Nachdem eine theoretische Einordnung und Abgrenzung von Gewinnspielen gelungen ist und weitere Grundlagen gelegt worden sind, gilt es die Frage zu klären, welche Ziele ein Unternehmen mit dem Einsatz in Gewinnspielen im Rahmen der Marketing-Kommunikation anstrebt.
Zur Beantwortung dieser Fragestellung ist eine kurze Beschreibung des idealtypischen Zielsystems einer Unternehmung unerlässlich. Zur Unterstützung werden die folgenden Aussagen in Abbildung 3 veranschaulicht.
Abbildung 3: Zielsystem einer Unternehmung
Quelle: Darstellung in Anlehnung an Bagusat 2006, S. 34
Für jedes Unternehmen ist die „(…) Formulierung eines klaren, langfristig ausgerichteten Zielsystems (…) wesentlicher Bestandteil der Marketingkonzeption“ (Meffert 2000, S. 69). Dieses System an Zielen stellt ist als eine hierarchische Zielpyramide aufgebaut, an deren Spitze sich der konkrete Unternehmenszweck befindet. Auf der nächsten, dem Unternehmenszweck untergeordneten Zielebene, befinden sich die Unternehmensgrundsätze bzw. –leitlinien, welche wiederum die Grundlage für die Unternehmensziele, wie Gewinn oder Umsatz, bilden (Meffert 2000, S. 69 ff.). Aus den übergeordneten Unternehmenszielen leiten sich schließlich direkt die Marketingziele ab, welche in den Mittelpunkt der folgenden Betrachtungen gestellt werden (Becker 1999, S. 7). „Marketingziele determinieren jene angestrebten zukünftigen Sollzustände (…), die mit dem Verfolgen von Marketingstrategien und dem Einsatz der Marketinginstrumente realisiert werden sollen“ (Becker 2001, S. 61).
Zur inhaltlichen Schematisierung von Marketingzielen bietet es sich an, eine Kategorisierung in ökonomische und psychographische Zielsetzungen zu treffen. Bei ökonomischen Marketingzielen handelt es sich um direkt messbare und beobachtbare Ergebnisse des Kaufentscheidungsprozesses der Kunden, wie z. B. Absatz, Marktanteil oder Deckungsbeitrag. Psychographische Marketingziele hingegen knüpfen in erster Linie an mentalen, nicht beobachtbaren Prozessen des Kunden an. Hierbei kann es sich um Bekanntheit, Image oder die Kundenbindung handeln (Meffert 2000, S. 76 ff; Becker 2001, S. 61 ff.). Die getroffene Differenzierung in ökonomische und psychographische Marketingziele bildet die Grundlage für die folgenden Ausführungen hinsichtlich der Ziele von Gewinnspielen.
Wie in der Definition bereits erwähnt, sollen die angestrebten Sollzustände durch die Verwendung von Marketinginstrumenten erreicht werden. Eines dieser Instrumente aus dem Bereich der Kommunikation ist die Verkaufsförderung, welcher die Gewinnspiele angehören. Im Folgenden gilt es auf die Möglichkeiten einzugehen, die sich mit dem Einsatz von Gewinnspielen bieten um ökonomische und psychographische Ziele einer Unternehmung zu erfüllen. Dabei handelt es sich um die Anwendung von Gewinnspielen in Offline- als auch in Online-Medien, welche an geeigneten Stellen durch Beispiele aus der Praxis unterlegt werden.
Wie bereits angesprochen handelt es sich bei ökonomischen Marketingzielen um direkt messbare und beobachtbare Ergebnisse des Kaufentscheidungsprozesses der Kunden. Die werbetreibenden Unternehmen orientieren sich zur Messung der Zielerreichung dabei an ökonomischen Größen, wie der Höhe des Absatzes oder des Marktanteils (Meffert 2000, S. 76).
Zur Beeinflussung dieser Zielgrößen sind grundsätzlich alle Instrumente der Verkaufsförderung im Stande. Denn es ist Hauptaufgabe der Verkaufsförderung, eine kurzfristige und unmittelbare Stimulation des Absatzes bei Hersteller, Handel und Konsumenten hervorzurufen. Konsumentengerichtete Verkaufsförderungsmaßnahmen im Speziellen zielen darauf ab, einen direkten Kaufanreiz für potenzielle und bestehende Konsumenten zu bieten. Basierend auf diesen Zielsetzungen können Gewinnspiele folgenden Beitrag zu Erreichung der ökonomischen Zielgrößen leisten (Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 992):
Grundlegend eignet sich der Einsatz von Preisausschreiben in sämtlichen Phasen des Produktlebenszyklus zur Steigerung des Absatzes und damit des Marktanteils (Brockhoff/Andresen 1986a, S. 94). So ist es zum einen möglich, mit Hilfe von Gewinnspielen eine Unterstützung von Produktneueinführungen bzw. den Relaunch eines sich bereits im Markt befindlichen Produktes zu erreichen
(Eisenmann/Pflaum 1993, S. 117). Durch den Einsatz eines Gewinnspiels in Verbindung mit anderen kommunikativen Maßnahmen kann eine Erhöhung der Aufmerksamkeit bei den Konsumenten erreicht werden. Spielerisch können sich potenzielle oder bestehende Kunden mit den Vorteilen der neuen Produkte vertraut machen und sich Markenname sowie Markenzeichen fest einprägen (Barowski 2004, S. 60). Großen Erfolg mit dieser Maßnahme hatte der Süßwarenhersteller Declare, der Anfang 2004 zur Markteinführung neuer Produkte mehrere Gewinnspiele über das Online-Medium Internet anbot. Aufgrund der Gewinnspiel-Aktion erreichte das Unternehmen ein hohes Besucheraufkommen auf ihren Onlineangeboten. Die Folge des hohen Interesses war der verhältnismäßig starke Anstieg des Absatzes der neuen Produkte (Schmeling 2004, o. S.).
Gewinnspiele bieten sich jedoch nicht nur bei Markteinführungen von Produkten an. Gelingt es den veranstaltenden Unternehmen die Gewinnspielteilnehmer in eine intensive Auseinandersetzung mit der Produktbotschaft und den Produkteigenschaften zu verwickeln, können Preisausschreiben außerdem einen Beitrag zur Steigerung der Marken- und Produktaktualität leisten (Barowski 2004, S. 60). Dadurch wird es möglich, auch während der Reife- und Sättigungsphase noch einmal einen Beitrag zu Förderung des Absatzes eines Produktes zu leisten
(Eisenmann/Pflaum 1993, S. 117). Dieses Vorgehen verfolgt in regelmäßigen Abständen auch der Feinkostanbieter Homann, der Mitte 2005 mit einem Fußball-Gewinnspiel (vgl. Anlage 3) ausgewählte Schlüsselprodukte seiner Angebotspalette bewarb. Durch den Einsatz dieses jährlich wiederkehrenden Gewinnspieles gelang es dem Unternehmen, den Marktanteil etwa bei Feinkostsalaten um 20% zu steigern und somit seine Marktführerschaft auszubauen (Karle 2005, S. 62).
Praktiziert werden Preisausschreiben des Weiteren mit dem Ziel der Unterstützung bei der Durchsetzung einer neuen Positionierung eines Produktes
(Barowski 2004, S. 60). Auch in diesem Fall sollen dem Verbraucher die geänderten Produkteigenschaften und –vorteile vermittelt werden. Besonders Gewinnspiele tragen in diesem Zusammenhang zur Akzeptanz der kommunizierten Produkt- und Werbeaussagen bei (Fuchs/Unger 2003, S. 170). Die Spaten Löwenbräu Gruppe machte sich diese Vorteile zu Nutze um sich im Markt der alkoholfreien Getränke zu etablieren und dort konstante Absätze zu generieren. Im Rahmen der Neupositionierung ihres alkoholfreien Bieres führte sie mit dem Testimonial Georg Hackl ein Gewinnspiel durch (vgl. Anlage 4). Das Ziel war, die Konsumenten mit den neuen Produkteigenschaften des neuen isotonischen Bieres für Sportler vertraut zu machen. Den Gewinnern wurde die Möglichkeit geboten den Rodelweltmeister persönlich zu treffen (Konrad 2004, S. 41).
Der Einsatz von Gewinnspielen im Rahmen der Verkaufsförderung kann auch Marktforschungszwecken dienen und somit indirekt den Absatz eines Unternehmens beeinflussen. Denn das Angebot zur Teilnahme an einer Verlosung im Zuge einer Marktforschungsmaßnahme kann durchaus einen erfolgreichen Anreiz zur Mitarbeit an bspw. einer Befragung bieten (Gedenk 2002, S. 90). Anwendbar ist dabei die Kombination von Gewinnspielen mit Umfragen sowohl in Offline-Medien als auch, wie in der Vergangenheit verstärkt, in Online-Medien. Die Umsetzung dieser Kombination kann einerseits so erfolgen, dass die Teilnehmer im Anschluss an ein Gewinnspiel gebeten werden, bestimmte Fragen zu Marktforschungszwecken zu beantworten. Andererseits kann das Mitwirken an einer Befragung die Voraussetzung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel darstellen (Barowski 2004, S. 69). Eine repräsentative Umfrage des Hamburger Feldforschungsinstituts Feldteam (vgl. Anlage 5) ergab, dass sich etwa ein Viertel der Teilnehmerschaft an Umfragen durch das Angebot eines Gewinnspiels zu Mitarbeit motivieren lässt (Tradel 2004, S. 7). Ein Beispiel aus der Praxis bietet das französische Marktforschungsunternehmen Novatris. Auf ihrer Online-Plattform finden in regelmäßigen Abständen Verlosungen von attraktiven Preisen in Zusammenhang mit Marktforschungsaktivitäten statt. Die Teilnahmebedingung für das jeweilige Gewinnspiel stellt immer das Mitwirken an einer aktuellen Umfrage dar. Die Veranschaulichung eines solchen Preisausschreibens wird in Anlage 6 geboten.
Wie bereits im vorangegangenen Kapitel erwähnt, bietet sich bei allen dargestellten Möglichkeiten, der Einsatz von Gewinnspielen in Kombination mit anderen Maßnahmen der Verkaufsförderung an. Durch die jeweilige Kombination kann ein noch höherer Grad der Erfüllung der eben genannten ökonomischen Ziele erreicht werden (Shimp 2000, S. 590).
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