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E-Book

Wissenschaft als Beruf.

AutorMax Weber
VerlagDuncker & Humblot GmbH
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl36 Seiten
ISBN9783428535095
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,90 EUR
»Was ist [...] der Sinn der Wissenschaft als Beruf, da alle diese früheren Illusionen: >Weg zum wahren Sein<, >Weg zur wahren Kunst<, >Weg zur wahren Natur<, >Weg zum wahren Gott<, >Weg zum wahren Glück<, versunken sind. Die einfachste Antwort hat Tolstoi gegeben mit den Worten: >Sie ist sinnlos, weil sie auf die allein für uns wichtige Frage: >Was sollen wir tun? Wie sollen wir leben?< keine Antwort gibt.< Die Tatsache, daß sie diese Antwort nicht gibt, ist schlechthin unbestreitbar. Die Frage ist nur, in welchem Sinne sie >keine< Antwort gibt, und ob sie statt dessen nicht doch vielleicht dem, der die Frage richtig stellt, etwas leisten könnte.« (Aus dem Text)

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Leseprobe
(S. 5-6)

Ich soll nach Ihrem Wunsch über „Wissenschaft als Beruf “ sprechen. Nun ist es eine gewisse Pedanterie von uns Nationalökonomen, an der ich festhalten möchte: daß wir stets von den äußeren Verhältnissen ausgehen, hier also von der Frage: Wie gestaltet sich Wissenschaft als Beruf im materiellen Sinne des Wortes? Das bedeutet aber praktisch heute im wesentlichen: Wie gestaltet sich die Lage eines absolvierten Studenten, der entschlossen ist, der Wissenschaft innerhalb des akademischen Lebens sich berufsmäßig hinzugeben?

Um zu verstehen, worin da die Besonderheit unserer deutschen Verhältnisse besteht, ist es zweckmäßig, vergleichend zu verfahren und sich zu vergegenwärtigen, wie es im Auslande dort aussieht, wo in dieser Hinsicht der schärfste Gegensatz zu uns besteht: in den Vereinigten Staaten. Bei uns – das weiß jeder – beginnt normalerweise die Laufbahn eines jungen Mannes, der sich der Wissenschaft als Beruf hingibt, als „Privatdozent“.

Er habilitiert sich nach Rücksprache und mit Zustimmung des betreffenden Fachvertreters, auf Grund eines Buches und eines meist mehr formellen Examens vor der Fakultät, an einer Universität und hält nun, unbesoldet, entgolten nur durch das Kolleggeld der Studenten, Vorlesungen, deren Gegenstand er innerhalb seiner venia legendi selbst bestimmt. In Amerika beginnt die Laufbahn normalerweise ganz anders, nämlich durch Anstellung als „assistant“. In ähnlicher Art etwa, wie das bei uns an den großen Instituten der naturwissenschaftlichen und medizinischen Fakultäten vor sich zu gehen pflegt, wo die förmliche Habilitation als Privatdozent nur von einem Bruchteil der Assistenten und oft erst spät erstrebt wird.

Der Gegensatz bedeutet praktisch: daß bei uns die Laufbahn eines Mannes der Wissenschaft im ganzen auf plutokratischen Voraussetzungen aufgebaut ist. Denn es ist außerordentlich gewagt für einen jungen Gelehrten, der keinerlei Vermögen hat, überhaupt den Bedingungen der akademischen Laufbahn sich auszusetzen. Er muß es mindestens eine Anzahl Jahre aushalten können, ohne irgendwie zu wissen, ob er nachher die Chancen hat, einzurücken in eine Stellung, die für den Unterhalt ausreicht. In den Vereinigten Staaten dagegen besteht das bureaukratische System.

Da wird der junge Mann von Anfang an besoldet. Bescheiden freilich. Der Gehalt entspricht meist kaum der Höhe der Entlohnung eines nicht völlig ungelernten Arbeiters. Immerhin: er beginnt mit einer scheinbar sicheren Stellung, denn er ist fest besoldet. Allein die Regel ist, daß ihm, wie unseren Assistenten, gekündigt werden kann, und das hat er vielfach rücksichtslos zu gewärtigen, wenn er den Erwartungen nicht entspricht. Diese Erwartungen aber gehen dahin, daß er „volle Häuser“ macht. Das kann einem deutschen Privatdozenten nicht passieren. Hat man ihn einmal, so wird man ihn nicht mehr los.
Inhaltsverzeichnis
Wissenschaft als Beruf6

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