Suppen & Eintöpfe
Mit einer Suppe fängt vieles an. Sie ist der klassische Auftakt fürs Menü und einst startete man mit ihr sogar in den Tag. Wahrscheinlich war die Suppe auch eines der ersten Gerichte, das der Mensch in einem Topf kochte. Ganz sicher ist sie bis heute für viele der Einstieg in die Welt des Kochens – ob sie sich nun eine Tütensuppe anrühren, Mutters Eintopf nachkochen oder einen Fond für größere Aufgaben ansetzen. Fangen wir also mit der Suppe an.
Gibt es ein ursprünglicheres Gericht als Suppe? Kurz nachdem der Mensch entdeckt hatte, dass man Wasser in einem Kessel zum Kochen bringen kann, wird er sie wohl erfunden haben. Mit Fleisch und vielleicht noch etwas Getreide darin, später kamen dann Gemüse, Kräuter und Gewürze dazu, und schließlich war der Eintopf geboren – eine Mahlzeit, in die viele Zutaten hineingesteckt werden, damit sie viele Menschen satt machen kann. Daraus haben findige Köchinnen und Köche dann als Gegenstück die klare Brühe destilliert – den Ursprung der kultivierten Küche.
Die klare Brühe
Brühen sind die Basis fürs Kochen. Aus ihnen werden Saucen gemacht, mit ihnen werden Ragouts und Braten angesetzt, durch sie bekommt Gekochtes und Gedünstetes oft erst den feinen Geschmack. Und sie lassen sich vor allem mit ein paar Handgriffen in eine richtige Suppe verwandeln, die ein Essen erst so richtig rund macht wie der Kaffee oder Tee das Frühstück. In Österreich nennt man die Brühe deswegen gleich „Suppe“, in Frankreich trägt sie den Namen „Bouillon“ (wenn sie aus Rindfleisch gekocht wird) bzw. „Fond“. Lange war „die Brühe“ eigentlich immer nur Rinderbrühe. Sie ist die Ursuppe der klassischen und regionalen mitteleuropäischen Küche, durch sie sind Konzerne groß geworden, weil sie einmal mit Brühwürfeln und Suppenwürzen angefangen haben.
Inzwischen hat die Rinderbrühe aber Konkurrenz bekommen. Dabei spielt zum einen die BSE-Krise eine Rolle, bei der Rinderknochen, besonders Markknochen, genauso auf die Tabu-Liste kamen wie der klassische Brühwürfel. Aber schon vorher hatten sich unsere Koch- und Essgewohnheiten weg vom Brühe-Braten-Pudding-Menü in Richtung mehr Abwechslung bewegt. Für die sorgen heute vor allem die italienische und asiatische Küche. Und in diesen ist Hühnerbrühe „die Brühe“. Ihr Vorteil: Sie ist schneller gekocht, sie ist milder im Geschmack und sie lässt sich deswegen vielseitiger als Basis fürs Kochen verwenden. Das gilt noch mehr für die nicht nur von Vegetariern geschätzte Gemüsebrühe, die allerdings als echter Aromaträger eher ausfällt. Diese Rolle können Fisch-, Kalbs- und Wildfond schon eher übernehmen. Doch eins sollte klar sein: Für einen richtig kraftvollen Soloauftritt mit nicht viel mehr als ein paar Kräutern in der Tasse ist eine gute hausgemachte Rinderbrühe einfach die beste Besetzung.
Die cremige Suppe
Hier geht es um Suppen, die nicht mehr klar und pur sind und die noch nicht den Teller nach Eintopf-Art mit viel Gemüse, Kartoffeln oder Nudeln füllen. Suppen, die am Anfang eines Essens stehen können wie die Spargelcremesuppe oder die sogar schon ein bisschen satt machen können wie die Tomatensuppe. Was sie vereint, ist der Eindruck, den sie auf unsere Zunge machen mit ihrer vollen, cremigen Konsistenz und ihrer feinen Substanz, für die oft Gemüse die Basis ist.
Cremige Suppen sind meistens gebunden – sehr oft mit püriertem Gemüse und Sahne (manchmal gepaart mit Ei). Und manchmal auch mit allem zusammen. Die Mehlschwitze – also in Butter hell angeröstetes Mehl – ist dagegen als Suppenbindung etwas aus der Mode gekommen. Denn diese besonders günstige Methode hatte Suppen zu oft zu schwer und mächtig gemacht, so dass frische Aromen davon erdrückt wurden. Doch behutsam eingesetzt ist sie immer noch eine gute Bindung für Cremesuppen aus feinen Fonds, die durch zu viel Sahne und Ei übertönt würden – wie z.B. eine Geflügelcremesuppe.
Während klare Suppen durch ihre Einlagen oft erst richtig Charakter bekommen, sind sie bei cremigen Suppen eher die Abrundung. Und nicht selten wird dabei auf die Wirkung des Kontrasts gesetzt. So machen knuspriger Speck oder krosse Chips eine samtige Kartoffelsuppe interessant, und das Aroma von frisch gehackten Kräutern gibt einer Gemüsesuppe Pfiff, die zuvor in Ruhe ihrer Vollendung entgegengeköchelt hat.
Der Eintopf
Lange Zeit war allein er das, was man in der Küche eine „Suppe“ nannte. Und oft war das nicht mehr als ein schweres Gemenge aus weich gekochten Zutaten, das den Tag über für wenig Geld satt machen sollte. Der mittägliche Eintopf wurde dabei noch von einer Frühsuppe aus Wasser, Milch und Mehl unterstützt, die zumindest Wärme und Kraft im Morgengrauen gab. Für ein Lieblingsessen taugte keines der beiden Gerichte, und die Eintopf-Sonntage in Kriegszeiten wie die Samstags-Eintöpfe in den Jahrzehnten danach hatten das nicht geändert.
Dann kamen die Jahre, als wir gerne in fremde Töpfe schnupperten und dort so Wunderbares wie eine Minestrone, ein Cassoulet, ein Chili con carne oder eine asiatische Nudelsuppe aufspürten – allesamt herrliche Eintöpfe. Es folgte die Wiederentdeckung der Regionalküche und die Erinnerung an jene Samstage, als Mutter nach dem Gang über den Markt oder durch den Gemüsegarten einen Topf voll Pichelsteiner auf dem Herd stehen hatte. Und plötzlich waren Eintöpfe echte Lieblingsgerichte. Von der leichten Gemüsesuppe mit Kümmel über die edle Bouillabaisse bis zum opulenten Lammtopf mit Auberginen. Sie alle finden Sie auf den folgenden Seiten.
Was ist …
… eine Brühe? Fleisch und Knochen vom Rind oder Huhn, gekocht mit Gemüse und Gewürzen in Wasser. Hausgemacht ideal, aus Brühwürfeln eher eine Basis, als Pulver höchstens ein Gewürz.
… ein Fond? Französisch für alle Brühen außer der Rinderbrühe (Bouillon), steht aber meist für Basis-Brühen fürs Kochen (Kalbsfond, Fischfond). Die gibt es auch im Glas, selten als Paste oder Würfel – leider.
… eine Kraftbrühe? Fleischbrühe, die nochmals mit Fleisch angesetzt wurde (franz. Consommé), für doppelte Kraftbrühe mit mehr Fleisch bzw. weniger Brühe (Consommé double).
… eine Essenz? Jede Art von Brühe oder Fond, die für intensiveren Geschmack eingekocht wurde.
… ein Sud? Gewürzte Flüssigkeit fürs Garen (z.B. Fischsud) oder vom Garen (z.B. Spargelsud), kann Basis für Suppen sein.
… ein Süppchen? Verniedlichung von Suppe in der Gastronomie, oft in „Tässchen“. Eher überflüssig.
… Fertigsuppe? In Tüten kein Thema für gute Köche, in Gläsern und Dosen durchaus eine empfehlenswerte Basis (z.B. Ochsenschwanzsuppe), wenn Hersteller und Zutatenliste stimmen.
Fleischbrühe kochen
Die Basis
Rinderknochen sind die Grundlage für kräftige Fleischbrühe. Damit diese klar und sauber bleibt, werden die Knochen erst kurz in kochendes Wasser gelegt, dann im Sieb kalt abgebraust.
Der Ansatz
Die Knochen werden in kaltem Wasser aufgesetzt und langsam zum Kochen gebracht, wobei die Flüssigkeit nur „zittern“ soll – die meiste Bewegung ist also unter der Oberfläche. So holt das Wasser viel aus den Knochen heraus.
Das Fleisch
Es wird in die simmernde Brühe gelegt, wenn sich seine Poren rasch schließen sollen. Dann gibt es zwar nur einen Teil seiner Kraft an die Brühe weiter, bleibt aber zart und aromatisch. Das ganze Potenzial geht in die Brühe, wenn Fleisch kalt angesetzt wird und langsam auslaugt – auf Kosten seines Aromas.
Das Suppengrün
Es gart so lange mit, dass die Brühe nicht mehr nach ihm schmeckt, aber noch genug von ihm in sich hat. Je nach Größe dauert das 1–2 Stunden. Kocht die Brühe länger, kommt das Gemüse später hinein. Gart sie kürzer, wird es kleiner geschnitten.
Die Würze
Gewürzt wird anfangs mit ganzen Gewürzen, gegen Ende kommen getrocknete, noch später frische Kräuter dazu. Salzt man am Anfang, laugt das Fleisch stärker aus – gut für die Brühe, schlecht fürs Fleisch.
Die Brühe
Die fertige Fleischbrühe wird durchs feine Sieb gegossen, dann wird das Fett (sitzt an der Oberfläche) abgeschöpft. Nun die Brühe noch mal aufkochen und rasch abkühlen lassen. Dazu wird der Deckel nicht auf den Topf gelegt, sondern unter seinen Boden geklemmt. So kann die Brühe von allen Seiten gleichmäßig abkühlen.
GU Spezial-TIPP
Fonds für alle Fälle: In jeder Profi-Küche gibt es einen Topf in der Ecke, in dem sich gute Dinge für einen starken Fond sammeln lassen: Knochen, Gräten oder Gemüse ergänzt durch die Reste eines Kochtages. Das können Sie auch haben, wenn Sie dazu nur Überbleibsel von Wert und Geschmack sammeln. Beim Gemüse sind das vor allem saubere Reste von Wurzeln oder Zwiebeln bzw. Lauch (keine Schalen und welken Teile), Pilzen oder Tomaten, aber nichts, was trüb macht wie Kartoffeln oder das Aroma verdirbt wie Kohl. Fleisch und Knochen gehen immer, so lange sie nicht zu fett sind (gilt auch für Geflügelhaut) oder eigen schmecken (Innereien). Für den Fischfond sind Gräten, Köpfe (ohne Augen) und andere Reste (vor allem von edlen Seefischen) gut, so lange nicht zu viel Haut und Fett dabei ist. Das alles wird entweder gleich verkocht oder gleichmäßig zerkleinert eingefroren, bis...