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Die Verschriftlichung phonetischer und prosodischer Mündlichkeitsmerkmale in 'Harry Potter and the Deathly Hallows' und ihre Übersetzung ins Schwedische und Norwegische

AutorLou Hilsbecher
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl107 Seiten
ISBN9783656607601
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Skandinavistik, Note: 1,0, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Sprache: Deutsch, Abstract: In beinahe jedem Roman, unabhängig von der Sprache, der Epoche und dem Genre, in welchem er verfasst ist, finden sich Verweise auf Mündlichkeit, indem die wörtliche, also mündliche Rede von Figuren gekennzeichnet wird. Hierbei zeigt sich, dass die Kennzeichnung wörtlicher Rede nicht allein durch Anführungszeichen erfolgt, sondern vor allem auch durch sprachliche Elemente, die spezifisch auf spontan gesprochene Sprache verweisen und somit den Eindruck realer Mündlichkeit entstehen lassen. Dies wird auch als literarische Mündlichkeit bezeichnet. Sie befindet sich im Spannungsfeld zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit, da sie innerhalb der Schrift mit schriftlichen Mitteln realisiert wird, aber dennoch den Anschein spontan gesprochener Sprache erweckt. Bei der sprachwissenschaftlichen Erforschung literarischer Mündlichkeit handelt es sich um eine relativ junge Disziplin, die vor allem durch die Arbeiten von Koch/Oesterreicher (1985; 1994) zum Verhältnis zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit angestoßen wurde. Hier sind vor allem die auch im Rahmen dieser Arbeit konsultierten Untersuchungen von Ayad (1980), Goetsch (1985), Blank (1992), Berthele (2000) und Englund Dimitrova (2004) zu nennen, sowie besonders die umfassende Arbeit Freuneks (2007) zu Formen und Funktionen literarischer Mündlichkeit und der Problematik ihrer Übersetzung. In dieser Arbeit soll zunächst vor dem Hintergrund der Beziehung zwischen den Sprachebenen Mündlichkeit und Schriftlichkeit untersucht werden, wie das Phänomen literarische Mündlichkeit im Spannungsfeld zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit entsteht. Hierbei soll besonders berücksichtigt werden, welche Elemente spontan gesprochener Sprache in literarischer Mündlichkeit verschriftlicht werden und ob und inwiefern sich bei der Übertragung von Mündlichkeitsmerkmalen ins schriftliche Medium besondere Probleme ergeben. Weiterhin soll auch untersucht werden, ob sich neben dem schlichten Verweis auf reale Mündlichkeit im schriftlichen Medium noch weitere oder spezifischere Funktionen literarischer Mündlichkeit feststellen lassen.

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Leseprobe

4. Phonetische und prosodische Mündlichkeitsmerkmale in Harry Potter and the Deathly Hallows und deren Übersetzung ins Schwedische und Norwegische


 

In den folgenden Kapiteln sollen am Beispiel des Romans Harry Potter and the Deathly Hallows Formen der Verschriftlichung phonetischer und prosodischer Mündlichkeitsmerkmale in der Literatur dargestellt werden.

 

Bei Harry Potter and the Deathly Hallows handelt es sich um den siebten und letzten Bandes aus Joanne K. Rowlings Harry Potter-Reihe, in welchem sich das Protagonistentrio aus Harry Potter, Ron Weasley und Hermione Granger aufmacht, den dunklen Zauberer Lord Voldemort, der mit seiner Gefolgschaft, den Todessern, die Macht in der magischen Welt übernommen hat, zu vernichten.

 

Für die Untersuchung auf phonetische und prosodische Mündlichkeitsmerkmale in den folgenden Kapiteln werden neben dem Originaltext auch die Übersetzungen ins Schwedische (Harry Potter och dödsrelikerna) und Norwegische (Harry Potter og dødstalismanene) herangezogen und sowohl die Formen der Verschriftung von Mündlichkeit in allen drei Versionen sowie spezifischen Übersetzungsstrategien von Mündlichkeitsmerkmalen und den durch sie konnotierten Varietäten in den beiden Übersetzungssprachen analysiert. Ein Verzeichnis der in den einzelnen Texten festgestellten Merkmale findet sich im Anhang. Da das gesamte Korpus zu umfangreich ist, um es an diese Arbeit anzufügen – es umfasst insgesamt etwa 1500 Seiten – handelt es sich hierbei lediglich eine Übersicht über alle bei der Untersuchung des Korpus festgestellten Merkmalsformen samt ausgewählter Beispiele zu jedem Merkmal. Die Rede von Sprechern permanenter Varietäten, wie Dialekte oder durch Interferenzen gekennzeichnete Übergangsvarietäten von Nicht-Muttersprachlern wurde jeweils vollständig in den Anhang aufgenommen.

 

Die allgemeinen Gliederung der phonetischer und prosodischer Mündlichkeitsmerkmale in diesem Kapitel wurde aus Schwitalla (2006) entnommen, der spezifischen Gliederung der phonetischen Merkmale auf der Ebene von Standardsprache und stilistischen Varietäten wurde die von Preston (1982) verwendete Einteilung zugrunde gelegt.

 

4.1. Phonetische Ebene


 

Die folgenden Untersuchungen gelten der Verschriftung phonetischer Mündlichkeitsmerkmale im Originaltext und den Übersetzungen. Als phonetische Merkmale gelten hierbei Merkmale, deren schriftliche Form durch auf die lautliche Realisierung verweisende Abweichungen von der Normorthographie gekennzeichnet ist. Formen, die zwar Lautlichkeit konnotieren, die jedoch als lautnahe Schreibungen zur Normorthographie gehören (z.B. Interjektionen), werden hingegen zu lexikalischen Mündlichkeitsmerkmalen gerechnet und nicht berücksichtigt.

 

Zur Einordnung normorthographischer und standardorthographischer Schreibungen habe ich mich an den jeweils offiziellen bzw. inoffiziellen orthographischen Kodizes der jeweiligen Sprachen orientiert: Für Englische an OED (2011), für das Norwegische an BO (2010) und für das Schwedische an SAOB (1997) und SAOL (2006).

 

Im Falle des Norwegischen muss außerdem beachtet werden, dass in der norwegischen Sprachgemeinschaft zwei Schriftstandards, Bokmål und Nynorsk,[10] vorhanden sind, in denen jeweils eine Vielzahl regionaler Variantenschreibungen kodifiziert ist, sodass die Verschriftung regionaler Varietäten weitestenteils auch mit kodifizierten Sprachmitteln möglich ist.

 

Der Schwerpunkt dieser Untersuchung liegt nicht auf dem direkten Vergleich einzelner Textpassagen in Harry Potter and the Deathly Hallows und den beiden Übersetzungen. Vielmehr sollen anhand der Betrachtung einzelner Verschriftungsformen die grundlegenden Strategien zur Verschriftung von Mündlichkeit mittels phonetischer Markierungen in allen drei Versionen ermittelt und miteinander verglichen werden.

 

4.1.1. Standard- und diatopisch neutrale Umgangssprache


 

Während im Englischen die Received Pronunciation (RP) und im Schwedischen das sogenannte rikssvenska die Rolle der gesprochensprachlichen Standardvarietät einnehmen, verfügt das Norwegische über keine Standardlautung. Bei literarischer Mündlichkeit stellt dies insofern ein Problem dar, als daher mit dialektal unmarkierten Äußerungen keine spezifische Varietät – nämlich, wie im Englischen und Schwedischen, die Standardvarietät – verknüpft wird. Somit stellt sich zunächst die Frage, von welcher unmarkierten Varietät dialektal markierte Äußerungen in der norwegischen Übersetzung überhaupt abgegrenzt werden.

 

Phonetische Mündlichkeitsmerkmale bezeichnen auf der stilistischen Ebene hauptsächlich Reduktionsformen, die bei oraler Sprachproduktion auftreten. Folgende Phänomene finden sich hierbei am häufigsten: Schwächung unbetonter Laute bis hin zur Elision, Assimilation von artikulatorisch aufwändigen Lautverbindungen und Klitisierung unbetonter Wörter, häufig in Verbindung mit Lautschwächungen oder ‑elisionen. In einem bestimmten Maße treten diese artikulatorisch vereinfachenden Reduktionsformen auf allen stilistischen Ebenen auf, sofern nicht eine schriftnahe Leseaussprache verwendet wird. Starke phonetische Reduktionen und eine sehr hohe Frequenz von Reduktionsformen werden jedoch als nachlässige Sprechweise aufgefasst und hauptsächlich in informellen Situationen verwendet. Hier kann von einem stilistischen Substandard gesprochen werden. Die Schriftsprache ist hingegen stärker und restriktiver normiert als die gesprochene Sprache. Gleichzeitig verfügt die schriftsprachliche Norm über sehr hohes Prestige, sodass Normabweichungen grundsätzlich stigmatisiert werden. Hieraus folgt, dass die lautnahe, nicht-normorthographische Verschriftung phonetischer Mündlichkeitsmerkmale, selbst wenn diese im phonischen Code stilistisch neutral sind, immer mit einer stilistischen Abwertung gegenüber normorthographischer Schriftformen verbunden ist.

 

Funktionswörter sind aufgrund ihrer Kürze und ihres hochfrequenten Auftretens vor allem in unbetonten Positionen besonders anfällig für gesprochensprachliche Reduktion. So steht auch der überwiegende Teil der standardsprachlich bzw. stilistisch konnotierten phonetischen Mündlichkeitsmerkmale in Harry Potter and the Deathly Hallows in Zusammenhang mit der lautnahen Verschriftung von Schwachtonformen: In Akzentsprachen, zu denen auch das Englische, Schwedische und Norwegische gehören, verändert sich in der Regel die lautliche Qualität eines Wortes, wenn es in unbetonter Position auftritt. Die unbetonte Form (auch: Schwachtonform, engl. weak form) ist im Vergleich zur regulären Starktonformen durch reduzierte Länge der Laute, Abschwächung der Vokale hin zu /ǝ, ɪ, ʊ/ und Elision von Vokalen und Konsonanten gekennzeichnet (vgl. Gimson 2008: 266). Je schwächer das jeweilige Wort betont ist, desto stärker ist die entsprechende Schwachtonform reduziert. Besonders Funktionswörter treten häufig in unbetonter Stellung auf und verfügen daher meist über regularisierte Schwachtonformen. Im Englischen ist dies sehr stark ausgeprägt: Alle Funktionswörter verfügen hier über eine oder mehrere reguläre Schwachtonformen,[11] deren Gebrauch nicht stilistisch konnotiert, sondern auf allen Registerebenen üblich ist.

 

Die Verschriftung regulärer Schwachtonformen ist im Englischen teilweise kodifiziert. Dies gilt für allem für Syntagmen, die eine Schwachtonform enthalten, z.B. Auxiliarverben mit folgendem Negationsadverb not (Schwachtonform: /nt/), sowie die Verbindung von Personalpronomen und Schwachtonformen von Auxiliarverben: <haven’t; didn’t; wouldn’t; d’you> bzw. <I’m; we’re; he’s; you’ve>. Einige Schwachtonformen können auch freistehend verschriftet werden, wie <’til> (until). In der Schwachtonform elidierte Laute werden in der Schriftform meist durch Apostroph gekennzeichnet und das schwachtonige Wort wird, wenn es als Teil eines Syntagma auftritt, enklitisch oder proklitisch an das betonte Wort angelehnt.

 

Diese Schreibungen markieren, mit Ausnahme der Schreibung <d’you>, die Windsor Lewis (o.J.) als stark informellund kaum gebräuchlich vermerkt, normale stilistisch neutrale Umgangssprache und stellen das frequenteste Mündlichkeitsmerkmal im Originaltext dar.

 

Die Elision einzelner unbetonter Laute tritt bei schnellem Sprechen auch in Wörtern auf, die über keine reguläre Schwachtonform verfügen. Diese Phänomene werden in Harry Potter and the Deathly Hallows, ebenso wie die regulären Schwachtonformen, mittels Markierung der Position des elidierten Lauts durch einen Apostroph verschriftet: ‘Put out lights, I s’pose ,’ (HP7e 106). [12]

 

Weiterhin werden auch kodifizierte lautnahe Schreibungen verwendet, die deutlicher von der Normorthographie abweichen und daher auch informeller markiert sind:

 

(1) ‘I wanna help – I wanna kill Death Eaters –’ (HP7e 514)

(2) ‘I dunno …’ (HP7e 352)

(3) ‘You see … I’m holy. Holey, Fred, geddit?’ (HP7e 67)

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