AUSWAHL UND KAUF
Wenn Sie sich auf eine Ziegenrasse festgelegt haben, geht es daran, sich Tiere dieser Rasse anzuschaffen. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten: Die optimale ist sicher, über einen regionalen Ziegenzuchtverband eine Züchterliste „Ihrer“ Rasse zu erhalten.
Die Adresse eines Ziegenzuchtverbandes finden Sie sowohl im Internet als auch über Ihr zuständiges Veterinäramt. Und bei jedem Zuchtverband wird man Sie sicher gerne unterstützen und Ihnen Züchter in der näheren oder ggf. auch weiteren Umgebung nennen.
Eine andere, heute vielleicht gebräuchlichere und eventuell einfachere Methode ist es, im Internet nach angebotenen Tieren Ihrer Rasse zu suchen. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass man hier sicher schneller fündig wird, der Anteil an weniger rassetypischen Tieren hier aber um ein Vielfaches höher ist und manch eine Fahrt zum Tierkauf enttäuschend endet. Ich empfehle daher den Weg über den Zuchtverband, auch im Hinblick darauf, dass Sie im besten Fall mit dem Kauf bei einem erfahrenen und guten Züchter auch einen Menschen gefunden haben, der Sie auch nach dem Kauf noch gerne bei auftretenden Fragen und Problemen unterstützt.
Eine glückliche Ziegenfamilie erfreut das Herz des Halters.
Voller Vorfreude werden Sie nun also Kontakt zu dem einen oder anderen Züchter aufnehmen und hoffentlich bald einen Besuchstermin ausmachen können, um sich die Tiere des Züchters ansehen zu können. Bevor nun angesichts des potenziellen Familienzuwachses die Euphorie vor wirtschaftliche Überlegungen und gesunden Menschenverstand tritt, sollten Sie sich auch bei einem renommierten Züchter die Tiere sehr genau ansehen. Entsprechen sie wirklich dem Zuchtziel? Stimmt – falls Sie in die Käserei einsteigen wollen – die Milchleistung? Sind die Tiere in dem Fall milchleistungsgeprüft? Ganz wichtig: Erscheinen Ihnen alle Tiere gesund? (Gesundheits-Check) Bei einem verantwortungsvollen und guten Züchter werden Sie alle diese Fragen leicht mit „Ja“ beantworten können, und dieser wird ihnen sicher voller Freude und ebenfalls euphorisch alle Fragen gerne und korrekt beantworten.
Mitunter gibt es aber eben auch in Züchterkreisen „schwarze Schafe“ und für den Neuziegenhalter sind diese nicht immer leicht zu erkennen. Im besten Fall nehmen Sie sich zum Besuch und auch zum späteren Kauf einen erfahrenen Ziegenhalter mit, der Sie berät und ihnen hilft, die richtigen Tiere auszuwählen.
Eine typvolle Walliser Schwarzhalsziege mit hoffnungsvollem Nachwuchs
Und seien Sie realistisch und ehrlich zu sich selbst: Sie werden sich aus den verschiedensten Gründen für diese Rasse entschieden haben und sollten nun darauf achten, auch wirklich rassetypische Tiere zu erwerben. Wenn Sie Milchziegen haben möchten, müssen Sie neben dem guten und gesunden Exterieur vor allem ein Auge aufs Euter und auch auf die Milchleistung werfen, auch auf die der Mütter und Großmütter der zu erwerbenden Tiere. Ziegen, die Sie melken wollen, müssen unbedingt auch ein gutes und zahmes Wesen haben. Allzu scheue Tiere sollten Sie als Anfänger eher nicht mit nach Hause nehmen, und Tiere mit schlechtem Euter oder schlechter Milchleistung sind ebenfalls kein guter Start in die Ziegenhaltung.
Wenn Sie Fleischziegen haben möchten, müssen Sie die täglichen Gewichtszunahmen der Lämmer betrachten. Ein guter Fleischziegenzüchter wird Ihnen genau sagen und zeigen können, wie die Zunahmen seiner Lämmer sind.
Und wenn Sie sich für etwas exotischere Rassen entschieden haben, sollten Sie ebenfalls auf die Charakteristika der Rasse achten. Eine Walliser Schwarzhalsziege beispielsweise sollte keine weißen Abzeichen im schwarzen Teil haben und keine schwarzen im hinteren Bereich. Achten Sie darauf, auch wenn sie dem Charme der zu erwerbenden Tiere erlegen sind, denn falls Sie in die Zucht einsteigen wollen, dann sollten Sie auch wirklich mit rassetypischen Tieren beginnen.
Sollten Sie nur einige Tiere haben wollen, um sich an ihnen zu erfreuen, aus reiner Liebhaberei, ohne über Zucht, Milch- und Käse- oder Fleischproduktion nachzudenken, dann dürfen Sie gerne bei dem einen oder anderen Tier in puncto Rassemerkmale Abstriche machen, nie aber bei der Gesundheit!
DER RICHTIGE ZEITPUNKT
Nachdem der Züchter des Vertrauens gefunden ist, stellt sich die Frage nach dem optimalen Zeitpunkt zum Erwerb Ihrer zukünftigen Haustiere. Die meisten aller Ziegenrassen lammen im Frühjahr, damit wäre bei einer Aufzucht an der Mutter ein Umzug der Ziegenkinder in ein neues Zuhause im Frühsommer am einfachsten.
Diese drei Zwergziegen sind zufrieden im neuen Heim angekommen.
Jetzt ist es in der Ziegenhaltung aber so, dass es durchaus die eine oder andere wirtschaftlich orientierte Haltungsform gibt, in der man sich sehr gerne weitaus früher von Teilen der Nachzucht trennen mag. Milch liefernde Betriebe bzw. Käsereien werden ihre Lämmer schon sehr früh nach der Geburt zur mutterlosen Aufzucht abgeben. Man mag nun darüber denken wie man möchte, es ist aber nun mal so, dass man als erfolgreich wirtschaftender Milchbetrieb die Lämmer nicht alle behalten kann und auch nicht an der Mutter aufziehen kann, wenn man aus deren Milch Käse herstellen möchte. Einige Betriebe arbeiten mit einer Methode, in der die Lämmer einen Teil der Zeit von den Müttern getrennt werden, dann werden diese gemolken und die Lämmer müssen sich mit dem „Rest“ begnügen. Die meisten Betriebe ziehen die Lämmer aber mit Milchaustauscher an Tränken auf und trennen sich meist auch sehr früh von ihnen. Solche Lämmer könnten Sie also sehr früh im Jahr erwerben, müssten dann aber selbst die zeit- und kostenaufwendige Handaufzucht übernehmen. Dafür hätten Sie dann aber auch sehr zahme und menschenbezogene Ziegen.
Auch einige Fleischziegen lammen ganzjährig, und so kann man bei einigen Züchtern dieser Rassen auch ganzjährig Lämmer erwerben.
Am besten starten Sie Ihr Projekt „Ziegenhaltung“, das anfangs mehr Zeit braucht als bei späterer Routine, in der wärmeren Jahreszeit, wenn man gerne und lange Zeit im Freien verbringt. Im Frühsommer lassen sich eigentlich bei jedem Züchter der ausgewählten Rasse Tiere erwerben.
GESUNDHEITSCHECK UND ALTER
Ein seriöser Züchter wird immer bemüht sein, Ihnen gesunde, rassetypische und gepflegte Tiere zu verkaufen, bei denen auch das angegebene Alter korrekt ist. Vor allem bei Herdbuchtieren erwerben Sie neben dem Tier quasi auch einen Abstammungsnachweis, der ihnen Informationen über das Tier und dessen Vorfahren liefert.
Trotzdem sollten Sie als künftiger Ziegenhalter wissen, woran man eine gesunde Ziege erkennt und wie sich deren Alter bestimmen lässt. Achten Sie beim Kauf auf folgende einfache Kriterien:
Eine gesunde Ziege ist neugierig, wachsam und insgesamt sehr lebhaft. Ihre Augen sind klar, die Lider nicht verklebt und der Blick stets neugierig auf Sie gerichtet.
Das Fell sollte vor allem im Sommer glatt und glänzend sein; langhaariges ohne Filz und ohne „tote Haare“.
Milchziegen sollten ein gesundes, gut durchblutetes Euter haben (zumindest erwachsene Tiere, die schon mal gelammt haben). Jungfräuliche Lämmer erwerben Sie natürlich, ohne die spätere Euterform zu erkennen, aber bitte achten Sie auch bei Jungtieren darauf, ob zwei gesunde Zitzen vorhanden sind. Lassen Sie sich das Euter der Mutter zeigen: Schwaches Bindegewebe ist durchaus auch erblich, und wenn die Mutter schon ein schlechtes Euter hat, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Tochter nicht das schönste Euter bekommt, enorm.
Achten Sie auf ein korrektes Fundament: Die Ziege sollte gerade und gut auf den Füßen stehen, nicht durchtrittig, x-beinig oder o-beinig.
Eine gesunde Ziege hat feste und gepflegte Klauen. Achten Sie auch auf den Bereich zwischen den Klauen, er sollte nicht riechen oder schmierig sein.
Die Schleimhäute im Maul sollten rosig sein und keinesfalls blass.
© Kai Haus
Klarer, wacher Blick, trockene Nase: Das Tier wirkt gesund und munter.
Das Alter Ihrer Tiere erkennen Sie natürlich am Gesamtbild, zuverlässiger lässt es sich aber anhand der Zähne bestimmen. Genau wie Schafe haben auch Ziegen nur im Unterkiefer Zähne. Und genau wie bei ihren Wolle tragenden Kollegen brechen mit etwa vier Wochen alle Milchschneidezähne durch. Mit neun Monaten sind die insgesamt acht Schneidezähne voll entwickelt. Mit zwölf Monaten zeigen sich schon erste Abnutzungen dank des starken Gebrauchs, und die Ziege wechselt nun von innen nach außen die Milchschneidezähne gegen die breiteren, bleibenden Schneidezähne. Grob lässt sich sagen: Mit 1,5 Jahren hat die Ziege die innersten beiden Zähne gewechselt, mit ca. zwei Jahren die innersten vier Zähne, mit drei Jahren sechs Zähne, und bei einer Ziege jenseits des vierten Lebensjahres können wir davon ausgehen, dass alle Zähne gewechselt sind und können diese dann leider zu keiner konkreten Altersbestimmung mehr heranziehen.
DIE LEBENSERWARTUNG
Ziegen sind durchaus imstande, ein wahrhaft biblisches Alter zu erreichen. Die ältesten mir bekannten Exemplare waren 20 und 22 Jahre alt. Dies setzt natürlich eine gute Pflege und optimale Fütterung voraus, und ganz sicher müssen auch die Gene mitspielen. Die „Durchschnittsziege“ wird ein Alter von maximal 15 Jahren...