1.1Wie das Team Management System entstanden ist
Das Team Management System (TMS) wurde von 1985 bis 1988 von Prof. Dr. Charles Margerison (England) und Dr. Dick McCann (Australien) entwickelt. Sie arbeiteten an der Queensland University in Brisbane in Australien und im Rahmen von Beratungsaufträgen bei großen Unternehmen. Keiner von beiden träumte damals davon, dass das TMS sich weltweit verbreiten würde und immer weitere Übersetzungen hinzukommen würden. Das TMS wird heute in über 80 Ländern eingesetzt.
Beide hatten jahrelang im Bereich der Managementberatung gearbeitet, und ihnen waren viele der Instrumente vertraut, die damals genutzt wurden. Ihnen wurde dabei klar, dass keines dieser Instrumentarien das Phänomen der Arbeitspräferenzen und der bevorzugten Verhaltensweisen im Bereich der Arbeit angemessen erfasste. Sie hatten großes Interesse daran, die Teamarbeit zu verbessern und Führungskräften und ihren Teams und Beratern dafür ein akkurates Feedback zur Verfügung zu stellen. Das spornte sie an, ein System zu entwickeln, das diese effektiv in ihrer Arbeit für die Unternehmen nutzen konnten.
Forschungsprogramm zur Zusammenarbeit von Teams
Sie beschäftigte zunächst vor allem die Frage, warum einige Teams sehr erfolgreich waren und andere wiederum versagten, obwohl die Fähigkeiten in beiden Arten von Teams die gleichen zu sein schienen. Einige Arbeitsgruppen schienen gut zusammenzuarbeiten und entwickelten Synergien, während andere sich zu torpedieren schienen. Sie wollten die Gründe dafür herausfinden. Das war der Anlass dafür, dass sie ihr Forschungsprogramm starteten.
Immer wieder stellten sie Führungskräften und Teams Fragen, um ihrem Erfolg oder Misserfolg auf die Spur zu kommen und die Arbeitsweise des Teamleiters und der Teammitglieder zu erkunden. Die Ergebnisse werteten sie im Institute of Team Management Studies (ITMS) in Brisbane systematisch aus, das die TMS-Arbeit von den Anfängen bis heute fortwährend begleitet und dokumentiert.
1.1.1Empirische Teamerfolgsforschung von Margerison und McCann
Dem Buch liegen die Ergebnisse dieser empirischen Forschung mit Führungskräften und Teams in Australien, Europa, den USA und Südostasien zugrunde. Die Forschungsarbeit wurde in den verschiedensten Wirtschafts- und Dienstleistungssektoren und Branchen durchgeführt. Das ITMS verfügt über eine Datenbasis von 151000 Führungskräften und Teammitgliedern, deren Aussagen und Daten anonymisiert in die Forschung eingingen (Stand 2003).
Teamarbeit im Cockpit
Margerison und McCann interviewten zum Beispiel in den frühen 80er-Jahren mehr als 500 Crews von Australian Airlines (heute Qantas) mit dem Ziel, die Teamarbeit im Cockpit und mit allen Beteiligten hocheffektiv zu machen und für jeden Flug die höchste Sicherheit zu gewährleisten. Für diese Crews ist es absolut wichtig, dass sie vom ersten Planungstreffen an, im Kontakt mit den verschiedenen Fluglotsen unterwegs bis zur Landung und zur Abschlussbesprechung ausgezeichnet als vor Ort zusammenarbeitende Teams und virtuelle Teams kooperieren. Qantas führt seither unangefochten das Ranking der sichersten Fluglinien weltweit an, wie aus der im Internet von der Fachzeitschrift der Zivil-Luftfahrt »Aero International« publizierten Unfallstatistik hervorgeht (www.aerointernational.de/Unfallstatistik).
In den Headquarters von Hewlett Packard (HP) in Palo Alto (USA) berieten Margerison und McCann zusammen mit anderen Beratern die Unternehmensleitung in der frühen Phase der langfristigen strategischen Unternehmensentwicklung. Das Ziel von HP war bereits damals, das innovativste IT-Unternehmen weltweit zu werden. Was braucht es, um hehre Unternehmensziele und Leitlinien mit Leben zu füllen und umzusetzen? Ein wichtiges Ergebnis der ersten Erhebungen von Margerison und McCann bei Hewlett Packard war: Bereits damals existierte dort ein gegenüber anderen Unternehmen höheres Potenzial an Mitarbeitern im Bereich »Forschung und Entwicklung« mit der Hauptrollenpräferenz »Kreativer Innovator« (23 Prozent, n = 132). Es wurde bewusst, dass die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens nicht nur mit Leitlinien, sondern vor allem mit der Motivation und Energie engagierter Mitarbeiter gestaltet wird. Der Schlüssel dazu: das Wissen um die Arbeitspräferenzen als Antriebsfeld für die intrinsische Motivation.
Empirische Teamerfolgsforschung
Die Crews von Qantas, die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von HP, australische Regierungsbehörden, die Hong Kong Bank und BP Exploration waren die ersten Unternehmen, bei denen Margerison und McCann ihre empirische Teamerfolgsforschung durchführten. Immer wieder waren sie überrascht, wie vielfältig und divergierend die Aussagen zu den Erfolgsfaktoren waren. Und alle Teams schienen fest davon überzeugt zu sein, dass das von ihnen benannte Erfolgskriterium das wichtigste war. Hier eine repräsentative Zusammenfassung der Aussagen in ihrer zunächst zusammenhanglos anmutenden Form:
Warum ist Ihr Team erfolgreich?
•Wir konzipieren innovative Ideen marktgerecht.
•Wir verkaufen Produkte und Dienstleistungen erfolgreich.
•Wir entwickeln Planungen und Konzepte schlüssig.
•Unser Team ist in der Lage, konsequent hohe Leistungen zu erbringen.
•Wir halten unsere Qualität durch fortwährende Überprüfung auf hohem Niveau.
•Unser Team sichert Standards und Werte im Team und Unternehmen.
•Kollegen und Kunden werden durch uns gut informiert und beraten.
•Unser Team ist in der Lage, sich selbst und andere effektiv zu organisieren.
Eine Logik war zunächst nicht erkennbar, aber in bestimmten Abteilungen kamen bestimmte Nennungen häufiger vor. So benannten zum Beispiel Mitarbeiter von Marketing-Teams »Innovieren« und »Promoten« als wichtigste Faktoren. Teams im Produktionsbereich hielten »Organisieren« und »Umsetzen« für wichtig. Im Bereich der Arbeitssicherheit wurde dem »Überwachen« und dem »Stabilisieren« viel Gewicht beigemessen. Im Sales-Bereich betonte man die Bedeutung von »Promoten« und »Umsetzen«.
Diese Interviews, ihre Diskussion und Auswertung ermöglichten es Margerison und McCann nach und nach, acht Arbeitsfunktionen (Types of Work) zu identifizieren, von denen alle Befragten länder-, unternehmens- und teamübergreifend sagten, dass sie einen wichtigen Beitrag zu effektiver Teamarbeit leisteten. Besondere Aufmerksamkeit wurde auch dem Verbinden der Arbeitsfunktionen in Teams gewidmet. Man fand heraus, dass das »Verbinden« eine besondere Funktion war, die als Bündel von Führungs- und Sozialkompetenzen zu betrachten war.
1.1.2Landkarte 1 – Arbeitsanforderungen für erfolgreiche Teams
Steuerrad
Damit war eine erste Landkarte geschaffen, die die zentral wichtigen Arbeitsanforderungen einfach und universal abbildete, die von erfolgreichen Teams wahrgenommen wurden. Erfolgreiche Führungskräfte sagten, das sei ihr »Steuerrad«, um ihr Boot zielgerichtet in Fahrt zu halten. Effizienz entstehe dann, wenn sie alle Arbeitsfunktionen im Blick behielten. Falls nicht, hätte das Team blinde Flecken und Aussetzer. Für bestimmte Abteilungen und Bereiche gäbe es zwar Schwerpunkt-Funktionen, aber Misserfolg und mangelnde Effizienz wären die Folge, wenn auch nur ein Arbeitsfunktionsbereich vergessen würde.
Bei ihrer Arbeit mit Teams im Bereich der Ölindustrie, in Banken, Regierungsbehörden anderer Länder, in Produktionsfirmen, in der Werbe- und in anderen Branchen wurde die empirische Validität der Arbeitsfunktionen überprüft.
Das Modell der Arbeitsfunktionen wie auch die weiteren Modelle entstanden somit aus einer Vielzahl von Gesprächen und Interviews mit Führungskräften und Teammitgliedern, die zu ihren konkreten Arbeitsprozessen Aussagen machten. Die Autoren hörten genau zu, wie diese Menschen ihre eigene Praxis beschrieben – und spitzten vor allem die Ohren, wenn es um erfolgreiche Teamprozesse ging. Das Ergebnis kann als grundlegendes Modell für erfolgreiche Arbeitsprozesse und gute Teamfunktionalität gesehen werden. Das Modell spiegelt die »Realität« des alltäglichen Arbeitslebens und die Sprache der Arbeit gut wider. Es wird in Kapitel 2.1 näher...