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Scientology in Deutschland. Eine Herausforderung für Politik, Staat und Gesellschaft

Eine Herausforderung für Politik, Staat und Gesellschaft

AutorFranziska Scherff
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl119 Seiten
ISBN9783638059671
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Organisation und Verwaltung - Sonstiges, Note: 1,0, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, 21 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Scientology stellt in den USA eine Religionsgemeinschaft dar. Seit Jahren kämpft Scientology darum, diesen Statuts auch in Deutschland anerkannt zu bekommen. Jedoch erfolglos. Vielmehr wird Scientology in Deutschland als Wirtschaftsunternehmen angesehen. Im Volksmund ist sogar die Rede von einer Sekte. Scientology begegnet man in sämtlichen Lebenslagen, ohne sich darüber bewusst zu sein, dass es sich um Scientology handelt. Scientology begegnet man in der Wirtschaft, in gesellschaftlichen Einrichtungen wie Nachhilfekursen, Drogenberatungszentren, aber auch Rehabilitationen für Kriminelle. Oftmals ist der Zusammenhang mit Scientology nicht bekannt und wird absichtlich von den Mitarbeitern verschwiegen. Dabei birgt das sektenähnliche Wirtschaftsunternehmen viele Gefahren. Das Buch weist die Gefahren von Scientology auf und gibt gleichzeitig Handlungsanweisungen für die Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, um sich vor Scientology zu schützen.

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Leseprobe

4. Der Einfluss von Scientology auf die Gesellschaft


 

Ein System wie Scientology kann nur dann Erfolg haben, wenn die Gesellschaft die Grundlage dafür bietet. Die Gesellschaft ist geprägt von Hoffnungen und Ängsten.[143] Die Menschen wollen Erfolg haben, jugendlich sein, viel Geld verdienen, Ansehen haben und fürchten sich vor Armut, Arbeitslosigkeit und Misserfolg. Geprägt sind diese Vorstellungen in einer Zeit der Isolierung des Einzelnen, Verstädterung, mehr Singles, Alleinerziehende und Scheidungskinder. Es ist nicht verwunderlich, wenn Menschen Neues ausprobieren wollen und Anfälligkeiten für Heilsversprechen ent­wickeln. Scientology wird als Weg zum alltäglichen Erfolg und zum ewigen Heil ange­boten.

 

Für alle Schichten und Ebenen unserer Gesellschaft hat Scientology bereits Metho­den und Taktiken entwickelt, um sie mit der Scientology Ideologie zu unter­wandern und dies nicht nur mit Hilfe von Tarn- und Unterorganisationen.

 

4.1 Das angestrebte Gesellschaftssystem von Scientology


 

Im Jahr 1997 wurde ein Text von Scientology herausgegeben in dem es heißt: „Falls sich in der Zivilisation des Menschen, wie sie heute vorwärtsstrauchelt, keine grund­legenden Veränderungen einstellen, wird es den Menschen nicht mehr all zu lange geben, und keiner von uns wird überleben.“[144] Weiter im Text heißt es: „Die Zeiten müssen sich ändern. Und wir, die Scientologen, sind diejenigen, die sie ver­ändern.“[145] In einer weiteren Ausgabe der Zeitschrift „Freiheit“ von Scientology aus dem Jahr 1997 wird die Vorstellung der heutigen Gesellschaft in den Augen von Scientology deutlich. Darin heißt es: „Sowohl innerhalb wie außerhalb von Scien­tology befindet man sich in der Schusslinie. Dieses heillose Durcheinander da draußen, dieses von Ver­brechen geplagte, mit Drogen zum Durchdrehen gebrachte, in die Irre geleitete Etwas, das als Zivilisation bezeichnet wird, ist ganz und gar kein Zufluchtsort. Sich darin zu flüchten, kommt einer Kapitulation gleich.“[146]

 

Aus diesen Texten wird deutlich, dass Scientology die heutige vorherrschende Ge­sellschaftsform ablehnt und stattdessen eine neue anstrebt.

 

Scientology strebt eine Drei-Klassen-Gesellschaft[147] an. Die unterste Klasse sind die­jenigen, die keinen Zugang zu Scientology haben, weil sie über keinerlei Geld ver­fü­gen. Die mittlere Stufe sind die Scientology Mitglieder, die sich in endlosen Kursen an die Ebene „Clear“ heranarbeiten und dafür bezahlen. Die dritte Stufe ist die Ober­klasse. Die Oberklasse sind jene Personen, die den Zustand „Clear“ erreicht haben und zu den OTs gehören. Diese Klasse ist die herrschende Klasse.

 

Als Sozialstaat ist die Gesellschaft, die Scientology anstrebt, nicht geplant. Scien­tology sieht Anstalten und Kliniken für jene vor, die unfähig sind, das Kursprogramm zu absolvieren, sprich für Behinderte und Kranke.

 

4.2 Die in der Gesellschaft tätigen Unter- und Tarnorganisationen


 

Im Bereich der Gesellschaft hat Scientology die meisten Unter- und Tarn­organi­sa­tio­nen und wird durch diese tätig. Hier wären insbesondere Narconon, ZIEL und KVPM zu nennen, auf die die Autorin folgend eingehen wird. Ziel der Tarn­organisationen ist die Errichtung einer neuen Regierung, die direkt der Zentrale von Scientology in Los Angeles unterstehen soll. Mit diesen Organisationen will sich Scientology als hu­ma­ni­tär, karitativ und sozial verantwortlich zeigen.[148]

 

4.2.1 Narconon


 

Narconon[149], was soviel bedeutet wie „keine Drogen“, tritt in Fußgänger­passagen auf und verteilt Broschüren und Flyer, um neue Kunden anzuwerben. Die Ver­bindung zu Scientology wird dabei nicht erwähnt.

 

Narconon ist eine sich auf Drogentherapie ausgebende Organisation und wurde 1966 gegründet. Laut Scientology ist Narconon das weltweit größte Drogen­prä­ven­tions­programm.[150] Die internationale Sprecherin von Narconon ist die Schau­spielerin Kirstie Alley.[151] Nach Angaben von Scientology existieren 190 Narconon Zentren in über 40 Ländern.[152] Es bietet ein Ausbildungsprogramm für andere Drogen­experten und Einrichtungen an. Narconon stützt sich auf die entwickelten Rehabilitations­ver­fahren von L. Ron Hubbard und ist ein Anti-Drogenprogramm, das völlig ohne Sub­sti­tutionsstoffe arbeitet. Dieses Programm wird auch das 9-Punkte-Drogen­entzugs­programm[153] genannt und ist identisch mit dem Kursprogramm von Scientology.

 

Der erste Kurs ist ein Drogenfreier Entzug. Dabei erhält die Person Anweisungen für eine korrekte Ernährung mit Vitaminen und Pflege von Mitarbeitern um körperliche Beschwerden loszuwerden. Der zweite Kurs ist ein therapeutischer Trainings-Rou­tine Kurs. Dieser wird vorgenommen, wenn der Entzug abgeschlossen ist. In diesem Kurs werden eine Reihe von Kommunikationsübungen durchgeführt, um die Auf­merksamkeit einer Person nach außen zu lenken. Der dritte Kurs ist das Narconon Entgiftungsprogramm. Hier wird ein Programm aus Saunagängen, Sport und Nah­rungsergänzungen zusammengestellt, um angeblich die letzten Drogen­rückstände aus dem Körper zu entfernen. Der vierte Kurs stellt ein Kurs zum Verbessern des Lernens dar. Bei diesem Kurs wird der Person beigebracht zu lernen und zu stu­die­ren und Hindernisse beim Lernen zu überwinden. Dieser Kurs soll ihn darauf vor­be­reiten ein produktives und ethisches Leben zu führen. Der fünfte Kurs ist ein Kom­mu­nikations- und Wahrnehmungskurs. Hier werden die Trainings-Routinen wiederholt und neue Übungen eingeführt. Der sechste Kurs handelt über die Höhen und Tiefen des Lebens. Die Person lernt, die Einflüsse in seiner Umgebung zu erkennen und diejenigen zu bewältigen, die ihn die Gewinne wieder verlieren lassen würden. Der siebente Kurs stellt ein Kurs für persönliche Werte und Integrität dar. In diesem Kurs lernt die Person die acht Dynamiken, Ethik, Ehre und Integrität kennen. Der achte Kurs heißt: „Wie man Zustände im Leben verbessert“. In diesem Kurs wird die Ethik Technologie von L. Ron Hubbard erlernt. Der neunte Kurs ist „Der weg zum Glück­lichsein“ und zeigt den Personen Wege auf, wie man angeblich sein Leben führen kann, indem wirkliches Glück erreichbar ist.[154]

 

Da es wegen der hohen Kosten eines Drogenentzugsprogramms viel zu wenig seriö­se freie Therapie­plätze gibt, macht Narconon durch sofort verfügbare Therapieplätze Werbung. Narconon verspricht ein Therapieerfolg von 80%[155].

 

Abbildung 9 Erfolgsquote von Narconon[156]

 

 

Narconon fordert in der Regel von den Angehörigen der Drogenabhängigen Tages­sätze von 70 Euro. Im Jahre 1977 bezahlte der Berliner Senat zu Lasten der Sozial­hilfe die Therapie­plätze bei Narconon in Höhe von 1,5 Millionen DM (ca. 770.000 Euro).[157] Nachdem die Verbindung zu Scientology in der Öffentlichkeit bekannt wur­de, und dass die Methoden von L. Ron Hubbard angewendet werden, ließ der Senat eine umfangreiche Untersuchung durch Sachverständige vornehmen. Ergebnis der Studie war, dass die hohe Erfolgsquote von 80% nichts als Lüge war. Lediglich 10% der Behandelten waren nach der Therapie drogenfrei. Die 10% wurden jedoch zu Mitarbeiter von Narconon und lebten im Narconon Haus und wurden somit abhängig von der Organisation. Nach der Veröffentlichung der Studie wurden weder durch die öffentliche Hand noch durch Krankenkassen diese Therapieplätze weiterhin bezahlt.

 

Es ist auch nichts darüber bekannt, ob Narconon geschulte Fachkräfte einsetzt. Viel mehr ist die Rede von einer so genannten Selbsthilfe, d.h. dass die Absolvierung von Scientology Kursen wird vor­ge­nommen.[158] In Deutschland befand sich ein Therapie­zentrum in Itzehoe in Schleswig Holstein. Dem Verein wurde die Eintragung ins Ver­eins­register gerichtlich untersagt, mit der Begründung, dass es ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sei und Therapieplätze gegen Entgelt anbiete. Der ehemalige Prä­sident mit Sitz in Schliersee wurde im Jahr 1995 wegen Ausübung der Heilkunde ohne Erlaubnis in 200 Einzelfällen vom Amtsgericht Miesbach rechts­kräftig verur­teilt.[159] Im Jahr 2003 wurde ein neues Narconon Zentrum in München gegründet. Der eingetragene Verein versuchte ein Rehabilitationszentrum im Landkreis Cham zu errichten. Proteste aus der Bevölkerung verhinderten dieses Vorhaben.

 

In einem Gutachten des Drogen­beauftragten vom Land Berlin wird dargestellt, dass durch die Anwendung der Methoden von Narconon eine sehr große Zahl von Risiken für die weitere Entwicklung eines Drogenabhängigen entstehen.[160] Durch die Anwen­dung eines scientologischen Entgiftungsprogramms kann einerseits die bei Dro­gen­abhängigen ohnehin vorhandene Tendenz zur Flucht...

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