Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Ethnologie / Volkskunde, Note: 2,0, Universität Duisburg-Essen, 13 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Gestalt des 'edlen Wilden' fungiert Erdheim zur Folge als eine leitende Idee, 'mit deren Hilfe die Vielfalt der Informationen über die eigene und die fremden Kulturen in je verschiedene strukturierte Zusammenhänge gebracht werden können' und insofern immer in enger Wechselbeziehung zur Selbstreflexion steht: Einerseits können anhand dieser Idee die eigenen Werte und Normen in Frage gestellt werden und andererseits ist sie Grund, die diese Infragestellung erst möglich macht.
Diese Grundannahmen können als 'roter Faden' jener Autoren gelten, mit denen sich diese Arbeit auseinander zu setzten hat, denn diese reflektieren den als verfälscht angesehen Zustand der eigenen Kultur anhand der angeblich sorgenfreien Lebensweise der indianischen Völker. In seinem um 1580 entstandenen Essay 'Von den Cannibalen' versucht Michel de Montaigne, durch die Idealisierung der indianischen Lebensweise die eigene kulturelle Position in Frage zu stellen. Montaigne vertritt im Wesentlichen die These, dass die kindliche Unschuld der Eingeborenen den Keim einer unverdorbenen Vitalität in sich birgt und das sich die Europäer von den Ursprüngen reinen Menschentums entfernen. Anders als Montaigne, der nie die 'neue Welt' betreten hat, kann die umfangreiche Aufzeichnung 'Neueste Reisen nach dem mitternächtlichen Amerika' des Barons Louis- Armand de Lahontan aus dem Jahr 1705 als weitgehend authentisches Zeitzeugnis gelten, denn der Autor selbst hat mehrere Jahre mit kanadischen Einheimischen Kontakt gehabt. Lahontan nutzt diese Erfahrungen, um die eigene Gesellschaft umso heftiger zu kritisieren. In seinen fiktiven Dialog 'Gespräche mit einem Wilden' schlüpft Lahontan in die Rolle eines Verteidigers der europäischen Kultur, während sein Gegenspieler, der Hurone Adario die europäische Zivilisation als unbegreifliche Verirrung empfindet.
Die Konfrontation zwischen dem Eingeborenen und dem Zivilisierten findet seinen Höhepunkt in Jean- Jacques Rousseaus 'Diskurs über die Ungleichheit' aus dem Jahr 1754. Was dieses Buch so interessant macht ist die Vorstellung Rousseaus eines selbst unter Indianern längst verlorenen Naturzustandes, welcher sich dadurch auszeichnet, dass die Menschen ohne die Kenntnis von Gut und Böse eine sorglose Existenz führen. Erst mit dem Eintritt des Menschen in die Gesellschaft gewinnt das Problem der sozialen Ungleichheit an Schärfe.
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