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E-Book

Wer es leicht nimmt, hat es leichter

Wie wir endlich aufhören, uns selbst im Weg zu stehen

AutorMathias Fischedick
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783492966887
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Jeder kennt die Gedanken, die uns im Alltag blockieren: »Das schaffe ich nicht!«, »Mir hilft ja keiner!«, »Ich kann ja eh nichts ändern!«, »Die anderen sind schuld!«. Solches Jammern ist zwar manchmal naheliegend, hält uns aber leider davon ab, unsere Potenziale zu nutzen und unsere Pläne in die Tat umzusetzen. Doch das muss nicht sein: Tief im Inneren verfügt jeder über die nötigen Fähigkeiten und Ressourcen, um seine Wünsche Realität werden zu lassen. Auf humorvolle Weise nimmt Mathias Fischedick zusammen mit dem Leser den Jammerlappen unter die Lupe, der sich in jedem von uns versteckt, und zeigt, wie wir uns aus der Negativspirale befreien können, um glücklicher und erfolgreicher durchs Leben zu gehen.

Mathias Fischedick, 1970 in Essen geboren, ist Jobcoach. Als ehemaliger TV-Producer kommt er aus der Praxis. Durch seine Führungspositionen bei internationalen Medienkonzernen weiß er, welche zwischenmenschlichen Herausforderungen in der täglichen Zusammenarbeit zu meistern sind. Seit über zehn Jahren unterstützt er seine Klienten dabei, beruflich und privat eine größere Zufriedenheit zu erreichen. Bei Piper erschien 2014 sein Buch 'Wer es leicht nimmt, hat es leichter'. Mathias Fischedick lebt in Köln.

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Leseprobe
Vorwort     Ist das Wasserglas halb voll oder halb leer? Wer es als halb voll sieht, gilt als hoffnungsloser Optimist, wer es als halb leer bezeichnet, meint, die kalte Realität erkannt zu haben. Es ist leicht, das Leben schwer zu nehmen. Wir finden ohne Schwierigkeiten Gründe, warum unsere Träume wohl immer Träume bleiben werden. Bei der Frage nach unseren Stärken geraten wir schnell ins Stocken. Fragt uns dagegen jemand nach unseren Schwächen und nach den Dingen, die nicht so gut laufen, schütteln wir ganz locker eine lange Liste aus dem Ärmel. Aber ist das Leben wirklich so kompliziert und hart? Ich behaupte, nein! In diesem Buch möchte ich Ihnen zeigen, dass wir uns oft nur selbst im Weg stehen und uns die Dinge schwerer machen, als sie eigentlich sind. Denn wir nutzen längst nicht unser gesamtes Potenzial. Egal ob Topmanager oder Praktikant, ob Schauspielerin oder Hausfrau, wir alle haben vergleichbare Sorgen und Nöte, viele davon sind hausgemacht. In der Zeit, die ich als Coach Menschen mit unterschiedlichstem Hintergrund unterstütze, haben sich für mich zwei Muster herauskristallisiert, nach denen wir uns das Leben schwer machen: Zum einen möchten wir soziale Anerkennung haben und passen uns deshalb meist lieber an, als unsere wahren Bedürfnisse zu befriedigen - die uns dazu oft nicht einmal bewusst sind. Zum anderen wollen wir unser Leben zwar verändern, sind aber nicht bereit, dafür neue Wege zu gehen. Wir machen weiter wie bisher und hoffen trotzdem, dass alles besser wird. Das Resultat ist eine große Unzufriedenheit. Auch beschleicht uns das Gefühl, dass unsere Umwelt uns im Stich lässt. Dabei haben wir selbst es in der Hand, ob wir glücklich sind oder nicht. In diesem Buch erfahren Sie, welche im wahrsten Sinne des Wortes steinzeitlichen Denkmuster dafür sorgen, dass wir uns selbst sabotieren, und Sie lernen, diese Muster aktiv zu umgehen. Ich werde Ihnen einfache Methoden zeigen, mit deren Hilfe Sie Sorgen auflösen und Ihre Herzensziele erreichen können. Manche dieser Methoden zeigen schon nach wenigen Minuten eine erstaunliche Wirkung. Unternehmen Sie mit mir eine Reise zu Ihren unbewussten Fähigkeiten. Und entdecken Sie die Ressourcen, die es Ihnen ermöglichen, das Leben zu führen, von dem Sie im Moment nur träumen. Sie tragen schon jetzt alles in sich, was Sie dafür brauchen. Auch wenn Sie es gerade vielleicht nicht glauben: Das Leben kann so einfach sein.     Einleitung      Die Krone der Schöpfung Wissen Sie eigentlich, wie großartig Sie sind? Also nicht nur Sie, sondern auch ich und alle anderen Menschen auf der Welt? Ich bin immer wieder beeindruckt von den außergewöhnlichen Fähigkeiten, die uns die Natur mitgegeben hat. Wir sind so etwas wie ein fleischgewordenes Schweizer Taschenmesser mit unzähligen Funktionen, von denen wir meist nur die Hälfte nutzen. Die Evolution hat uns bestens ausgerüstet, sodass wir unter den widrigsten Bedingungen überleben können. Klirrend kalte 58 Grad minus im sibirischen Oimjakon stehen wir genauso durch wie flirrend heiße 49 Grad plus im kalifornischen Death Valley. Bis zu 60 Tage ohne Nahrung überleben wir ebenso wie zwei Wochen mit überquellenden Buffets im All-inclusive-Urlaub. Wir können feinmotorische Tätigkeiten ausführen, wie das Einfädeln einer Nadel, aber auch schwere Lasten bewegen, wie einen Kasten Bier oder einen prall gefüllten Koffer. Unser Gehirn ist so leistungsfähig, dass wir uns Hunderttausende Informationen merken oder komplizierte mathematische Gleichungen lösen können. Wir sind so kreativ, dass wir Mittel gegen die verschiedensten Krankheiten finden oder technische Wunderwerke wie Marssonden erschaffen können. Durch unsere hoch entwickelten Kommunikationsfähigkeiten gelingt es uns, Ideen und Wissen mit anderen Menschen zu teilen und so als Team noch mehr zu bewegen. Wir haben also gute Voraussetzungen, um unsere Ziele zu erreichen, uns weiterzuentwickeln und ein zufriedenes und glückliches Leben zu führen. Wäre da nicht diese kleine Stimme in unserem Kopf, die uns immer wieder dazwischenfunkt mit Sätzen wie: »Ich kann das nicht!« »Das haben wir doch noch nie gemacht!« »Die anderen sind schuld!« Kurz gesagt: Wir jammern! Denn in solchen Momenten nutzen wir nicht unser Potenzial, sondern geben lieber der Welt und allen anderen die Verantwortung für unser Scheitern und unsere Unzufriedenheit. Klar haben wir nicht die Traumfigur, die wir gerne hätten: Wann sollen wir bei unserem vollen Terminplan auch Sport machen und wie uns ausgewogen ernähren? Eigentlich ist an unserem Übergewicht sowieso die Lebensmittelindustrie schuld. Wer kann schon ahnen, dass man von Fertigpizza und Schokoriegeln dick wird, wo all das doch so gut schmeckt. Unser Job wäre großartig, wenn nur die Kollegen nicht wären. Wenn wir es dann nicht schaffen, den Computer zu bedienen, ist natürlich die Technik schuld oder die Programmierer haben mal wieder die Bedürfnisse von uns Nutzern ignoriert. In unserer Beziehung könnten wir so glücklich sein, wenn unser Partner sich endlich ändern oder am besten gleich eine Therapie machen würde. Seit über einem Jahrzehnt begleite ich als Coach Menschen auf ihrem Weg zum persönlichen Glück und Erfolg. Ich habe Frauen und Männer jeden Alters und mit den unterschiedlichsten Berufen und Erfahrungen gecoached und habe dabei festgestellt: Wir alle ticken in einem Punkt gleich. Wir wissen, was wir wollen, oder ahnen es zumindest und könnten auch die meisten unserer Wünsche in die Tat umsetzen. Aber irgendetwas in uns verhindert, dass wir tatsächlich unsere Ziele erreichen. Wir stehen uns oft selbst im Weg und hoffen oder erwarten sogar, dass andere uns glücklich machen. »Die anderen müssen uns retten!«, flüstert dann diese kleine Stimme in unserem Kopf.   Die Verantwortung für Glück und Erfolg Wer kann uns glücklich machen? Gerne geben wir diese Verantwortung ab. Im beruflichen Kontext zum Beispiel an unsere Vorgesetzten. Wenn wir keinen Spaß am Job haben, dann liegt das daran, dass der Chef uns nicht genug motiviert und lobt. Wenn wir eine Gehaltserhöhung oder einen Dienstwagen bekämen, dann hätten wir auch wieder mehr Freude an der Arbeit. Wir selbst können ja nichts zu unserer beruflichen Erfüllung beitragen, glauben wir. Bekommen wir dann tatsächlich die ersehnte monetäre oder motorisierte Anerkennung, dann stellen wir ernüchtert fest, dass unsere Unzufriedenheit schon nach kurzer Zeit wiederkehrt. Studien haben gezeigt, dass die Motivation durch mehr Gehalt oder einen Dienstwagen bereits nach maximal drei Monaten nachlässt. Dann sind wir wieder auf uns selbst zurückgeworfen und fordern ein neues »Goodie« vom Chef. Andere holen sich auf der Suche nach dem persönlichen Wohlergehen Rat von Experten. Diese Fachmänner und -frauen müssen schließlich wissen, was uns glücklich macht. Falls die vorgeschlagenen Strategien dann nicht funktionieren, hat das den zusätzlichen Vorteil, dass wir die Schuld wieder elegant abgeben können. »Die haben doch alle keine Ahnung!« oder »Wenn selbst die Experten uns nicht zu unserem Glück verhelfen können, dann ist die Lage wirklich aussichtslos!«, scheint unsere innere Stimme zu sagen. Wenn wir unsere Hoffnung ausschließlich an die Fähigkeiten von Experten knüpfen, übersehen wir, dass es kein universelles, für alle Menschen geltendes Erfolgsrezept gibt. Es gibt keine allgemeingültige Anleitung, die im Detail beschreibt, welche Schritte wir gehen müssen, um erfolgreich und glücklich zu werden. Auch die Personen, die »es geschafft haben«, können meist nicht genau sagen, welche Faktoren es nun genau waren, die sie zum Ziel geführt haben. Zu viele Dinge haben Einfluss auf unseren Weg und nicht alle sind uns bewusst. Der Versuch, erfolgreiche Menschen zu analysieren, um hinter ihr Geheimnis zu kommen, ist so zum Scheitern verurteilt. Denn worauf soll man sich dabei fokussieren? Was haben alle gemeinsam und was davon ist entscheidend? Alle erfolgreichen und glücklichen Menschen haben auf ihre Art Visionen und planen gewisse Schritte. Sie haben einen bestimmten Tagesrhythmus, schlafen und essen, lesen bestimmte Bücher, kommunizieren, bewegen sich, ebenso kratzen sie sich, wenn es juckt, und sind manchmal faul. Aber in welcher Tätigkeit versteckt sich der Schlüssel zu einem zufriedenen Leben? Ich halte es für einen Irrglauben, dass es ein Patentrezept für Glück und Erfolg gibt. Zu unterschiedlich sind wir von unseren Voraussetzungen, der Erziehung, dem Lebensweg und den aktuellen Gegebenheiten. Deshalb wird ein seriöser Fachmann die Strategie, die bei ihm funktioniert hat, auch nie als Allheilmittel verkaufen. Leider nimmt das nicht jeder Experte so genau. So sah ich neulich eine Dame im Fernsehen, zu der ein etwas beleibterer Mann mit drei Anliegen kam: Er wollte abnehmen, eine Freundin finden und endlich wieder arbeiten. Die Expertin fragte ihn, mit welchem Thema er anfangen möchte. Der Herr entschied: »Ich möchte gerne als Erstes etwas für meine Figur tun.« Die selbst leicht füllige Dame erwiderte: »Abzunehmen ist die schwierigste der drei Aufgaben, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Wir fangen mit dem Job an und der Rest ergibt sich dann sowieso von selbst!« Hier schließt sie von sich auf andere: Nur weil es ihr bisher nicht gelungen ist, nachhaltig abzunehmen, geht sie davon aus, dass dies auch keinem anderen gelingen wird. Dabei gibt es ganz sicher Menschen, die unter denselben Voraussetzungen, die sie mitbringt, sehr wohl erfolgreich abgenommen haben. Dieses Beispiel zeigt sehr gut, dass Experten - genauso wie wir alle - oft nur einen subjektiven Blick auf die Dinge haben und sich auch ab und zu selbst im Weg stehen. Ich ahne, was Sie jetzt denken: Ja, auch ich habe natürlich eine subjektive Sicht auf die Dinge und genau deswegen kann und werde ich Ihnen auch nicht »den Königsweg« beschreiben, der Sie zum glücklichsten Mensch der Welt macht. Ich teile vielmehr im Verlaufe des Buchs Methoden mit Ihnen, die Ihnen einen neuen Blick auf Ihre Möglichkeiten eröffnen sollen. Damit können Sie dann selbst den Weg entdecken, der Sie persönlich zu Ihrem Ziel führt. Einen Weg, der maßgeschneidert ist für Sie. Denn nur Sie wissen - vielleicht im Moment noch ganz unbewusst -, was gut für Sie ist. Ich möchte Sie lediglich bei Ihren eigenen Entdeckungen und Erkenntnissen begleiten und unterstützen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. So werden Sie sich zudem noch selbst beweisen, dass Sie unabhängig sind von äußerer Motivation oder anderen Menschen, die glauben zu wissen, was für Sie richtig ist.   Manchmal, wenn alles ausweglos scheint, gehen uns vielleicht Dinge durch den Kopf wie »Jetzt kann nur noch ein Wunder helfen!«. Einige von uns schicken dann Wünsche ans Universum, nehmen Kontakt zu Engeln auf oder investieren ein kleines Vermögen in einen Wahrsager. Tatsächlich funktioniert das manchmal sogar. Meiner Meinung nach aber nur aus einem Grund: weil wir daran glauben. In Wahrheit sind es dann doch wir selbst, die uns über diesen Umweg den richtigen Rat oder die nötige Motivation geben. Das Entscheidende ist, dass Sie Ihre Wünsche ausformulieren - ganz gleich, ob Sie diese ans Universum schicken oder nicht. Denn in dem Moment, in dem wir einen Wunsch in einen konkreten Auftrag fassen, müssen wir uns genauer mit dem auseinandersetzen, was wir wirklich wollen. Das hat den Effekt, dass wir uns selbst bewusst werden, was genau unser Ziel ist. So erhalten wir mehr Klarheit über die Richtung, in die wir wollen, und wir werden ganz unbewusst mehr dafür tun, dorthin zu kommen. Und genau darum wird es in diesem Buch gehen: Denn weder Ihre Mitmenschen noch die Experten oder Wundermänner und -frauen sind für Ihr Glück verantwortlich, sondern allein Sie selbst! Und Sie tragen schon jetzt das Wissen und die Ressourcen in sich, um Ihre Ziele zu erreichen und glücklich zu werden. Deshalb haben auch nur Sie selbst die Macht und damit auch die Verantwortung, über Ihr persönliches Glück und Ihre Zufriedenheit zu entscheiden. Aber weshalb fällt es uns so schwer, unser volles Potenzial zu nutzen, um glücklich zu werden? Genau das erfahren Sie im nächsten Kapitel.       Die Steinzeit in unserem Kopf        Die Ursache Um es in einem Satz zusammenzufassen: Wir Menschen leben nicht artgerecht! Wir leben mit einem steinzeitlichen Gehirn in einer modernen Welt und stehen uns damit oft selbst im Weg. Seit der Steinzeit hat sich unser Gehirn nicht wesentlich verändert, unsere Umwelt dagegen umso mehr. Während sich das Leben der Menschen über Jahrtausende hinweg in kleinen Gruppen in der offenen Savanne abspielte, leben wir heute in hektischen Städten mit Tausenden oder Millionen anderen Menschen zusammen. Auch die Berufswahl beschränkte sich bei unseren Urahnen auf zwei Möglichkeiten: Jäger oder Sammler - heute dagegen existieren alleine in Deutschland über 350 anerkannte Ausbildungsberufe. Während unsere Vorfahren das Abendessen unter vollem Körpereinsatz selber jagten, bewegen wir nur noch unseren Daumen und unseren Mund, um beim Pizzaservice anzurufen. All dies führt dazu, dass sich Menschen einsam fühlen, der Stress im Beruf uns auf Dauer krank machen kann und die Menschen im Durchschnitt immer dicker werden. Entscheidend für die fehlende Zufriedenheit sind dabei in meinen Augen vor allen die beiden folgenden »Altlasten« unserer steinzeitlichen Vorfahren:   Der »Herdentrieb« Unseren Urahnen war es aufgrund der widrigen Umstände fast unmöglich, alleine, ohne die Sippe zu überleben. Die Gemeinschaft war nötig, um sich gegenseitig zu unterstützen. Die einen waren vielleicht die besseren Jäger, wussten aber nicht, wo sie welche Früchte finden konnten oder welche Wirkung bestimmte Kräuter haben. Dafür waren andere nicht so geschickt und kräftig, um Tiere zu jagen, hatten aber die Erfahrung, um genießbare Pflanzen zu finden. Zudem bot die Gruppe Schutz vor Angreifern menschlicher oder tierischer Natur. Alleine konnte man es schlecht mit einem Rudel hungriger Löwen aufnehmen. Und so war es überlebensnotwendig, alles zu tun, um einen Verstoß aus der Sippe zu vermeiden. Befolgte man die Regeln des Anführers und stellte seine eigenen Ansichten und Wünsche zurück, genoss man die Sicherheit der Gemeinschaft. Setzte man seinen eigenen Kopf durch, führte dies zum Verstoß aus der Gruppe, was einem Todesurteil gleichkam. Tief in uns ist dieses Verhaltensmuster auch heute noch verwurzelt, obwohl wir in der modernen Welt sehr gut alleine überleben können. Die steinzeitliche Überlebensstrategie, sich der Gemeinschaft anzupassen, bewirkt heute eher, dass wir unsere wahren Wünsche und Ziele verleugnen und uns damit selbst blockieren. Tief in uns spüren wir eine Zerrissenheit. Auf der einen Seite haben wir den Urinstinkt, dass wir »der Norm« entsprechen müssen, um dazuzugehören. Auf der anderen Seite ist da dieser unbändige Wunsch, uns selbst zu finden und zu verwirklichen. Die Dinge zu tun, nach denen wir uns sehnen, die uns glücklich machen, auch wenn sie vielleicht nicht als »normal« angesehen werden. Statt unsere eigenen Ziele zu verwirklichen, führen wir ein angepasstes Leben in der Gemeinschaft. Es ist dann so, als würde eine innere Stimme Dinge sagen wie: »Du musst es den anderen recht machen!« »Was sollen denn die anderen Leute denken?« »Nimm dich nicht so wichtig!« Der steinzeitliche »Herdentrieb« sorgt in solchen Fällen dafür, dass wir uns selbst verleugnen und Ziele verfolgen, die gar nicht wirklich unsere eigenen sind.   Die Angst vor Veränderung Das zweite steinzeitliche Erbe, das unserem Glück und unserer Zufriedenheit im Weg steht, ist die Angst vor Veränderung. Für unsere Urahnen wäre es leichtsinnig gewesen, offen auf alles Unbekannte und Neue zuzugehen. Man war gut damit beraten, das bekannte Terrain nicht zu verlassen. Überall hätte eine tödliche Gefahr lauern können - vielleicht ein wildes Tier, eine gefährliche Felsspalte oder eine unbekannte giftige Pflanze. Und so war es extrem sinnvoll, Neuem erst einmal skeptisch gegenüberzustehen. Dass Sie, liebe Leserin, lieber Leser, auf der Welt sind, ist der Beweis, dass bei Ihren Vorfahren diese Vermeidungsstrategie funktioniert hat. Nur so konnten sie überleben und ihr Erbgut weitergeben, das nun auch Teil Ihrer Zellen ist. Andere Steinzeitmenschen, die leichtfertig den sicheren, bekannten Bereich verlassen haben, um neue Erfahrungen zu machen, bezahlten dafür häufig mit dem Tod und sorgten so selbst dafür, dass sie und ihre leichtsinnige Art aus dem Genpool verschwanden. Aus diesem Grund konnte sich der geschilderte Überlebensmechanismus über viele Generationen immer mehr verfestigen. Die Angst vor Unbekanntem ist noch immer so tief in uns Menschen verwurzelt, dass wir auch heute, ganz unbewusst, Veränderungen skeptisch gegenüberstehen und sie zu vermeiden versuchen. Die kleine Stimme in unserem Kopf steuert uns dann mit Sätzen wie: »Das macht man doch nicht!« »Keine Experimente!« »Schuster, bleib bei deinen Leisten!« Die steinzeitliche Angst vor Veränderungen führt dazu, dass wir auch heute häufig einen inneren Widerstand gegen Neues und Unbekanntes verspüren, an Altem festhalten und so selbst verhindern, dass wir unseren Zielen näherkommen.   Vom Beschützer zum Jammerlappen Die eben beschriebenen Denkmuster, die das Überleben unserer Vorfahren gesichert haben, waren so etwas wie ein unbewusster Beschützer. Der Haken bei der Sache ist nur, dass sich unser Gehirn seit der Steinzeit in diesen Punkten nicht wirklich weiterentwickelt hat. Ihr Smartphone und Ihr Computer hatten im letzten Jahr mehr Updates als unser Gehirn in den letzten 100 000 Jahren. Dadurch wurde über die Jahrtausende aus dem realistischen, nützlichen Beschützer ein übervorsichtiger, hinderlicher Jammerlappen, der mit den heutigen Gegebenheiten vollkommen überfordert ist und hinter harmlosen Dingen eine Lebensgefahr vermutet. Und genau dieser innere Jammerlappen sorgt dafür, dass wir uns selbst im Weg stehen und unsere Möglichkeiten nicht nutzen. Er ist es, der uns Sätze einflüstert wie: »Was sollen denn die anderen Leute denken?« »Das haben wir doch noch nie so gemacht!« Die Hobbys des kleinen Jammerlappens sind interpretieren, sich Sorgen machen und katastrophisieren. Er sieht die Welt dunkler und gefährlicher, als sie ist, entdeckt überall vermeintliche Gefahren und ist dabei noch übersensibel. Er ist wie eine Alarmanlage, die viel zu empfindlich eingestellt wurde und bei jeder Kleinigkeit Alarm auslöst.   Auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen: Jeder von uns hat so einen kleinen »Jammerlappen« in sich, der sich mit seinen steinzeitlichen Denkmustern in unser Leben einmischt. Und der kleine Kerl versteht es meisterhaft, sich zu tarnen, sodass wir manchmal gar nicht bemerken, dass wir uns gerade ganz ohne Grund klein und hilflos fühlen. Eine seiner Spezialitäten ist das sogenannte »Verbündungsjammern«. Ganz unbewusst fühlen wir uns mit anderen Menschen enger verbunden, wenn wir gemeinsam jammern. Stellen Sie sich vor, Sie haben Ihren Arbeitgeber gewechselt, es ist die erste Woche in der neuen Firma. In einer Kaffeepause stehen Sie mit anderen Mitarbeitern in der Küche zusammen, trinken Kaffee, essen vielleicht eine Kleinigkeit und kommen ins Gespräch. Die Kollegen regen sich gemeinsam über gewisse Zustände im Unternehmen auf: die vielen Überstunden, die geringen Sonderleistungen, die unfähigen Chefs und das schlechte Essen in der Kantine. Und nun kommen Sie ins Spiel. Sie sind überrascht über die Aussagen und schwärmen von den Arbeitsbedingungen, sind begeistert, was dieses Unternehmen so alles bietet. Sie loben das positive Betriebsklima, die netten Vorgesetzten und das köstliche Essen in der Kantine. Was glauben Sie, wie die Kollegen reagieren? Werden sie sich Ihnen zuwenden und Ihnen recht geben, dass ihr Arbeitgeber im Grunde traumhafte Arbeitsbedingungen bietet? Oder werden sie zum Großteil eher irritiert schauen und die gemeinsame Pause mit Ihnen möglichst schnell beenden? Und nun eine andere Variante: Sie befinden sich in derselben Situation wie zuvor, stehen zu Beginn Ihrer neuen Tätigkeit mit den Kollegen in der Kaffeeküche, diese jammern über die Arbeitsbedingungen. Diesmal halten Sie sich mit der Begeisterung über den neuen Arbeitgeber zurück. Wenn Sie doch etwas lobenswert erwähnen, relativieren Sie es direkt wieder. Das Essen in der Kantine schmeckt prima, allerdings kennen Sie das ja von anderen Firmen, am Anfang ist alles neu und gut, aber mit der Zeit wiederholen sich die Gerichte sehr schnell und werden einem über. Und was die Köche da ins Essen mischen, damit es gut schmeckt, möchte man ja eigentlich auch gar nicht wissen. Diese eine Führungskraft ist ja wirklich nett, aber genau so einen Typ Chef hatten Sie schon mal und der war nur so zuvorkommend, damit man auch die ganzen unbezahlten Überstunden und Sonderaufgaben übernimmt. Und dass die Büros so schick eingerichtet sind, ist ja wohl das Mindeste bei dem Arbeitsvolumen, das man zu bewältigen hat. Was denken Sie, wie die Kollegen jetzt reagieren? Bei welcher der beiden Varianten wird wohl schneller das Gefühl einer Gemeinschaft entstehen? Leider zumeist beim gemeinsamen Jammern, denn dadurch erfüllen Sie eine Regel unseres steinzeitlichen Denkens: »Pass dich der Gemeinschaft an, damit du in ihr aufgenommen wirst und nicht hilflos alleine dastehst.«   Die Kiste in unserem Kopf Wie sehr uns die steinzeitlichen Denkmuster einschränken, ist uns selten bewusst. Mit dem folgenden Experiment können Sie sich selbst davon überzeugen, wie überempfindlich unser Gehirn auf die kleinsten Veränderungen reagiert. Experiment »Verschränkte Finger« Bitte verschränken Sie die Finger Ihrer Hände, wie Sie es beim Beten tun. - Machen Sie sich bewusst, welcher Ihrer beiden Daumen oben liegt. Ist es der rechte oder der linke? - Nehmen Sie Ihre Hände wieder auseinander, schütteln Sie diese aus und verschränken wieder die Finger. - Welcher Daumen liegt jetzt oben? - Trennen und schütteln Sie noch einmal Ihre Hände und verschränken Sie noch einmal Ihre Finger. - Welcher Daumen ist nun der obere?   Ich bin kein Hellseher und trotzdem bin ich mir sicher, dass es immer derselbe Daumen ist - aus Gewohnheit. Und nun schaffen Sie bewusst eine kleine Veränderung des »Normalzustandes«: - Verschränken Sie noch einmal Ihre Hände. - Tauschen Sie die Reihenfolge Ihrer Finger. Angefangen bei den kleinen Fingern, dann Ringfinger usw. bis am Ende auch die Daumen getauscht sind, sodass nun der Daumen oben liegt, der zuvor nie der obere war.   Wie fühlt sich das an? Komisch, oder? Ein unangenehmes Gefühl und vielleicht haben Sie jetzt sogar das Verlangen, die Hände wieder zu trennen oder zumindest die Reihenfolge der Finger zurückzuändern in Ihr gewohntes Muster.     Dieses Experiment hat Sie erleben lassen, wie sehr unsere steinzeitlichen Denkmuster oder, bildlich gesprochen, unser kleiner Jammerlappen uns davon abhalten will, Dinge anders zu tun als sonst. Wir haben uns irgendwann in der Kindheit angewöhnt, unsere Hände auf eine bestimmte Art und Weise zu falten. Unser Jammerlappen hat gelernt, dass uns nichts geschieht, wenn wir die Hände in dieser Art verschränken, und so wurde das Verhalten auf einer Art internen Liste unter den Attributen »ungefährlich, vielleicht sogar hilfreich« abgespeichert. Von da an schenkte unser Gehirn der Art, wie wir unsere Hände falten, keine große Aufmerksamkeit mehr, dies hatte ja schließlich die Unbedenklichkeitsüberprüfung bestanden. Eben gerade hatten Sie aber die volle Aufmerksamkeit Ihres Jammerlappens, da Sie etwas Ungewöhnliches getan haben: Sie haben Ihre Hände auf eine andere Art verschränkt. Dabei ist es vollkommen gleichgültig, wie Sie Ihre Hände falten, zumindest ist die ungewohnte Art nicht lebensbedrohlich. Trotzdem reagiert Ihr Gehirn übervorsichtig und möchte Sie am liebsten davon abhalten, Ihr Verhalten »fahrlässig« zu verändern. Wenn eine solch kleine Abweichung von unserem üblichen Verhalten unser Gehirn schon in Alarmbereitschaft versetzt, wie ist es dann erst bei etwas größeren Veränderungen, die nötig werden, wenn Sie mit Ihrem aktuellen Leben nicht mehr zufrieden sind? Ihre Arbeit macht Ihnen keinen Spaß mehr, aber diese kleine Stimme gibt zu bedenken: »Behalte deine Stelle besser, da weißt du, was du hast!« oder »Mach dich bloß nicht selbstständig, das ist viel zu gefährlich!« Vielleicht möchten Sie auch nur Ihr Aussehen verändern. »Das kannst du doch nicht anziehen, und die Frisur ist viel zu gewagt. Was sollen denn die Leute denken?«, heißt es dann. Oder Sie möchten sich von Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin trennen, weil es einfach nicht mehr passt. Auch dann werden sich die steinzeitlichen Denkmuster melden mit Ratschlägen wie »Wenn du dich jetzt trennst, wirst du nie wieder so einen Lebenspartner finden. Du wirst auch nicht jünger!« Und gehen Ihnen diese Sätze gar nicht selbst durch den Kopf, dann kommen Sie früher oder später von Ihren Mitmenschen und der kleine Jammerlappen in Ihrem Gehirn wird zustimmend nicken. Ihnen fallen wahrscheinlich noch viele weitere Situationen ein, in denen Sie einen inneren Widerstand vor Neuerungen und Veränderungen gespürt haben. Unser steinzeitliches Gehirn klammert sich aber nicht nur am Gewohnten fest, um uns vor vermeintlichen Gefahren zu schützen, sondern es ist auch ständig damit beschäftigt, zu beobachten und zu analysieren, was außerdem noch alles lebensbedrohlich für uns sein könnte und daher vermieden werden sollte. In der Steinzeit sah das dann vielleicht so aus, dass unsere Vorfahren einen Stammesgenossen dabei beobachtet haben, wie er leichtfertig auf eine Beerenart an einem Strauch zustürmte, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Während jene Urahnen, bei denen der mentale Beschützer bestens funktionierte, nie auf die Idee gekommen wären, diese unbekannte Frucht zu probieren, hat der neugierige Stammesgenosse sich die Beere direkt in den Mund gesteckt und sah sich schon als der Entdecker einer neuen kulinarischen Sensation. Und während er noch darüber nachdachte, was diese neuartige Beere für seine Zukunft bedeuten könnte, wunderte er sich vielleicht, warum sie so bitter schmeckte, und stellte überrascht fest, dass er seine Beine nicht mehr bewegen konnte, seine Arme nicht mehr spürte und ihm das Atmen immer schwerer fiel. Kurz bevor er sich durch den Genuss der unbekannten Frucht selbst in die ewigen Jagdgründe beförderte, wurde ihm dann klar, warum wohl noch nie jemand zuvor davon gekostet hatte. Unsere Vorfahren haben das Ganze aus sicherer Entfernung betrachtet und daraus gelernt, dass diese Beere auch in Zukunft am Strauch bleiben sollte. Genauso wie damals sammelt unser Gehirn auch heute noch durch Beobachten Informationen über all die Dinge und Verhaltensweisen, die unser Leben gefährden könnten. Deshalb gibt es für unseren Jammerlappen auch nichts Schöneres als einen Abend vor dem Fernseher. Dort bekommt er zwar jede Menge Horrorszenarien frei Haus geliefert, ihm kann aber nichts passieren. Der Haken bei der Sache ist nur, dass unser Gehirn nicht zwischen realen und fiktiven Gefahren unterscheidet. Angenommen, Sie schauen Nachrichten. Dabei wird über einen Wirbelsturm berichtet, der viele Verletzte und Todesopfer durch herumfliegende Trümmerteile gefordert hat. Danach sehen Sie einen Werbespot, in dem behauptet wird, eine Hausfrau könne den Haushalt ohne das neue antibakterielle Handwaschmittel einfach nicht in den Griff bekommen. Unser Jammerlappen lernt daraus, dass Wirbelstürme gefährlich sind, da man durch herumfliegende Trümmerteile erschlagen werden könnte. Aber er glaubt nun ebenfalls, normale Handwaschseife sei gefährlich, da man sich damit nicht die ganzen hinterhältigen Bakterien vom Hals halten könne, die überall im Haushalt lauern. Wir werden in Zukunft, ganz unbewusst, Schutz suchen, sollte ein Sturm im Anmarsch sein. Diese Lernerfahrung ist sinnvoll, da Wirbelstürme tatsächlich lebensbedrohlich sein können. Allerdings steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass wir beim nächsten Supermarktbesuch intuitiv nach dem antibakteriellen Handwaschmittel greifen, auch wenn dieses in Wahrheit vollkommen überflüssig ist. Obwohl wir bisher bestens ohne antibakterielle Mittel im Haushalt überlebt haben, schafft es die Werbung durch die suggerierte Gefahr, ganz gezielt unseren Jammerlappen zu kitzeln. Noch nie gab es so viele antibakterielle Mittel wie heute. Antibakterielle Spülmittel, Feuchttücher, Badreiniger, Mundspülungen, Zahncremes, außerdem Wäsche-Hygienespüler, Hand-Desinfektionsgels für unterwegs, Desinfektions-Oberflächensprays, antimikrobielle Textilien und Schneidebretter und vieles mehr. Wie haben wir nur die letzten Jahrtausende ohne all dies überlebt? Mein absolutes Highlight sind antibakterielle Müllbeutel. Ja, Sie haben richtig gelesen! Wenn Sie das nächste Mal in einen Drogeriemarkt gehen, halten Sie Ausschau danach. Es klingt absurd, aber es gibt sie tatsächlich und wir kaufen diesen Quatsch, obwohl uns unser Verstand sagt, dass er unnötig ist. Die steinzeitlichen Überlebensstrategien sind stärker als unsere Ratio.
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