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Welche Sprache ist meine Muttersprache? Gründe für das Niveau der russischen Sprachbeherrschung bei Aussiedlerkindern

AutorJulia Alert
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl74 Seiten
ISBN9783955497484
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Es steht außer Frage, dass für viele die Sprache ein Indikator der Kulturzugehörigkeit ist. Für die meisten Russlanddeutschen ist die russische Sprache zur Muttersprache geworden. Aus diesem Grund werden sie in der deutschen Bevölkerung schlicht und einfach 'Russen' genannt. Nur die Wenigsten kennen die geschichtlichen Hintergründe dieser Menschen, die ihr Leben lang 'Deutsche' hießen. Sie bekamen einen besonderen politischen Status in Deutschland und in der offiziellen Sprache werden 'Aussiedler' und 'Spätaussiedler' genannt. Viele junge Aussiedler und Spätaussiedler starteten ins Erwachsenenleben schon in Deutschland. Wie erfolgreich haben sie sich in die neue Gesellschaft integriert? Was und wie viel von der mitgebrachten Kultur geben sie ihren Kindern weiter? Wie hoch sind der Stellenwert und das Niveau der russischen Sprache in ihren Familien? Die vorliegende Arbeit soll Antworten auf diese Fragen geben.

Julia Alert wurde 1977 in Kasachstan geboren. Ihr Studium der Geschichte und russischen Sprache an der Universität zu Köln schloss die Autorin im Jahre 2010 mit dem ersten Staatsexamen erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfa

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Leseprobe
Kapitel 2.2, Die Verhaltensmuster von Einwanderern: In über zehn Jahren seit 1995 hat sich in Deutschland Vieles verändert. Die meisten Deutschen wussten damals nicht, warum auf einmal so viele Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland kamen. Dementsprechend reagierten viele Einheimischen gestresst und ablehnend. 'Die Fremdheit oder sogar die Unkenntnis dieses Wirklichkeitsmodels ist eine Ursache für die Entstehung des Gefühls der Distanziertheit sowie der emotionalen, psychosozialen Probleme, die aber irrtümlicherweise oft ausschließlich auf die Erwerbsschwierigkeiten einer zweiten Sprache zurückgeführt werden, vor allem, wenn Einwanderer eine zweite Sprache im Erwachsenenalter lernen müssen.' Die Situation der relativen Abgrenzung führte zu unterschiedlichen Strategien der Eingewöhnung an die neuen Lebensumstände. M. Kuhn-Lääs unterscheidet dabei zwei Arten der Motivation, die den einen oder den anderen Verhaltensmuster erklären. 'Instrumentale' Motivation impliziert den Wunsch die Sprache gut zu beherrschen, um einen Nutzen für seine soziale Fortentwicklung zu bekommen. Diejenigen Menschen, die eher daran interessiert sind sich in die 'Zielgesellschaft' zu integrieren und ein anerkanntes Mitglied dieser zu werden, sind durch 'integrative' Motivation bewegt. 2.2.1, Die Assimilation: Auf 'instrumentaler' Motivation basierende und mit dem Begriff 'Assimilation' erfasste Taktik bedeutet eine starke Angleichung an die Zielgesellschaft sowohl in persönlicher als auch in sozialer Sphäre, 'Identifikation mit der fremden Kultur und die Uminterpretation der ursprünglichen Identität'. In diesem Fall kann es nicht die Rede von dem Erhalt der eigenen, mitgebrachten Sprache sein, denn sie wird nicht als eine Bereicherung, sondern als eine Behinderung verstanden. Der große Wunsch nach einer Assimilierung zwingt manche Eltern zum Gebrauch der weniger beherrschten Sprache auch in der Familie, was unter Umständen verheerende Folgen für allgemeine Entwicklung des Kindes haben kann. Man findet viele Belege für diese Einsicht in 'Russlanddeutschen Sprachbiographien' von K. Meng, die zeitlich in die Mitte der 90-ger passen und ein treffendes Bild der elterlichen Bestrebungen bezüglich der Zukunft ihrer Kinder geben. 2.2.2, Die Integration: Eine notwendige Anpassung an die Normen der aufnehmenden Gesellschaft 'mit der gleichzeitigen Beibehaltung der ursprünglichen Kultur und Identität' wird als Integration bezeichnet. Im öffentlichen Leben passt sich die Gruppe den Normen und Gesetzen des Landes an, die Privatsphäre mit Sprache, bestimmten Traditionen bleibt weitgehend unverändert, das heißt, es findet keine kulturelle Anpassung statt. Dabei integriert 'der Migrant in seiner Persönlichkeitsstruktur, also in sich selbst, die zwei Kulturen und Sprachen'. Es ist offensichtlich, dass man in diesem Fall durch den integrativen Gedanken motiviert wird und keine Abneigung der eigenen Herkunft und Sprache gegenüber erlebt. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Zugehörigkeit zu der Migrantengemeinschaft, welche durch bestimmte Merkmale wie z. B. Akzent manifestiert wird. Es hat seine Wurzeln und Auswirkungen, ob man sich dieser Zugehörigkeit schämt, oder sich als gleichberechtigtes Gesellschaftsmitglied mit dem Migrationhintergrund empfindet.
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