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E-Book

Wolfgang Amadeus Mozart

Große Komponisten

AutorJohann Aloys Schlosser
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl100 Seiten
ISBN9783849602307
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
Eine Biografie des berühmten Komponisten und eine der ersten, die jemals verfasst worden sind.

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Leseprobe

20.

 

Mozart ließ sich Einwendungen und auch Tadel sehr gern gefallen. Nur gegen eine einzige Art des letztern war er sehr empfindlich, gegen die, welche ihm gerade am öftersten gemacht wurde – gegen Tadel seines zu feurigen Geistes und seiner zu hoher Phantasie. Wäre dieser Tadel gegründet gewesen, so hätte das Eigentümlichste und Ausgezeichneteste seiner Werke nichts getaugt, und sie hätten in seinen Augen allen Wert verlieren müssen.

 

21.

 

Man hat Mozarten oft den Vorwurf gemacht, er habe sich nur allein mit seinen Werken beschäftigt und nicht um das bekümmert, nicht das gekannt, was andere, gleichfalls verdienstvolle Männer, in seiner Kunst geleistet hätten.

 

Schränkt man diesen Vorwurf auf mehr oder weniger ein, so kann Mozart allerdings nicht frei davon gesprochen werden. Die Schuld davon lag aber weit weniger an ihm als an seinen Verhältnissen, indem er fast stets auf Reisen oder komponierend, größten Teils nur Neues oder sich selbst hören und kennen lernen konnte. Stieß ihm etwas wirklich Gutes auf, so wußte er es voll Freude zu schätzen.

 

Nur von der beliebten Mittelmäßigkeit, von der geistlosen Nachahmerei, von dem gedankenlosen Manirierten war er ein abgesagter Feind. Worin er nicht etwas von eigenem Geiste fand, das warf er mit den Worten hin: "Es ist nichts darin!" –

 

War er nicht der erste, so war er doch einer der ersten, die den Deutschen das Vorurteil benahmen, der Sitz der wahren Musik sei noch jetzt in Italien. Er ereiferte sich oft gegen die meisten neuesten italienischen Komponisten, noch öfter gegen die italienischen Virtuosen, noch mehr gegen die Vorliebe für die italienischen Sänger in Deutschland und am allerhäufigsten gegen den jetzigen herrschenden Geschmack der Hauptstädte Italiens in der Musik – alles, nachdem er es an Ort und Stelle gefunden hatte.

 

Doch tut man ihm Unrecht, wenn man behauptet, er habe nur kunstvolle Harmonie, nur gelehrte Arbeit an andern geschätzt. – Er ließ der durchsichtigsten Musik – nur mußte sie etwas Geist und Eigentümlichkeit haben – Gerechtigkeit widerfahren. So sprach er z.B. von Paisiello, dessen Arbeiten ihm sehr wohl bekannt waren, sehr vorteilhaft. "Man kann dem", sagte er, "der in der Musik nur leichtes Vergnügen sucht, nichts Besseres empfehlen als die Kompositionen dieses Mannes."

 

Unter den älteren Komponisten schätzte er viele Italiener, die man jetzt leider vergessen hat.

 

22.

 

Von Hasse und Graun1 hielt Mozart weniger, als diese Männer verdienen. Vielleicht, daß er die meisten Werke des Letzten nicht kannte.

 

Jommeli2 schätzte er hoch. "Der Mann", sagte er, "hat sein Fach, worin er glänzt, und so, daß wir's wohl werden bleiben lassen müssen, ihn bei dem, der's versteht, daraus zu verdrängen."

 

Von Martini,3 der, als Mozart in Leipzig war, die ganze Liebhaberwelt zu bezaubern anfing, prophezeihte er: "Wenn auch vieles in seinen Sachen sehr hübsch ist, so wird doch in zehn Jahren kein Mensch mehr von ihm Notiz nehmen." Die Prophezeihung ist genau eingetroffen.

 

Fußnoten

 

1 Karl Heinrich Graun, k. preuß. Kapellmeister, geb. 1703 zu Wahrenbrück in Sachsen, gest. am 1ten August 1759.

 

2 Niccolò Jommelli, Oberkapellmeister des Herzogs von Württenberg zu Stuttgart, geb. zu Atelli 1714, gest. zu Neapel am 28ten August 1774.

 

3 Vincenzo Martini, kais. russischer Hofrat, Kapellmeister und Komponist am russischen Theater zu Petersburg, geb. 1754 zu Valencia in Spanien. Er schrieb während seines Aufenthaltes zu Wien 1) Il Barbaro di buon cuore. 2) Una cosa rara. 3) L'Arbore di Diana. Die beiden letzten Stücken erwirkten seinen Ruf nach Petersburg.

 

 

23.

 

Von Mozarts Bekannschaft mit Sebastian Bachs Werken und seiner Achtung derselben sagt uns Herr Hofrat Rochlitz Folgendes:

 

"Auf Veranlassung des Verstorbenen Doles, Kantors an der Thomasschule zu Leipzig, überraschte Mozarten der Chor dieser Schule mit der Aufführung der zweichörigen Motette: Singet dem Herrn ein neues Lied etc. von dem Altvater deutscher Musik, von Sebastian Bach.1

 

Mozart kannte diesen Albrecht Dürer der deutschen Musik mehr vom Hörensagen als aus seinen selten gewordenen Werken. Kaum, daß der Chor einige Takte gesungen hatte, so rief Mozart: ›Was ist das?‹ Und man sah ihm an, daß seine ganze Seele in Bewegung geriet.

 

Da der Gesang zu Ende war, rief Mozart voll Freude. ›Das griff tief ein, da gibts zu lernen.‹'

 

Man sagte ihm, da die Schule die vollständige Sammlung der Motetten ihres ehemaligen Kantors besitze und als eine Art Reliquien aufbewahre.

 

›O geben Sie her! rief Mozart.‹

 

Man hatte aber keine Partitur der Gesänge; Mozart ließ sich also die ausgeschriebenen Stimmen geben, und nun war es eine Freude mit anzusehen, wie er die Stimmen um sich herum, in beide Hände, auf die Knie, auf die nächsten Stühle verteilte, und alles Andere vergessend, nicht eher aufstand, bis er alles, was von Bach da war, durchgegangen hatte.

 

Er wurde über eine erbetene Kopie entzückt, und es kann dem Kenner der Bachschen Kompositionen und des Mozartschen Requiem, besonders der großen Fuge: Christe eleison, das Studium, die Wertschätzung und die volle Auffassung des Geistes jenes alten Kontrapunktisten nicht entgehen."

 

Daß Mozart auch zur Begleitung eines Chorals in der Zauberflöte eine Idee Bachs wählte, den Choral nämlich: Du dessen Augen floßen, sobald sie Zion sah'n, etc. wird in N. 40 erwähnt.

 

Fußnoten

 

1 Johann Sebastian Bach, Musikdirektor zu Leipzig und kurf. sächs. Hofkomponist, geb. am 21ten März 1685 zu Eisenach, gest. am 28ten Juli 1750 zu Leipzig.

 

 

24.

 

Ausnehmend achtete Mozart auch Joseph Haydn.1

 

Wie schon erwähnt worden, widmete er ihm eine Sammlung seiner schönsten Quartette. Sie gehören nicht nur unter das Allervorzüglichste, was Mozart schrieb, sondern was überhaupt in dieser Gattung existiert. Seine spätern Quartette sind galanter, konzertierender, in jenen aber ist jede Note gedacht.2

 

Mozarts Dedikation ist ein schöner Beweis seiner Bescheidenheit und seiner innigen Verehrung des großen Haydn. "Das war Schuldigkeit", sagte er – "denn ich habe von Haydn erst gelernt, wie man Quartette schreiben müsse."

 

Nie sprach Mozart ohne die lebhafteste Achtung von diesem Meister, ungeachtet es beiden, an einem Orte lebend, an Veranlassungen zu gegenseitiger Eifersucht nicht fehlte. "Keiner", sagte Mozart häufig von Haydn, "keiner kann so alles – schäkern und erschüttern, Lachen und tiefe Rührung erregen und alles gleich gut, als Er."

 

Fußnoten

 

1 Den leider nun auch verstorbenen Dr. der Musik, fürstl. Esterházyschen Kapellmeister und Mitglied der königl. schwedischen Akad. der Musik und des Nationalinstitutes zu Paris, geb. zu Rohrau im Österr. 31. März 1733.

 

2 Doch wurde das zweite dieser sechs Quartette unter Umständen verfertigt, die nicht zum Notendenken geeignet waren. Mozart machte es gerade, als seine Frau zum ersten Mal in Kindesnöten war. Da er nie am Klavier komponierte, sondern die Noten zuvor schrieb und den Satz erst probierte, wenn er vollendet war, so belästigte er nicht, indem er in dem Zimmer arbeitete, wo sie lag. So oft sie Leiden äußerte, lief er auf sie zu, um sie zu trösten und aufzuheitern; und wenn sie etwas beruhigt geworden, ging er wieder zu seinem Papier. Nach ihrer eigenen Erzählung wurden das Menuett und das Trio gerade bei ihrer Entbindung komponiert.

 

 Die sechs Quartette wurden anfangs hier und da sehr...

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