Regel, dennoch lässt sich über französische Frauen in ihrer überwiegenden Mehrzahl sagen: Sie essen nach Herzenslust und werden doch nicht dick. Pourquoi?
In den letzten Jahren ist gerade in meiner Wahlheimat Amerika der Glaube gewachsen, dass sich Französinnen ganz offenbar, was Essen und Trinken angeht, fast alles erlauben können. Vorsichtig hat man so etwas wie ein »französisches Paradox« ausgemacht, was nicht zuletzt zahllose Herzpatienten und Wellness-Enthusiasten die Weinläden hat stürmen lassen, um sich mit Rotwein einzudecken. Darüber hinaus jedoch hat man sich leider wenig darum bemüht, die Weisheit französischer Esskultur und Lebensweise wirklich zu verstehen. Wer der ungemeinen Fähigkeit französischer Frauen, sich ihre Schlankheit zu bewahren, auf die Schliche käme, könnte zweifellos von ihren Erfahrungen profitieren. Mich selbst als lebenden Beweis vorführend, habe ich über die Jahre erfolgreich Dutzenden Amerikanerinnen geholfen, darunter einigen, die für mich in New York gearbeitet haben. In Gesprächen habe ich immer wieder die unzähligen Aspekte des Themas erörtert und bin deswegen von Freunden und Kollegen aufgezogen worden: »Wann wirst du endlich ein Buch darüber schreiben?« Nun, es ist so weit: Le jour est arrivé!
Könnte es eine bloße Laune der Natur sein? Könnte das langsame Rad der Evolution genug Zeit gehabt haben, einen eigenen Gen-Pool schlanker Frauen hervorzubringen? J’en doute.
Nein, französische Frauen haben ein System, ihre trucs – eine ganze Kollektion fein geschliffener Tricks. Obwohl ich mit ihnen aufwuchs und als Kind und Teenager glücklich nach dem lebte, was meine Mutter mich lehrte, geriet ich schließlich aus der Bahn. Ich kam als Austauschstudentin nach Amerika und erlitt eine Katastrophe, auf die ich völlig unvorbereitet war: eine 20-Pfund-Katastrophe. Wo war ich nur hingeraten, und wie würde ich meinen Weg zurück zu meinem früheren Selbst finden? Glücklicherweise bekam ich Hilfe: unseren Familiendoktor, den ich heute noch Dr. Wunder nenne. Er half mir, meine ererbte, aber verloren gegangene französische Weisheit in Bezug auf unser kulinarisches Leben neu zu entdecken – und damit auch meine alte Figur wiederzuerlangen. (Ja, es ist durchaus eine Art Erlösungsgeschichte.)
Ich habe mittlerweile den größten Teil meines Lebens in Amerika gelebt und gearbeitet und komme mir heute gleichzeitig wie eine Französin und eine Amerikanerin vor (und bin auf beides gleichermaßen stolz). Ein paar Jahre nach Abschluss der Universität kam ich als Übersetzerin der Vereinten Nationen nach New York und arbeitete anschließend für die französische Regierung – als Botschafterin französischen Essens und Weins. Ich heiratete einen wunderbaren Amerikaner und fand schließlich einen festen Platz in der hiesigen Arbeitswelt. 1984 begann nämlich etwas, das mich seitdem zwischen beiden Kulturen hat leben lassen. Ein großes, ehrbares französisches Champagnerhaus, dessen Geschichte bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht, eröffnete eine New Yorker Dependance, die sich mit dem Import und Marketing von Champagner und erlesenen Weinen befassen sollte. Ich war die erste Angestellte und wurde damit über Nacht zur hochrangigsten Frau des Unternehmens seit der alten Familienpatriarchin, die 1866 gestorben war. Bis heute bekleide ich eine führende Position in dem Haus, das mittlerweile zu einer größeren Gruppe gehört.
Während meiner ganzen Zeit hier habe ich praktiziert, was die meisten Französinnen gleichsam automatisch tun. Dabei liegen die Gefahren, denen ich mich gegenübersah und -sehe, weit über dem Durchschnitt. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass mein Beruf von mir verlangt, rund 300-mal im Jahr in Restaurants zu essen (ein harter Job, aber einer muss ihn machen). Seit 20 Jahren ist das so, und zwar nie ohne ein Glas Wein oder Champagner (Geschäft ist Geschäft). Dabei geht es immer um ganze Menüs, nicht einfach nur um einen leichten Salat und ein Glas sprudelndes Mineralwasser. Und doch wiege ich nicht zu viel und bin durch und durch gesund.
Dieses Buch nun soll erklären, warum das so ist – und wichtiger: wie auch Sie Ihr Wunschgewicht bewahren können. Wenn Sie lernen und sich zu Herzen nehmen, wie französische Frauen traditionell über Essen und Leben denken und damit umgehen, können auch Sie erreichen, was unmöglich zu sein scheint. Was ist das Geheimnis? Zuerst ein Wort dazu, was es nicht ist.
Viele von uns erfüllen immer noch gleichzeitig zwei Rollen und arbeiten zu Hause und im Beruf mehr, als die meisten Männer ahnen. Obendrein müssen wir einen Weg finden, uns um unsere Gesundheit zu kümmern, und versuchen unser Aussehen so zu pflegen, dass wir uns selbst gefallen. Aber seien wir ehrlich: Vielen von uns gelingt es nicht, ein gesundes Gewicht zu halten, sosehr wir uns auch immer wieder Dinge verbieten. So gibt es mittlerweile eine wahre Schwemme von Diäten und Diätbüchern, die mitunter wie Handbücher der Biochemie anmuten. Egal, wie viele bereits erschienen sind, die nächsten werden gerade geschrieben. Warum bricht die Nachfrage nicht ab? Warum setzen die zahllos gekauften und gelesenen Anleitungen unseren Sorgen nicht tatsächlich ein Ende? Einfach gesagt: wegen ihres unerträglichen Extremismus.
Abgesehen von einem kleinen jakobinischen Zwischenspiel im 18. Jahrhundert, war Extremismus nie eine französische Sache. Die meisten Diäten bedeuten jedoch Radikalkuren – extreme Maßnahmen, schnelle Erfolge, die zwar eine Weile funktionieren mögen, danach leben lässt sich jedoch nicht. Irgendwann stolpern Sie, fallen aus dem Schema und verlieren den Überblick über Ihre Kalorien. Und warum auch nicht? C’est normal! Denn morgen schon wird der eine Extremismus durch einen anderen abgelöst. Wer erinnert sich nicht an die Tage der Kohlehydrat-Diäten? An Grapefruit-Wochen? Einmal stehen Fett und Proteine auf der Tagesordnung, und die bösen Kohlehydrate werden verteufelt. Ein anderes Mal sind Kohlehydrate angesagt, dann sind sie das Einzige, was Sie essen dürfen. Genauso geht es mit Wein, Brot, Fleisch – das unausgesprochene Prinzip hinter all diesen Diäten scheint zu sein, dass Sie sich irgendwann zu Tode langweilen mit dem einen, was Sie da essen, das Interesse am Essen überhaupt verlieren und somit auch ein paar Pfunde. Manchmal funktioniert das auch tatsächlich. Aber was passiert, wenn Sie Ihr Radikalprogramm hinter sich lassen und zur Normalität zurückkehren? Sie wissen es. Und deshalb: attention! Verbannen Sie alle Diätbücher! Sie brauchen keine Ideologie oder Technologie oder was auch immer – Sie brauchen, was französische Frauen haben: ein ausgewogenes, langzeiterprobtes Verständnis für Ernährung und für Ihre Bedürfnisse und die daraus resultierende Beziehung zu Essen und Leben. Der coup de grâce, der Gnadenstoß für alle Extrem-Diäten, besteht letztlich in deren Unverständnis für die individuellen Unterschiede in unserem Stoffwechsel. Viele männlichen Autoren übersehen zudem völlig den Umstand, dass die weibliche Physiologie anders funktioniert als ihre eigene. Darüber hinaus ändert sich der Stoffwechsel der Frau über die Jahre: Eine 25-Jährige, die zu viel wiegt, ist in einer ganz anderen Situation und Verfassung als eine 50-Jährige.
Meine Geschichten und Ratschläge können jedermann helfen, dennoch richtet sich dieses Buch vor allem an Frauen; schließlich gründet es auf meiner eigenen Erfahrung. Ich möchte Frauen ansprechen, die unter persönlichem und beruflichem Druck stehen und sich wie wir alle den Fallen und Versuchungen der modernen Welt gegenübersehen. Dabei meine ich nicht die, deren Gewicht eine unmittelbare Gefahr für ihre Gesundheit darstellt, sondern all jene, die bis zu zehn Kilo abnehmen wollen – und vielleicht auch etwas mehr. Ich spreche ganz verschiedene Altersgruppen an, von 7 bis 77, und ich schneide meinen Rat auf deren besondere Bedürfnisse und Probleme zu. Ich biete einen umfassenden Ansatz, Strategien und Überlegungen, die Sie sich zu Eigen machen können. Dazu gehören ganze Menüs und schnelle Rezepte, die jeder nachkochen kann, und, bien sûr, eine Anleitung, wie wir uns bewegen sollten. Ja, und dass Männer...