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E-Book

Wirtschaftspolitik

Kompakt und praxisorientiert

AutorDetlef Beeker
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl284 Seiten
ISBN9783170294585
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
Why does unemployment exist and how can it be fought? Is the income gap growing? What is the most efficient instrument against pollution? Why can´t recessions be permanently avoided? These and many other questions are covered in this work. All of the major parts of economic policy, beginning with the magical hexagon, are explained academically sound and close to practice. The book emphasises on the easy accessibility to and comprehensibility of the issues. Diagrams sum up the content, up to date examples and a clear language ease the access to the topic. Each chapter is provided with questions and a summary in form of a chart.

Prof. Beeker teaches economics and economic policy at the Rheinische Fachhochschule in Cologne.

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Leseprobe

1 Einleitung


1.1 Wirtschaftspolitik


1.1.1 Übersichtsbild


Abb. 1.1 Überblick über die Einleitung und das Buchkonzept

1.1.2 Marktwirtschaft: Ist Wirtschaftspolitik überflüssig?


Gegenstand der Wirtschaftspolitik sind legitimierte Handlungen wirtschaftspolitischer Träger, wie des Staates oder der Notenbank, um das Wirtschaftsgeschehen so zu beeinflussen, dass wirtschaftspolitische Ziele, wie etwa hoher Beschäftigungsstand oder Preisniveaustabilität, erreicht werden.

Deutschland hat sich, wie die meisten Länder, für eine Marktwirtschaft entschieden. Deswegen wird in diesem Buch ausschließlich dieses System betrachtet und nicht die zentrale Verwaltungswirtschaft.

Eine Marktwirtschaft ist eine Volkswirtschaft, die ihre Produktionsfaktoren durch die dezentralisierten Entscheidungen zahlreicher Unternehmen und Haushalte zuteilt, die zu diesem Zweck auf Märkten für Güter und Produktionsfaktoren zusammenwirken.

In einer idealen Marktwirtschaft lässt sich eine größtmögliche Wohlfahrt aus den Ressourcen einer Gesellschaft ziehen, ohne dass Wirtschaftspolitiker eingreifen müssen.1 Dies wird als Allokationseffizienz bezeichnet. Dies ist die Eigenschaft einer bestimmten Ressourcenallokation, die Wohlfahrt aller Mitglieder einer Gesellschaft zu maximieren. In einer solchen idealisierten Welt wäre Wirtschaftspolitik (zumindest aus allokativer Sicht) überflüssig. In der realen Welt arbeiten die Märkte allerdings nicht optimal, sondern »leiden« unter Funktionsmängeln. Nur wenn diese vorliegen, kann wirtschaftspolitisches Handeln gerechtfertigt sein.

Um eine Metapher heranzuziehen: Wäre die Wirtschaft ein Auto, so wäre der Wirtschaftspolitiker ein Kfz-Mechaniker. Fährt das Auto reibungslos, so ist es im übertragenden Sinne allokationseffizient. Der Kfz-Mechaniker wird nicht benötigt. Erst wenn das Auto nicht mehr richtig funktioniert, kann der Kfz-Mechaniker tätig werden. Allerdings können wirtschaftspolitische Maßnahmen die Lage auch verschlechtern. Das bedeutet, eine Situation mit Funktionsmängeln wäre dann ohne wirtschaftspolitische Maßnahme wäre dann besser als mit wirtschaftspolitischem Eingriff. Dies wird als Staatsversagen bezeichnet. Damit also wirtschaftspolitisches Handeln gerechtfertigt ist, müssen zum einen Funktionsmängel bestehen und zum anderen darf kein Staatsversagen vorliegen. Dies kann allerdings nur im Einzelfall einer konkreten Maßnahme geprüft werden. (Mankiw/Taylor, 11 ff., S. 170 ff.; Samuelson/Nordhaus (2010), S. 69 ff.; Sohmen, S. 69 ff.).

1.1.3 Funktionsmängel und Varianten der Wirtschaftspolitik


Abb. 1.2 Funktionsmängel der Marktwirtschaft

In einer Marktwirtschaft wird die Wirtschaftspolitik nicht grundsätzlich tätig, sondern nur, wenn Funktionsmängel vorliegen. In einer zentralen Verwaltungswirtschaft dagegen, wird die Wirtschaftspolitik grundsätzlich tätig. Dort wird die Koordination des Marktes durch eine wirtschaftspolitische Koordination ersetzt. Das heißt, ohne Wirtschaftspolitik kann kein Wirtschaften stattfinden. Grundsätzlich werden in einer Marktwirtschaft drei Funktionsmängel unterschieden: Instabilität, Inhumanität und Ineffizienz. Sie werden jeweils durch eine bestimmte Art von Wirtschaftspolitik bekämpft. So wird bspw. der Funktionsmangel Instabilität durch die Maßnahmen der Stabilisierungspolitik bekämpft (Mussel/Pätzold, S. 3 ff.; Samuelson/Nordhaus, S. 70 ff.).

1.1.3.1 Stabilisierungspolitik

Stabilisierungspolitik umfasst wirtschaftspolitische Maßnahmen des Staates, welche auf die (Wieder-)Erreichung und Erhaltung mehrer gesamtwirtschaftlicher Stabilitätsziele gerichtet sind.2

Dass die Stabilisierungspolitik ein fester Bestandteil in der Wirtschaftspolitik ist, zeigte sich auch während der Weltwirtschaftskrise 1929 und der Hyperinflation den 1920er Jahren in Deutschland. Inflation bezeichnet dabei den dauerhaften Anstieg des Preisniveaus einer Volkswirtschaft. Von Hyperinflation wird gesprochen, wenn die Inflationsrate pro Monat mehr als 50 % beträgt.

Beispiel: Stabilisierungspolitik, Hyperinflation und Weltwirtschaftskrise 1929

In den frühen 1920er Jahren betrug die monatliche Inflation in Deutschland 32 400 %. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 betrug die Inflationsrate in Deutschland nur 1,1 % pro Jahr. Darüber hinaus beschleunigte sich die Abwertung gegenüber dem US-Dollar bis schließlich im November 1923 der Kurs für 1 US-Dollar 4,2 Billionen Mark entsprach. Zu der Hyperinflation kam als Folge der Weltwirtschaftskrise eine Massenarbeitslosigkeit. Im Februar 1932 erreichte die Krise auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland ihren Höhepunkt: Die Arbeitslosenquote betrug 43,7 %. Zudem gab es eine große Masse schlecht bezahlter Kurzarbeiter und Angestellten sowie die kurz vor dem Ruin stehenden Kleinunternehmer. Zur damaligen Zeit herrschte die ökonomische Meinung vor, dass die Selbstheilungskräfte der Märkte ausreichen, um eine solche Krise zu überwinden. Angesichts von Massenarbeitslosigkeit und Hyperinflation wurde es offenkundig, dass dies nicht zutraf. Dies war ein zentraler Schritt der Etablierung der Stabilisierungspolitik (Mankiw/Taylor, S. 852 f.).

Die Stabilitätsziele sind in Deutschland in § 1 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (kurz: Stabilitätsgesetz, StabG) festgelegt: angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum, hoher Beschäftigungsstand, Preisniveaustabilität und außenwirtschaftliches Gleichgewicht. Bund und Länder sind nach diesem Gesetz verpflichtet, ihre wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen so zu wählen, dass sie zur Erreichung der Ziele beitragen. Das Gesetz wurde 1967 als Reaktion auf den ersten konjunkturellen Abschwung seit der Währungsreform des Jahres 1948 verabschiedet. Die Ziele des StabG sind im sog. magische Viereck festgelegt. Es wird »magisch« genannt, weil nicht alle Ziele zur gleichen Zeit erreicht werden können, da zwischen den Zielen Konflikte bestehen. So ist das Ziel »angemessenes Wirtschaftswachstum« konfliktär zu demjenigen der »Preisniveaustabilität«.

Beispiel: Zielkonflikt

Wird in Deutschland die Einkommenssteuer mit dem Ziel gesenkt, das Wirtschaftswachstum zu fördern, so beeinträchtigt dies die Preisniveaustabilität. Eine Einkommenssteuersenkung führt zu einem höheren verfügbaren Einkommen der Konsumenten. Dadurch wird mehr konsumiert. Dies hat einen positiven Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, also auf das Wirtschaftswachstum. Die Unternehmen können auf eine erhöhte Nachfrage reagieren, indem sie die Angebotsmenge erhöhen oder die Preise. Durch die Preiserhöhungen wird das Ziel der Preisniveaustabilität beeinträchtigt. Zwischen den Zielen Wirtschaftswachstum und Preisniveaustabilität ist also ein Konflikt aufgetreten.

Ein Zielkonflikt besteht also immer im Zusammenhang mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Wird ein Mittel angewandt, um ein Ziel zu erreichen und wird dadurch ein anderes Ziel beeinträchtigt, so besteht zwischen diesen Zielen ein Zielkonflikt.

Abb. 1.3 Das magische Viereck

Ziele verhalten sich komplementär zueinander, wenn ein Mittel eingesetzt wird, um ein Ziel zu erreichen und die Nebenwirkung auf ein anderes Ziel positiv ist. Im magischen Viereck sind die Ziele »angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum« sowie »hoher Beschäftigungsstand« komplementär (Koch/Czogella, S. 19 ff.; Mussel/Pätzold, S. 7 ff.; Petersen/Müller, S. 196 ff.).

Beispiel: Konjunkturpaket und komplementäre Zielbeziehung

Im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2007 wurden von der Bundesregierung zwei Konjunkturpakete gestartet, um das Wachstum zu stimulieren. Durch das erhöhte Wachstum wurden ebenfalls Arbeitsplätze geschaffen. Es wurden das Wachstums- und das Beschäftigungsziel gefördert. Dies ist eine komplementäre Zielbeziehung.

1.1.3.2 Humanisierungspolitik

Eine Wettbewerbswirtschaft, die effizient ist, kann aus sozialer Sicht ungerechte Einkommensverteilung hervorbringen. Bildlich gesprochen geht es bei der Allokation um die Größe des zu verteilenden Kuchens, während es bei der Einkommensverteilung (Distribution) darum geht, wer welchen Teil des Kuchens erhält. Das Einkommen ist von vielen Faktoren abhängig, wie der Motivation des Einzelnen, seiner Ausbildung, seinem ererbten Vermögen und auch schlicht vom Glück. Die sich daraus ergebende Einkommensverteilung ist nicht automatisch gerecht. Ferner richtet sich die die Güterproduktion nach der Kaufkraft und nicht nach den dringlichsten Bedürfnissen der Menschen.

Ein Wirtschaftssystem kann auf Dauer nur funktionieren, wenn es von den Menschen akzeptiert wird. Dafür ist es notwendig, dass es sozial gerecht ist. Deswegen ist es erforderlich, die marktlich entstandene Einkommensverteilung, die sog. Primärverteilung, sozial- und verteilungspolitisch zu korrigieren. Die meisten Volkswirtschaften verfahren in dieser Weise. Dies wird als gelenkte Marktwirtschaft bezeichnet, im Gegensatz zur reinen Marktwirtschaft, in der keine verteilungspolitische Korrektur vorgenommen wird. Die private Koordination der einzelwirtschaftlichen Pläne (Marktwirtschaft) wird also um eine verwaltungswirtschaftliche Koordination des Staates ergänzt (weiterführend: Streit, S. 48...

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