2. Branding ist die Summe aller Dinge, die ein Unternehmen erfolgreich macht
Große Unternehmen und ihre Zielgruppen
Große Unternehmen, die ihre Markenprodukte über den Handel vertreiben, müssen sich auf die Entwicklung einer starken Eigenmarke mit hoher Qualität und Markenpositionierung konzentrieren, was Investitionen in die Lieferkette und eine partnerschaftliche Lieferantenbeziehung erfordert. Diese sind verantwortlich für das Massenmarketing und die Kommunikation des Markenimages über die Filialen. Daher bemühen sich große Unternehmen um den Aufbau direkter Kundenbeziehungen über den Handel mittels diverser Kundenbindungsprogramme.
Großunternehmen haben zwei Hauptzielgruppen: zum einen den Handel bzw. die Einkaufszentralen der Handelskette und zum anderen die Endkunden, die ihr Produkt kaufen sollen. Zum Endkunden besteht außer wenigen Ausnahmen in der Regel kein direkter Kontakt. Die wichtigste Zielgruppe, um die sie sich kümmern müssen, sind die Einkaufszentralen und Filialisten an der Front.
Probleme der Filialen
Die Filialisten hingegen müssen sich mit ganz anderen Problemen beschäftigen. Neben der Produktpalette, der Kalkulation und der Platzierung, der Werbung und dem Konkurrenzproblem vor Ort müssen sie sich auch darüber Gedanken machen, ob die schlechte Laune der Mitarbeiter die jahrelangen sorgfältigen Bemühungen um Loyalitätsaufbau Kundenbindung, Service und Kundenfreundlichkeit zunichte machen. Verliert eine Filiale Sympathie und Kunden, so verlieren auch die Marken an Umsatz, zumindest in diesem Markt. Welchen Wert jeder einzelne Kunde hat, dürfte wohl jedem klar sein. Einen neuen Kunden zu finden und zu binden ist in der Regel siebenmal teurer, als einen alten Kunden zu binden oder einen unzufriedenen Kunden in einen zufriedenen umzuwandeln.
Überfordert von der täglichen Warenflut im Supermarkt: die Hausfrau
Abhängigkeiten, die den Branding-Prozess verzögern
Ein Unternehmen, das seine Produkte über einen eigenen oder freien Vertrieb in den Handel oder an Endkunden vertreibt, kann in einem starken Abhängigkeitsverhältnis stehen und den Markenaufbau erheblich bremsen. Der Vertrieb an der Front repräsentiert durch seine persönliche Beziehung in der Regel sehr stark das Unternehmen nach außen. Je nachdem, wie Vertriebsstruktur und Verträge gestaltet sind, entscheidet der Vertrieb über Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens.
Ein Beispiel
Ein mittelständischer Schuhhersteller, der feste Gebiets- und- Provisionsverträge mit seinen eigenen und freien Vertriebsmitarbeitern einging, war auf das Engagement und die Motivation seines Vertriebs angewiesen. Für die unterschiedlichen zielgruppenorientierten Produktgruppen wurden Produktphilosophie und Alleinstellungsmerkmale erarbeitet und jedes Produkt als eigenständige Marke aus bestem Hause positioniert.
Produktphilosophie für den Mülleimer
Zum Schrecken aller stellte man fest, dass manche Vertreter Displays und Werbematerial aus mangelndem Platz in ihrem Auto im Müllcontainer entsorgten. Die teuer erarbeitete Produktphilosophie und Alleinstellungsmerkmale, um das Markenbewusstsein zu fördern, wurden von einigen gar nicht oder nur halbherzig weitergetragen!
Und das, was zurückgerechnet scheinbar den größten Verlust brachte, war das Ausscheiden eines Mitarbeiters. Nachdem er aus gesundheitlichen Gründen aufgehört hatte, musste das Unternehmen allerdings feststellen, dass ein neuer Mann den Umsatz innerhalb eines Jahres verdoppelte, in einem anderen Gebiet sogar verdreifachte. Ein typisches Beispiel dafür, dass mancher Vertriebsmann lieber die Kunden besuchte, bei denen er willkommen war, um dem Stress der Neukundengewinnung aus dem Wege zu gehen. Wie viele Millionen Umsatz dem Unternehmen in den letzen Jahren verloren gegangen waren und den Markenaufbau verzögert hatten, konnte man nur vermuten.
Ein schlecht motivierter Vertrieb kann nicht nur zu erheblichen Umsatzeinbußen führen, sondern auch den Markenaufbau verzögern.
Das Problem der internen Kommunikation
Ein Gewinnspiel ohne Gewinner
Als ein Marktführer für Kopiersysteme vor etwa 18 Jahren, als Schreibmaschinen noch gefragt waren, eine neue vollelektronische Schreibmaschine auf den Markt bringen wollte, entwickelte die Agentur ein umfangreiches Dialogmarketing-Konzept. Durch eine intelligente Response-Anzeigenkampagne mit einem Gewinnspiel bzw. Intelligenztest, der genau die wichtige Zielgruppe der Sekretärinnen ansprach, schaffte man es, eine ungewöhnlich hohe Beteiligung von potenziellen Interessenten zu generieren. Die Adressen wurden sofort an das Unternehmen bzw. den Vertrieb weitergeleitet, und alle hofften auf den großen Verkaufserfolg. Doch der Erfolg blieb aus, und die Agentur bekam massive Vorwürfe. Nachdem man dann alle Vorgänge analysiert hatte, stellte sich heraus, dass der Vertrieb nicht ausreichend über die Aktion informiert worden war und die Gewinnkarten nicht als Türöffner, sondern als lästige Mehrarbeit interpretiert hatte.
Der Start einer neuen Marke kann auch an mangelnder interner Kommunikation scheitern.
Beschwerdeabwehrstrategien und Arroganz machen miese Stimmung
Fehlender Dialog
Als massive Beschwerden aus der Bevölkerung über unfreundliche Beamte Zunahmen, sah sich eine deutsche Großstadt gezwungen, diesen Vorwürfen nachzugehen. Man beauftragte ein unabhängiges Institut, die Ursachen zu identifizieren und durch entsprechende Maßnahmen Abhilfe zu schaffen. Nach Testanrufen und Beobachtung derer, die die Anrufe der Bürger entgegennahmen, war die Ursache schnell klar. Die meisten Kontaktpersonen in den Ämtern waren schlechte Zuhörer, verhielten sich gegenüber Hilfe Suchenden arrogant und verstanden ihren Job als Beschwerdeabwehr- strategen. Nachdem man die Beamten gegen solche ausgetauscht hatte, die zuhören konnten und Achtung vor anderen Menschen hatten, veränderte sich das gesamte Stimmungsbild in der Stadt.
Problemerzeuger statt Problemlöser bereiten Verdruss im zwischenmenschlichen Bereich.
Produktionsprobleme verhindern die Einführung einer Marke
Wettlauf mit Hindernissen
Nachdem ein weltweit tätiges Unternehmen endlich ein neues Produkt mit einem Alleinstellungsmerkmal entwickelt und als neue Marke mit viel Aufwand im europäischen Markt eingeführt hatte, konnte der Vertrieb sein Auftragsvolumen innerhalb weniger Monate fast verdoppeln. Als sich die Lieferung der Produkte jedoch um Monate verzögerte und die erste Lieferung noch Mängel aufwies, schlug das anfänglich große Interesse in Unmut und Verärgerung um. Was war geschehen?
Man wusste von Wettbewerbern, dass sie ebenfalls an einer neuen Technologie arbeiteten, und wollte als Erster auf dem Markt sein, obwohl das Mischverhältnis auf Großproduktionsanlagen noch nicht ausgereift war. Zu allem Überfluss wurden die einzelnen Produktionsstätten aufgelöst und im Zuge der Sanierung zentralisiert.
Produktionsverlagerung, Produktmängel und Fehler in der Logistik können schon in der Einführungsphase dem Branding-Prozess großen Schaden zufügen.
Nicht fehlendes Know-how, sondern mangelndes Beziehungs-Management führt in die Krise
Flaute trotz Wettbewerbsvorteil
Ein großes renommiertes deutsches Bauunternehmen mit mehreren Geschäftsbereichen hatte neben einer allgemeinen Flaute einen besonderen Einbruch in einem sonst profitablen Geschäftsbereich zu verzeichnen. Bezeichnend war, dass immer mehr Ausschreibungsangebote von Mitbewerbern gewonnen wurden. Also beschloss die Geschäftsleitung, die Strategie der verantwortlichen Abteilung zu überprüfen. Nach einem zweitägigen internen Workshop mit den Verantwortlichen des Geschäftsbereiches war eine der Hauptursachen schnell analysiert. Von allen verantwortlichen Projekt-Ingenieuren praktizierte tatsächlich nur einer vorbildlich das in dieser Branche so wichtige Beziehungs-Management.
Fehlendes Beziehungs-Management macht Wettbewerbsvorteile zunichte.
Die hier aufgeführten Beispiele geben nur einen Teil der Erfahrung aus jahrelanger Praxis wieder. Sie zeigen vor allen Dingen eines: Es ist oftmals einfacher, eine Marke aufzubauen, als die Probleme, die den Aufbau verhindern könnten, abzubauen.
Faktoren des Erfolgs
Der Erfolg eines Unternehmens kann von vielen Faktoren abhängen. Deswegen ist es wichtig, dass alle Erfolgsverhinderungs-Engpässe schon im Vorfeld analysiert und korrigiert werden. Denn...