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Der Todesengel und seine Kollegen: Josef Mengeles Zusammenarbeit mit dem Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin

AutorPetra Fischbäck
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl55 Seiten
ISBN9783863417468
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Josef Mengele ist zu einer weltweit bekannten Symbolfigur für die Menschenversuche im Dritten Reich geworden. Oft wird allerdings der Eindruck erweckt, Mengele habe wahllos Eingriffe an Häftlingen vorgenommen, die jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrten. Dabei wird übersehen, dass Mengele in Kontakt mit Wissenschaftlern außerhalb des Lagers stand und teilweise in deren Auftrag handelte. Die vorliegende Arbeit untersucht diese Zusammenhänge. Es ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, Mengeles Versuche und seine Zusammenarbeit mit dem KWI zu rekonstruieren, da nahezu der gesamte Schriftverkehr hierzu vernichtet worden ist. Neben einem zufälligen Verlust von Dokumenten durch den Krieg wurde Korrespondenz auch gezielt zerstört. Erst durch die Einbeziehung von Zeugenaussagen und Sekundärquellen ergibt sich schließlich ein Gesamtbild. Die vorliegende Arbeit fasst zunächst Mengeles Lebensweg zusammen, um so den vielen legendenhaften Darstellungen, die sich in den Medien zu seiner Person finden, eine Rekonstruktion der Fakten entgegenzusetzen. Auch die Entwicklung des Kaiser-Wilhelm-Instituts, die Entstehung der neuen akademischen Fächer 'Rassenkunde' und 'Eugenik' sowie die Rolle von Mengeles Doktorvater Otmar von Verschuer werden kurz betrachtet. Mengeles Versuche in Auschwitz werden im Hauptteil der Arbeit systematisch dargestellt: Zwillingsversuche, die Projekte 'Spezifische Eiweißkörper', 'Tuberkulose' und 'Augenfarbe'. Mengele nahm auch Versuche vor, die wohl seiner eigenen Weiterbildung dienen sollten, und sammelte körperliche Anomalien. Wo immer sich aus den Quellen Hinweise auf eine Zusammenarbeit mit dem KWI ergeben, werden diese hier genannt. Auch die Frage nach den Ergebnissen von Mengeles Versuchen wird behandelt. Eine Arbeit über den oben genannten Themenkomplex erfordert es, Verbrechen zu beschreiben. Dies wurde allerdings nur in dem Maß getan, in dem es für die Arbeit nötig erschien, um den Leser nicht unnötig zu belasten. Es wurde hierbei eine sachliche, medizinische Terminologie verwendet.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 4, Entwicklung der 'Rassenkunde' und Eugenik: Die Eugenik, d.h. die Verbindung von Genetik und Bevölkerungspolitik mit dem Ziel, das genetische Potential der Bevölkerung zu verbessern, wurde von Sir Francis Galton Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Man unterscheidet hier zwischen der gezielten Förderung wünschenswerter Eigenschaften (positive Eugenik) und einer Bekämpfung unerwünschter Eigenschaften (negative Eugenik). Zu diesen unerwünschten Eigenschaften gehören auch erblich bedingte Krankheiten. Die positive Eugenik fand zunächst vor allem in den angelsächsischen Ländern Anklang. In Deutschland gab es zwar nach dem Ersten Weltkrieg ebenfalls eine eugenische Bewegung, diese konnte ihre Ziele jedoch zunächst noch nicht durchsetzen. Ein Gesetzesvorschlag, der eine eugenische Indikation für Sterilisationen und Abtreibungen ablehnte, führte 1918 im Reichstag zu einer heftigen Debatte. Zwar konnte dieses Gesetz letztendlich nicht verabschiedet werden, die lebhafte Diskussion zeigt jedoch, dass eugenische Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt noch umstritten waren. Diese anfängliche Skepsis der Eugenik gegenüber wurde mit der christlichen Ethik begründet. Auch ein befürchteter Geburtenrückgang durch eugenische Maßnahmen spielte hierbei eine Rolle, denn durch den Ersten Weltkrieg war die Zahl der Geburten ohnehin bereits zurückgegangen. Der Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, Adolf von Harnack, forderte jedoch 1926 die Gründung eines Zentrums für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Deutschland, was er damit begründete, dass es in Schweden, Großbritannien und den USA bereits ähnliche Einrichtungen gab, die es zu übertreffen galt. Dieses neu zu gründende Institut sollte der Leitung Eugen Fischers unterstehen. Der Anthropologe und Mediziner Fischer war an der Vererbung spezifischer 'Rassenmerkmale' beim Menschen interessiert. Er hatte daher eine Forschungsreise in die damalige Kolonie Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) unternommen, um dort die 'Rehobother Bastards' zu untersuchen. 1913 hatte Fischer ein Buch über diese Nachkommen europäischer Väter und afrikanischer Mütter veröffentlicht. In seiner weiteren Forschung beschäftige sich Fischer mit Verbindungen von Juden und Nichtjuden. Er forderte, die menschliche Fortpflanzung gesetzlich zu regeln, um für eine 'reine Vererbungslinie' zu sorgen. Derartige Gedanken wurden mit den Nürnberger Gesetzen 1935 ja tatsächlich geltendes Recht; Fischer kann also nicht nur als Vertreter, sondern sogar als Mitbegründer der NS-Ideologie angesehen werden. Fischer war nicht nur als Institutsleiter in der Öffentlichkeit präsent, sondern er war auch einer der Autoren des zweibändigen Werkes 'Grundriß der menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene'. Dieses wurde im Fach 'Rassenhygiene', seit 1935 Bestandteil des Medizinstudiums und seit 1939 Pflichtfach, als Lehrbuch verwendet. Auch von Verschuers 'Leitfaden der Rassenhygiene' gehörte zum Lehrmaterial. Eugenik wurde nach der Machtübernahme der Nazis in Deutschland allerdings nicht nur gelehrt, sondern auch praktisch umgesetzt. Der Schwerpunkt lag hier, anders als in den angelsächsischen Ländern, vor allem auf der negativen Eugenik. Der Gedanke, Krankheiten und Behinderungen auf bevölkerungspolitischem Weg bekämpfen zu können, war letztendlich die Ursache für Zwangssterilisationen Behinderter oder deren Tötung in der 'T4-Aktion'. Die Tatsache, dass sich auch ein angesehenes wissenschaftliches Institut wie das KWI mit Eugenik befasste, verlieh diesen Tötungsaktionen einen wissenschaftlichen Anstrich.
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