Was liest der Hund am Laternenpfahl?
… und 14 weitere Fragen zu Intelligenz und Fähigkeiten unserer Vierbeiner.
Verstehen Hunde jedes WORT?
Generationen von Hundebesitzern können sich nicht irren: „Mein Hund versteht jedes Wort!“ Oder doch nicht? Betrachten wir zunächst einmal, welche Fähigkeit hierzu vonnöten ist. In der Geschichte der Entstehung von Begriffen gab es zunächst einmal die Erscheinungen als solche, und zwar lange bevor der Mensch ein Wort für die Eberesche, den Vulkanausbruch sowie Blitz und Donner fand. Sie existieren vor der Erfindung der Worte. Als der Mensch ihnen Namen gab, ging er hierbei recht willkürlich vor, was man schlicht daran feststellen kann, dass die Dinge in den verschiedenen Sprachen auch verschiedene Namen tragen. Was damit gesagt sein will, ist, dass wir die Wörter, die uns umschwirren, nur deswegen verstehen, weil wir ihre Bedeutung kennen. Bewegen wir uns nun aber in einem Land mit einer fremden, uns unverständlichen Sprache, so können wir im besten Fall die Wörter nach ihrem sinnlich-akustischem Charakter unterscheiden, die Bedeutung der einzelnen Wörter hingegen bleibt uns verschlossen. Uns fehlt in einem solchen Fall das Wortverständnis, und so ähnlich ergeht es unseren Hunden auch. Die Tatsache, dass Hunde zwar problemlos lernen können, eine begrenzte Anzahl von Worten mit bestimmten Aufforderungen zu verknüpfen, darf hierüber nicht hinwegtäuschen. Der beeindruckende Erfolg des Hundes bei der Dechiffrierung der menschlichen Sprache liegt in seiner hohen Interpretationsfähigkeit. Er bezieht Lautstärke, Stimmlage, Betonung, Gestik sowie Mimik bei der Deutung dessen, was wir von uns geben, mit ein. Er ist ein wahrer Meister der Interpretation, und das ist es, was ihm ein Zusammenleben mit dem Menschen überhaupt erst möglich macht.
Können Hunde ÄRGER riechen?
„Obwohl ich noch gar nicht geschimpft habe, duckt er sich schon!“ „Der hat ein schlechtes Gewissen, das sieht doch jeder!“ „Der weiß ganz genau, dass er das nicht soll, ich habe es ihm schon tausendmal gesagt, und da steht er nun, zieht den Schwanz ein und tut ganz unschuldig!“ Derartige Aussagen rangieren ganz oben auf der Liste der gebräuchlichsten Aussprüche von Hundemenschen. Namhafte Ethologen (Verhaltensforscher) fallen schon lange nicht mehr darauf herein, ein solches Verhalten als Gewissenbisse zu interpretieren. Sie wissen, dass es sich hier um Beschwichtigungsgesten des Hundes handelt, der versucht, dem gefühlten Ärger zu entgehen. Und das ist ganz buchstäblich zu verstehen, denn Hunde können menschliche Gefühlszustände tatsächlich erfühlen oder, richtiger gesagt, erriechen. Schon seit den 80er-Jahren ist Forschern bekannt, dass Hunde über die Unterscheidung verschiedener Formen qualitativer und quantitativer Drüsensekretion das Innenleben des Menschen erriechen können. Man stelle sich nun den emotionalen Zustand eines Menschen vor, der Angst und Ärger empfindet, weil sein Hund sich auf eigene Faust eine Extrarunde durch den Wald genehmigt hat. Es braucht nicht viel Fantasie, und die Poren öffnen sich. Diese Veränderung im Geruchsbild von Herrchen oder Frauchen festzustellen, ist für den Hund, der im Übrigen auch noch imstande ist, Duftgemische zu analysieren, eine nahezu lächerliche Kleinigkeit. Da helfen weder Deodorant noch versteinerte Mimik: beiden stinkt’s!
Welche Aussagekraft haben INTELLIGENZTESTS für Hunde?
Intelligenztests, bei denen es darum geht, bestimmte Aufgaben zu bewältigen, sind in der Hundewelt stark im Trend. Dem Hundefreund sei jedoch, um Frust und Enttäuschungen zu vermeiden, empfohlen, die Aussagekraft solcher Tests nicht überzubewerten und stattdessen eine eher humorige Haltung zum Intelligenzquotienten seines Tieres einzunehmen. Die meisten dieser – im Übrigen keineswegs immer ernst gemeinten – Prüfsteine für tierische Klugheit testen nämlich lediglich eine Intelligenzform: die sogenannte adaptive Intelligenz, die Aussagen darüber zulässt, wie effizient ein Tier lernt und wie selbstständig es Probleme löst. Doch sollten die Ergebnisse, die bei Prüfungen zur adaptiven Intelligenz herauskommen, aus einem gewichtigen Grund zusätzlich relativiert werden: Für den Betrachter ist es kaum möglich, objektiv zu beurteilen, ob der getestete Hund einer bestimmten Aufgabe nicht gewachsen ist oder er schlicht keine Lust hat, sie zu lösen, was eben noch lange nicht heißen muss, dass er weniger graue Zellen besitzt. Auch wenn bei der Erforschung menschlicher sowie tierischer Intelligenz noch keine letzendliche Einigkeit über den Begriff selbst herrscht, so kann man für den Hund noch weitere Intelligenzformen nennen, die von der apativen Intelligenz unterschieden werden können, jedoch in gängigen Intelligenztests kaum Niederschlag finden. Zunächst wäre da die Arbeits- oder auch Gehorsamsintelligenz, die die Fähigkeit bezeichnet, unter menschlicher Anleitung effektiv zu arbeiten. Des Weiteren kennt man bei Hunden auch eine instinktive Intelligenz, also genetisch bestimmte Fähigkeiten und Verhaltensformen. Dass gerade diese sich von Rasse zu Rasse extrem unterscheidet, leuchtet auf den ersten Blick ein, und gerade die instinktive Intelligenz ist es, die eine Vergleichbarkeit der Klugheit unter Hunden nicht nur schwer, sondern auch oft unsinnig macht.
Kann man die GERUCHSLEISTUNG von Hunden in Zahlen erfassen?
Genau so, wie sich der Mensch gerne von Tatsachengeschichten beeindrucken lässt, die von den enormen Fähigkeiten unserer Hunde berichten, neigt er zur ehrfurchtsvollen Begeisterung über Zahlen und Statistiken, die geeignet sind, die große Sympathie zum Hund wissenschaftlich zu untermauern. Nur ein Vorurteil? Oder sind doch „Zahlen und Figuren Schlüssel aller Kreaturen“? Man lasse folgende Superlative auf sich wirken und prüfe sich dann selbst: Der ausgedehnten Riechschleimhaut des Deutschen Schäferhundes mit 150cm2 und des Bloodhounds mit sage und schreibe 250cm2 steht die Riechschleimhaut des Menschen mit geradezu beschämenden 2–5cm2 gegenüber. Der Hund kann auf eine Gesamtzahl von etwa 125–225 Millionen Riechzellen verweisen, bestimmte Jagdhunderassen sollen sogar noch mehr besitzen. Der Mensch muss lediglich mit 5 Millionen Riechzellen durch die Welt gehen. Für bestimmte Stoffe haben Forscher eine ca. 100-millionenfach höhere Riechleistung bei unseren domestizierten Freunden ermittelt, außerdem stellten sie fest, dass beinahe ein Achtel des Hundegehirns ausschließlich der Geruchsverarbeitung dient. Am Beispiel der Buttersäure konnte ermittelt werden, dass Hunde bereits auf weniger als 10.000 Moleküle Buttersäure pro cm2 Luft reagieren, wohingegen der bedauernswerte aufrecht gehende Homo sapiens erst eine millionenfach stärkere Konzentration wahrnimmt.
Kann jeder Hund ein SPRENGSTOFFSPEZIALIST werden?
Jeder Hundebesitzer möchte, dass aus seinem Liebling etwas Vernünftiges wird, wenn er einmal groß ist. Deswegen werden weder Kosten noch Mühen gescheut, um dem Hund von Anfang an das richtige Rüstzeug für das weitere Leben mit auf den Weg zu geben: Frühförderkurs im Hundekindergarten, Selbstbewusstseinstraining in den schwierigen Monaten der Pubertät, Sonderkurse für den unterforderten Hund. Doch wie ist es um die generelle und allgemeine Bildungsfähigkeit der Hunde bestellt, und ist im Zweifelsfall immer der schlechte Lehrer schuld? Ein Hund, der eine spezielle Ausbildung erfahren soll, muss vor allem zweierlei mitbringen: großes Talent und die passenden Persönlichkeitsmerkmale, wie beispielsweise eine hohe Bereitschaft mit dem Menschen zusammenzuarbeiten. Ein Hund, der nicht über einen herausragenden Geruchssinn verfügt und diese Fähigkeit bereitwillig in den Dienst des Menschen stellt – und hier gibt es große Unterschiede –, wird etwa den anspruchsvollen Job eines Sprengstoffsuchhundes kaum versehen können. Es ist sicherlich kein Zufall, dass die britische Polizei bei ihrer Antiterrorbekämpfung vor allem auf leichtführige Jagdhunderassen als Sprengstoffexperten setzt. Ebenso wird ein Hütehund nicht die Aufgaben eines Herdenschutzhundes erfüllen können und der Jagdhund wiederum wird bei der Ausbildung zum Hütehund das Klassenziel nur in den allerseltensten Fällen erreichen. Ein kluger Autor hat die Entwicklung vom Wolf zum Hund einmal als Entwicklung vom Zehnkämpfer zum Spezialisten bezeichnet. Und so ist eben vor allem jeder Rassehund prinzipiell erst einmal ein Spezialist für ein bestimmtes Gebiet und kein Allroundtalent.
Seit wann gibt es BLINDENFÜHRHUNDE?
Enge Beziehungen zwischen Mensch und Hund gab es zweifellos schon in der Antike. Eindeutige Quellen jedoch, die die Existenz von Blindenführhunden bereits in diesen alten Zeiten beweisen könnten, gibt es nicht. Die wenigen Bildquellen, auf die sich Autoren gelegentlich beziehen, erlauben – nimmt man es quellenkritisch genau – lediglich die Interpretation, dass hier ein offensichtlich ärmlich gekleideter Mann einen Stock in der einen und einen Hund an der Leine in der anderen Hand hält. Weder die Blindheit des Mannes noch die genaue Aufgabe des Hundes lassen sich aus den Abbildungen ableiten. Schriftliche Quellen, die von Blindenführhunden Auskunft geben, fehlen gänzlich. Die Quellenlage des Mittelalters gestattet ebenso wie die der Antike lediglich Vermutungen. Blinde Menschen, die gezwungen waren, als Bettler zu leben, scheinen oft einen Hund als Weggefährten und Freund besessen zu haben. Ob diese jedoch in irgendeiner Weise angeleitet oder erzogen waren, dem Blinden sein Dasein zu erleichtern, ist nicht...