Chartern Pro und Contra
Wenn wir die Vor- und Nachteile, die uns das Chartern einer Segelyacht bieten, einander gegenüberstellen, müssen wir als Alternativmodell den Yachtkauf ins Auge fassen.
Preis
Wer sich den Überlegungen emotionslos und wirtschaftlich nähert, wird zunächst mal den Mietpreis einer Yacht dem Kaufpreis gegenüberstellen. Hierbei muss man nicht zwangsläufig von einer neuen Yacht ausgehen, denn Charteryachten sind in der Regel auch selten brandneu.
Natürlich bestimmen Faktoren wie beispielsweise Yachtgröße, Revier, Ausstattung, Reisezeit und Service als wesentliche Faktoren den Mietpreis einer Charteryacht. Ebenfalls zu berücksichtigen ist die Crewgröße und die damit verbundene Anzahl an Kabinen und weitere Faktoren, auf die wir später ausführlich eingehen werden.
Da der Trend allgemein zu größeren Yachten mit guter Ausstattung geht, soll zum Vergleich eine 42 Fuß-Yacht herangezogen werden.
Der Blick in den Charterkatalog (2017) eines renommierten Vercharterers bietet hier beispielsweise eine Dehler 42 in Kroatien für Wochenpreise von 2100,00 € bis 3900,00 €.
Eine X 43, die in der Ostsee beheimatet ist, ist zwischen 2000,00 € und 2500,00 € zu haben.
Den Kaufpreis einer X 43 (BJ 2007) recherchieren wir mit 220.000,00 €. Eine Dehler 42 (Weltprämiere 2016) ist im Netz noch nicht als Gebrauchtboot zu finden. Alternativ legen wir den Preis der Dehler 41 DS zu Grunde und finden Gebrauchtbootpreise um 115.000,00 € (BJ 1999).
Machen wir also eine Milchmädchenrechnung und stellen den Kaufpreis der gebrauchten X 43 mit 220.000,00 € dem Charterpreis der teuersten Saison von 2500,00 € für die erste Woche gegenüber, ergibt dies, dass man 88 Wochen chartern kann, bis man den Kaufpreis der gebrauchten Yacht erreicht hat.
Für Segler, die ein bis zwei Wochen im Jahr segeln gehen, bedeutet dies 44 x zwei Wochen Segelspaß.
Wer also sein Hobby erst mit 30 Jahren oder jenseits davon für sich entdeckt hat, kann bis ins hohe Alter chartern bevor er den Kaufpreis einer entsprechenden Yacht bezahlt hat.
Bedenkt man nun auch noch die jährlichen Kosten für ein eigenes Schiff (Wasserliegeplatz, Winterlager, Kran-Gebühren, Versicherung, Instandhaltungsmaterial und Lohn zur Pflege des Unterwasserschiffs, Motorwartung, Segel, Service der Elektronik, Modernisierung von Elektronik, Reparatur oder Aufhübschen des Teakdecks usw. kommen jährliche Kosten hinzu, um die sich ein Charterer nicht kümmern muss.
Man könnte denken, dass dieser Punkt eindeutig zugunsten des Chartermodells ginge, wenn es eben nicht auch solche Segler gäbe, die sechs bis acht Wochen Jahresurlaub inkl. Überstundenabbau in einen langen Segeltörn stecken und jedes Wochenende zur Pflege der Yacht und zum Segeln verbringen.
Ein anderer Freizeittyp sind Segler, die sich im Rahmen eines Sabbaticals 6 bis 12 Monate frei nehmen können und einen unvergesslichen Segeltörn machen, von dem sie Ihren Kindern und Enkeln berichten werden.
Eine eigene Yacht mag sich unter Umständen auch für Vorruheständler rechnen, die mit dem eigenen Schiff immer größere Törns planen und fahren und dann gibt es ja auch noch die Eigner, die sich die eigene Yacht durch eine der vielen Eignermodelle finanzieren, bei dem der Eigner seine Yacht einem Vercharterer überlässt und die Yacht als Geldanlagemodell nutzt, was hinsichtlich des Pflegeaufwands und der Folgekosten eher neutral ist.
Revier/Flexibilität
Wer jährlich 1 – 2 Wochen segeln geht und gerne verschiedene Yachten kennen lernen möchte, ist mit der Charter flexibler und preiswerter dran und trägt keine Verantwortung für die Pflege und Wartung einer Segelyacht.
Bei intensiver Nutzung kann das eigene Schiff wirtschaftlicher sein.
Bei der Flexibilität und Reviervielfalt kommen die wahren Stärken des Charterns zum Tragen.
Die beiden genannten Referenzyachten spielen in einer Liga, in der diese nicht einfach per Trailer von A nach B gefahren werden können. Ein Revierwechsel ist daher bei der Eigneryacht ein Unterfangen, das man sich gut überlegen sollte.
Als Yachtbesitzer haben Sie ja nur die Möglichkeiten, Ihre Yacht auf dem Seeweg ins neue Revier zu überführen bzw. diese Überführung durch Profis durchführen zu lassen, wenn Ihnen selbst hierzu die Zeit, Revierkenntnisse, die Crew oder die seglerischen Fähigkeiten fehlen.
Alternativ bietet es sich an, die Yacht im Herbst aus dem Wasser zu holen und diese auf dem Landweg per LKW ins Winterlager am neuen Standort bringen zu lassen.
Beide Möglichkeiten sind nicht ganz preiswert, weswegen ein Revierwechsel in der Regel nicht jedes Jahr stattfinden wird.
Wer sich also für den Erwerb einer Segelyacht entscheidet, muss sich nicht nur über die Kosten, sondern auch den eingeschränkten Aktionsradius rund um seinen Liegeplatz bewusst sein.
Charterkunden kommen hier besser weg, denn das Charterangebot ermöglicht es, unkompliziert weltweit Segelyachten vieler Hersteller und Yachttypen (Monohull, Katamaran) zu mieten, wodurch Charterkunden revierunabhängig und äußerst flexibel sind.
Bei der, bereits erwähnten, Kaufcharter haben sich Modelle etabliert, bei denen der Käufer einer Yacht als Eigner nicht zwangsläufig auf dem eigenen Schiff seinen Urlaub verbringt, sondern – bei entsprechend organisierten Partnern – weltweit ein vergleichbares Schiff für die Dauer der kostenfreien Eignernutzung buchen kann.
Kaufcharterer profitieren also von beiden Modellen, sind frei in der Revierauswahl und können zwischendurch auch mal in anderen Revieren andere Schiffe kennenlernen und segeln.
Eigner, die Ihr Schiff für sich haben möchten, sind mehr oder weniger an ihr Revier gebunden. Charterer sind hinsichtlich Revier, Yachttyp und Modell ungebunden und finden in der Regel vor Ort reviertaugliche Yachten (Tiefgang o.Ä.) vor.
Wer auf die eigene Yacht nicht verzichten möchte und kein Problem damit hat, diese zur Finanzierung und dem Erhalt der Flexibilität zu vermieten, kann sich in einem der vielen Kaufchartermodelle gut aufgehoben wissen.
Ausstattung, Pflegezustand und Sicherheit
Eignerschiffe sind Yachten, die in der Regel nach eigenen Bedürfnissen, Vorlieben und Wünschen in Absprache mit der Werft ausgestattet werden.
Das beginnt bei der Anzahl der Kabinen und Waschräume, geht über die Zahl und Dimensionierung der Winschen, der Motorisierung, Auswahl der Materialien für Segel und Leinen, Displaygröße und Marke eines Plotters sowie die Entscheidung, ob im Cockpit ein zweites Plotter-Display zu Verfügung steht. Weitere Ausstattungsoptionen des Schiffes wie Radar, AIS, Traveller, Autopilot, Heizung, Selbstwendefock, Funkgerät, Tiefgang, Kielvarianten, Rad- oder Pinnen-Steuerung, Segelgarderobe spielen beim Kauf eine – meist sehr emotionale – Rolle, die ein Charterer meist gar nicht nachvollziehen kann, da dieser seine Yacht aus einem Yachtpool auswählt, wobei er keinen Einfluss auf die Ausstattung der Yacht nehmen kann.
Als Besitzer einer Yacht sind Sie selbst für den Pflegezustand Ihres Schiffes verantwortlich, haben für die Sicherheit und die damit einhergehenden Prüfintervalle von Gasanlage, Feuerlöscher, EPIRB, Notsignalmittel selbst zu sorgen, sofern Sie diese Aufgaben nicht im
Rahmen eines „Rundumsorglos-Paketes“ an eine Werft übertragen.
Bei der Kaufcharter werden alle Wartungs- und Servicearbeiten – je nach Vertrag – von der Werft einer Marina übernommen, wobei der Austausch teurer Komponenten oder aufwändiger Reparaturen immer noch mit dem Eigner abgestimmt werden.
Der reine Charterkunde hat mit der Ausstattung und Wartung seines Charterschiffes eigentlich nichts zu tun. Soweit jedenfalls die Theorie, denn nicht selten sind Eignerschiffe, die ausschließlich zum Verchartern gedacht sind (also auch Kaufcharter-Schiffe), suboptimal ausgestattet, schlecht gewartet und gelegentlich notdürftig repariert. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der Eigentümer das Schiff als Geschäftsmodell sieht, bei dem er möglichst billig einkauft und den bestmöglichen (hohen) Mietpreis beim Verchartern erhält.
Auf die besonderen Eigenheiten, die sich hieraus ergeben, gehen wir im Kapitel „Schiffsübernahme“ besonders ein.
Wer in Punkto Ausstattung und Sicherheit keine Kompromisse machen und kein Risiko eingehen möchte, sollte sein eigenes Schiff kaufen.
Wer sorgfältig plant und hinsichtlich Zuverlässigkeit und Seriosität von Charterfirmen auch mal in einschlägigen Netzwerken (Segel-Communities) nachfragt, kann und wird kaum unangenehme Überraschungen erleben.
Warum chartern und nicht kaufen?
Die Frage an sich nimmt die Empfehlung, eine Yacht zu chartern statt zu kaufen, vorweg, wobei das Chartern oftmals nur der erste...