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Der Aufstieg der NSDAP in Mecklenburg-Schwerin im Jahr 1932

AutorSusanne Glimm
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl86 Seiten
ISBN9783638042437
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Gesch. Europa - Deutschland - I. Weltkrieg, Weimarer Republik, Note: 2,7, Universität Rostock (Historisches Institut), 78 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Der erste Teil der Arbeit dient der Darstellung der politischen Ereignisse der Weimarer Republik aus dem Jahr 1932. Das Phänomen der Präsidialkabinette und der Umstände aus denen sie entstanden sind, spielt hierbei eine große Rolle. Woran scheiterte das Präsidialkabinett Brüning, welches sich, im Gegensatz zu den zwei folgenden Kabinetten, noch auf den Rückhalt des Parlaments stützen konnte? Was waren die Besonderheiten des Kabinetts von Papen? Warum war das Kabinett von Schleicher, welches die nationalsozialistische Gefahr, die von einer Einbeziehung der NSDAP in die Regierung ausging, doch noch erkannte, am Ende nicht erfolgreich? Im zweiten Teil der Arbeit wird die Geschichte der NSDAP in Mecklenburg thematisiert. Dabei spielen die Vorläufer der Partei ebenso eine große Rolle wie ihre schnelle Ausbreitung. Nach der Neugründung der Hitlerpartei im Jahre 1925 erfolgt die rasche Festigung der NSDAP in Mecklenburg vor allem durch das Wirken einer bestimmten Persönlichkeit: Friedrich Hildebrandt. Seit 1925 von Hitler beauftragter Gauleiter von Mecklenburg-Lübeck, war Hildebrandt untrennbar verbunden mit der Geschichte und vor allem mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten in dieser Region. Einen Punkt im zweiten Teil der Arbeit bildet die Beschreibung der Person Hildebrandts. Welchen Anteil hatte er am Aufstieg der NSDAP in Mecklenburg? Wie stand die Parteiführung in München zu ihm? Wie wird Friedrich Hildebrandt in der Forschung charakterisiert und mit welchen Mitteln erfolgte die Durchsetzung seiner Politik? Den dritten Schwerpunkt bildet die Zäsur vom 5. Juni 1932. Die NSDAP erlangte bei diesen Wahlen die absolute Mehrheit und bildete allein die Regierung in Mecklenburg-Schwerin. Wie sah die politische Arbeit der nationalsozialistischen Fraktion im Landtag aus und wie verhielten sich die anderen Parteien? Die bürgerkriegsähnlichen Zustände auf den Straßen Mecklenburgs im Jahr 1932 werden im letzten Kapitel beschrieben. Zusammenfassend werden noch einmal die Besonderheiten des Aufstiegs der NSDAP für die Region Mecklenburg-Schwerin herausgearbeitet. Die reichs- und landesweiten Entwicklungen ihres Aufstiegs werden im Hinblick auf Kontinuitäten und Brüche verglichen. Abschließend wird versucht werden, die Frage zu beantworten, warum die anderen politischen Parteien in Mecklenburg-Schwerin so frühzeitig versagten.

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Leseprobe

3. Das Jahr 1932


 

3.1. Das zweite Kabinett Brüning


 

Mit Reichskanzler Heinrich Brüning brach die Zeit der Präsidialkabinette in der Weimarer Republik an. Nachdem die Große Koalition unter Reichskanzler Herrmann Müller auseinander gebrochen war, wurde Brüning am 28. März 1930 von Reichspräsident Paul von Hindenburg damit beauftragt, ein solches Kabinett zu bilden. Allerdings war die Bedingung, dass Brüning sich bei der Zusammenstellung des Präsidialkabinetts möglichst weit nach rechts orientieren sollte, um so die größte Fraktion im Reichstag, die SPD, auszuschalten. Am 30. März 1930 wurde das Kabinett vorgestellt. Es bestand fast ausschließlich aus Politikern der bürgerlichen Parteien. Erste Amtshandlungen des neuen Reichskanzlers waren die Auflösung des Reichstags auf und das Erlassen von Gesetzen mit Hilfe von Notverordnungen[17]. Zum ersten Mal in der Geschichte der Weimarer Republik wurde im Juli 1930 ein Gesetzentwurf, der vom Parlament abgelehnt wurde, als Notverordnung durchgesetzt. Als der Antrag auf Aufhebung der Notverordnung im Reichstag die erforderliche Mehrheit fand, löste Brüning den Reichstag auf und setzte Neuwahlen an. Die durch den Reichstag aufgehobene Notverordnung wurde einige Tage später in härterer Form erlassen[18].

 

Im Juli 1930 verlor das Kabinett des Zentrumspolitikers Brüning seine parlamentarische Mehrheit. Hinter dem Reichskanzler standen nur noch die Parteien der Mitte und der gemäßigten Rechten. Um die Mehrheit des Reichstags wieder zu erlangen, bedurfte es entweder der Tolerierung des Kabinetts durch die NSDAP oder durch die SPD. Das Regierungslager, einschließlich der Reichswehr, empfand die Tolerierung durch die SPD als kleineres Übel. Die Sozialdemokraten selbst konnten nur so eine Regierungsbeteiligung der Nationalsozialisten verhindern. So kam die Tolerierungspolitik der SPD gegenüber dem Präsidialkabinett Brüning zustande[19].

 

Wie stand der Reichskanzler Brüning zur NSDAP und zu ihrem unaufhaltsamen Machtzuwachs seit 1930?

 

Bei der Reichstagswahl vom 14. September 1930 gewann die NSDAP 107 Sitze im Parlament. Vor der Wahl hatte die Partei über nur 12 Mandate verfügt. Ein enormer Aufwärtstrend setzte ein. Brüning war es wichtig, die KPD und die NSDAP als extreme Parteien gleichartig zu bewerten[20]. Eine Regierungsbeteiligung der Nationalsozialisten schloss Brüning aber auf lange Sicht nicht aus. Dieser Fakt wäre im Hinblick auf die KPD nicht in Frage gekommen. So erfuhr die NSDAP durch Brüning einige Zugeständnisse, wie z.B. die Zurückhaltung des Kanzlers gegenüber Wilhelm Frick in Thüringen[21]. Auch einige Beamtenfragen wurden im Sinne der NSDAP gelöst und es wurden sogar Verhandlungen mit Adolf Hitler, dem „Führer“ der nationalsozialistischen Bewegung, aufgenommen. Einen entscheidenden Fehler beging Heinrich Brüning aber, als er den Fund der so genannten „Boxheimer Dokumente“[22] im November 1931 nicht Ernst genug nehmen wollte[23]. Es wurde zwar eine gerichtliche Voruntersuchung veranlasst, aber der Oberreichsanwalt, der von Brüning beeinflusst wurde, spielte die Angelegenheit herunter. Auch die Anzeige gegen den Verfasser der Dokumente wegen Hochverrats vom 30. November 1931 verlief im Sande. Brünings Intention für sein Handeln war, die Gespräche für eine Regierungsbildung in Hessen zwischen der NSDAP und dem Zentrum nicht zu stören[24]. Brüning lag einiges daran, dass eine schwarz-braune Koalition in Hessen zustande kam, denn sein Plan war, die NSDAP zuerst auf Länderebene und dann auf Reichsebene unter bürgerlicher Kontrolle in die Regierung einzubinden[25]. Vielleicht wurde auch aus diesem Grund das gewaltsame Treiben einiger Anhänger der NSDAP auf den Straßen von der Regierung ignoriert. Außerdem sah Brüning in Hitler ein geeignetes Gegengewicht zur KPD. Seine Zielvorstellung war eine Reichsregierung bestehend aus Zentrum und NSDAP. Damit wäre nicht nur seine Partei, das Zentrum, weiterhin an der Macht, sondern die Überwachung der Legalität durch die bürgerliche Partei bei der Machtausübung der Nationalsozialisten wäre so gesichert[26]. Brüning sah die Situation wie der Großteil des konservativen Bürgertums: „Der Führer der NSDAP galt als Patriot und Idealist, seine Partei als eine ungebärdige, aber überwiegend gutwillige Masse, die durch Mitverantwortung diszipliniert werden konnte.“[27]

 

In diesem Sinne, aber auch aus reichspolitischen Gründen, erfolgte bei der Umbildung des Kabinetts Brüning im Oktober 1931 eine deutliche Kurskorrektur nach rechts. Der Reichskanzler strebte eine Revision des Versailler Vertrags vom 28. Juni 1919 vor allem in Hinblick auf militärische Gesichtspunkte an. Weiterhin plante er einen konservativen Umbau der Weimarer Verfassung, der sogar bis zur Wiederherstellung der Hohenzollernmonarchie gehen sollte. Die Regierungsgewalt sollte zu diesem Zweck erheblich auf Kosten des Reichstags gestärkt werden[28]. In personellen Fragen ergaben sich einige Änderungen im Kabinett. Der Reichskanzler selbst übernahm nun auch das Außenministerium. Der vorherige Minister Julius Curtius wurde entlassen. Der Reichswehrminister Wilhelm Groener wurde nun zusätzlich Innenminister. Auch sein Vorgänger musste gehen. Das zweite Kabinett Brüning war gekennzeichnet durch auffallend wenige Parteipolitiker; die Distanz zum Reichstag vergrößerte sich. Misstrauensanträge gegen das Präsidialkabinett konnten nur abgewendet werden, weil die SPD gegen die Annahme stimmte[29].

 

3.2. Brünings Sturz


 

Konnte sich das zweite Kabinett des Zentrumspolitikers zum Ende des Jahres 1931 noch der Unterstützung durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg sicher sein, so begann dessen Vertrauen im Frühjahr 1932 deutlich zu schwinden. Der Ausgangspunkt hierfür ist wohl in den Vorbereitungen für die Reichspräsidentenwahl im März desselben Jahres zu suchen. Während Hindenburg hoffte, sich ohne Gegenkandidaten dem Volk stellen zu können und von diesem im Amt bestätigt zu werden, plante Brüning die Wahl zu verschieben. Damit beabsichtigte er, Hindenburgs und seine eigene Amtszeit zu verlängern. Allerdings vereitelten Hitler und Alfred Hugenberg (DNVP) dieses Vorhaben[30]. Demnach gestaltete sich die Wahlkonstellation wie folgt: Die NSDAP stellte ihren Kandidaten Adolf Hitler, die KPD schickte Ernst Thälmann ins Rennen, für die DNVP und den „Stahlhelm“ war Theodor Duesterberg der Kandidat. Die nationale Opposition ging durch zwei Kandidaten gespalten in die Wahl[31]. Die SPD sah sich vor der seltsamen Situation, dass sie, um Hitler zu verhindern, den konservativen Kandidaten Hindenburg unterstützen musste.

 

Im ersten Wahlgang am 13. März 1932 verfehlte Hindenburg mit 49,2% der Wählerstimmen nur knapp die absolute Mehrheit. Er verlor viele Stimmen bei seinen Stammwählern, während er bei seinen früheren Gegnern dazu gewann[32]. Diese Tatsache sollte nicht spurlos an dem greisen Feldmarschall vorübergehen.

 

Die Zeit bis zum zweiten Wahlgang war gekennzeichnet durch ein härteres Vorgehen des Innenministeriums gegen die Aktivitäten von NSDAP und SA. Auf Drängen von einigen republikanischen Beamten und Drohungen von zahlreichen Ländern[33], wurden am 17. März Geschäftsstellen von SA und NSDAP durchsucht. Man fand heraus, dass die Sturmabteilung für einen gewaltsamen Umsturz am Wahltag gerüstet war[34]. Weiterhin machten die Durchsuchungen deutlich, dass sich bereits Spitzel genau über die Gliederung, Stärke und Ausrüstung der Reichspolizei informiert hatten; es wurde ein Generalmobilmachungsplan gefunden sowie die Richtlinien für den Aufbau eines Nachrichtendienstes. Brüning und Groener waren sich einig: die SA musste verboten werden[35]. Die „Hochverräterischen Umtriebe der Nationalsozialisten“[36] führten zu einem ersten Entwurf der Notverordnung für ein SA-Verbot. „Die Entscheidung für das SA-Verbot war ein später Versuch staatlicher Selbstbehauptung“[37].

 

Im zweiten Wahlgang erzielte Hindenburg 53% der Stimmen und somit die absolute Mehrheit. Dagegen erhielt Hitler 36,8% (6,7% mehr als im ersten Wahlgang) und Thälmann 10,2% (3% weniger). Duesterberg trat im zweiten Wahlgang aufgrund seines schlechten Abschneidens bei der ersten Wahl nicht mehr an. Konkret sah es so aus, dass Hindenburg noch einmal 700.000 Stimmen mehr für sich verbuchen konnte; Hitler jedoch gewann im zweiten Wahlgang zwei Millionen Stimmen hinzu[38].

 

Gründe für Brünings Sturz waren sowohl im Zustandekommen von Hindenburgs Sieg als auch im SA-Verbot zu suchen. Dass der Reichspräsident vornehmlich mit Hilfe von sozialdemokratischen Stimmen gewonnen hatte, hinterließ Spuren. Weiterhin planten General Kurt von Schleicher und Oskar von Hindenburg im Hintergrund eine Offensive gegen das am 13. April 1932 erlassene SA-Verbot[39]. Aber diese Aktivitäten mit Intrigenausmaß gingen noch weiter. So beabsichtigte...

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