Die Fünf Wandlungsphasen – Das Tor zur chinesischen Medizin 2
Alles, was existiert, ist Qi 3
Die vier kosmischen Qi-Qualitäten Süden, Norden, Osten und Westen 4
Die Fünf Wandlungsphasen – fünf Grundenergien des ursprünglichen Qi 7
Die Fünf Wandlungsphasen – System zyklischer Bewegung 8
Die Fünf Wandlungsphasen – Qualitäten im Hier und Jetzt 9
Chinesische Medizin – Modell für eine moderne Medizin ganzheitlichen Heilens 12
Die Fünf Wandlungsphasen – Das Tor zur chinesischen Medizin
Die Fünf Wandlungsphasen sind das Kernstück der chinesischen Medizin. Sie beschreiben alles, was im Universum existiert, und stellen es in eine höhere Sinngebung und Ordnung, deren Ausgangspunkt das Dao ist.
Die Wandlungsphasen setzen nicht nur die kosmischen und irdischen Erscheinungsformen in Beziehung zueinander, verbinden nicht nur den Menschen mit Himmel und Erde und implizieren die untrennbare Ganzheit von Körper, Geist und Seele, sondern sie sind auch Sinnbild des ewigen Werdens und Vergehens, des zyklischen Ablaufs aller Lebensprozesse in Raum und Zeit.
Für das Verständnis der chinesischen Medizin ist die Kenntnis des Systems der Fünf Wandlungsphasen unerlässlich. Je tiefer man ihre energetische und geistige Welt durchdringt, desto mehr Schätze erschließen sich einem – weit über die Medizin hinaus – für das eigene Leben.
Ausgangs- und Endpunkt all dieser Betrachtungen ist das, was die Chinesen als wu ji, die Leere, bezeichnen. Es ist der namenlose Urgrund allen Seins, den niemand wissen kann, das große Geheimnis der Schöpfung. Als Menschen versuchen wir, das, was nicht benannt werden kann, in Worte zu fassen, um das Unfassbare fassbar und uns verständlich zu machen. Der Versuch, die schöpferische Leere in Worten auszudrücken, heißt im chinesischen Kontext Dao. Dao gibt dem nicht zu Benennenden einen Namen, ist der Name des Ursprungs von Kosmos und Schöpfung. Und Dao steht am Anfang aller Dinge, so wie „am Anfang das Wort war“.1
Laotse, der Autor des Dao De Jing2, sagt:
Wenn du Dao sagen kannst, dann ist es schon nicht mehr das ewige Dao.
Es ist das Eine, der eine Ursprung, aus dem alles hervorgeht –, etwas, das nicht in Worte zu fassen ist.
Die chinesische Kosmogonie wird bei Laotse so formuliert:
Dao erzeugt eins,
eins erzeugt zwei,
zwei erzeugt drei
und drei erzeugt die 10000 Dinge.3
Aus dem Einen, dem Prinzip der Einheit, entsteht die Welt der Dualität. In der Sprache der Chinesen heißt das Yin und Yang. Die Dinge der Welt können nur in ihrer Gegensätzlichkeit beschrieben werden, der Tag nur als Tag erkannt werden, weil es die Nacht gibt, der Himmel nur als Himmel, weil es die Erde gibt. Yin und Yang werden nicht als sich ausschließende, sondern als sich ergänzende Prinzipien betrachtet, bei denen das eine ohne das andere nicht existent ist. Und Yin und Yang sind keine statischen Größen, sie fließen und gehen ineinander über, wie im Sinnbild der Monade zu sehen ist, wo Yin und Yang in einer fließenden Wellenbewegung ineinander übergehen. So geht der Tag in die Nacht über und der Sommer in den Winter. Und nichts ist im Verständnis der chinesischen Medizin absolut: Im Yin ist stets schon das Samenkorn des Yang enthalten und umgekehrt.
Bei Yin und Yang handelt es sich um ein universelles Ordnungsprinzip. Allein mit den Begriffen Yin und Yang ist noch nichts auf dieser Welt erschaffen. Andererseits lässt sich alles in diesem Universum nach Yin und Yang sortieren, kann ihren spezifi-schen Qualitäten zugeordnet werden. Das chinesische Schriftzeichen von Yin stellt die Schattenseite eines von der Sonne beschienenen Berges dar.4 Yin entspricht so dem Dunklen, der Nacht, dem Mond, und – da es in der Nacht kälter ist als am Tag – der Kälte und dem Winter. In weiterer Analogie entsprechen dem Yin auch die Ruhe und das weibliche Prinzip.5
Yang ist die entgegengesetzte Tendenz. Das Schriftzeichen von Yang zeigt die sonnenbeschienene Seite des Berges6 und gleicht somit dem Hellen, dem Tag und der hellen Sonne am Himmel. Aber ebenso steht es für Wärme, Sommer, Aktivität und das männliche Prinzip.
Wenn es nun im Dao De Jing weiter heißt: „Zwei erzeugt drei“, so kommt es hier zum konkreten Schöpfungsakt. Yin und Yang erzeugen durch ihre Polarität Spannung. Zwischen den Polen beginnt es zu fließen. Und das, was fließt, ist Energie – die Chinesen sprechen von Qi. Alle Dinge dieses Kosmos sind Qi – ihre Form und Gestalt, ihre Substanz wie ihre Energie.
So entfaltet sich aus der Einheit des namenlosen Dao die Welt der Dualität, aus deren polarer Spannung alles Qi dieses Kosmos hervorgeht, womit jede Manifestation des Kosmos in dieser Einheit und dem ursprünglichen Strom der kosmischen Energie – dem Qi – gründet.
Alles, was existiert, ist Qi
Wenn wir vom Konzept des Qi ausgehen, dann ist alles im Universum Qi: der Himmel über uns genau so wie die Erde unter uns. Die Sonne, der Mond, die Sterne, die Berge, die Täler, die Meere und Flüsse sind alles Qi. Der Mensch ist Qi, seine Organe, Gewebe, seine Gefühle, sein Denken sind Qi.
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In der modernen Quantenphysik gibt es schon seit etwa 70 Jahren die Erkenntnis, dass es eigentlich gar keine Materie gibt. Bereits in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts hat Max Planck das gesagt. Für die Kernphysik lässt sich letztlich jede Erscheinungsform auf Quantenenergiefelder zurückführen – Felder, die eine bestimmte Information tragen. Ich halte das für ein Äquivalent des alten Begriffs von Qi. Die alten Hochkulturen im Osten wie im Westen hatten schon damals erkannt, dass jeder stofflichen und nichtstofflichen Manifestation nicht nur Energie zugrunde liegt, sondern sie Energie ist. In China hat man dazu Qi gesagt, in Indien Prana, im klassischen Griechenland war es Pneuma und bei den Hebräern Ruach. So ist alles, Stoff und Nicht-Stoff, Energie und die ihr innewohnende Information. Die jeweiligen Manifestationen kommen durch Interferenzbildung von kohärenten Schwingungen und der in ihr enthaltenen Information zustande. Information ist hierbei durchaus wörtlich zu verstehen im Sinne von Information: sie bringt etwas in Form und Gestalt. Die Grob- oder Feinstofflichkeit der jeweiligen Manifestation hängt neben der Information auch von der Schwingungsfrequenz ab: Materie hat eine niedere Schwingungsfrequenz als Gefühls- oder Gedankenformen.
Die stofflichste Manifestation von Qi ist die unbelebte Materie. Sie ist relativ niederfrequent. Schon etwas höher schwingend sind die vegetativen Lebensformen, die dem Pflanzenreich oder beim Menschen den vegetativen Funktionen entsprechen. Die Ebene der Emotionalität ist bereits Energie im nichtstofflichen Bereich und entspricht wie auch die Trieb- und Instinktebene dem animalischen Bereich. Die nächste Ebene ist dann die der Gedankenformen. Verstand und Intellekt sind von allen Lebensformen allein dem Menschen eigen. Ihre Energiefelder schwingen noch frequenter als die vorigen. Alle Energie- und Schwingungsebenen gehen dabei fließend ineinander über.
Aber mit den Verstandesformen ist das Qi-Kontinuum noch nicht zu Ende. Über den Verstand hinaus haben die Menschen noch weitere Bewusstseinskapazitäten. Das, was wir Seele nennen, ist vermutlich ebenfalls eine nichtstoffliche Energieform – ein höheres Bewusstsein. Die Begriffe Seele und höheres Bewusstsein sind nur Konzepte von etwas, worüber es kein bewusstes Verstandeswissen gibt, aber dennoch ist ihre Existenz durch die Erfahrung der Menschen auf der ganzen Welt bezeugt. Und auch dieser Bereich korreliert mit schwingenden Energiefeldern im Menschen.
Dies ist jedoch noch nicht das Ende des menschlichen Energiefeldes, denn der Mensch endet nicht an seinen äußerlich sichtbaren Grenzen. Seine Individualität geht darüber hinaus und geht in eine Transpersonalität über. Unser individuelles Bewusstsein hat nahtlos Anschluss an alle Bewusstseinsebenen des gesamten Universums, an die Gesamtheit des universellen Bewusstseins. (s. S. 262)