E I N L E I T U N G
E u r eQ u o t eb r a u c hi c hn i c h t
Diskussionen zum Thema Frauenquote erhitzen die Gemüter- sowohl bei den Befürwortern, wie auch bei den Gegnern. Mich beschäftigt diese Diskussion auch und ich empfinde diese Regelung als entwürdigendes Hilfsprogramm für uns Frauen. Mit einer solchen Quotenregelung werden wir Frauen den Geschäftsleitungen und Verwaltungsräten doch förmlich aufgezwungen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Qualifikation und Leistung zählt. Das Geschlecht ist aber weder Qualifikation noch Leistung. Für wen bitte schafft diese Regelung eine angenehme Position? Für die Frau bestimmt nicht, denn diese wird als Quotenfrau abgestempelt oder wie Nicola Leibinger-Kammüller, Vorsitzende der Geschäftsführung der Trumpf GmbH + Co. KG, treffend formuliert hat: »Wer will schon gern die Quotilde sein?«.
Ich selber bin eine grosse Verfechterin von gleichberechtigter und gleichwertiger Verteilung von Macht- und Führungspositionen zwischen Frau und Mann. Aber nicht mit dem Instrument der Quotenregelung, sondern aufgrund vorhandener Kompetenzen. Mir kommen sechs kritische Fragen in den Sinn, die zum Nachdenken anregen sollen – dabei spielt es keine Rolle, ob Sie in Deutschland, Österreich oder der Schweiz leben:
1. Warum sollen Frauen mehr gefördert werden als Männer?
2. Brauchen Frauen tatsächlich ein Frauenquoten-Hilfsprogramm? Nagt das nicht am Stolz?
3. Gibt es heute überhaupt genügend fähige Frauen, die bei einer geforderten Frauenquote von 30 bis 40 Prozent Kaderpositionen übernehmen wollen?
4. Greift der Staat mit der geforderten Frauenquote nicht in die freie Marktwirtschaft ein?
5. Führt diese geforderte Frauenquote, welche gemäss der Vereinten Nationen jegliche Form der Diskriminierung der Fraubeseitigen soll, im Gegenzug nicht zu einer Diskriminierung des Mannes?
6. Braucht es nach der Umsetzung der Frauenquote eine Männerquote?
Der Ursprung der Frauenquotenfrage geht auf den 18. Dezember 1979 zurück, als die Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women, CEDAW) von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurde. Diese Konvention trat 1982 in Österreich1, 1985 in Deutschland2 in Kraft und in der Schweiz wurde diese 1997 ratifiziert3. Alle drei Länder haben sich mit der Unterzeichnung dieses Vertrages dazu verpflichtet, die darin aufgeführten Rechte der Frau zu schützen und zu erfüllen.
Gemäss Auskunft der Schweizerischen Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen (EFK) in Bern, dient die Frauenquote als Umsetzungshilfe dieser CEDAW-Konvention. Mit der Frauenquote soll erreicht werden, dass die Diskriminierung der Frauen auch im Arbeitsmarkt eingedämmt werden kann.
In Deutschland, Österreich und der Schweiz laufen zurzeit heftige Diskussionen über die Einführung einer Frauenquote. In Deutschland liegen Pläne für eine gesetzliche Quote von mindestens 30 Prozent in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen vor. Gleiches soll auch für die Führungspositionen der Bundesverwaltung, der Gerichte und Unternehmen des Bundes gelten sowie für alle Gremien, in die der Bund Vertreter schickt4.
In der Schweiz will die Landesregierung eine Zielquote von 30 Prozent Frauen in bundesnahen Betrieben erreichen. Der Kanton Basel-Stadt ist in der Schweiz der erste Kanton, der eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent in allen Verwaltungsräten, die in der Wahlbefugnis des Kantons liegen, eingeführt hat5. Und die österreichische Bundesregierung beschloss, bis 2018 35 Prozent Frauen in Aufsichtsräten von Unternehmen zu haben, an welchen der Staat mit mindestens 50 Prozent beteiligt ist6.
Im November 2013 stimmte das EU-Parlament einer Frauenquote von 40 Prozent in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmungen zu. Diese Quotenregelung gilt für alle EU-Länder und betrifft Unternehmungen, die mehr als 250 Mitarbeitende und mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz haben7. Zusätzlich werden überall Stimmen laut, diese Quotenregelung nicht nur in sogenannten bundesnahen Betrieben einzuführen, sondern auf die gesamte Wirtschaft auszuweiten.
Im März dieses Jahres ist im »TagesAnzeiger«, einer überregionalen Schweizer Tageszeitung aus Zürich, unter dem Titel »Männer blocken Frauenquote ab« ein Artikel zu diesem Thema publiziert worden. Darin heisst es unter anderem: »Frauen sind in Schweizer Chefetagen nach wie vor die Ausnahme. Eine Quote ist umstritten, laut einer Studie auch bei Frauen.« 61 Prozent der befragten Männer und 45 Prozent der befragten Frauen finden, die Frauenquote sei keine Angelegenheit für die Politik. Diese Umfrage führte das Topkräftevermittlungs- und Beratungsunternehmen Mercuri Urval mit rund 1000 befragten Personen durch8. Da stelle ich mir unweigerlich die Frage, ob diese Quotenregelung wirklich ein Bedürfnis von Frauen ist oder vielleicht mehr von Politikern?
Parallel zur Quotendiskussion wird zusätzlich eine Diskussion über Kontrollmechanismen und wirksame Sanktionen geführt, falls die Quotenziele nicht erreicht werden sollten. Mit dieser Quoten- und Sanktionendiskussion wird meiner Meinung nach die Freiheit von Unternehmen massiv beschnitten, die Firma von denjenigen Personen führen zu lassen, die aus Unternehmenssicht am geeignetsten sind. Das geht definitiv zu weit!
Ich bin überzeugt, dass sich die Frauenfrage in Verwaltungsräten und Kaderpositionen in den nächsten fünf bis zehn Jahren von selber lösen wird. Gemäss der demografischen Entwicklung sind Frauen in der Überzahl. Die aktuellen Zahlen des Schweizerischen Bundesamtes für Statistik zeigen auf, dass im Jahr 2012 rund 3.9 Millionen Männer und 4 Millionen Frauen in der Schweiz lebten. In Österreich zählte man im selben Jahr rund 4.3 Millionen Frauen und 4.1 Millionen Männer9. In Deutschland ist der Unterschied noch deutlicher, dort leben rund 41 Millionen Frauen und 39 Millionen Männer10. Es gibt aktuell also bei uns mehr Frauen als Männer. Die von allen Seiten geforderte Frauenquote wird wohl schon aufgrund der Geschlechterverteilung hinfällig. Je mehr Frauen es gibt, desto höher ist die Zahl der berufstätigen Frauen und folglich die Wahrscheinlichkeit, dass sich Frauen für eine Karriere entscheiden und in Kaderpositionen gelangen. Vor 20 Jahren waren die Frauen an Universitäten noch in der Unterzahl. Heute sind sie in der Überzahl. Ein aktuelles Beispiel aus Österreich zeigt, dass dieses Jahr an der Medizinischen Universität Wien 393 Frauen und 347 Männer zum Medizinstudium zugelassen wurden11. Die Geschlechterverteilung an den Universitäten sieht in der Schweiz und Deutschland nicht anders aus. Die Frauen haben aufgeholt. Es werden zukünftig mehr Frauen an Universitäten abschliessen und da längst nicht alle promovierten Frauen den Wunsch nach Kindern haben, werden auch mehr Frauen für Kaderpositionen zur Verfügung stehen. Zurzeit mögen Frauen im Management noch untervertreten sein, aber hören wir doch auf, dieses Problem, das sich in ein paar Jahren von alleine lösen wird, mit der Brechstange lösen zu wollen.
Ein weiteres Argument der Quotenbefürworter sind Studien, die belegen, dass gemischte Teams erfolgreicher sind als rein männliche oder rein weibliche. Ja, davon bin ich auch überzeugt; zu hundert Prozent sogar. Aber bestimmt nicht Teams, in welche Frauen wegen ihres Geschlechts und nicht wegen ihrer Qualifikationen hineingedrängt werden. Das vergiftet doch das ganze Arbeitsklima. Und wer ist in einem giftigen Umfeld schon produktiv, geschweige denn kreativ?
Die Quote kann bei Frauen auch Druck auslösen, unbedingt Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen. Und damit wird gleich ein bereits bekanntes Problemfeld erweitert. Wir haben schon jetzt überall zu wenig qualifizierte Kinderbetreuungsplätze. Wo bitte sollen die Karrierefrauen ihre Kinder hinbringen, wenn sie im Topmanagement sind?
Menschen – und dazu gehören auch Frauen – möchten aufgrund ihrer Leistung befördert werden. Der Stolz bleibt doch schlicht auf der Strecke, wenn wir wegen unseres Geschlechts in eine Kaderposition aufsteigen.
Was wir brauchen, sind bessere Rahmenbedingungen, damit Beruf und Familie gut vereinbart werden können. Dazu gehören Teilzeitmöglichkeiten auch auf Kaderstufe und flexible Arbeitszeitmodelle. Solche Rahmenbedingungen schaffen für beide Elternteile einen Mehrwert. Männer erhalten die Möglichkeit, sich stärker in die Familie einzubringen und Frauen können sich mehr im Beruf engagieren. Und wenn wir gerade dabei sind: Wer hätte sich vor ein paar Jahren vorstellen können, dass es einmal Hausmänner geben wird? An dieses Bild hat sich die Gesellschaft übrigens auch noch nicht gewöhnt....