Einleitung
Klinikstrategie »Attraktiver Arbeitgeber«
Lange Zeit galt die Wirtschaftlichkeit als Hauptproblem vieler Klinken und
Zukunftsfragen von Kliniken
Krankenhäuser in Deutschland. Inzwischen hat sich ein weiteres gewichtiges Problem hinzugesellt: Fachkräftemangel. Für viele Mediziner und Pflegekräfte stellt der anstrengende Klinikalltag mit seinen immer gegenwärtigen Sparzwängen längst keine Perspektive für ein erfülltes Arbeitsleben mehr dar. Es besteht also dringender Handlungsbedarf für die meisten Kliniken. Dabei geht es in der Konsequenz um die Entwicklung einer Klinikstrategie »Attraktiver Arbeitgeber«. Sie wird zum Knotenpunkt eines Prozesses, der alle Leitungskräfte konsequent einbindet und Antworten auf aktuell drängende Fragen findet:
• Wie halten wir gute Mitarbeiter?
• Wie erhalten wir die Motivation unserer Mitarbeiter?
• Wie können wir die größer werdende Gruppe der über 55-jährigen Mitarbeiter integrieren?
• Wie entwickeln wir die Qualifikation von sogenannten »High-Potentials« und die von sogenannten »B-Playern«?
• Wie integrieren wir Mitarbeiter mit Migrationshintergrund?
• Wie stellen wir zu jeder Zeit den optimalen Informationsfluss über alle Ebenen und Berufsgruppen sicher?
• Wie machen wir für unsere Mitarbeiter Familie und Beruf vereinbar?
• Wie machen wir unsere Klinik für Bewerber attraktiv?
Gemeinsame Werte als Basis einer Klinikstrategie
Eine Klinikstrategie »Attraktiver Arbeitgeber«, mit der sich alle Leitungskräfte identifizieren können und die sie top-down über alle Hierarchien mit Leben füllen können, braucht eine solide Basis. Sie besteht aus der Orientierung an gemeinsamen Werten. Diese werden als Klinikleitsätze sowie als Führungsleitsätze gemeinsam entwickelt und formuliert bzw. gemeinsam überprüft und ggf. verändert. Sie finden ihren Ausdruck im täglichen Verhalten der Leitungskräfte.
Führungsverhalten muss Leitsätze wider-spiegeln
In vielen Häusern existieren bereits Leitbilder. Jedoch sind sie häufig kaum bekannt und im Alltag nicht »in aller Munde«. Damit vorhandene Leitbilder nicht zu ungenutzten Worthülsen verkommen, müssen sie gemeinsam im Leitungsteam überprüft, aktualisiert und in Führungsleitsätze übersetzt werden. Entscheidend für die Wirksamkeit dieser Leitsätze ist, dass sie von allen Führungskräften mitgetragen, vorgelebt und kommuniziert werden. Erst wenn die in den Leitsätzen definierten Regeln und Werte in das tägliche Führungsverhalten einfließen, gewinnen sie Kontur und stiften Sinn.
Leitsätze fließen in Anforderungsprofil für neue Leitungskräfte ein
Damit sich neue Leitungskräfte von Beginn an mit den Werten der Klinik identifizieren können, wird bereits im Anforderungsprofil für Leitungspositionen darauf Bezug genommen. Neben den fachlichen Kompetenzen, die unmittelbar auf den Arbeitsplatz bezogen sind, werden im Bewerbungsverfahren auch Schlüsselqualifikationen zum Auswahlkriterium. Im Hinblick auf ein modernes Klinikleitbild könnten dies zum Beispiel Integrationsfähigkeit, Teamkompetenz, Lernbereitschaft sowie Kommunikations- und Konfliktfähigkeit sein. An diesem Anforderungsprofil müssen sich alle Leitungskräfte messen lassen – auch die, die bereits an Bord sind.
Die tragenden Säulen der Klinikstrategie
Verantwortlich für die Umsetzung und Ausgestaltung der Klinikstrategie »Attraktiver Arbeitgeber« sind alle Leitungskräfte – der Chefarzt ebenso wie seine Oberärzte. Sie alle tragen mit ihrem täglichen Führungsverhalten dazu bei, dass aus einem abstrakten Konzept erfolgreiche Maßnahmen werden. Die aufeinander aufbauenden Aktionsfelder dafür sind:
Abb. 1: Klinikstrategie »Attraktiver Arbeitgeber«
1. Ziel- und Leistungsorientierung
Ziele geben Sinn
Leitungskräfte, denen es gelingt, mit ihren Mitarbeitern Ziele zu setzen und in überschaubaren Schritten zu erreichen ( Kap. 5), schaffen eine wichtige Grundlage für einen effizienten Arbeitsalltag. Ihre Mitarbeiter gewinnen Sicherheit, ihre Kreativität, Flexibilität und Initiative am Arbeitsplatz zu entfalten – eine wichtige Voraussetzung, ihnen mehr Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten zu überlassen.
Leitungskräfte, die zielgerichtet führen, orientieren sich an drei Faktoren:
• Zielklarheit – wissen, was ich will.
• Zieltransparenz – sagen, was ich will.
• Zielverbindlichkeit – sicherstellen, dass die Mitarbeiter mit dem Ziel identifiziert sind und versuchen, es im Alltag zu erreichen.
2. Konsequentes und differenziertes Führungshandeln
Führen bedeutet, Einfluss auf das Verhalten anderer Menschen zu nehmen
Führungskreislauf leben
und ihnen den Sinn ihrer Aufgabe aufzuzeigen ( Kap. 8). Dabei markiert der Führungskreislauf die originären Aufgaben wirksamer Führungskräfte. Er beschreibt die Schritte, die erforderlich sind, um Mitarbeiter und Teams zu führen:
• Ziele, Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten festlegen
• Umsetzung der Absprachen kontrollieren
• Probleme, die der Mitarbeiter nicht alleine lösen kann, ausräumen oder Mitarbeiter befähigen (Fort- und Weiterbildung)
• Feedback geben und nehmen
Konsequentes und differenziertes Führungsverhalten beruht immer auf Gesprächen. Feedback, ( Kap. 9.1) regelmäßige Jour-fixe- oder Vier-Augen-Termine mit Schlüsselpersonen sowie Leitungskonferenzen und Mitarbeiterjahresgespräche sind wichtige Instrumente.
3. Mitarbeiterjahresgespräche
Jährlich stattfindende Mitarbeitergespräche ( Kap. 9.3) sind der Transmissionsriemen,
Mitarbeitergespräche top-down führen
mit dem Führungskräfte ihre Ideen und Vorstellungen vermitteln können und gleichzeitig Informationen von ihren Mitarbeitern erhalten. Sie werden top-down (Chefarzt, Oberarzt, Assistenzarzt) geführt, geben Aufschluss über Ziele, Stärken sowie Schwächen und dokumentieren getroffene Absprachen.
4. Mitarbeiterentwicklung
Die Entwicklung aller Mitarbeiter ( Kap. 12.2) ist unverzichtbar für die
Mitarbeiterentwicklung ist Chefsache
Zukunftssicherung der Klinik. Das Ziel ist es, alle Mitarbeiter so zu entwickeln, dass sie Fähigkeiten und Kompetenzen haben, mit denen sie gegenwärtige und zukünftige Aufgaben bewältigen können und darüber hinaus ihre Potenziale ausgebaut werden. Karriereplanung, Lernen am Arbeitsplatz, Aus- Fort- und Weiterbildung und Führungstraining sind die wichtigsten Maßnahmen der Mitarbeiterentwicklung. Gelingt es dann noch, Leitungskräfte aus den eigenen Reihen aufzubauen, ist das die Krönung moderner Personalentwicklung.
5. Facharztausbildung
Verbindliches Facharzt-Curriculum sichert die Weiterbildung
Damit Assistenten eine strukturierte Facharztausbildung erhalten, werden sie einem Oberarzt dauerhaft zugeordnet, der sie als disziplinarischer Vorgesetzter/Mentor während ihrer gesamten Ausbildung begleitet. Ein verbindliches, auf fünf bis sechs Jahre angelegtes Facharzt-Curriculum stellt den strukturierten und zügigen Weiterbildungsverlauf sicher.
Das Leitungsteam
Oberärzte übernehmen Führungsverantwortung
Maßgeblich verantwortlich für die Umsetzung der Klinikstrategie »Attraktiver Arbeitgeber« ist ein Leitungsteam, bestehend aus dem Chefarzt und seinen Oberärzten. Damit es funktioniert, muss die Rolle des Oberarztes zu einer voll verantwortlichen Führungskraft ausgebaut werden ( Kap. 10.1). Die Zeiten, in denen das Profil der Klinik im Wesentlichen von der...