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Verschiedene Typen von Familienpolitik und ihre Wirkung auf das Geburtenverhalten

AutorClaudia Peters
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl117 Seiten
ISBN9783638682626
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Soziologie - Familie, Frauen, Männer, Sexualität, Geschlechter, Note: 1,6, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 89 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Es wird untersucht, ob die verschiedenen Typen von Familienpolitik, die sich in Westeuropa erkennen lassen, eine jeweils unterschiedliche Wirkung auf das Geburtenverhalten bzw. die Fertilität haben und, falls ja, wie diese unterschiedlichen Wirkungen aussehen und entstehen. Oder, ob die Familienpolitik letztlich keine großen Unterschiede im Geburtenverhalten bewirkt und bewirken kann.

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Leseprobe

2 Die Entwicklung des Geburtenverhaltens in Westeuropa


 

In diesem Kapitel werden das Geburtenverhalten in Westeuropa und dessen Bestimmungsgründe dargestellt.

 

In allen Ländern Westeuropas hat während der letzten 100 Jahre eine ähnliche Entwicklung stattgefunden.

 

Nach einer kurzen Einführung in Begriff (2.1) und Kennziffern der Fertilität (2.2) wird diese Entwicklung des Geburtenverhaltens nachgezeichnet (2.3).

 

Die Literatur hinsichtlich der Ursachen und Bestimmungsfaktoren dieses spezifischen Geburtenverhaltens ist zahlreich und fast unübersehbar. Hier werden die wichtigsten und meistgenannten Ursachen und Faktoren dargestellt und erläutert (2.4).

 

Die Betrachtung der Bestimmungsfaktoren spielt hier insofern eine wichtige Rolle, als dass aus ihr abgeleitet werden kann, welche Faktoren zur Geburtenbeschränkung überhaupt der politischen Beeinflussung zugänglich sind und wo demzufolge mögliche Ansatz- bzw. Einwirkpunkte von Familienpolitik bestehen.

 

2.1 Begriffsbestimmung „Fertilität“ und „Generatives Verhalten“


 

Zur Beschreibung des Geburtenverhaltens werden in der Bevölkerungs- und Familienwissenschaft die Begriffe Fertilität und Generatives Verhalten verwendet.

 

In der wissenschaftlichen Sprache hat sich der lateinische Begriff Fertilität gegenüber der deutschen Bezeichnung Fruchtbarkeit durchgesetzt, da letztere im allgemeinen Sprachgebrauch oft die biologische Fruchtbarkeit einer Frau, die Fecundität, bedeutet (vgl. Höpflinger 1997:47)  

 

Unter dem Begriff Fertilität wird hingegen „das Resultat eines Prozesses der Nachwuchserzeugung oder Nachwuchsbeschränkung“ (ebd.) verstanden.

 

Fertilität kann auf zwei Ebenen erfasst werden. Zum einen lässt sie sich auf einer aggregierten Ebene erfassen, indem zum Beispiel das Geburtenniveau verschiedener Länder miteinander verglichen wird. Zum anderen kann Fertilität auf der Individualebene analysiert werden, wo sich das Geburtenverhalten von Frauen bzw. Paaren beobachten lässt (vgl. ebd.).

 

Dieses Geburtenverhalten, als Ergebnis einer vielfältigen Kombination von Verhaltensweisen und Unterlassungen, wird seit seiner Einführung durch Mackenroth (1953) unter dem Begriff des Generativen Verhaltens gefasst.

 

Höpflinger (1997:47) definiert dieses wie folgt: „Generatives Verhalten bezieht sich sowohl auf jene Handlungen, die direkt auf Fortpflanzung abzielen als auch auf Verhaltensweisen, die sich aufschiebend oder einschränkend auf die Fortpflanzung richten.“

 

Die Fertilität einer Bevölkerung wird somit zum einen durch das generative Verhalten von einzelnen Individuen und Paaren bestimmt, zum anderen aber auch durch die Bevölkerungsstruktur. Von Bedeutung sind hier vor allem die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter und die Generationenabstände (vgl. Höpflinger 1997:48).

 

2.2 Kenn- und Messziffern der Fertilität


 

Um die Fertilität einer Bevölkerung in Zahlen fassen zu können, gibt es verschiedene Kenn- und Messziffern. Die gebräuchlichsten von ihnen werden im Folgenden vorgestellt (vgl. BiB 2004:88f; Schmid 1976:166ff; Hauser 1982:123).

 

Die rohe Geburtenziffer (CBR = Crude Birth Rate) berechnet sich durch die Geburtenzahl je 1000 der mittleren Bevölkerung[2] in einem Jahr:

 

 

Nachteil dieser Kennziffer ist allerdings, „dass sie von der Altersstruktur der Bevölkerung beeinflusst ist und die Geburten auf die gesamte Bevölkerung bezogen sind, in der auch die sehr jungen und alten Menschen enthalten sind, die selbst nicht zur Anzahl der Neugeborenen beitragen“ (BiB 2004:88).

 

Um diesen Altersstruktureffekt auszuschließen, berechnet man die altersspezifische Fruchtbarkeitsziffer (ASFR = Age Specific Fertility Rate).

 

Diese ergibt sich, indem man die Geburten nicht mehr auf 1000 der Bevölkerung, sondern auf 1000 Frauen eines Alters x bezieht:

 

 

Addiert man die 35 altersspezifischen Fruchtbarkeitsraten für die Frauen im Alter von 15 bis 49 (die weibliche Reproduktionsphase), so erhält man die geläufigste Kennziffer zur Messung der Fertilität, die zusammengefasste Geburtenziffer  (TFR = Total Fertility Rate).

 

„Die TFR ist ein vielverwendetes, von Geschlecht und Altersaufbau unbeeinflusstes, summiertes Fruchtbarkeitsmaß. […] Sie ist auch äußerst geeignet für Vergleiche in Raum und Zeit und gilt – nebst der CBR – als wichtigste Fruchtbarkeitsziffer“ (Hauser 1982:123).

 

Oft wird die zusammengefasste Geburtenziffer als durchschnittliche Kinderzahl einer Frau gedeutet, was jedoch falsch ist, da das Maß die durchschnittliche Kinderzahl einer künstlichen Kohorte wiedergibt.

 

Die genaue Aussage der TFR (in diesem Fall für 2001 = 1,349) lässt sich folgendermaßen beschreiben: „Würden 1000 Frauen im Jahr 2001, also in nur einem Kalenderjahr, den Altersabschnitt zwischen 15 und 49 Jahren durchleben, dann hätten sie 1349 Kinder zur Welt gebracht“ (BiB 2004:89).

 

Hiervon zu unterscheiden ist die tatsächliche endgültige durchschnittliche Kinderzahl von Frauengeburtsjahrgängen, die Kohortenfertilitätsrate (CKR = Completed Fertility Rate), die sich aus der Kumulation der verschiedenen ASFR über die gesamte Reproduktionsphase einer Frauenkohorte ergibt (vgl. Hauser 1982:123).

 

Wichtig zur Beurteilung der Geburtenhäufigkeit ist, ob diese ausreicht, um die Elterngeneration zu ersetzen. Um dies zu ermitteln, wird die so genannte Nettoreproduktionsziffer oder –rate (NRR) errechnet, in die sowohl die Geburten- als auch die Sterbehäufigkeit einbezogen wird.

 

Ausgegangen wird von 100.000 Frauen. Anhand der altersspezifischen Sterbewahrscheinlichkeiten wird ermittelt, wie viele dieser Frauen bis zum Ende ihrer Reproduktionsphase überleben. Sind von den 100.000 Frauen im Laufe ihres Lebens wiederum 100.000 Mädchen zur Welt gebracht worden, beträgt die Nettoreproduktionsziffer 1 und ein einfacher Ersatz der Elterngeneration ist erfolgt. Übersteigt die Ziffer den Wert 1, ist die Kindergeneration größer als die der Eltern, liegt sie unter 1, so ist die Kindergeneration kleiner als die der Eltern.

 

Für den einfachen Ersatz der Elterngeneration ist bei den heutigen Sterbeverhältnissen eine zusammengefasste Geburtenziffer (TFR) von 2,1 erforderlich (vgl. BiB 2004:19,89; Schwarz 1997:484).

 

2.3 Geburtenentwicklung in Westeuropa


 

Zwei große Geburtenrückgänge haben während der letzten 100 Jahre in Westeuropa stattgefunden. Sie werden als der Erste Geburtenrückgang (2.3.1) und der Zweite Geburtenrückgang (2.3.2) bezeichnet und im Folgenden beschrieben.

 

2.3.1 Der Erste Geburtenrückgang


 

Der Erste Geburtenrückgang, der auch als säkularer Geburtenrückgang bezeichnet wird, ereignete sich in den meisten westeuropäischen Ländern zur Zeit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Von 1890 bis 1915 sank die zusammengefasste Geburtenziffer in Deutschland beispielsweise von 4,68 auf 2,92 (vgl. Höpflinger 1997:40).

 

Ausnahmen bilden Frankreich, wo der Geburtenrückgang schon circa 1800 stattfand, sowie Irland, wo die Geburtenzahlen erst 1929 zu sinken begannen (vgl. ebd.).

 

In dieser Zeit fand erstmals in der Geschichte kein einfacher Ersatz der Elterngeneration mehr statt. Für diesen wäre seinerzeit noch eine zusammengefasste Geburtenziffer (TFR) von 3,49 notwendig gewesen (vgl. BiB 2004:19).

 

Dieser Geburtenrückgang wird häufig anhand des Modells des Ersten Demographischen Übergangs beschrieben. Dieses Modell wurde 1945 von Notestein eingeführt und gegen Ende der sechziger Jahre von der „Population Division“ der UNO weiterentwickelt.

 

Es beschreibt das Zusammenspiel von Geburten- und Sterbehäufigkeiten bei ihrer Transition von einem sehr hohen zu einem sehr niedrigen Niveau, die jedes Land im Verlauf seiner ökonomischen und sozialen Modernisierung erfährt.

 

Der Erste Demographische Übergang verläuft idealtypisch in fünf Phasen (vgl. BiB 2004:9ff; Herter-Eschweiler 1998:24; Höpflinger 1997:32f):

 

In der ersten, Prätransformationsphase, befinden sich sowohl Geburten- als auch Sterberate auf einem sehr hohen Niveau. Dieser Bevölkerungsprozess geht mit der agrarischen Produktionsweise...

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