Wie man nicht an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung stirbt
Risiko-Check
Todesrisiko: | Todesursache Nr. 1 |
Erkrankungsrisiko: | 48 Prozent aller Todesfälle |
Todesfälle: | 340.000 pro Jahr |
Todesfälle Frauen: | 190.000 |
Todesfälle Männer: | 150.000 |
Altersrisiko: | 90 Prozent der Opfer sind 65 Jahre und älter |
Überlebenschance Herzinfarkt: | 15 bis 17 Prozent |
Schutzwirkung Vorsorge: | Sehr gut |
(Quelle: Statistisches Bundesamt, Robert Koch-Institut, Bundesministerium für Bildung und Forschung)
Fakten-Check
Ein starkes Organ
Mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden Erkrankungen des Herzens und des Blutkreislaufs zusammengefasst. Chronische und akute Erkrankungen der Herzkranzgefäße (das sind die Blutgefäße, die den Herzmuskel versorgen) stellen mit 120.000 Sterbefällen die größte Gefahr dar. Zu dieser Gruppe zählen auch die etwa 50.000 Todesfälle durch Herzinfarkt, an dem inzwischen fast so viele Frauen wie Männer sterben (22.000 Frauen gegenüber 28.000 Männern). Hinzu kommen der Plötzliche Herztod, häufig ausgelöst durch ein Herzkammerflimmern oder einen Herzinfarkt (100.000 Todesfälle), der Schlaganfall (100.000 Todesfälle) und die chronische Herzmuskelschwäche (45.000 Todesfälle). Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnten mehr als 50 Prozent der Todesfälle aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch geeignete Präventionsmaßnahmen vermieden werden.
Wir verkennen die echten Gefahren
Wissen Sie, wie viele Menschen in Deutschland pro Jahr im Straßenverkehr sterben? Es sind etwa 3400 bis 3500. Dank Sicherheitsgurten, Airbags, moderner Assistenzsysteme und vieler weiterer Maßnahmen hat sich die Zahl der Opfer seit dem Jahr 2000 glücklicherweise halbiert. Die Investitionen der Autoindustrie und die Bereitschaft der Kunden, diese kostspielige Entwicklung zu finanzieren, haben sich gelohnt. Stellen Sie sich nun bitte eine Todesursache vor, an der hundertmal (!) so viele Menschen sterben. Eine Seuche epidemischen Ausmaßes, die pro Jahr zwischen 340.000 und 350.000 Leben vernichtet! Es handelt sich um eine Bedrohung, die ebenfalls etwas mit Transport zu tun hat, mit einem Netz aus Haupt- und Nebenstraßen, die unseren Organismus mit einem lebenswichtigen Element versorgen – dem Sauerstoff! Der Crash tritt ein, wenn ein Konglomerat aus arteriosklerotischen Plaque-Teilchen eine Hauptverkehrsader blockiert. Die Folge: Es bildet sich ein Verkehrsinfarkt lebensbedrohlichen Ausmaßes. Denn es handelt sich nicht um Kolonnen von Autos, die sich aufstauen, sondern um sauerstoffreiches Blut, das nicht weiterfließen und das dahinterliegende Gewebe am Leben erhalten kann. Häufige Folge eines solchen Blutgerinnsels sind Herzinfarkt und Schlaganfall. Zu einem Herzinfarkt kommt es, wenn ein Herzkranzgefäß von dem »Unfallstau« betroffen ist; zum Schlaganfall, wenn ein gehirnversorgendes Gefäß blockiert wurde. Beides endet nicht selten mit dem Tod. Und was tun wir dagegen? Achten wir auf unsere Ernährung, treiben wir Sport, behalten wir unsere Blutdruck- und Blutfettwerte im Auge?
Tödliches Übergewicht
Offenbar nicht, denn die Zahl der Übergewichtigen – Adipositas ist einer der größten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen – nimmt stetig zu (siehe auch Kapitel »Übergewicht« ab Seite 32). Der Hauptgrund: Der übermäßige Konsum fett- und zuckerreicher Nahrungsmittel führt zu einem Kalorienüberschuss in der Energiebilanz. Wir nehmen mehr Energie über die Nahrung auf, als wir durch Bewegung verbrauchen. Ein Umstand, der unweigerlich zu einer Gewichtszunahme führt. Das Problem: Selbst wenn der Energieüberschuss nur gering ist – ein bis zwei zusätzliche Kilogramm pro Jahr sind so schnell erreicht. Auf zehn Jahre gerechnet, kommen auf diese Weise zehn bis zwanzig Kilogramm zusätzlich auf die Waage – Übergewicht, das sich besonders bei Männern als viszerales Bauchfett an Leber und Darm anlagert. Gerade dieses »innere« Fett gilt als besonders ungesund, weil es Botenstoffe freisetzt, die sich auf den Blutdruck und das Hormon Insulin auswirken und Entzündungen auslösen können.
Falsche Prioritäten
Es ist schon absurd – wir investieren Tausende von Euro, um die Sicherheit unserer Fahrzeuge zu verbessern, und setzen gleichzeitig unser Leben aufs Spiel, weil wir die einfachsten Regeln einer gesunden Lebensweise missachten. Zum Beispiel, indem wir an der Qualität unserer Lebensmittel sparen, uns zu wenig bewegen oder weil wir rauchen. Dabei sollte doch klar sein: Unser Herz-Kreislauf-System verfügt weder über Airbags noch über ABS! Wenn es hier zum Crash kommt, zahlen wir mit unserem Leben.
Ein wahres Wunderwerk im Brustkorb
Unser Herz treibt ein unglaubliches Wunderwerk an, in dem alles mit allem verbunden ist. Über den kleineren Lungenkreislauf wird unser Blut mit Energie aus der Atemluft versorgt und gleichzeitig von »Abgasen«, dem Kohlendioxid, befreit. Über den großen Körperkreislauf wird unser gesamter Organismus mit sauerstoffreichem Blut versorgt, das bis in die feinsten Verzweigungen der Gefäße gelangt. Unser Herz vollbringt eine unglaubliche Leistung. Bei einem Puls von durchschnittlich 70 Schlägen pro Minute schlägt es bereits an einem Tag rund 100.000 (!) Mal und transportiert dabei fast 9000 Liter Blut durch den Körper. Im Laufe eines Menschenlebens kommen so etwa 3 Milliarden Herzschläge zusammen. Dass unser Blut »staufrei« alle großen und kleinen, weiten und engen Bereiche unseres Körpers erreichen kann, klappt nur, wenn dieses gigantische »Leitungssystems« top gewartet ist und das darin fließende Blut »klumpenfrei« zirkuliert. Enthält es Bestandteile, die sich an den Wänden der Gefäße anlagern und sie verengen, steigt die Wahrscheinlichkeit von Durchblutungsstörungen und Verstopfungen. Mediziner sprechen dann von einer Arteriosklerose.
Das Cholesterinproblem
Mit Arteriosklerose werden degenerative Prozesse an den Arterienwänden bezeichnet. Eine Reihe von Faktoren begünstigt die Entstehung dieser im Volksmund auch Arterienverkalkung genannten Erkrankung. Neben erblicher Veranlagung, Übergewicht, Diabetes, Rauchen, Stress und Bewegungsmangel gilt die Ernährung als wesentlicher Einflussfaktor. Hier kommt das sogenannte LDL-Cholesterin (Low Density Lipoprotein) ins Spiel, das gemeint ist, wenn vom »schlechten« Cholesterin die Rede ist. Die unter Experten umstrittene Theorie: Durch die Einlagerung von LDL-Cholesterin verengen und verhärten sich die Gefäßwände, bis nicht mehr ausreichend Blut hindurchfließen kann. In der Folge kann es zum Beispiel zu einem Herzinfarkt oder zu einer Durchblutungsstörung im Gehirn kommen. Als ernährungsbedingte Ursache für hohe LDL-Werte gilt ein erhöhter Konsum von tierischen Fetten, wie sie in Fleisch, Wurst, Käse, Butter und Eiern vorkommen.
HDL-Cholesterin (High Density Lipoprotein) hingegen ist in der Lage, überschüssiges Cholesterin aus den Körperzellen und dem Blut zu lösen und zur Leber zu transportieren, wo es »entsorgt« wird. HDL verhindert also, dass sich zu viel Cholesterin im Blut ansammelt und in den Blutgefäßwänden abgelagert werden kann. Deshalb wird HDL auch als »gutes« Cholesterin bezeichnet. Mithilfe einer Blutuntersuchung können die Blutfettwerte getrennt voneinander bestimmt und in Relation gesetzt werden, womit das individuelle Risiko, an einer Arteriosklerose zu erkranken, eingeschätzt werden soll. Die medizinischen Fachgesellschaften geben als Grenzwert für das »schlechte« LDL-Cholesterin 160 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) an. Wer darüber liegt, gilt als behandlungsbedürftig. Heute ist es zur gängigen Praxis geworden, gesunden Menschen, die erhöhte Blutfettwerte haben, Medikamente zu verschreiben. Das Ziel: Die Cholesterinwerte sollen gesenkt werden. Doch der Nutzen sogenannter Statine, das sind Cholesterinsynthese-Enzymhemmer, ist unter Medizinern umstritten.
Fragwürdige Behandlung mit Statinen
Der Zusammenhang zwischen dem Cholesterinspiegel im Blut und der Ausprägung sklerotischer Plaques ist wissenschaftlich nicht hinreichend belegt.
- Unabhängige Studien zeigen, dass eine Behandlung mit Statinen bei Menschen, die einen hohen Cholesterinwert haben, zwar das Cholesterin im Blut senkt, jedoch keinen Effekt auf die Gesundheit hat.
- Eine Langzeitstudie aus den Niederlanden mit über 5000 Teilnehmern im Alter von 55 bis 99 Jahren weist sogar auf einen gesundheitlichen Nutzen eines hohen Gesamtcholesterinspiegels hin....