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Zur Fischproduktion aus Kreislaufanlagen in der Aquakultur. Wirtschaftliche Betrachtung der Projektkonzeption einer Fallstudie

Unter besonderer Berücksichtigung der Quatitätssicherung

AutorJörg Hurlin
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl161 Seiten
ISBN9783656518358
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Agrarwissenschaften, Note: 1,0, Georg-August-Universität Göttingen (Institut für Tierzucht und Haustiergenetik), Sprache: Deutsch, Abstract: 'Gib einem Menschen einen Fisch und er hat einen Tag zu essen. Zeig ihm, wie man Fische hält und er wird für den Rest seines Lebens zu essen haben' (Chinesisches Sprichwort). Ausgehend von dieser altüberlieferten Sentenz wird gegenwärtig, in Anbetracht globaler Ernährungsprobleme und der Forderung der Vereinten Nationen diese bis zum Jahr 2015 zu halbieren (1. UN Millennium Development Goal), die Hoffnung einer 'blaue Revolution' laut. Diese impliziert die Chance, von Fisch und anderen aquatischen Organismen kostengünstig und in großen Mengen Nahrungsmittel produzieren zu können (GUPTA 2005: 1). Eine Vorlage für diesen Entwicklungsweg bot bereits die Landwirtschaft, welche durch die 'grüne Revolution' in den siebziger Jahren ihre Produktivität bedeutsam erhöhen konnte. In gleichem Maße, durch den technischen Fortschritt des letzten Jahrhunderts begünstigt, entwickelte sich die Aquakultur weltweit zum stärksten wachsenden Nahrungsmittelproduzenten (FAO 2007: 5). Bei diesem Aufschwung soll die traditionelle Fischzucht durch intensive, ressourcenschonende Produktionsmethoden und neue Fischkandidaten modernisiert werden, um weitere Produktionssteigerungen zu ermöglichen (HENN 2003: 1). Dabei fordert die Gesellschaft zunehmend den Nachweis nachhaltigen Wirtschaftens. Dies beinhaltet im Bereich der Aquakultur neben dem effizienten Einsatz von Wasser, Land, genetischen Ressourcen, Futtermitteln und Energie unter Berücksichtigung von Ökosystemen, auch soziale und ökonomische Ansprüche (EUROPEAN COMMISSION 2007). Ergänzt wird dieses Postulat durch die Gewährleistung einer ausreichenden Lebensmittelsicherheit im Zuge des Herstellungsprozesses. Handlungsbedarf in diesem Bereich wird allein durch die Tatsache aufgezeigt, dass über 40 Millionen Menschen weltweit von Lebensmittelinfektionen durch Trematoden (foodborne trematode infections) heimgesucht werden, welche überwiegend auf Erzeugnisse der Aquakultur zurückzuführen sind (WHO 2004: 4). Die moderne Kreislauftechnologie, welche durch weitgehend standortunabhängige und umweltkompatible Prozesstechnik eine Fischzucht unter kontrollierten Umweltbedingungen ermöglicht und dabei die Prozessqualität der Rohware steuern kann, steht im öffentlichen Fokus einen Beitrag zur Lösung weltweiter Ernährungsprobleme zu leisten (WECKER ET AL. 2007: 38 ff.). Aber auch im Industrieland Deutschland ist die Diskussion um moderne Indoor-Fischfarmen unter der Parole: 'Fischwirt statt Landwirt?' lauter denn je (DETER 2008)...

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Leseprobe

3 Qualitätssicherung in der Fischproduktion aus Kreislaufanlagen


 

Qualität bedeutet allgemein „die Beschaffenheit einer Einheit bezüglich ihrer Eig­nung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen“ (DIN ISO 8402). Für die Fischqualität gibt es keine vergleichbar verbindliche Definition, da der Erzeuger, der Verarbeiter, der Ernährungswissenschaftler, der Hygieniker und letztlich der Konsument teilweise unterschiedliche Vorstellungen davon haben. Im Gegensatz zur Fangfischerei, welche an natürliche Vorkommen mit wechselnden Qualitäten gebunden ist, ermöglichen es Verfahren der Aquakultur die Beschaffenheit und so­mit die Produktqualität von Fisch produktionstechnisch zu beeinflussen (Wedekind 1991: 1). Vornehmlich durch kontrollierbare und damit optimierbare Umwelt­bedingungen, Futtermittel und genetische Ressourcen wird die Möglichkeit gegeben in Kreislaufanlagen eine gleichbleibende, reproduzierbare Fischqualität zu gene­rieren (Wecker 2006: 14; Lima Dos Santos 1997: 89).

 

Qualitätssicherung beschreibt den „Teil des Qualitätsmanagements, der auf das Er­zeugen von Vertrauen darauf gerichtet ist, dass Qualitätsforderungen erfüllt werden“ (DIN EN ISO 9000). Qualitätssicherung stellt einen Teil eines Qualitätsmanage­mentsystems dar, unter dem heute ein alle Bereiche eines Unternehmens erfassen­des organisatorisches Konzept verstanden wird, welches die Qualitätsfähigkeit der Unternehmung sichern soll (Ebel 2003: 37).

 

Der Ausgangspunkt für die Einführung von Qualitätssicherungssystemen zur Ver­besserung der Lebensmittelsicherheit ist die Erkenntnis, dass der Verbraucher­schutz vor Gesundheitsschäden durch den Genuss von untauglichen oder potenziell gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln nicht durch stichprobenartig durchgeführte Endproduktkontrollen möglich ist. Vielmehr ist dies durch präventive, technische und betriebshygienische Maßnahmen in den verschiedenen Stufen der Lebensmittel­kette umsetzbar (Weindlmaier 2005: 20). Der Gedanke, durch entsprechende Systeme Qualität zu sichern, ist jedoch nicht neu. So wurde schon im Codex Hammurabi (ca. 1750 v. Chr.) ein Baumeister hart bestraft, wenn ein von ihm erstell­tes Gebäude einstürzte (Ebel 2003: 26).

 

Das größte Problem bei der Vermarktung von tierischen Erzeugnissen ist gegen­wärtig die Verunsicherung der Verbraucher gegenüber der Nahrungsmittelprodukt­ion sowie in besonderem Maße die Zweifel an der Produktqualität (Naber 2003: 4). Abbildung 9 verschafft zunächst einen Überblick über Lebensmittelskandale von Fisch- und Fischereierzeugnissen der letzten Jahrzehnte.

 

Abbildung 9: Chronik über Lebensmittelskandale von Fischerzeugnissen

 

 

[18]

 

Nicht nur die zahlreichen einschlägigen Lebensmittelskandale, die Globalisierung und die Verflechtung der Märkte im Agribusiness oder die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen (Weindlmaier 2005: 7), sondern vor allem die veränderten Konsumgewohnheiten führten dazu, dass sich eine entscheidende institutionelle Wende in der Qualitätssicherung im Ernährungsbereich abspielte (Jahn 2005: 5). Eine zentrale Rolle nimmt im Rahmen dieser Bemühungen die Einführung von Qualitätsmanagementsystemen ein, in die flächendeckend alle Stufen der Lebens­mittelproduktion, -verarbeitung und -distribution eingebunden werden (Theuvsen; Peupert 2004). Aus diesem Grund erlebte der europäische Lebensmittelsektor in den letzten Jahren eine regelrechte „Zertifizierungswelle“ (Jahn 2005: 5).

 

In Anbetracht der Themenstellung dieser Arbeit stellt sich die Frage, inwieweit nach den in Abbildung 9 aufgelisteten Fischfleischskandalen die Produktsicherheit von aquatischen Erzeugnissen aus Kreislaufanlagen durch hoheitliche Maßnahmen ausreichend gesichert ist und inwieweit zusätzliche Qualitätssicherungsmaßnahmen notwendig sein könnten. Dabei steht die Sicherheit des Produktes im Bezug auf Gesundheitsgefahren für den Menschen im Mittelpunkt der Betrachtung und weniger eine Beurteilung der Produktqualität von Fisch, wie es stellenweise in der Literatur zu finden ist (Wedekind 1991; Johansson 2001; Torrissen et al. 2001). Das folgende Unterkapitel 3.1 weist auf aktuelle gesetzliche Vorschriften sowie auf Besonderheiten der Fischproduktion aus Kreislaufanlagen hin. Der Abschnitt 3.2 präzisiert die Erfordernisse der Qualitätssicherung exemplarisch für die Stufe der Primärproduktion in Kreislaufanlagen mit Verfahren des HACCP-Konzeptes. Ab­schließend werden Vorteile und Herausforderungen von Qualitätssicherungsmaß­nahmen für Kreislaufsysteme vorgestellt.

 

3.1 Status quo der Qualitätssicherung aquatischer Erzeugnisse


 

Die Produktion von Fisch und Fischerzeugnissen in der Aquakultur und dessen Handel unterliegen in Deutschland dem Lebensmittelrecht. Dieses regelt die Her­stellung und Verarbeitung von Lebensmitteln sowie den Verkehr mit ihnen. Als Rechtsgrundlage dienen das Gesetz zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts vom 1. September 2005 sowie das „EU-Lebensmittelhygiene­paket“ vom 1. Januar 2006. Das neue europäische Lebensmittelhygienerecht gilt für alle Lebensmittelunternehmer und ersetzt ab dem Januar 2006 die Lebensmittel­hygiene-Verordnung (LMHV).[19] Das Gesetzeswerk wird ergänzt durch die EU-Basis-Verordnung 178/2002, die im übertragenen Sinne als „Grundgesetz“ im Bereich Lebensmittelsicherheit anzusehen ist (Huss et al. 2005: 5). Zusammen bilden sie den gemeinsamen Rechtsrahmen für Lebens- und Futtermittel. Mit dem Lebens­mittelrecht werden verschiedene Ziele verfolgt. Zum einen soll der Verbraucher vor Täuschungen über Qualität, Bezeichnung, Aufmachung und Beschaffenheit von Lebensmitteln geschützt werden, womit die Bewahrung der Gesundheit des Ver­brauchers einhergeht. Zum anderen erlangt die Verbraucherinformation über bestimmte Lebensmitteleigenschaften verstärkt eine eigenständige Bedeutung (BMJ 2008). Zur Umsetzung existiert das Instrumentarium des Lebensmittelmonitoring. Dieses wird als eigenständige gesetzliche Aufgabe im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung durchgeführt (BVL 2006).

 

Die bestehende Fischhygiene-Verordnung wird durch die Verordnung zur Durch­führung von Vorschriften des gemeinschaftlichen Lebensmittelhygienerechts vom 8. August 2007 (Kap. VII, Art. 23, 4) aufgehoben. Folgende Rechtsnormen des Lebensmittelhygienerechts treten dafür in Kraft:

 

 EG-Verordnung 852/2004 über Lebensmittelhygiene.

 

 EG-Verordnung 853/2004 mit speziellen Hygienevorschriften für Lebens- mittel tierischen Ursprungs.

 

Zu den Neuregelungen gehört beispielsweise neben der Verpflichtung zur Regist­rierung aller Lebensmittelbetriebe, die Einbeziehung der Primärproduktion in das Hygienerecht (VO 852/2004, Kap. I, Art. 1). Außerdem müssen ab 2006 alle Lebensmittelunternehmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung ein HACCP-Konzept einschließlich Dokumentation vorlegen können. Die Primärproduktion stellt bisher hiervon noch eine Ausnahme dar. Allerdings sind für nachgelagerte Stufen der Primärproduktion Verfahren auf der Basis des HACCP-Konzepts obligatorisch vorgeschrieben (Kobelt; Sanwidi 2007: 9). Aufgrund der Bedeutung der hoheit­lichen Qualitätssicherung durch das HACCP-Konzept für Kreislaufanlagen und vor allem Anlagen mit einer Weiterverarbeitung an Ort und Stelle, wird im folgenden Unterpunkt 3.2 näher auf diesen Sachverhalt eingegangen.

 

Aquatische Erzeugnisse aus Kreislaufanlagen, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, unterliegen dementsprechend nach der Verordnung Nr. 178/2002 (Kapitel I, Artikel 3, 17) als tierisches Erzeugnis auf der Stufe der Primärproduktion den Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes sowie des Lebensmittelhygienerechts und den hierzu erlassenen Verordnungen 852/2004 und 853/2004. Die Umsetzung dieser Vorschriften, die einzelnen Aquakulturanlagen für ihren Betrieb im Rahmen der Verordnungen zur Auflage gemacht werden, wie betriebsinterne Überwachungs­systeme und die Führung von Betriebsbüchern, sind der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzuweisen (RL 2006/88/EG (15)).

 

Um negative Einflüsse auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt von aquatischen Produktionseinheiten zu minimieren, wurden 1995 durch die FAO zusätzlich Richtlinien im Code of Conduct for Responsible Fisheries (Art. 9) für eine nachhaltige Aquakultur festgelegt. Diese Richtlinie definiert neben verschiedenen Problembereichen der Aquakulturentwicklung Grundsätze für eine verantwortungs­bewusste Produktion aquatischer Erzeugnisse. Für eine optimale Fischgesundheit und ein effektives Gesundheitsmanagement wurde durch die OIE (World Organisation for Animal Health) der International Aquatic Animal Health Code (2003) aufgestellt, welcher Leitgedanken zum Gesundheitsmonitoring und zum Medikamenteneinsatz nennt. Diese Handlungsempfehlungen...

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