DIE OSTSCHWEIZ & LIECHTENSTEIN
Die Ostschweiz erstreckt sich zwischen den Eckpunkten Schaffhausen im äußersten Norden der Schweiz, der Grenze zu Österreich im Osten und Appenzell im Süden. Die Landschaft südlich des Bodensees ist leicht hügelig und mit ausgedehnten Feldern stark landwirtschaftlich geprägt. Die Kantone Appenzell-Ausserrhoden und Appenzell-Innerrhoden können hingegen mit halb-alpinen Landschaften und reichlich Milchwirtschaft punkten. Wer das typische Landschaftsbild der Schweiz aus der Fernsehwerbung sucht, wird hier fündig werden. Städtischer Mittelpunkt der Ostschweiz ist St. Gallen mit knapp 80.000 Einwohnern, das für seine sehenswerte Altstadt und die barocke Kathedrale bekannt ist. Von hier aus sind es auf einer Achse, die von Nordwesten bis Südosten reicht, nie mehr als rund 70 Kilometer, um alle Brennereien und Whisky-Vermarkter der Region zu besuchen. Im äußersten Nordwesten dieser Achse sind es vom Hopfenbauernhof der Reutimanns nur rund fünf Kilometer bis zum Rhein, der unweit des Bodensees die Grenze zu Deutschland bildet. Im äußersten Südosten der Achse befindet man sich bereits im Herzen des Fürstentums Liechtenstein. Das kleine Finanzparadies kann nur mit einem einzigen Whisky-Produzenten, der Brennerei Telser in Triesen, aufwarten. Aufgrund der Nähe und der engen, familiären Beziehungen des Fürstentums mit der Schweiz, haben wir dieses Land mit in unsere Beschreibungen aufgenommen. Eine Reise ist es nämlich allemal wert, nicht nur aus finanziellen Gründen.
SEHENSWERTES
Kanton Schaffhausen
www.munot.ch
Hier lohnt der Besuch der Festung Munot, die zwischen 1563 und 1585 erbaut wurde und ganzjährig gratis zu besichtigen ist. Führungen durch das Wahrzeichen der Stadt Schaffhausen mit einem der »Munotwächter«, die schon seit 1377 ununterbrochen auf der Burg und ihren Vorläufern Dienst tun, sind jedoch kostenpflichtig, ermöglichen dann aber auch den Zutritt zu nicht öffentlichen Bereichen des Munot.
Kanton Thurgau
www.schloss-hagenwil.ch
An Romantik wohl nur schwer zu überbieten ist das kleine, märchenhafte Wasser schloss Hagenwil, knapp 10 Kilometer von Romanshorn entfernt. Der Burggraben ist wie in alten Zeiten mit Wasser gefüllt und wird von einer Brücke überspannt. Die ca. 1264 erbaute Burg ist in Familienbesitz und bietet verschiedene Räumlichkeiten und eine kleine Burgkapelle für zahlreiche Anlässe. Im burgeigenen À-la-carte-Restaurant und einer rustikal-romantischen Bar können die Weine des Hausherrn verkostet werden, deren Trauben auf dem angrenzenden Weinberg wachsen.
Kanton St. Gallen
www.stibi.ch und
www.cesg.unifr.ch/de
Neben der bereits erwähnten pittoresken Altstadt St. Gallens lohnt ein Besuch der von der UNESCO als Welterbe ausgezeichneten Fürstabtei. Sie wurde 719 an einer Stelle errichtet, an der der irische Mönch Gallus schon im Jahre 612 eine Einsiedelei gegründet hatte. Die Klosteranlage, zu der auch die 1760 eingesegnete katholische Stiftskirche gehört, beherbergt die im Jahre 820 gegründete Stiftsbibliothek mit inzwischen über 160.000 Schriften. Insbesondere antike Werke sind der Schatz dieser Bibliothek, darunter rund 400 Bücher aus der Zeit vor 1100, der eigentlichen Blütezeit des Klosters. Wie in öffentlichen Bibliotheken üblich, können fast alle Schriftwerke ausgeliehen oder zumindest im Lesesaal eingesehen werden. Die meisten der antiken Dokumente können inzwischen digital oder als Faksimile betrachtet werden, darunter auch der unter Codex 1092 bezeichnete St. Galler Klosterplan. Der um 820 entstandene Bauplan zeigt den Entwurf eines optimal gestalteten Klosters, das jedoch nie gebaut wurde.
Ebenfalls empfehlenswert ist der Besuch des rund 80 Kilometer entfernten Schlosses Sargans, das auf Höhe des südlichsten Zipfels des Staates Liechtenstein liegt. Das Gebäude mit dem einer Trutzburg ähnlichen Bergfried wurde schon 1282 erstmals erwähnt und scheint sich seit damals nur wenig verändert zu haben. Tatsächlich ist das heutige Aussehen aber intensiven Renovierungsarbeiten einer Interessengemeinschaft und zahlreichen staatlichen Zuwendungen zu verdanken, denn die Burg war in einem derart desolaten Zustand, dass ein früherer Privatbesitzer bereits den Abriss plante.
Nicht versäumen sollte man das von April bis Oktober geöffnete historische Museum im Schlossturm, das auf einer Liste der 37 besuchenswertesten Museen der Welt aufgeführt ist. Das Burgrestaurant ist von März bis Oktober geöffnet.
KULINARISCHES
Kanton Thurgau
Seit dem Mittelalter werden hier Äpfel und Birnen angebaut und es gibt ausgedehnte Obstplantagen. Viele lokale Spezialitäten spiegeln das wider, wie z. B. »Birre und Stock«, ein überbackenes Gericht, das aus Birnen und Kartoffeln gemacht wird und früher als typisches Bauernessen galt.
Naschkatzen kommen bei Gottlieber Hüppen auf ihre Kosten. Die handgedrehten, knusprigen Waffelröllchen sind mit Schokoladen-, Amarone- oder Praliné-Creme gefüllt.
Kanton St. Gallen
In den Menükarten der Restaurants findet man hier viele Gerichte, die mit Ribelmais gemacht oder ergänzt werden. Diese alte Maissorte wird hauptsächlich im St. Galler Rheintal und in Liechtenstein angebaut und verdankt ihr gutes Wachstum dem warmen Föhnwind. Aus Ribelmais wird traditionell Polenta gemacht, in flüssiger Form findet der Mais im Bier und im Whisky Verwendung.
Die seit 1943 jährlich in St. Gallen stattfindende Ost-Schweizer Messe für Landwirtschaft und Ernährung (OLMA), die scherzhaft auch gern »Kuhschwanz-Olympiade« genannt wird, hat einer regionaltypischen Bratwurst aus Speck, Schweine- und Kalbfleisch ihren Namen gegeben. Die OLMA-Bratwurst wird prinzipiell ohne Senf gegessen! Wer trotzdem nicht darauf verzichten möchte, outet sich als Tourist und erntet obendrein einen bösen Blick des Verkäufers.
Kantone Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden
www.schaukaeserei.ch
Hier wird schon seit mehr als 700 Jahren Käse nach traditionellem Rezept hergestellt. Der spezielle Geschmack entsteht durch das regelmäßige Einreiben der Käselaibe mit einer Kräutersulz nach geheimer Rezeptur. Diese zieht durch die Kruste und macht den Käse erst zum »Appenzeller«. Im gleichnamigen Ort gibt es eine ganzjährig geöffnete Schaukäserei, in der alle sechs Qualitäten ausgiebig verkostet werden können. Der »Appenzeller Biber« hat nichts mit Käse zu tun, er ist ein honiggesüßter Lebkuchen mit Nuss- und Gewürzfüllung, dessen Rezeptur schon rund 500 Jahre alt ist. Die meisten Biberfladen schmückt eine Prägung, manche werden sogar aufwendig mit Lebensmittelfarbe von Hand bemalt und zeigen dann typische bäuerliche Motive oder Bilder von Bären, dem Appenzeller Wappentier. »Biberli« werden in der Region in fast allen Lebensmittelgeschäften und Bäckereien angeboten und sind als schnelle Zwischenmahlzeit höchst beliebt.
Hauchdünn geschnittenes, gepökeltes Rind- oder Pferdetrockenfleisch heißt in Appenzell »Mostbröckli«. Äußerlich gleicht es dem Bündner Fleisch, wird jedoch vor dem Trocknen noch geräuchert, was ihm einen noch kräftigeren Geschmack verleiht. Die Bezeichnung »Most« weist auf die frühere Verwendung von Apfelwein zum Würzen und Mürbemachen des Fleisches hin, außerdem wird in der Region gerne ein Glas Apfelwein zum Verzehr getrunken.
DESTILLERIEN
Brunschwiler Brennerei
Flawilerstr. 65
9242 Oberuzwil
Tel. +41 (0) 71 385 88 19
www.edelbrandbrennerei.ch
Mehr als 80 Jahre schien es – außer der Erweiterung um eine Mosterei und den Übergang der älteren auf die jüngere Generation im Jahr 1993 – kaum Veränderungen für die bereits 1932 gegründete Brennerei der Familie Brunschwiler zu geben. Seit 2012 folgten die Ereignisse aber Schlag auf Schlag. Zunächst stand eine berufliche Neuorientierung des bisherigen Besitzers Urs Brunschwiler an, der daraufhin die zukünftigen Geschicke der Brennerei in die Hände seiner Frau Judith legte. Von einem Tag auf den anderen war sie damit die erste und einzige Whisky-Produzentin der Schweiz. Mit großer Energie machte sie sich daran, das bestehende Geschäft der Abfindungsbrennerei, die seit 2006 auch Whisky produziert, auszuweiten, wurde aber schon kurze Zeit nach der Übernahme wieder ausgebremst, als sie die Nachricht erhielt, dass das gesamte Stadtviertel von Gossau, in dem sich die...