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Screening Youth

Eine Studie über den Zusammenhang von Depression, Angst, Alkohol- und Nikotinkonsum im Jugendalter

AutorLisa Stadtmüller, Tamara Hagmaier
VerlagHirnkost
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl297 Seiten
ISBN9783943774832
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Diese Studie erforscht das Vorkommen depressiver Symptome im Jugendalter, die Lebenssituation und den Alkohol- und Nikotinkonsum von Jugendlichen. Suizidgedanken werden erfragt und verschiedene subklinische Ängste identifiziert. Ziel ist es, diese Themen in Zusammenhang zu bringen und zu überprüfen, ob Unterschiede zwischen den Schularten Hauptschule, Realschule und Gymnasium sowie den Jahrgangsstufen 7, 8 und 9 zu finden sind. Hierzu wird einer quasi-repräsentativen Stichprobe aus 495 Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren ein eigens für die Untersuchung konstruierter Fragebogen vorgelegt. Bei ca. 20 % der Jugendlichen finden sich depressive Symptome, 40 % rauchen und 75 % trinken Alkohol, wobei vor allem das frühe Einstiegsalter und das Ausmaß des Konsums auffällig sind. Weiterhin zeigen sich multiple Zusammenhänge aller Bereiche, welche verdeutlichen, dass die Probleme der Jugendlichen sehr komplex sind. Differenziert nach Klassenstufe und Schulart finden sich je nach Bereich unterschiedliche Ergebnismuster.

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Leseprobe

6. Methode


6.1 Die Güte der Selbstauskünfte von Jugendlichen


Für die geplante Untersuchung waren folgende Methoden bzw. Datenquellen als möglich zu erachten: Fremdbeurteilung, Selbstbeurteilung oder eine Kombination aus beidem. Um eine Auswahl der Methode für die vorliegende Studie zu treffen, wurde die einschlägige Literatur über die Güte der Selbstauskünfte von Jugendlichen herangezogen.

Achenbach und Kollegen (1987) beschreiben in ihrer Metaanalyse den auffälligsten Befund, der dem aktuellen Forschungsstand zu entnehmen ist. Demnach stellte sich heraus, dass die Beurteilerübereinstimmung zwischen Jugendlichen und ihren Eltern mit r = .25 nur gering ist. Insbesondere bei der Beurteilung des Ausmaßes von Verhaltensauffälligkeiten scheinen die Unterschiede besonders groß zu sein. Darüber hinaus fand Plück et al. (1997) heraus, dass die Unterschiede in der Beurteilerübereinstimmung mit dem Geschlecht konfundiert sind. So zeigten sich bei männlichen Jugendlichen größere Unterschiede in der Beurteilerübereinstimmung mit ihren Eltern als dies bei Mädchen der Fall war.

Ingesamt verdeutlichen die Ergebnisse, dass Jugendliche ihr eigenes Verhalten im Allgemeinen als auffälliger einstuften als ihre Eltern. Gründe für diese Diskrepanzen könnten neben Messfehlern auch Simulations- bzw. Dissimulationstendenzen sowie verschiedene Urteilsanker sein, welche dazu führen, dass das gleiche Verhalten unterschiedlich bewertet wird. Zudem könnte eine unterschiedliche Informationsbasis und situationsspezifisches Verhalten einen Einfluss haben. So besitzen die Eltern der Jugendlichen beispielsweise nur Einblick in einige Lebensbereiche ihrer Kinder und sind sich daher des möglichen situationsspezifischen Verhaltens ihrer Kinder nicht bewusst. Da für die vorliegende Studie davon ausgegangen wird, dass die zu erfragenden Bereiche des jugendlichen Verhaltens zu einem nicht unerheblichen Teil außerhalb des elterlichen Einblicksbereiches stattfinden (z.B. der Alkohol- sowie der Nikotinkonsum), wurde auf die Selbstauskünfte der Jugendlichen zurückgegriffen.

Hinzu kommt, dass sich bei Befragungen, die sich thematisch mit internalisierenden Störungen (z.B. einer Depression) befassen, Selbstauskünfte als wesentlich informativer und genauer erwiesen haben. Der Grund hierfür ist zum einen, dass sich diese Erkrankungen verstärkt im Inneren der betroffenen Person abspielen und es teilweise keinerlei äußere Hinweise gibt, welche einem Außenstehenden helfen könnten, die Krankheit zu erkennen und deren Ausmaß einzuschätzen. Zum anderen kann eine Reihe von internalisierenden Störungen (z.B. Angststörungen, Depression, etc.) mit sozialem Rückzug bzw. sozialer Isolation einhergehen, welche das Erfassen der Erkrankung durch das Umfeld zusätzlich erschweren. Demzufolge gelten die Jugendlichen, sofern sie über gewisse sprachliche Fertigkeiten, eine angemessene Fähigkeit zur Selbstreflexion und ein ausreichendes Erinnerungsvermögen verfügen, auch als die zuverlässigste Informationsquelle bei der Erfassung von internalen Störungen (Merrell, 1999).

Aus den aufgeführten Gründen sollen die Jugendlichen daher in der vorliegenden Arbeit ihre Lebenssituation, ihre subjektive Befindlichkeit und insbesondere ihr eigenes Verhalten selbst reflektieren und wiedergeben. Nachdem nun auf die Frage nach der Informationsquelle eingegangen wurde, soll im Folgenden erörtert werden, welche Methode sich am besten für die Erhebung der Auskünfte der Jugendlichen eignet.

Die meisten Studien unterscheiden hierbei zwischen dem Einsatz von Fragebögen als Messinstrumenten und strukturierten Interviews als Methode zur Datengewinnung. Ein großer Vorteil einer schriftlichen, im Gegensatz zur mündlichen, Befragung ist, dass sie als wesentlich kostengünstiger angesehen werden kann und in zeitlicher Hinsicht als ökonomischer. So ist es in Abhängigkeit von der Länge des Fragebogens möglich, in relativ kurzer Zeit sehr viele Versuchspersonen (Vpn) zu befragen. Durch die Bildung von Versuchspersonengruppen wie z.B. Schulklassen kann dadurch zudem der Erhalt einer ausreichend großen Stichprobe gesichert werden.

Ebenfalls für die Verwendung von Fragebögen sprechen die Gütekriterien: So sind die Durchführungs-, Registrierungs- und Auswertungsobjektivität bei schriftlichen Befragungen insbesondere mit geschlossenen Antwortformaten gegeben. Zudem ermöglicht die Verwendung von Fragebögen im Vergleich zum Interview eine höhere Vergleichbarkeit der von den Vpn gegebenen Antworten. Dies ist besonders dann von großer Bedeutung, wenn die individuellen Testwerte einer Versuchsperson relativ zu einer Vergleichsgruppe betrachtet werden sollen.

Die Reliabilität von Fragebögen hängt von der Sorgfältigkeit der Konstruktion ab, des Weiteren von der verwendeten Berechnungsmethode sowie dem erfassten Konstrukt. Mit Reliabilitäten von .80 bis .90 in Konsistenzanalysen sind diese Werte im Allgemeinen nicht schlechter als bei Leistungstests. Aufgrund meist fehlender Außenkriterien ist die Gestaltung eines validen Fragebogens dagegen sehr schwierig. Auch in der vorliegenden Studie wäre es aus methodischer Sicht wünschenswert gewesen, zusätzlich zu den subjektiven Selbstauskünften der Jugendlichen objektive Maße für deren konkretes Verhalten zu haben. Beispielsweise hätten die Angaben hinsichtlich ihres Nikotin- oder Alkoholkonsums durch Fremdbeurteilungen oder Beobachtung des tatsächlichen Trinkverhaltens validiert werden können.

Weitere methodische Probleme einer schriftlichen Befragung ergeben sich aus der Fragebogenkonstruktion. So unterschätzen gebundene Antwortformate die Individualität der Antworten der Vpn, da keine differenzierte Antwort möglich ist. Auch ist die Wahrscheinlichkeit für Antworttendenzen bei geschlossenen Fragen höher als bei offenen. Beispielsweise tritt bei einer ungeraden Anzahl von vorgegebenen Antwortmöglichkeiten oftmals eine Tendenz zur Mitte oder zu extremen Antworten auf. Weiterhin ist die Tendenz zur unkritischen Zustimmung bzw. Ablehnung bei geschlossenen Fragen zu beachten, während dies bei einem offenen Antwortformat nicht der Fall ist. Allerdings beinhalten offene Antwortformate die Gefahr, dass die Versuchsperson die betreffende Frage nur unzureichend beantwortet und die Standardisierbarkeit der Antworten nicht mehr gewährleistet werden kann. Dies drückt sich insbesondere in einer schlechteren Auswertungsobjektivität und Interpretation der Ergebnisse aus. Letzteres ist allerdings auch beim mündlichen Interview der Fall. Ein weiterer Nachteil offener Fragen ist, dass sie meist zu einer wesentlich längeren Testdauer führen und somit unökonomischer sind. Insgesamt scheint daher ein Fragebogen bestehend aus einer Mischung verschiedener Antwortformate die beste Lösung zu sein, um möglichst reliable und valide Auskünfte der befragten Personen zu erhalten.

Eine wichtige Voraussetzung für die Durchführung einer schriftlichen Befragung ist zudem eine hohe Strukturierbarkeit der Befragungsinhalte. Ist der zu erhebende Inhalt sehr komplex oder handelt es sich bei den Befragten um eine spezielle Gruppe (z.B. Kinder, Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen, etc.), muss insbesondere in der Fragebogenkonstruktion auf eine angemessene sprachliche Gestaltung geachtet werden. Stellt sich im Interview die Frage nach den steuernden Eingriffen seitens des Versuchsleiters, so ist es in schriftlichen Befragungen die relativ unkontrollierte Erhebungssituation, welche den wohl größten Nachteil darstellt. Allerdings kann diese Einschränkung ausgeglichen werden, indem mehrere Probanden gleichzeitig unter standardisierten Bedingungen (z.B. standardisierten Instruktionen) und unter Anwesenheit eines Versuchsleiters befragt werden.

Generelle Probleme bei einer schriftlichen Befragung liegen auch auf der Seite der Probanden. So sollte der Fragebogen möglichst wenig anfällig gegenüber Verfälschungstendenzen sowie sozial erwünschten Antworten sein. Des Weiteren sollte auf Positions- und serielle Effekte sowie auf die Länge des Fragebogens geachtet werden, um Ermüdungserscheinungen bei den Probanden so gut wie möglich zu vermeiden.

Trotz der vielen insbesondere zeitökonomischen Vorteile einer schriftlichen Befragung bleibt zu beachten, dass der Informationsgewinn bei diesem Messinstrument im Vergleich zur mündlichen Befragung durchaus begrenzt ist. Zwar beantworten hierbei die Befragten die gestellten Fragen, lassen aber möglicherweise für das nähere Verständnis bedeutsame Zusatzinformationen wegfallen. Durch ein Interview können solche qualitativen Informationen ohne Probleme miterfasst werden. Weiterhin kann während der Zeit des Interviews auch eine Verhaltensbeobachtung stattfinden und so vergleichsweise objektivdiagnostische Daten liefern.

Aufgrund der schlechten Standardisierbarkeit, dem hohen Zeitaufwand, dem unkontrollierbaren Einfluss des Interviewers auf den Befragten und der unnatürlichen Situation, welche sich ungünstig auf die Verhaltensbeobachtung auswirkt, wurde allerdings letztlich entschieden, in der vorliegenden Untersuchung...

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