Die Frauenbewegung und die Geschlechterforschung beschäftigen sich seit den 1980er Jahren mit den Massenmedien. Die ForscherInnen gehen davon aus, dass ein kultureller und sozialer Wandel der Geschlechterverhältnisse hinsichtlich ihrer Gleichberechtigung nur dadurch herbeigeführt werden kann, dass Frauen in den Medien angemessen repräsentiert und nicht länger auf traditionelle geschlechts-stereotype Weise dargestellt werden (vgl. Klaus 1998).
Die Medien dienten schon seit jeher mal mehr und mal weniger offensichtlich als Propagandainstrumente. Bilder, also komplexe Zeichen mit ikonischen, indexikalischen und symbolischen Qualitäten, wirken direkt, unmittelbar, unbewusst und emotional (vgl. Mühlen Achs 1995, S.22).
Die Ursache für die Ungleichbehandlung von Frauen im Vergleich zu Männern in den Medien (vgl. Küchenhoff 1975; Weiderer 1993) ist laut Mühlen Achs (1995) der eklatante Frauenmangel bzw. das Fehlen von Frauen in einflussreichen und programmbestimmenden Positionen innerhalb der Medienbetriebe. Nach wie vor sind die entscheidungstragenden Positionen von Fernsehsendungen und Filmproduktionen überproportional mit Männern besetzt, die das Bild der Frau in den Medien nach ihren Ansichten aus ihrer männlichen Perspektive gestalten (vgl. Götz 2006, S.7). „Vor diesem Hintergrund erweist sich das mediale Bild der Frau genaugenommen nur als das Bild des Mannes von der Frau. Als solches reflektiert es weder konkrete Lebensrealitäten von Frauen noch genuin weibliche Bedürfnisse, Wünsche, Obsessionen, sondern dient als Projektionsfläche für vielfältige Vorstellungen und Bedürfnisse des einen Geschlechts in bezug auf das andere.“ (Mühlen Achs 1996, S.4) Das mediale Bild der Frau ist demnach nur ein Konstrukt und entspringt der Vorstellung derjenigen, die Drehbücher schreiben, Schauspieler casten und Regie führen (vgl. Velte 1995, S.181). Generell gilt, dass das Fernsehen Männer mehr über ihre Aktivitäten definiert und im Kontrast dazu Frauen über ihr Aussehen (Lemish 2006, S.10).
Das Forschungsinteresse im deutschen Raum liegt auf der Beschreibung sexistischer Darstellungsmuster in den Medien. Sexismus wird laut Mühlen Achs definiert als „ein Muster mehr oder weniger subtiler Benachteiligungen bzw. der Unterdrückung von Frauen und Fraueninteressen, die allein ihrer Geschlechts-zugehörigkeit zuzuschreiben ist. Ein mediales Frauenbild kann dann als sexistisch bezeichnet werden, wenn es Vorstellungen von der ‚Besonderheit’, der ‚Minderwertigkeit’ und der ‚Bedeutungslosigkeit’ von Frauen konstruiert, bestätigt und weitertransportiert“ (Mühlen Achs 1995, S.16).
Im Folgenden sollen einige ausgewählte wichtige Studien aus dem deutschen und internationalen Raum dargestellt werden, die sich mit dem medialen Frauenbild der letzten 30 Jahre befasst haben.
Im Jahre 1975 – dem ‚Jahr der Frau’ – veröffentlicht Erich Küchenhoff eine Studie über „Die Darstellung der Frau und die Behandlung von Frauenfragen in der medienspezifischen Wirklichkeit des Deutschen Fernsehens“. Hierfür wird eine sechswöchige Programmbeobachtung von ARD und ZDF in den Kategorien Fiktion, Quiz und Show, Non-Fiktion und Nachrichten durchgeführt und ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass Frauen im Programm des deutschen Fernsehens quantitativ erheblich unterrepräsentiert sind, obwohl sie etwa 50 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen (vgl. Mühlen Achs 1995, S.16), und nur wenige haben wichtige Funktionen inne. Ihr Verhältnis zu Männern liegt bei 1:3. Die Autoren stellen weiterhin fest, dass Frauen stereotyp dargestellt und einseitig auf äußerliche Attraktivitätsmerkmale festgelegt werden, wie Schönheit, Jugendlichkeit, Schlankheit. Die Berufstätigkeit als relevantes Kriterium weiblicher Lebensläufe spielt keine Rolle. Es werden im Prinzip nur zwei Arten von Frauen (Leitbildern) dargestellt: einerseits die junge, schöne, unabhängige Frau auf der Suche nach einer heterosexuellen Beziehung, andererseits die Hausfrau und Mutter ohne Sexappeal.
Frauen besitzen keine Handlungsrelevanz. Im fiktiven Bereich sind sie auf Nebenrollen festgelegt, sie sind schön und haben viel Zeit, im Quiz- und Showbereich übernehmen sie die Funktion der Assistentin, im Non-Fiktion-Bereich bleiben ihre Aufgaben auf Programmansagen beschränkt. „Das Fernsehen stellt also in diesem Untersuchungsbereich die agierenden Frauen in eine Wirklichkeit, die gekennzeichnet ist durch die Ferne von der Welt der Arbeit, der Politik, durch zeitliche und materielle Unabhängigkeit und durch ein hohes Maß an Abenteuer und Abwechslung aller Art – also eine Wirklichkeit, die im Gegensatz zur realen, in der Regel durch familiäre und berufliche Zwänge geprägten Situation von Frauen steht.“ (Küchenhoff 1975, S.96)
3.2 Tuchman: Verbannung der Frau in die symbolische Nichtexistenz
Drei Jahre später, 1978, veröffentlicht die amerikanische Wissenschaftlerin Gaye Tuchman ihre Studie zum Frauenbild in den US-amerikanischen Medien unter dem Titel „The symbolic annihilation of women by the mass media“. Tuchman stellt fest, dass die Massenmedien die Frauen in die symbolische Nichtexistenz verdrängen und die Vielfalt ihrer Lebensentwürfe trivialisieren (vgl. Tuchman 1980, S.13). Die Ideen und Ideale der Gesellschaft werden in den Medien nicht getreu abgebildet, sondern auf ihren symbolischen Charakter minimiert. Die Massen-medien verbreiten Mitte der 1970er Jahre rigide Geschlechtsstereotypisierungen, nach denen der Frau das Heim und dem Mann die Welt gehören. Frauen werden in den Medien auf nur wenige Rollen festgelegt, die ihnen unabhängig von Mann und Kind keine eigenständigen Entwicklungsmöglichkeiten zugestehen. Im Gegensatz zu den Männern sind Frauen im Fernsehen überwiegend verheiratet oder stehen kurz vor der Hochzeit. Nur in ihren traditionellen, familiären Rollen finden sie in den Massenmedien Sympathie (vgl. ebd., S.18). Alleinstehende und erwerbstätige Frauen werden in einem negativen Kontext gezeigt: Erwerbstätige Frauen zeichnen sich durch ihre berufliche Unfähigkeit aus und alleinstehende Frauen werden das bevorzugte Opfer von Gewaltverbrechen. „Seifenopern belegen noch deutlicher, dass Frauen als inkompetent und unterlegen dargestellt werden.“ (ebd., S.17) Die Studie legt nahe, dass das Problem der Stereotypisierung der Geschlechter ein quantitatives sei, das sich durch eine vermehrte Darstellung von Frauenbildern lösen ließe. Tuchman ist der Meinung, dass sich bei einem Anstieg weiblicher Fernsehauftritte durch berufstätige Frauen die Geschlechtsidentität der Zuschauerinnen hinsichtlich dieser Vorbilder verändern würde (vgl. Wiegard 1999, S.47).
1983 erscheint eine Untersuchung der österreicherischen Wissenschaftlerin Christine Leinfellner zum „Bild der Frau im TV“. Sie führt eine zweiwöchige, inhaltsanalytische Untersuchung des österreichischen Privatfernsehsenders TV1 durch. Dabei unterscheidet sie zwischen den Segmenten Fiktion, Non-Fiktion und Quiz/Show. Im Fiktion-Bereich kommt sie zu folgenden Ergebnissen (vgl. Leinfellner 1983, S.99ff.): Die Frau ist im Privatfernsehprogramm eindeutig unterrepräsentiert. Bei den Hauptrollen kommt sie nur halb so oft zum Zug wie der Mann (1:2), bei den Nebenrollen ist die Verteilung 40 Prozent (Frau) zu 60 Prozent (Mann). Leinfeller stellt fest, dass Männer viel eher alt, unattraktiv und nachlässiger sein dürfen als Frauen. Bei den Charaktereigenschaften überwiegen nach wie vor die geschlechtsspezifischen Klischees. Männer werden in ihren Rollen als aktiv dargestellt und mit mehr Begabung ausgestattet, Frauen hingegen sind passiv und weniger intelligent. Auch wird der Beruf der Frau seltener thematisiert als der des Mannes. Frauen erfahren durch ihre Männer keine berufliche Förderung, während umgekehrt Männer zu 40 Prozent von ihren Frauen unterstützt werden. Der weibliche Kommunikationsradius beschränkt sich auf die Themen Liebe und Partnerschaft, Familie und Kinder, während das männliche Themenarsenal viel breiter gefächert ist. „Diese Untersuchungsergebnisse zeigen deutlich, dass die Fiktion-Sendungen zwar für Männer und Frauen gemacht wurden, aber fast ausschließlich von Männern. Sie spiegeln die traditionelle Rollenverteilung einer patriarchalischen Gesellschaft wider und vernachlässigen den Part der Frau.“ (ebd., S.100f.)
Monika Weiderer, Pädagogin und Psychologin, untersucht das Frauen- und Männerbild im Deutschen Fernsehen und unterzieht die Programme der Sender ARD, ZDF und RTLplus einer inhaltsanalytischen Untersuchung. Sie beobachtet drei Wochen lang die einzelnen Sendungen der TV-Anstalten (ohne Spielfilme, Familienserien und Kindersendungen) und orientiert sich dabei methodisch eng an der Küchenhoff-Studie. In ihrer umfangreichen Auswertung von 1993 kann Weiderer eine quantitative Unterrepräsentanz von Frauenfiguren aufzeigen (vgl. Mühlen Achs 1995, S.17): Bei Sendungen mit Spielhandlungen ist die Verteilung der Geschlechter zu einem Drittel weiblich und zu zwei Dritteln männlich. Bei Quiz und Shows liegt das Verhältnis...