Wir sind häufig nicht ehrlich zu uns selbst. Schnell sagen wir uns: Das ist unmöglich. In der Regel meinen wir aber gar nicht, dass etwas unmöglich ist, sondern eher: Das ist mir zu unbequem. Es wäre vielleicht durchaus möglich, doch wir müssten uns womöglich einer Herausforderung stellen, mit weniger Geld auskommen, ein Risiko eingehen, umziehen, früher aufstehen, unsere Ernährung ändern oder vielleicht sogar alle diese Dinge tun … Nein, das ist ja nun wirklich unmöglich.
Wir meinen also in den oben genannten Fällen oftmals gar nicht „unmöglich“, sondern „unbequem“.
Keine Sorge, dieses Buch wird Ihnen nicht all Ihre Ausreden wegnehmen. Sie können gerne der Welt gegenüber Ihre Ausreden behalten. Aber seien Sie doch wenigstens zu sich selbst ehrlich. Dann gibt es für Sie später auch kein „Hätte ich doch mal …“
Dieses Buch wird Ihnen dabei helfen, Ihre eigenen Ausreden auch als solche zu erkennen. Danach haben Sie immer noch die Möglichkeit, alles beim Alten zu belassen oder Dinge anzugehen und gewünschte Veränderungen durchzuführen.
Eines der kostbarsten Dinge, die wir alle besitzen, ist unsere Zeit. Wir können mit ihr alles Mögliche anstellen: Wir können Geld verdienen, eine Familie gründen, sie in unsere Gesundheit investieren, unsere Träume verwirklichen, sie genießen etc. Wir können unsere Zeit aber auch ständig mit Ausreden füllen (wir nennen sie natürlich nicht „Ausreden“, sondern „gute Gründe“, „Realität“ oder so ähnlich). Wir können Dinge nicht angehen, von verpassten Gelegenheiten reden, jammern, leiden und uns damit die Zeit vertreiben.
Dieses Buch soll Ihnen helfen, Ihre Zeit so zu nutzen, dass Sie für sich zufrieden sind. Es soll Ihnen helfen, Dinge zu realisieren, Ziele zu konkretisieren, die eigenen Ausreden zu überwinden und einfach durchzustarten.
Viel Spaß und Erfolg dabei, denn die schlechte Nachricht ist: Die Zeit vergeht wie im Flug, aber die gute ist: Sie sind der Pilot.
Schule: Eine weltfremde Welt für sich
Mich hat die Schule irgendwie nicht aufs Leben vorbereitet. Ich weiß nicht, wie es Ihnen früher ging, und wenn Sie heute Kinder haben, wie es diesen heute geht. Doch für mich war Schule irgendwie so eine Welt für sich. Ich habe in dieser Welt gelebt, seitdem ich sechs Jahr alt war, und das immer von Klassenarbeit zu Klassenarbeit, von Zeugnis zu Zeugnis. Es ging immer nur darum, irgendwie weiterzukommen, irgendwie versetzt zu werden.
Ich bin 13 Jahre zur Schule gegangen. Nicht weil ich einmal sitzen geblieben wäre, sondern weil es damals G8 noch nicht gab und man in Schleswig Holstein, wo ich aufgewachsen bin, noch 13 Jahre zur Schule ging.
Als ich in der 12.Klasse war, kam mein Vater zu mir und fragte: „Was willst Du denn nun machen, wenn Du mit der Schule fertig bist?“ Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht. Ich wollte erst mal mein Abi machen, das war für mich schon Herausforderung genug.
„Ja“, sagte er zu mir“, und danach, was willst Du denn danach machen? Willst Du studieren?“
Studieren war für mich wie weiter zur Schule zu gehen, und das wollte ich ganz sicher nicht.
„Dann wäre eine Ausbildung die zweite Option. Für eine Ausbildung in einem Unternehmen musst Du Dich ungefähr ein Jahr vorher bewerben“, klärte er mich auf. „Das wäre somit: JETZT."
"Was für eine Ausbildung möchtest Du denn machen?“
Ich hatte keine Ahnung.
„Worin bist Du denn gut?“, fragte mein Vater weiter.
Das traf mich wie ein Hammerschlag. Worin war ich eigentlich gut? Ich war überall eher durchschnittlich oder darunter. Worin ich nicht so gut war, hätte ich ihm sagen können, aber worin ich gut war … Ich hatte keine Ahnung.
Es ist für mich ein unausgesprochener Skandal, dass heute noch immer so viele Kinder ihren Schulabschluss machen und wissen, was sie alles nicht können, aber überhaupt keine Ahnung haben, was sie wirklich gut können.
„Was ist Dir denn wichtig?“, versuchte mein Vater es weiter. Diese Frage schien mir einfach zu beantworten zu sein: Ich wollte gerne viel Geld verdienen, das war mir offensichtlich wichtig. Und ich hatte damals viel Freude daran, in meiner Freizeit Tennis zu spielen. Das wollte ich gerne fortsetzen, doch was gab es da für Optionen? Zum Tennisprofi reichte mein Können nicht, nicht einmal zum Tennistrainer.
Dann bewerbe ich mich eben bei einer Bank, dachte ich mir damals. Von einem Freund aus meinem Tenniskurs wusste ich, dass Banken Azubis mit die höchsten Einstiegsgehälter zahlten, nur Versicherungen lagen noch knapp darüber. Und das Tolle bei den Banken von damals waren die Öffnungszeiten. Um 8.00 Uhr wurde geöffnet, und um 16.00 Uhr wurde wieder geschlossen. Dann könnte ich doch schon um spätestens 17.00 Uhr auf dem Tennisplatz sein. Mittwochs hatten die Banken sogar nur bis 13.00 Uhr auf, das heißt, ich könnte schon ab 14.00 Uhr Tennis spielen.
Ich habe mich daraufhin bei verschiedenen Banken beworben, und eine Bank hat mich auch genommen. Ich habe dann drei Jahre lang eine Banklehre gemacht, was bisher die schlimmsten drei Jahre meines Lebens waren, doch ich möchte hier ausdrücklich anmerken: Das lag nicht unbedingt an der Bank. Die Ausbildung bei dieser Bank war tatsächlich erstklassig, es lag lediglich an der Kombination: Thorge und Bank. Das passte einfach nicht zusammen.
Und dennoch, ich habe etwas sehr Wichtiges gelernt. Ich habe gelernt, was passiert, wenn ich mich über einen langen Zeitraum hinweg zwinge, etwas zu tun, was mir keinen Spaß macht.
Ich bin in diesen drei Jahren sehr krank geworden. Ich hatte Neurodermitis, und meine Haut war im wahrsten Sinne der Spiegel meiner Seele. Im dritten Lehrjahr war meine Haut am ganzen Körper so zerkratzt, dass ich nicht nur keine Krawatten mehr tragen konnte. Ich musste auch an manchem Morgen mein Gesicht in ein Ölbad tauchen, damit die verkrusteten Augen aufgingen.
Während meines dritten Lehrjahres war ich dann drei Monate stationär im Krankenhaus und einer der damals härtesten Fälle in dieser Klinik: Ganzkörperverbände, Unmengen an Kortison, eine Ernährungsumstellung … Nichts half.
Umso erstaunlicher war es für alle, dass nicht einmal ein Jahr später alle Beschwerden verschwunden waren und in den letzten zwanzig Jahren auch nie mehr wiederkamen.
Was war passiert? Ich hatte mein Leben verändert. Ich habe die Banklehre zu Ende gemacht und bin nach dem Abschluss der Ausbildung für ein Jahr in die USA gegangen, um dort als Au Pair zu arbeiten und nebenbei Schauspiel zu studieren.
Danach habe ich zwei Jahre lang in Berlin beim Film gearbeitet, und in dieser Zeit habe ich wieder etwas gelernt. Ich habe gelernt, was alles möglich ist, von dem die ganze Welt um dich herum sagen würde, dass es unmöglich ist. Und mir ist aufgefallen, wie viele Menschen täglich zur Arbeit gehen und gar keinen Spaß an dem haben, was sie tun. Was macht das wohl mit diesen Menschen? Was macht das wohl mit den Unternehmen, in denen diese Menschen arbeiten? Was macht das wohl mit unserer Gesellschaft?
Ich hatte Glück, denn mein Ventil war und ist meine Haut. Man sieht mir relativ schnell an, wenn ich überlastet bin, mir etwas keinen Spaß macht oder mir etwas Stress bereitet. Doch wie geht es den vielen Menschen, deren Ventil andere Organe sind? Was tun sich viele Menschen täglich an? Und warum ändern sie nichts? Merken sie überhaupt, was sie da mit sich und ihrem Arbeitgeber machen?
Diese Fragen haben mich sehr beschäftigt, denn ich hatte gelernt, dass es auch anders geht. Ich hatte damals die Idee, die Welt durch die Erfahrungen, die ich gemacht hatte, zu verändern, und deshalb bin ich schließlich über meinen Schatten gesprungen und habe nach langem Zweifeln doch noch studiert.
Schon während meines Studiums habe ich ein Training entwickelt, das seit dem Jahr 2000 nicht nur SchülerInnen1 und Studenten weltweit hilft, wirklich das zu tun, wozu sie sich berufen fühlen. Es unterstützt auch Mitarbeiter und Führungskräfte dabei, wieder fröhlicher zur Arbeit zu gehen. Und seit einigen Jahren helfen meine Mitarbeiter und ich auch Langzeitarbeitslosen, ihr Selbstbewusstsein wieder aufzubauen und eine Arbeit zu finden, die zu ihnen passt.
Die Formel zur positiven Motivation
Wenn ich positive Motivation in einer Formel ausdrücken sollte, dann würde diese lauten:
Leistungsbereitschaft + Perspektive =
positive Motivation
Leistungsbereitschaft - Perspektive =
negative Motivation
Leistungsbereitschaft:
Das bedeutet für die unterschiedlichen Zielgruppen, dass sie noch immer viel Leistungsbereitschaft in sich tragen, aber:
Der Schüler wird plötzlich zum Störenfried, benimmt sich destruktiv und arbeitet nicht mehr mit.
Der Mitarbeiter oder vielleicht auch die Führungskraft kommt zwar noch zur Arbeit, macht aber nur noch das Nötigste. Dafür wird jetzt an allem und jedem herumgenörgelt. Schuld an der Lage ist in der Regel der ganze Stress, die Situation, der blöde Chef etc.
Langzeitarbeitslos heißt für gewöhnlich nicht, beschäftigungslos zu sein. Sei es der große Garten, der einen auf Trab hält, der Fernseher, die Enkelkinder oder was auch immer. Die meiste Energie wird allerdings selten in die Arbeitssuche gesteckt, wenn dort keine wirkliche Perspektive...