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Workshop Unternehmensentwicklung

In sechs Schritten zur leistungsfähigen Organisation

AutorBernhard Muhler, Carsten Suntrop
VerlagSchäffer-Poeschel Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl216 Seiten
ISBN9783791038704
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis43,99 EUR
Lang- oder kurzfristige Ziele? Quantität oder Qualität? Kontrolle oder Loslassen? Intro- oder extrovertiert? Der Weg zum Erfolg verlangt von Organisationen angesichts der hohen Dynamik des Marktumfelds einen sicheren Orientierungssinn. Mit dem UE-Navigator lässt sich die Unternehmensentwicklung pragmatisch und effektiv messen und steuern. Aus dem Kenngrößensystem wird schnell ersichtlich, wo eine Organisation bereits gut aufgestellt ist und wo es noch heißt: Ärmel hochkrempeln. Das 'Navi' zeigt alle relevanten UE-Aspekte in ihrem zeitlichen Ablauf an. So kann es Organisationen gelingen - auch unter hartem Konkurrenzdruck - zu wachsen, zu bestehen und langfristig zu überleben.

Bernhard Muhler Bernhard Muhler ist Betriebswirt und systemischer Organisationsentwickler. Als selbstständiger Unternehmensberater arbeitet er schwerpunktmäßig in den Gebieten Organisationsentwicklung, Change Management und Strategie. Carsten Suntrop Carsten Suntrop ist Professor für Unternehmensentwicklung und Organisationsperformance an der Europäischen Fachhochschule Rhein/Erft GmbH in Brühl. Außerdem ist er Geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung CMC².

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Leseprobe

2   Sechs Schritte zur organisationalen Leistungsfähigkeit


2.1   Vorüberlegungen


Unter Intervention7 ist „zunächst all das zu verstehen, was z. B. ein Berater in Anwesenheit des Auftraggebers und/oder Repräsentanten des Klientensystems tut oder unterlässt.”8 Damit kann ein Berater in Beratungssituationen nicht „nicht intervenieren”, d. h. jede Tätigkeit eines Beraters kann aus der Perspektive des Klienten als Intervention interpretiert werden.9 Im Rahmen dieses Buches wird die nachfolgende Definition von systemischer Intervention zugrunde gelegt:

„Systemische Interventionen sind zielgerichtete Kommunikationen zwischen Beratersystem10 und Kunden/Klientensystem, welche die Autonomie des Kundensystems respektieren und über dessen Wirkung das Kundensystem entscheidet. Systemisches Interventionshandeln in Organisationen bedeutet daher zielgerichtete Kommunikation, die auf der Basis der modernen Systemtheorie verstanden sich als Fach- und/oder Prozessberatung zeigt.11“

Anders ausgedrückt lassen sich Interventionen als Maßnahmen beschreiben, mit denen auf der Basis von Hypothesen das Verhalten eines Klientensystems beeinflusst wird. Interventionen verfolgen das Ziel, die Viabilität12 (Überlebensfähigkeit) einer Organisation wiederherzustellen, zu erhalten oder zu verbessern.13 Mithilfe von Interventionen sollen Impulse für die Weiterentwicklung des Klientensystems gesetzt werden, um dadurch u. a. Freiräume für mögliche Handlungsalternativen zu vergrößern bzw. um „die Selbstheilungskräfte eines Systems zu mobilisieren”.14,15

Der Begriff der „Architektur” ist ein Begriff aus dem Methodenkoffer von systemischen Beratern. Dieses Beratungselement wurde maßgeblich von Königswieser und Exner entwickelt und thematisiert die zentralen Gestaltungselemente und Abfolgen von Interventionen im Rahmen von Veränderungsprojekten. Damit kann die Architektur als eine Art „Landkarte der Entwicklung und des Wandels” interpretiert werden. Der Begriff der Architektur skizziert, dass es sich hierbei um die zeitliche, sachliche, inhaltlich abgestimmte und auf entsprechenden Hypothesen basierende Schaffung von „Räumen” handelt, in denen die am Prozess beteiligten Personen interagieren und handeln können.16 Auf diese Art und Weise eröffnet die Interventionsarchitektur Möglichkeiten sowie Entwicklungsräume, in denen „Unterschiedlichstes” passieren kann.17 Zusammengefasst stellt damit die Architektur den geplanten Rahmen des Beratungsprozesses („Was”) dar. Ferner ermöglicht die gemeinsam mit Vertretern des Kundensystems entwickelte Beratungsarchitektur einen transparenten Überblick über das gesamte Projekt und verdeutlicht darüber hinaus auch Abhängigkeiten und Verbindungen zwischen den einzelnen Elementen der Architektur.

Im Vergleich zum klassischen Projektmanagement ergeben sich zwei wesentliche Unterschiede: Die eingesetzten Interventionselemente („Was”) wie Großgruppenveranstaltungen, Diagnosen, Befragungen oder die Arbeit in Subprojekten werden zum einen transparent in den Gesamtprozess eingebaut und ersichtlich. Zum anderen sind die einzelnen Elemente zum Zeitpunkt der Planung noch nicht mit konkreten Inhalten („Wie”) zu füllen und zu konkretisieren. Dies geschieht vielmehr erst im Verlauf des weiteren Prozesses. Damit thematisiert die Architektur, wie und auf welche Art und Weise die am Projekt beteiligten Personen miteinander kooperieren und wie das definierte Ziel zu erreichen ist.

Der Workshop Unternehmensentwicklung adressiert sowohl die betriebswirtschaftliche Managementperspektive als auch die systemisch-soziale Veränderungsperspektive, wie Abb. 2 verdeutlicht. Diese Architektur des Workshops Unternehmensentwicklung liefert ein systematisches Konstrukt zur Messung der Leistungsfähigkeit von Unternehmen und berücksichtigt dabei alle erfolgskritischen Leistungsdimensionen. Der Mehrwert der Architektur wird sowohl über die betriebswirtschaftlichen Unternehmensentwicklungsprozesse und Einzel- und Fit-Kennzahlen generiert als auch über die Art der Zusammenarbeit. Jeder Schritt zur Messung der Leistungsfähigkeit ist mit praktisch sinnvollen und erprobten Interventionen verknüpft – auf die Art der Zusammenarbeit wird bei der Vorstellung der Architektur mindestens ähnlich viel Wert gelegt wie auf die inhaltliche Perspektive.

Abb. 2: Perspektiven des Workshops Unternehmensentwicklung (eigene Darstellung)

Dies macht die vorliegende Architektur zu einer erstmaligen Verknüpfung zwischen betriebswirtschaftlichen Fakten- und Führungsexperten und den Verhaltens- und Veränderungsexperten im Rahmen der strategischen Unternehmensentwicklung.

Die „Architektur” hat somit den Zweck bzw. die Funktion, „Räume” zu schaffen, die der Reflexion, Kommunikation und der Erarbeitung von inhaltlichen Lösungen dienen. Durch die Verwendung und den Einsatz neuer, evtl. ungewohnter Elemente im Kundensystem sollen neue Sichtweisen, Dialoge und Optionen ermöglicht bzw. erweitert werden. Darüber hinaus werden „rigide Schleifen” aufgelöst sowie Energie im System freigesetzt.18 Damit wiederum schafft die Architektur die Voraussetzung, um vorhandene und eingefahrene Denkgleise und Handlungsmuster aufzubrechen. Derartige „Räume” können in Form von Großgruppenveranstaltungen, Workshops etc. ausgestaltet werden. Bei dem Thema „Architektur” geht es somit um die Frage, „[…] mithilfe welcher Vorgehensweise Verbesserungen, Veränderungen und Lernenlernen organisiert werden können; wie solche Prozesse geplant beziehungsweise gestaltet werden können”19, und nicht etwa um die inhaltliche Ausgestaltung von Prozessstrukturen oder ähnlichen Konzepten.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Architektur im hier verstandenen Sinne den Rahmen, das Grundgerüst bzw. die Eckpfeiler (das „Was”) eines Projektes beschreibt. Das Design wiederum definiert das „Wie”, d. h. die konkrete Ausgestaltung der in der Interventionsarchitektur vorgestellten Elemente wie Workshops und Großgruppenveranstaltungen.20 In Analogie zu einem Innenarchitekten, der die vorgegebenen Räume eines Architekten ausgestaltet, entwickelt das Interventionsdesign die Architektur weiter, so dass die durch den Prozess angestrebten Ziele bestmöglich erreicht werden können.

Exkurs
Ein Praxisbeispiel

Das Unterstützung suchende Dienstleistungsunternehmen aus der Gesundheitsbranche befindet sich seit mehreren Jahren auf einem Wachstumskurs mit einer kontinuierlichen Erweiterung des Dienstleistungsangebots. Bedingt durch dieses Wachstum hat sich die Anzahl der Mitarbeiter (z. B. Marketingmitarbeiter, Trainer, Therapeuten, Kundenberater) stark erhöht. Darüber hinaus sind die organisatorischen Anforderungen wie die Einarbeitung neuer Mitarbeiter, die zunehmende Anzahl an Besprechungen, verstärkte Marketingmaßnahmen sowie der Verwaltungs- und Organisationsaufwand stetig gestiegen. Diese Expansion macht interne Umstrukturierungen und neue Prozesse erforderlich. Bei der Gestaltung und Umsetzung dieser neuen Strukturen sollen von Beginn an die Mitarbeiter eingebunden werden.

Im Rahmen des Auftrags- und Zielklärungsprozesses wurde vereinbart, in einem ersten Schritt eine Diagnose durchzuführen, um die wesentlichen Brennpunkte im Unternehmen sowie erste Lösungsideen der Mitarbeiter zu identifizieren. Nach der Erfassung dieser Herausforderungen ist die weitere Vorgehensweise zur Erarbeitung und Umsetzung geeigneter Lösungen mit den Beteiligten zu entwickeln. In den gesamten Prozess sollen bewusst die Mitarbeiter als wesentliche Know-how-Träger integriert werden. Abbildung 3 zeigt die Interventionsarchitektur eines Beratungsprojekts.

Interventionen lassen sich auch aus einem anderen Kontext bzw. einer anderen Perspektive heraus betrachten und verstehen. Hierzu zählen die inhaltliche bzw. sachliche, die zeitliche, die soziale und die räumliche Gestaltungsdimension.21 Die nachfolgenden Ausführungen stellen diese vier Dimensionen detailliert dar.

Inhaltliche bzw. sachliche Dimension

Ein zentraler Aspekt für die weitere Ausgestaltung und Planung der Intervention ist die Definition der Zielsetzung bzw. der inhaltlichen Schwerpunkte. Geeignete Inhalte und Ziele werden stets maßgeschneidert auf den jeweiligen Kunden und dessen spezifische Situation hin festgelegt.

Abb. 3: Beispiel einer Interventionsarchitektur (nach Muhler, 2010, S. 114)

Zeitliche Dimension

Neben dem Timing von einzelnen Interventionen im zeitlichen Verlauf sind auch die häufig eher „unsichtbaren” Zeitaspekte von erfolgskritischer Bedeutung. Für das gesamte Projekt sollte es einen klar definierten Anfangs- und Endzeitpunkt geben. Dies gilt parallel auch für einzelne Interventionen wie Workshops oder Interviews. Die Häufigkeit und Abfolge von Interventionen strukturieren die entsprechenden Rahmenbedingungen und ermöglichen die Erschließung von Sinnzusammenhängen für die beteiligten Personen. Werden beispielsweise bestimmte Interventionselemente wie World Café oder Strategieklausuren zu häufig eingesetzt, so verlieren sie bei den beteiligten Menschen ihren Sinn. Abhängig von der jeweiligen Unternehmenskultur sind auch Gruppen- und Plenumsarbeitsprozesse zeitlich unterschiedlich zu...

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