2 Erarbeitung eines betriebsspezifischen Betreuungsprogramms
A. de Kruif, R. Mansfeld und M. Hoedemaker
2.1 Die vorbereitende Besprechung
Bevor man mit der eigentlichen Betreuung beginnen kann, ist es erforderlich, mit dem Landwirt die Vorgehensweisen bei der Bestandsbetreuung genau zu besprechen und ihn darauf aufmerksam zu machen, dass der Erfolg oder Misserfolg der Betreuungstätigkeit zu mehr als 50% von seiner Mitarbeit abhängt. Die Basis der ITB ist eine intensive Zusammenarbeit zwischen Landwirt und Tierarzt. Außer dem Interesse an der ITB sollte der zu betreuende Betrieb folgende Voraussetzungen erfüllen.
Voraussetzungen, die vom Betreuungsbetrieb erfüllt werden müssen
Der Betrieb muss an der Milchleistungsprüfung (Milchkontrolle) teilnehmen.
Der Betriebsleiter muss zu einer hundertprozentigen Mitarbeit bereit sein (v.a. in den Bereichen Dokumentation, Umsetzung der Beratungsergebnisse, Bereitstellung der zur Untersuchung anstehenden Tiere, regelmäßige Bereitstellung der erforderlichen Daten).
Die Herdengröße sollte mindestens 40 Kühe betragen. (In kleineren Betrieben müssen Kosten und Nutzen der ITB im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden.)
Die Abstände zwischen den Bestandsbesuchen sollten auch in kleinen Herden nicht größer als 4–6 Wochen sein. Sie sind von der Herdengröße und vom vereinbarten Betreuungsprogramm abhängig.
2.2 Feststellung des Status quo
Sind die Voraussetzungen erfüllt, muss zunächst der Status quo in den verschiedenen betreuungsrelevanten Betriebsbereichen (= Kontrollbereiche) mithilfe aller verfügbaren Informationen festgestellt werden. Hierzu ist es sinnvoll, sich einen Erhebungsbogen für den Betrieb anzufertigen (? Abb. 2.1, ? Abb. 2.2, ? Abb. 2.3). Dieser kann sofort ausgefüllt werden oder einige Tage im Betrieb verbleiben, sodass der Betriebsleiter die Informationen in Ruhe zusammentragen kann. Des Weiteren müssen die Stammdaten der im Betrieb vorhandenen Tiere erfasst werden. Dies kann manuell geschehen (? Abb. 2.4) oder, zeitgemäß und weniger arbeitsaufwendig, per Computer. Bei der Datenverarbeitung per Computer unter Nutzung entsprechender Herden-Computerprogramme ist es möglich, Tierstammdaten direkt aus einem im Betrieb befindlichen elektronischen „Kuhplaner“ oder vom zuständigen landwirtschaftlichen Rechenzentrum zu übernehmen. Das Internet bietet hierfür gute Möglichkeiten des Informationstransfers. Vor allem bei größeren Betrieben ist es sehr ratsam, diese zu nutzen. Entsprechendes gilt für die Bewegungsdaten der Tiere. Bei der Status-quo-Bestimmung sind dies in erster Linie Kalbe- und Besamungsdaten, Ergebnisse aktueller Trächtigkeitsuntersuchungen und aktueller gynäkologischer Untersuchungen, Daten zur Milchleistung, Eutergesundheit und Milchqualität. Die für diese Informationen erforderlichen Unterlagen bzw. Daten muss der Landwirt dem betreuenden Tierarzt in geeigneter Form zur Verfügung stellen. Sofern Daten aus einem Rechenzentrum angefordert werden, muss der Landwirt hierfür eine Genehmigung erteilen. Es hat sich bewährt, ein Formblatt bereitzuhalten, das der Landwirt nur zu unterschreiben braucht (? Abb. 2.5). Die Bereitstellung der Daten durch das Rechenzentrum ist in der Regel kostenpflichtig.
Arbeitsblatt
Abb. 2.1 Betriebsdaten-Erhebungsbogen: Bestandsdiagnostik – Milchvieh.
Arbeitsblatt (Fortsetzung)
Abb. 2.2 Betriebsdaten-Erhebungsbogen: Bestandsdiagnostik – Milchvieh.
Arbeitsblatt (Fortsetzung)
Abb. 2.3 Betriebsdaten-Erhebungsbogen: Bestandsdiagnostik – Milchvieh.
Arbeitsblatt
Abb. 2.4 Datenblatt für die manuelle Tierstammdatenaufnahme.
Arbeitsblatt
Abb. 2.5 Vordruck für die Genehmigung der Übermittlung von Daten der Milchleistungsprüfung an den ITB-Tierarzt.
Je nachdem, welche Daten zur Verfügung stehen, kann der Status quo mithilfe einer entsprechenden Auswertung in den einzelnen Betreuungsbereichen einigermaßen exakt bestimmt werden. Dabei ist zu beachten, dass jegliche Fremddaten und mit deren Hilfe berechnete Kennzahlen immer mit äußerster Vorsicht und gesunder Skepsis zu behandeln sind. In jedem Fall ist deren Plausibilität zu prüfen, und vor jeder Bewertung eines Auswertungsergebnisses muss der Betreuer sich sehr genau darüber klar werden, für welche Tiere die jeweiligen Berechnungen überhaupt zutreffen, das heißt für welche Tiere z.B. eine bestimmte Kennzahl berechnet werden kann. Die mittels des verfügbaren Datenmaterials durchgeführte Status-quo-Bestimmung wird durch eine Untersuchung des Bestands in den betreuungsrelevanten Bereichen ergänzt und abgeschlossen. Auf Grundlage der Status-quo-Bestimmung werden in jedem Betreuungsbereich Betriebsziele definiert und anschließend eine Strategie entwickelt, die es ermöglicht, die gesteckten Ziele zu erreichen (? Tab. 2.1). Erst daraus ergibt sich ein betriebsspezifisch bedarfsorientiertes Arbeitsprogramm für die Bestandsbetreuung.
Tab. 2.1 Strategieentwicklung in der Bestandsbetreuung – Beispiel für den Bereich Eutergesundheit.
Entwicklungsschritt | Beispiele |
1. Feststellung des Status quo im Betreuungsbereich | Zellgehalt in der Herdensammelmilch: 290000/ml Anteil Tiere > 200000 Zellen/ml Milch: 24% Kühe mit klinischen Mastitiden: 4%/Monat
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2. Definition von Betriebszielen | Zellgehalt in der Herdensammelmilch: < 150000/ml Anteil Tiere > 200000 Zellen/ml Milch: < 15% Kühe mit klinischen Mastitiden: ? 2%/Monat
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3. Arbeitsergebnisse, die erbracht werden müssen, um das Betriebsziel zu erreichen | Mastitis-Bestandsdiagnostik, Umsetzung eines Sanierungskonzepts optimierte Melkarbeit und Melkhygiene striktes Einhalten einer Melkreihenfolge mängelfreie Melktechnik optimierte Fütterung inkl. Wasserversorgung optimierte Haltungsbedingungen, v.a. Qualität und Hygienebedingungen der Liegeflächen optimiertes Trockenstellen und Trockensteher-Management optimierte Dokumentation zur Eutergesundheit Orientierung und Korrekturen auf Basis periodischer Datenauswertungen bzgl. Eutergesundheit
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4. Für das Erreichen der Arbeitsergebnisse erforderliche Einzelaktivitäten | |