Einleitung
In diesem Buch stellen wir unseren Lesern eine gänzlich neue Betrachtungsweise der seelischen Entwicklung des Menschen vor. Sie ist in dieser Präzision und Klarheit revolutionär.
Wir haben fünf Persönlichkeiten ausgewählt, die auf unterschiedlichste Weise das spirituelle Empfinden unserer Kultur geprägt haben: Franz von Assisi, Bruder Klaus von Flüe, Therese von Konnersreuth, Hildegard von Bingen und Osho (Rajneesh Chandra Mohan, »Bhagwan«). Alle werden mit ihren seelischen Archetypen, ihrer Seelenfamilie und ihrer Entfaltungsaufgabe vorgestellt. Die Archetypen werden exemplarisch erläutert und mit Charakter, Lebensweg und Wirkung der historisch überlieferten Persönlichkeit in Beziehung gesetzt. Mit diesem Vorgehen ergänzen wir erstmals das in unserem Buch
Archetypen der Seele1 vorgestellte theoretische Lehrgebäude mit anschaulichen, nachvollziehbaren Erläuterungen. Darüber hinaus war es uns wichtig, mehrere Vorleben dieser Persönlichkeiten, die der Bewältigung der jeweiligen seelischen Entfaltungsaufgabe dienten, ausführlich vorzustellen.
Die Auswahl dieser fünf Menschen, die das religiös-spirituelle Erleben unseres Kulturkreises geprägt haben, geschah zunächst entsprechend unserem eigenen Interesse. Zum Beispiel legten zahlreiche Aufenthalte in Assisi uns nahe, nach der seelischen Dimension des heiligen Franz zu fragen, so wie die Quelle es uns lehrt
2. Darüber hinaus war es uns wichtig, dass für alle Persönlichkeiten genügend biografisches Material vorlag. Denn nur anhand der Überprüfbarkeit historisch gesicherter Fakten, die das äußere Wirken dieser bedeutenden Gestalten belegen, werden die hier zusätzlich ermittelten seelischen Aspekte ihres Daseins nachvollziehbar und plausibel. Hilfreich waren dabei gut recherchierte Fernseh-Dokumentationen, aber auch ausführliche Lektüre sowie im Fall von Osho unsere persönliche Erfahrung.
Seit 1982 erhalten wir Informationen von einer transpersonalen Wesenheit, die sich durch das Medium Varda mitteilt. Wir bezeichnen sie als die Quelle
3. Die empfangenen Botschaften breiten eine neue, umfangreiche Seelenlehre vor dem Hintergrund einer in sich schlüssigen Kosmologie vor uns aus. Sie wurde bislang in vier Bänden vorgelegt. Das neue Buch,
Wege der Seele, dient vor allem der Vertiefung jener Aspekte dieser Seelenlehre, die das Phänomen der Seelenalter und die Entfaltungsaufgaben der jeweiligen seelischen Entwicklungsstufen betreffen
4.
Nach Auffassung der Quelle wird der Mensch definiert als ein Zusammenspiel von Körper, Geist, Psyche und Seele. Diese vier Dimensionen erschaffen in jedem Leben ein neues Ich. Die Kreation eines jeweils neuen Ichs ist eine höchst wertvolle Leistung eines jeden Menschen in jedem Leben und darüber hinaus ein bleibender Schatz in den Welten der Seele.
Menschliches Wissen ist notwendigerweise eingeschränkt. Von den vier genannten Dimensionen ist der Körper am besten erforscht. Unser Wissen über den Körper hat im Laufe der letzten Jahrzehnte stark zugenommen. Auch über den Geist und die Psyche des Menschen sind uns viele Erkenntnisse zugewachsen. Aber die Seele ist weithin ein vages, unbekanntes, ja sogar scheinbar okkultes Phänomen geblieben. Dadurch entsteht ein starkes Ungleichgewicht im Verständnis der Menschen von sich selbst. Die zeitlich überdauernde Dimension der Seele wird vielfach nicht wahrgenommen und ihre Realität nicht selten sogar geleugnet. Aber ohne die Wahrnehmung seelischer Realität sind eine wahre Ganzheitlichkeit und ein angemessenes Verstehen von Menschsein nicht erreichbar.
Wir trennen auf Geheiß der Quelle begrifflich zwischen Seele und Psyche. Psyche ist demnach ein vergängliches, nicht körperliches Organ, das uns in Stand setzt, Ängste zu verarbeiten. Eine gesunde Psyche kann Ängste relativ gut verarbeiten, eine weniger gesunde oder weniger gereifte hat damit Probleme. Seele hingegen ist unvergänglich; sie kennt keine Angst und kann daher Leben planen und durchführen, die nach menschlichen Maßstäben körperlich und psychisch sehr unangenehm sind, dennoch aber seelisches Wachstum fördern.
In der Dynamik zwischen dem Willen des Ichs und dem Wollen der Seele setzt sich die Seele letztlich immer durch. Daher ist Verlass darauf, dass ein Inkarnationszyklus immer und von jeder Seele erfolgreich abgeschlossen werden kann. Seele ist damit der Garant einer Sinn stiftenden Existenz jedes Menschen.
Das Phänomen, dass Geist, Körper und Psyche eine natürliche Entwicklung durchlaufen, die man beschreiben kann, ist uns vertraut. Der Körper eines Embryos macht von Tag zu Tag, von Woche zu Woche eine vorhersagbare präzise Entwicklung durch. Und jeder von uns wird mit jedem Geburtstag ein Jahr älter, egal ob er oder sie das mag oder nicht, das heißt, es handelt sich um ein Gesetz von Entwicklung, dem der Mensch folgen muss. Die Psyche reift mit jedem Erlebnis heran und entwickelt sich mit dem Älterwerden des Körpers. Ebenso entfaltet sich der Geist mit Hilfe von Erfahrung, Schulung, Begegnung.
Wir hören nun von der Quelle, dass auch die vierte Dimension des Menschen, eben seine Seele, einem genauen Entwicklungsplan unterliegt, den der lebendige Mensch erfüllen muss und erfüllen will. Nur entwickelt sich die Seele in etwa achtzig bis hundert Einzelinkarnationen über mehr als achttausend Jahre hinweg in immer neuen Körpern, neuen Psychen und neuen Dimensionen von Geist. Dies bedeutet, dass seelische Entwicklung erst wahrnehmbar wird, wenn mehrere Leben einer Seele ins kognitive Bewusstsein treten. Das ist in unserer heutigen westlichen Gesellschaft nicht leicht und ist auch bei weitem (noch) nicht selbstverständlich.
Dabei ist wichtig, dass psychische und seelische Entwicklung getrennt wahrgenommen und dann in ihrem Zusammenspiel verstanden werden. Wir begegnen immer wieder sehr alten Seelen, die eine ausgesprochen unreife Psyche besitzen, und wir kennen deutlich jüngere Seelen bei Menschen, deren Psyche bereits ein reifes Entwicklungsstadium erreicht hat. Nach unserer Erfahrung wird Menschsein gerade dadurch viel tiefer verstehbar, dass die Spannungen, die durch diese »Widersprüche« in einem Menschen entstehen, durch die Seelenlehre der Quelle ganz neu nachvollziehbar und akzeptierbar werden. Dies kann zu einer großen Erleichterung und einem völlig neuen Selbstverständnis führen, wie wir immer wieder zu unserer Freude beobachtet haben.
Der Entwicklungsweg einer jeden menschlichen Seele ist wie die körperliche Entwicklung in ihren Rahmenbedingungen präzise vorgegeben und im Einzelnen nahezu unendlich variabel erfüllbar. Durch unsere Arbeit ist uns deutlich geworden, dass jede Entwicklung duale Bedingungen benötigt: einerseits verlässliche, vorgegebene gesetzmäßige Abläufe im Allgemeinen und andererseits eine große Zahl möglicher frei zu gestaltender Abläufe im Detail – so wie man auch in der Erziehung von Kindern einerseits klare Maßstäbe setzen und andererseits Freiheit lassen muss und dies jeweils entsprechend dem Entwicklungsstand des Kindes neu einrichten sollte. Zu viel Freiheit schadet und zu wenig auch, das heißt, es gibt in der Mitte ein jeweiliges Optimum für die Entwicklung.
So sind die Rahmenbedingungen seelischer Entwicklung des Menschen vorgegeben durch die fünf Seelenalter
5. Diese haben wir in Zusammenarbeit mit der Quelle analog zur körperlichen Entwicklung jeweils als Zyklus der Säugling-Seele, der Kind-Seele, der Jungen Seele, der Reifen Seele und der Alten Seele bezeichnet. Jeder dieser Zyklen hat sieben Entfaltungsstufen, sodass der Gesamtablauf des Entwicklungsweges der menschlichen Seele 35 einzelne Schritte kennt. Jede dieser Stufen wird von einer Entfaltungsaufgabe dominiert, die am Ende der Stufe bewältigt sein will. Jede Stufe kann zwei bis vier Leben in Anspruch nehmen. Keine der Stufen kann übersprungen werden. Wir betonen außerdem immer wieder, dass seelische Entwicklung nur in sehr geringem Umfang beschleunigt werden kann. Die Seele hat Zeit. Beschleunigung des Wachstums im üblichen Sinn bezieht sich nach unserer Erfahrung auf die schnellere Entwicklung psychischer Reife, wie sie in der Psychologie und in der therapeutischen Arbeitsweise verstanden wird. Zwei psychisch reife Menschen können aber durchaus sehr unterschiedliche Seelenalter haben. Dies wird im Laufe der Lektüre der Beispiele deutlicher werden.
Was bis jetzt vielleicht ein wenig theoretisch klingt, ist für uns sehr konkrete Wirklichkeit dadurch geworden, dass wir im Verlauf von vielen Jahren Seminararbeit Tausende einzelner Seelenalterbestimmungen durchgeführt haben und an jedem Menschen neu überprüft haben, wie weit diese Theorie trägt. Und wir haben sie immer wieder als erstaunlich wahr und hilfreich erlebt.
Die Überprüfung besteht unter anderem darin, dass eine Person im Seminar ihr Seelenalter und die entsprechende Entfaltungsstufe erfährt, also etwa: »Du hast eine Alte Seele, die sich auf der ersten Stufe des Alten Zyklus bewegt.« Außerdem erfährt der Teilnehmer die damit verbundene Entfaltungsaufgabe, also in diesem Beispiel: »Aus innerer Überzeugung gegen die geltende Moral handeln«. Dann erfolgen Hinweise der Quelle, an welchem Punkt dieser individuelle Mensch mit seiner Entfaltungsaufgabe steht und was die nächsten Schritte der Erkenntnis sein können.
Die Bewältigung der Entfaltungsaufgabe Alt 1 zum Beispiel folgt einem präzisen inneren Ablauf. Zuerst denkt man daran, gegen geltende Moral zu handeln, dann redet man darüber, und irgendwann kommt man auch ins Handeln. Dadurch wird statt einer von außen gesellschaftlich bestimmten Moral eine eigene innere Ethik neu gebildet, die sich allein aus der individuellen Wahrnehmung speist. Und am...