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Geschichte des dreißigjährigen Kriegs

AutorFriedrich Schiller
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl889 Seiten
ISBN9788026820093
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Geschichte des dreißigjährigen Kriegs' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Friedrich Schiller (1759-11805) war ein deutscher Dichter, Philosoph und Historiker. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dramatiker und Lyriker. Schiller gehört mit Wieland, Goethe und Herder zum Viergestirn der Weimarer Klassik. Schillers Beschäftigung mit Geschichte ist von der Aneignung und Weiterentwicklung des Spektrums der universalhistorischen Ideen der Aufklärung gekennzeichnet. Die Ästhetisierung der Geschichte als Wissenschaft, die anthropologische Wende und die Hervorhebung des Menschen als Objekt der Geschichte, die Begründung der erzieherischen Funktion der Geschichte sowie die Proklamation der Methode der historischen Analogie dienten als Schlüsselelemente nicht nur für die weitere Entwicklung des historischen Denkens von Schiller in sein historisches Werk ''Geschichte des dreißigjährigen Krieges'', sondern auch für die Entstehung seines klassischen Geschichtsdramas. Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 war ein Konflikt um die Hegemonie im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und in Europa und zugleich ein Religionskrieg. In ihm entluden sich auf europäischer Ebene der habsburgisch-französische Gegensatz und auf Reichsebene derjenige zwischen Kaiser und Katholischer Liga einerseits und Protestantischer Union andererseits. Gemeinsam mit ihren jeweiligen Verbündeten im Reich trugen die habsburgischen Mächte Österreich und Spanien ihre dynastischen Interessenkonflikte mit Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und Schweden aus. Infolgedessen verbanden sich eine Reihe weiterer Konflikte mit dem Dreißigjährigen Krieg: der Achtzigjährige Krieg (1568-1648) zwischen den Niederlanden und Spanien, der Französisch-Spanische Krieg (1635-1659) und der Torstenssonkrieg (1643-1645) zwischen Schweden und Dänemark.

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Leseprobe

Zweites Buch.



Der Entschluß, welchen Ferdinand jetzt faßte, gab dem Krieg eine ganz andere Richtung, einen andern Schauplatz und andere Spieler. Aus einer Rebellion in Böhmen und einem Executionszug gegen Rebellen ward ein deutscher und bald ein europäischer Krieg. Jetzt also ist es Zeit, einen Blick auf Deutschland und das übrige Europa zu werfen.

So ungleich der Grund und Boden des deutschen Reichs und die Vorrechte seiner Glieder unter Katholiken und Protestanten vertheilt waren, so durfte jede Partei nur ihre eigentümlichen Vortheile nutzen, nur in staatskluger Eintracht zusammenhalten, um ihrer Gegenpartei hinlänglich gewachsen zu bleiben. Wenn die katholische die überlegene Zahl für sich hatte und von der Reichsconstitution mehr begünstigt war, so besaß die protestantische eine zusammenhängende Strecke volkreicher Länder, streitbare Fürsten, einen kriegerischen Adel, zahlreiche Armeen, wohlhabende Reichsstädte, die Herrschaft des Meers und auf den schlimmsten Fall einen zuverlässigen Anhang in den Ländern katholischer Fürsten. Wenn die katholische Spanien und Italien zu ihrem Beistand bewaffnen konnte, so öffneten die Republiken Venedig, Holland und England der protestantischen ihre Schätze, so fand sie die Staaten des Nordens und die furchtbare türkische Macht zu schneller Hilfe bereit. Brandenburg, Sachsen und Pfalz setzten den drei geistlichen Stimmen im Kurfürstenrathe drei bedeutende protestantische Stimmen entgegen, und für den Kurfürsten von Böhmen, wie für den Erzherzog von Oesterreich, war die Kaiserwürde eine Fessel, wenn die protestantischen Reichsstände ihre Wichtigkeit zu benutzen verstanden. Das Schwert der Union konnte das Schwert der Ligue in der Scheide halten, oder doch den Ausschlag des Krieges, wenn es wirklich dazu kam, zweifelhaft machen. Aber Privatverhältnisse zerrissen leider das allgemeine politische Band, welches die protestantischen Reichsglieder zusammenhalten sollte. Der große Zeitpunkt fand nur mittelmäßige Geister auf der Bühne, und unbenutzt blieb der entscheidende Moment, weil es den Muthigen an Macht, den Mächtigen an Einsicht, Muth und Entschlossenheit fehlte.

Das Verdienst seines Ahnherrn Moriz, der Umfang seiner Länder und das Gewicht seiner Stimme stellten den Kurfürsten von Sachsen an die Spitze des protestantischen Deutschlands. Von dem Entschlusse, den dieser Prinz faßte, hing es ab, welche von beiden streitenden Parteien den Sieg behalten sollte; auch war Johann Georg nicht unempfindlich gegen die Vortheile, welche ihm dieses wichtige Verhältniß verschaffte. Eine gleich bedeutende Eroberung für den Kaiser und für den protestantischen Bund, vermied er sorgfältig sich an einen von beiden ganz zu verschenken und durch eine unwiderrufliche Erklärung sich entweder der Dankbarkeit des Kaisers anzuvertrauen, oder die Vortheile aufzugeben, welche von der Furcht dieses Fürsten zu gewinnen waren. Unangesteckt von dem Schwindel ritterlicher oder religiöser Begeisterung, welcher einen Souverän nach dem andern dahinriß, Krone und Leben an das Glücksspiel des Kriegs zu wagen, strebte Johann Georg dem solidern Ruhme nach, das Seinige zu Rath zu halten und zu verbessern. Wenn seine Zeitgenossen ihn anklagten, daß er mitten im Sturme die protestantische Sache verlassen; daß er der Vergrößerung seines Hauses die Errettung des Vaterlands nachgesetzt; daß er die ganze evangelische Kirche in Deutschland dem Untergange bloßgestellt habe, um nur für die reformierte den Arm nicht zu erheben; wenn sie ihn anklagten, daß er der gemeinen Sache als ein unzuverlässig er Freund nicht viel weniger geschadet habe, als ihre erklärtesten Feinde: so war es die Schuld dieser Fürsten, welche sich Johann Georgs weise Politik nicht zum Muster nahmen. Wenn, dieser weisen Politik ungeachtet, der sächsische Landmann, wie jeder andere, über die Gräuel der kaiserlichen Durchzüge seufzte, wenn ganz Deutschland Zeuge war, wie Ferdinand seinen Bundesgenossen täuschte und seiner Versprechungen spottete – wenn Johann Georg dieses endlich selbst zu bemerken glaubte – desto mehr Schande für den Kaiser, der ein so redliches Vertrauen so grausam hinterging.

Wenn übertriebenes Vertrauen auf Oesterreich und Hoffnung, seine Länder zu vermehren, dem Kurfürsten von Sachsen die Hände banden, so hielten Furcht vor Oesterreich und Angst, seine Länder zu verlieren, den schwachen Georg Wilhelm von Brandenburg in weit schimpflicheren Fesseln. Was man diesen beiden Fürsten zum Vorwurf machte, hätte dem Kurfürsten von der Pfalz seinen Ruhm und seine Länder gerettet. Rasches Vertrauen auf ungeprüfte Kräfte, der Einfluß französischer Rathschläge und der verführerische Glanz einer Krone hatten diesen unglücklichen Fürsten zu einem Wagestück hingerissen, dem weder sein Genie noch seine politische Verfassung gewachsen war. Durch Zertheilung seiner Lande und die schlechte Harmonie seiner Beherrscher wurde die Macht des pfälzischen Hauses geschwächt, welche, in einer einzigen Hand versammelt, den Ausschlag des Kriegs noch lange Zeit hätte zweifelhaft machen können.

Eben diese Zerstückelung der Lande entkräftete auch das Fürstenhaus Hessen, und die Verschiedenheit der Religion unterhielt zwischen Darmstadt und Kassel eine verderbliche Trennung. Die Linie Darmstadt, der Augsburgischen Confession zugethan, hatte sich unter die Flügel des Kaisers geflüchtet, der sie auf Unkosten der reformierten Linie Kassel begünstigte. Während daß seine Religionsverwandten für Glauben und Freiheit ihr Blut verspritzten, zog Landgraf Georg von Darmstadt Sold von dem Kaiser. Aber ganz seines Ahnherrn werth, der hundert Jahre früher unternommen hatte, Deutschlands Freiheit gegen den furchtbaren Karl zu vertheidigen, erwählte Wilhelm von Kassel die Partei der Gefahr und der Ehre. Ueber den Kleinmuth erhaben, der ungleich mächtigere Fürsten unter Ferdinands Allgewalt beugte, war Landgraf Wilhelm der Erste, der seinen Heldenarm freiwillig dem schwedischen Helden brachte und Deutschlands Fürsten ein Beispiel gab, mit welchem keiner den Anfang machen wollte. So viel Muth sein Entschluß verrieth, so viel Standhaftigkeit zeigte seine Beharrung, so viel Tapferkeit seine Thaten. Mit kühner Entschlossenheit stellte er sich vor sein blutendes Land und empfing einen Feind mit Spott, dessen Hände noch von dem Mordbrande zu Magdeburg rauchten.

Landgraf Wilhelm ist es werth, neben dem heldenreichen Stamme der Ernestinen zur Unsterblichkeit zu gehen. Langsam erschien dir der Tag der Rache, unglücklicher Johann Friedrich, edler, unvergeßlicher Fürst! Langsam, aber glorreich ging er auf. Deine Zeiten kamen wieder, und auf deine Enkel stieg dein Heldengeist herab. Ein tapferes Geschlecht von Fürsten geht hervor aus Thüringens Wäldern, durch unsterbliche Thaten das Urtheil zu beschämen, das den Kurhut von deinem Haupte stieß, durch aufgehäufte blutige Todtenopfer deinen zürnenden Schatten zu versöhnen. Deine Länder konnte der Spruch des Siegers ihnen rauben; aber nicht die patriotische Tugend, wodurch du sie verwirktest, nicht den ritterlichen Muth, der, ein Jahrhundert später, den Thron seines Enkels wanken machen wird. Deine und Deutschlands Rache schliff ihnen gegen Habsburgs Geschlecht einen heiligen Degen, und von einer Heldenhand zur andern erbt sich der unbesiegte Stahl. Als Männer vollführen sie, was sie als Herrscher nicht vermögen, und sterben einen glorreichen Tod – als die tapfersten Soldaten der Freiheit. Zu schwach an Ländern, um mit eigenen Heeren ihren Feind anzufallen, richten sie fremde Donner gegen ihn und führen fremde Fahnen zum Siege.

Deutschlands Freiheit, aufgegeben von den mächtigen Ständen, auf welche doch allein ihre Wohlthat zurück floß, wurde von einer kleinen Anzahl Prinzen vertheidigt, für welche sie kaum einen Werth besaß. Der Besitz von Ländern und Würden ertödtete den Muth; Mangel an beiden machte Helden. Wenn Sachsen, Brandenburg u. a. m. sich schüchtern zurückzogen, so sah man die Anhalt, die Mannsfeld, die Prinzen von Weimar u. a. ihr Blut in mörderischen Schlachten verschwenden. Die Herzoge von Pommern, von Mecklenburg, von Lüneburg, von Wirtenberg, die Reichsstädte in Oberdeutschland, denen das Reichsoberhaupt von jeher ein gefürchteter Name war, entzogen sich furchtsam dem Kampf mit dem Kaiser und beugten sich murrend unter seine zermalmende Hand.

Oesterreich und das katholische Deutschland hatten an dem Herzog Maximilian von Bayern einen ebenso mächtigen als staatsklugen und tapfern Beschützer. Im ganzen Laufe dieses Krieges einem einzigen überlegten Plane getreu, nie ungewiß zwischen seinem Staatsvortheil und seiner Religion, nie Sklave Oesterreichs, das für seine Größe arbeitete und vor seinem rettenden Arme zitterte, hätte Maximilian es verdient, die Würden und Länder, welche ihn belohnten, von einer bessern Hand, als der Willkür, zu empfangen. Die übrigen katholischen Stände, größtenteils geistliche Fürsten, zu unkriegerisch, um den Schwärmen zu widerstehen, die der Wohlstand ihrer Länder anlockte, wurden nach einander Opfer des Kriegs und begnügten sich, im Kabinet und auf ihren Kanzeln einen Feind zu verfolgen, vor welchem sie sich im Felde nicht zu stellen wagten. Alle, entweder Sklaven Oesterreichs oder Bayerns, wichen neben Maximilian in Schatten zurück; erst in den Händen dieses Fürsten wurde ihre versammelte Macht von Bedeutung.

Die furchtbare Monarchie, welche Karl der Fünfte und sein Sohn aus den Niederlanden, aus...

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