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Weck den Optimisten in dir!

Den Schwarzmaler im Hirn überlisten und endlich glücklich werden

AutorAngelika Rohwetter
VerlagGRÄFE UND UNZER
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783833837388
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Die Wissenschaft der Hirnforschung zeigt: Im Unglück fühlt sich das Gehirn zu Hause. Wenn es gilt, Probleme zu wälzen oder eigene Unzulänglichkeiten zu entdecken, läuft es zu Höchstform auf. Wenn dem Menschen hingegen etwas Positives widerfährt, nimmt das Gehirn es kaum wahr oder reagiert skeptisch. Dieses Gebaren sichert das Überleben der Spezies. Glücklich macht es allerdings nicht. Doch wie entkommt man dem eigenen Gehirn? Psychologin Angelika Rohwetter erklärt auf unterhaltsame Weise, wie man dem Miesmacher im Kopf mit einfachen Strategien und Tricks beikommt. Anhand vieler Beispiele zeigt sie, wann das Gehirn auf Schwarzmaler-Modus schaltet und was psychologisch und hirnphysiologisch dahintersteckt. Wirksame Übungen helfen, automatisierte negative Abläufe im Gehirn zu unterbrechen und in Zukunft das Glas eher halb voll als halb leer zu sehen. Ein Buch für alle, die ahnen, dass sie ihrem Glück manchmal selbst im Wege stehen, und nach einfachen MItteln für mehr Zufriedenheit suchen.

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Leseprobe

Einleitung: vom Segen des Unglücks


Wozu die Angst? Woher die Wut? Hier erfahren Sie, woher diese unangenehmen Gefühle kommen, welche Funktionen sie in der Entwicklungsgeschichte des Menschen einst hatten und wozu sie in unserem heutigen Leben nützlich sein können. Und dann werden wir darangehen, sie besser in den Griff zu bekommen …

Das Gehirn und wie es für uns sorgt


Vielschichtig: vom Aufbau des menschlichen Gehirns

Wir kennen auf Erden kaum etwas Großartigeres als unser eigenes Gehirn. Es hat sich in Jahrmillionen entwickelt; manche seiner Teile sind nach uraltem Plan gebaut. Über diesen langen Schatten können wir nur schwer springen.

Die Amygdala (siehe Abbildung gegenüber) ist ein Teil unseres älteren Säugetierhirns und für Angst und Flucht zuständig. Man könnte ihr geradezu eine angstgesteuerte Feindseligkeit nachsagen. Sie ist der Teil des Gehirns, in dem die meisten jener Gefühle ihren Ursprung haben, die wir als negativ empfinden, weil sie unangenehm sind. Ich spreche von Angst und Wut sowie ihren zahlreichen Variationen und Mischformen. Die Amygdala bildet zusammen mit dem Nucleus accumbens das limbische System. Der Nucleus accumbens ist das Belohnungszentrum, das die meisten subjektiv angenehmen, positiven Gefühle erzeugt.

Um zu verhindern, dass die ängstliche Amygdala die Alleinherrschaft über unser Gehirn an sich reißt, ist es wichtig, durch gute Erfahrungen – und Erinnerungen an gute Erfahrungen – die Frontallappen zu stärken. Dort sitzt nämlich unser persönliches Denken. Der cinguläre Cortex hat mit Emotionalität, Lernen und sozialen Beziehungen zu tun. Er tritt dann in Aktion, wenn wir die Flexibilität und Lernfähigkeit unseres Gehirns nutzen wollen. Ein aktiver Frontallappen reduziert unsere Ängstlichkeit und bewirkt Gelassenheit. Wir können diesen Effekt durch positive Bilder erreichen, die uns bald zufriedener machen.

Die Zeichnung unten stellt unser Gehirn in stark vereinfachter Form dar. Um nicht zu sehr ins Detail zu gehen, betrachten wir nur die drei wesentlichen Bestandteile:

  1. Den entwicklungsgeschichtlich ältesten Teil des Gehirns nennen wir Stammhirn oder Reptilienhirn. Wie schon der Name andeutet, sichert es unser nacktes Überleben. Im Ruhemodus sorgt es für so zentrale unwillkürliche Funktionen wie Atmung und Herzrhythmus, Hunger und damit Nahrungsaufnahme, für Verdauung, Bewegung und Fortpflanzung. Wird das Stammhirn aufgeregt, organisiert es auch unsere Notmaßnahmen, nämlich Flucht, Angriff oder Totstellen.
  2. Der zweitälteste Hirnteil ist das limbische System, das für Fühlen und Empfinden zuständig ist. Hier sitzen die Mandelkerne (Amygdala), die alle hereinkommenden Sinnesreize blitzartig beurteilen und dann entsprechende Aufträge ans Stammhirn geben. Die Amygdala ist unser Angstzentrum. Von ihr gehen fast alle Reaktionen aus, die uns das Leben schwer machen. Aber manchmal rettet sie uns durchaus vor realen äußeren Gefahren.
  3. Der entwicklungsgeschichtlich jüngste Teil unseres Gehirns ist das Großhirn (Cortex). Hier werden alle »höheren« Gehirnleistungen vollbracht, also die intellektuellen. Wichtig für unser Fühlen, Urteilen und Verhalten ist dessen vorderer Teil, der sogenannte präfrontale Cortex hinter der Stirn. Das Stirnhirn funktioniert allerdings nur, wenn wir uns im »Ruhemodus« befinden, also fern von realen oder eingebildeten Gefahren.

So tickt das Fühl- und Denkorgan


Alle Sinneseindrücke aus der Außenwelt, die unser Gehirn erreichen, durchlaufen bestimmte Kontroll- und Bewertungsstationen im Gehirn, meist die Amygdala oder einen anderen Punkt des limbischen Systems. Egal was wir hören, sehen, riechen, schmecken oder tasten – alles wird dort streng untersucht auf lebensgefährliche Bedrohungen, unüberwindliche Schwierigkeiten, starke oder schwache Gegner. Die Aktivität des limbischen Systems – und zwar im echten Gefahrenfall ebenso wie bei Fehlalarm – hat im Gehirn immer Vorfahrt. Das limbische System unterdrückt also schlicht unsere kognitiven Fähigkeiten! Das Reptiliengehirn übernimmt im Zweifel die Kontrolle.

Das kann recht unangenehm werden, wahlweise auch peinlich, denn bevor wir auch nur einen Gedanken fassen konnten, hat der mächtige ältere Hirnteil längst eine Reaktion aus seinem urtümlichen Repertoire befohlen. Viel Auswahl hat er dabei nicht: Angriff oder Flucht, Angst oder Wut oder notfalls Totstellen.

Wir beschimpfen also unser Gegenüber, brechen den Kontakt ab oder verfallen in tiefes Schweigen. Die Amygdala hat Gefahr gemeldet; unser Stammhirn befiehlt Angriff. Dann – nach einer Pause, in der der Adrenalinspiegel absinkt – setzt das Großhirn wieder ein und bewertet die Situation neu. Und vielleicht müssen wir uns jetzt entschuldigen.

Nebenbei gesagt wird hier deutlich, dass Angst und Wut fast dasselbe sind. Doch Angst macht uns hilflos (Totstellen oder, wenn möglich, Flucht) und Wut lässt uns handeln. Wenn wir als Kinder niemals lernen konnten, mit Wut umzugehen, weil es nicht gestattet war, wütend zu sein, haben wir als Erwachsene sehr darunter zu leiden. Wir richten unsere Wut gegen uns selbst oder sehr subtil gegen die anderen.

Erst wenn wir uns von der Situation distanziert haben und in der Lage sind, all das häufig irreale Negative auszuschalten, können wir die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass es gar nicht so schlimm oder sogar ganz nett ist, was uns da eben begegnet ist.

Das Gehirn ist die Schaltzentrale der guten Gefühle.

Doch leider neigt dieses Organ zu ein paar Winkelzügen, die verhindern, dass wir so glücklich sind, wie wir sein könnten. Wir nehmen sie hin – nicht weil uns diese Taschenspielertricks nutzen, sondern weil wir sie einfach nicht kennen. Stefan Klein (* 1965)

Tief in uns lauert der Säbelzahntiger


Das Gehirn: flexibel, leistungsfähig … rückständig

Unser gutes altes Denkorgan ist ein erstaunliches Erfolgsmodell – ein Wunderwerk, leistungsfähiger als jeder Computer. Aber im Kern erwartet es jederzeit urzeitliche Bedrohungen. Die Amygdala wacht ängstlich über uns, als wären wir noch heute von Säbelzahntigern und Mammuten bedroht. Und in manchen Menschen wacht sie ganz besonders aufmerksam.

Bei uns allen »produzieren« zwar die chemischen Botenstoffe (Neurotransmitter) die Gefühle, aber wie schnell jemand bereit ist, mit Angst, Flucht oder Angriff auf ein Geschehnis zu reagieren, hängt maßgeblich von seiner individuellen Vergangenheit ab. Das wissen wir immerhin, obwohl die komplizierten Zusammenhänge zwischen Gehirn, Psyche, Gefühlen und Lebensgeschichte erst zu einem winzigen Teil erforscht sind. Kommt uns etwas Bedrohliches in die Quere, kann das Gehirn äußerst nachtragend sein. Haben wir in früher Kindheit viel Stress erfahren, Verlassenheit und Ängste erleben müssen, bleiben wir anfälliger dafür, auf schwierige Lebenslagen mit Stresssymptomen zu reagieren. Die Stressbereitschaft ist dauerhaft größer als bei anderen, weil nicht nur die Amygdala aufbraust, sondern ihr auch die Erinnerungen recht geben: Das Leben ist gefährlich und das war es schon immer, denn wir haben viele schreckliche Dinge erlebt.

Derartige Komponenten stecken in unserer Persönlichkeit und die ist eindeutig mehr als die Summe ihrer bekannten Teile, mehr als alle messbaren Gehirnfunktionen zusammen. Das beschreibt eindringlich der junge amerikanische Philosoph und Kognitionswissenschaftler Alva Noë in seinem Buch »Du bist nicht dein Hirn«, einer leidenschaftlichen Kritik an der Hirnforschung (Buchtipps siehe ab >).

Warum wir manchmal das Unglück lieben


Hungrige Bärenmütter, giftige Kräuter oder auch feindliche Stämme stellen in unserem heutigen Alltagsleben zu vernachlässigende Gefahrenquellen dar. Vor den meisten dieser Bedrohungen müssen wir nicht mehr gewarnt werden. Trotzdem haben wir einen Gewinn davon, dass wir uns auf die Gefahr fokussieren. Wir führen diesen prähistorischen Zustand fort, auch und vielleicht besonders in unseren Beziehungen. So bekommen wir einfach mehr Aufmerksamkeit (siehe ab >). Das ist durchaus ein Gewinn, sozusagen ein »Glück im Unglück«, wenn auch kein erstrebenswertes.

Oft erzählen mir Patienten, wie liebevoll sich die Eltern um sie gekümmert haben, wenn sie krank waren. So bekommt meine Freundin Marlies noch heute leuchtende Augen, wenn sie an ihre Scharlacherkrankung zurückdenkt. Sie war damals vier Jahre alt und ihre Mutter war mit dem dritten Kind schwanger. Scharlach galt als sehr gefährlich für Schwangere, und die kleine Schwester sollte auch nicht angesteckt werden. Deswegen kam Marlies in Quarantäne. Das heißt, sie wurde bei der Oma untergebracht, die oben in der ersten Etage des Elternhauses wohnte. Jeden Morgen, gleich nach der Frühmesse, kam Tante Maria vorbei und las aus einer Sammlung...

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