1. KAPITEL
In diesem Kapitel befassen wir uns kurz mit Luthers Herkunft, seiner Berufung bis zum Anschlag und der Veröffentlichung der 95 Thesen, Philipp Melanchthon, der Leipziger Disputation, der Erwähnung seiner Schriften, Luthers unfreiwilligem Engagement in der Erhebung von 1525, dem aktuellen Fortgang der Reformation unmittelbar nach seinem Tod.
Martin Luther
Der deutsche Reformator Martin Luther wurde am 11. November 1483 in Eisleben, in der Grafschaft Mansfeld, geboren und starb ebendort am 18. Februar1546. Sein Vater, Hans Luther (1459-1530), war Bergmann, seine Mutter, Margarethe, geborene Lindemann (1459-1531), stammte aus Neustadt an der Saale. 1484 war die Familie aus wirtschaftlichen Erwägungen von dem thüringischen Dorf Möhra nach Mansfeld übergesiedelt, wo Hans Luther Pächter eines Hüttenwerkes wurde und später an mehreren Schächten und Hütten beteiligt war. Martin Luther studierte nach dem Erwerb des Magistergrades ab 1505 Jura in Erfurt. Am 17. Juli desselben Jahres trat er in das Erfurter Augustiner-Eremitenkloster ein. Den Anstoß dazu gab ein Erlebnis, das er während eines Gewitters am 2. Juli 1505 vor Stotternheim hatte. Luther legte das Gelübde ab, Mönch zu werden.
Mit dem Thesenanschlag Martin Luthers an der Schlosskirche zu Wittenberg, am 31. Oktober 1517, das heißt mit der Veröffentlichung und dem Anprangern der Missstände der katholischen Kirche, insbesondere hinsichtlich des Ablasshandels, wurde die Reformation eingeleitet.
Die 95 Thesen wurden zunächst in lateinischer Sprache in Umlauf gebracht, als Beifügung eines Briefes an den Erzbischof von Mainz und Magdeburg, Albrecht von Brandenburg (1490-1545). Da eine Stellungnahme ausblieb, gab Luther die Thesen an einige Bekannte weiter, die diese kurze Zeit später ohne sein Wissen veröffentlichten und damit zum Gegenstand einer öffentlichen Diskussion im Reich machten. Der eigenhändige Thesenanschlag am 31. Oktober 1517 durch Luther an die Schlosskirche zu Wittenberg wird 1540 erstmals von Luthers Sekretär Georg Rörer, erwähnt (nach dem Fund einer Notiz 2006 in der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena). 1547 wird der Thesenanschlag von Philipp Melanchthon in der Vorrede zum zweiten Band seiner „Werke Luthers“ erstmals schriftlich bezeugt.
Die Authentizität des Thesenanschlags durch Luther selbst, den damaligen akademischen Gepflogenheiten entsprechend, soll hier nicht Gegenstand weiterer Erörterungen sein. Die Existenz des Thesenpapiers und dessen Druck in größerer Anzahl sind zweifelsfrei. Luthers Thesen wurden alsbald ins Deutsche übersetzt. 1518 wurden sie in der deutschsprachigen Schrift „Sermon von Ablaß und Gnade“ in 15 hochdeutschen Ausgaben und einer niederdeutschen Ausgabe weiter verbreitet.
Philipp Melanchthon
Philipp Melanchthon, der eigentlich Schwartzerd hieß, wurde am 16. Februar 1497 in Bretten, bei Kralsruhe geboren und starb am 19. April 1560 in Wittenberg, er war ein deutscher Humanist und Reformator. Melanchthon war der Sohn eines Waffenschmieds und Großneffe von Johannes Reuchlin, der ihn förderte.2 Melanchthon studierte in Heidelberg und Tübingen und galt als umfassend humanistisch und scholastisch gebildet. Er war Professor für Griechisch und Theologie in Wittenberg und beschrieb bereits 1521 mit seinen „Grundlagen der Theologie“ (Loci communes rerum Theologicarum) systematisch die reformatorische Lehre. Melanchthon verfasste maßgeblich das „Augsburger Bekenntnis“, gestaltete die Wittenberger Universitätsreform und erweiterte das evangelische Bildungswesen mit der Gründung von neuen Schulen (wie in Eisleben, Magdeburg, Nürnberg), dem Entwurf von Schulordnungen und didaktischen Konzepten. Mit Luther baute er das Landeskirchensystem auf. Nach Luther blieb Melanchthon die einzige überragende Gestalt des deutschen Protestantismus.3
Philipp Melanchthon war als Reformator eine treibende Kraft der deutschen und europäischen kirchenpolitischen Reformation. Er gab mit seinen Werken der Reformation den theologischen und organisatorischen Rückhalt.
Leipziger Disputation
Im Verlauf der Auseinandersetzungen Luthers mit der römischen Kurie fand, anlässlich des Reichstages in Augsburg, das Gespräch mit Kardinal Thomas Vio von Gaeta, genannt Cajetan (1469-1534) vom 12. bis 14. Oktober 1518, statt. Luther sollte widerrufen, weigerte sich aber, wenn er nicht aus der Bibel widerlegt würde. Trotz kaiserlichen Geleitbriefes drohte ihm Verhaftung, der er aber entkommen konnte.
Eine öffentliche Verhandlung in einer Disputation hatte Luther schon von Cajetan verlangt, sie aber nicht erlangen konnte.
Die Leipziger Disputation vom 27. Juni-16. Juli 1519, entwickelte sich zu einer, wenn nicht die entscheidende theologische Auseinandersetzung zwischen den Führern der protestantischen Bewegung und der Kirche Roms. Es wird als ein heftiges theologisches Streitgespräch zwischen Martin Luther, Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt (1486-1541) und Philipp Melanchthon mit dem katholischen Professor der Theologie, Johannes Eck (1486-1543) beschrieben. Als Gastgeber trat Luthers entschiedener Gegner, Herzog Georg von Sachsen, auf der Pleißenburg in Leipzig in Erscheinung, in dessen Begleitung sich Fürst Georg von Anhalt befand. Außerdem hatte sich eine große Zahl Leipziger Bürger eingefunden um dem festlichen Schauspiel beizuwohnen.
Zunächst standen sich Karlstadt und Eck gegenüber. Eck brachte gegenüber Luther das Konzil von Konstanz, 1415, zur Sprache und versuchte ihn mit dem damals als Ketzer verbrannten Jan Hus gleichzustellen. Luther wurde dadurch veranlasst, die Heilsnotwendigkeit des päpstlichen Primats in Zweifel zu ziehen und wird mit dem Satz „Auch Konzile können irren“ zitiert. Damit stellte er die Schrift über Konzile. Das bedeutete nichts weniger als den Bruch mit der römischen Kirche. Denn Dr. Eck vertrat gleichsam als Legat den Papst. Luther appellierte 1520 an Papst Leo X. mit seinem Sendbrief „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ an ein neues Konzil.
Luther vollzog mit der Verbrennung der Schriften des kanonischen Rechts und der päpstlichen Bannandrohungsbulle am 10. Dezember 1520 vor dem Elstertor in Wittenberg den endgültigen Bruch mit Rom. Am 3. Januar 1521 wird Luther in den Kirchenbann gestellt.
Luther stand am 17. April 1521 vor dem Reichstag zu Worms. Er verweigerte erneut den Widerruf seiner Schriften. Die Reichsacht wurde bereits am 3. Mai über ihn verhängt. Ihr folgte fünf Tage später das „Wormser Edikt“.
Die 1521 verhängte endgültige Verbannung kam nur in den Territorien des Kaisers (habsburgische Erblande) und in den Territorien überzeugter katholischer Fürsten, wie Joachim von Brandenburg (1484-1535), Georg von Sachsen (1471-1539) u. a. zur Geltung.
„Der Deutsche Bauernkrieg“ – Einlassung
Seit mehr als einem Menschenalter fanden soziale und wirtschaftliche Unruhen statt. In Niklashausen -Hans Böhm 1476, Kärntner Bauernaufstände 1478-1515, Südwestdeutschland – Bundschuh 1493 - 1517 und „Armer Konrad“ – Württemberg 1514 mögen als Hinweise genügen. Die wirtschaftlichen und politischen Forderungen der oft uneigenen, bzw. leibeigenen Aufständischen summierten sich in der Herstellung, bzw. der Wiederherstellung des „göttlichen Rechts“ des Armen Mannes. Das war nun ganz und gar nicht die Auffassung Luthers, der im Sinne des Apostel Paulus und der mittelalterlichen Kirchenlehre patriarchalisch über die gottgewollte Ungleichheit der Menschen dachte.
Die durch den fanatischen Eifer Dr. Karlstadts und des Predigers Thomas Münzers (1489-1525) betriebenen Exzesse wie Bilderstürmerei und Eingriffen in gottesdienstliche Ordnungen und anderes mehr, fühlte sich Luther in seinem Exil auf der Wartburg veranlasst, dagegen einzuschreiten. Am Sonntag Invokavit, den 9. März 1522 trat Luther in Wittenberg als Prediger auf und stellte in der Woche bis zum 16. März mit seinen Invokavitpredigten die gefährdete kirchliche Ordnung wieder her.
Der Deutsche Bauernkrieg (Erhebung des gemeinen Mannes), die Bewegung von 1524/25, gehört nicht zur Kategorie der inneren Auseinandersetzungen im deutschen Protestantismus.
Gleichwohl berührt diese Bewegung die Reformation. Luthers Schriften und Vermahnungen an den Adel und an den „gemeinen Mann“ berührten die Stellung des Reformators direkt und veranlassten ihn, sich grundsätzlich und konkret zu äußern.
Luther werden in Eisleben von einer Abordnung der Aufständischen die zwölf Artikel der Bauern von Schwaben überreicht. Er wird als Schiedsrichter aufgerufen und um Stellungnahme zu den „12 Artikeln von Memmingen“ gebeten. In seiner „Ermahnung zum Frieden“ auf die „zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben“, 25. April 1525, wendet er sich an beide Seiten, an die Fürsten und an die Aufständischen. Der Theologe Thomas Münzer in Mühlhausen als Pfarrer tätig, war in Thüringen führend an der Erhebung beteiligt und wollte eine gewaltsame Lösung des Konflikts, die Luther aber grundsätzlich...