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STEP-Elterntraining - Wege zu erfüllten familiären Beziehungen

Eine praktische Einführung für Eltern und Fachleute

AutorBarbara Ehrlich
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl112 Seiten
ISBN9783170228160
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Eltern sind heute mit großen Herausforderungen konfrontiert. Angesichts der Flut widersprüchlicher und verwirrender Informationen über Erziehung bietet das STEP-Elterntraining eine leicht erlernbare Methode. Sie hilft, Beziehungen zwischen Eltern und Kindern zu verbessern mit dem Ziel des gegenseitigen Respekts. Sie hilft Eltern, ihre Kinder zu verantwortungsbewussten Menschen zu erziehen. Forschungsergebnisse der Universität Bielefeld bestätigen, dass Eltern durch STEP das Vertrauen in ihre Fähigkeiten steigern und Überreaktionen und Dauerstress reduziert werden. Das Konzept und seine praktische Umsetzung stehen im Mittelpunkt des Buches.

Barbara Ehrlich arbeitet als Diplompsychologin und Therapeutin mit Eltern, die Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder suchen, und mit Kindern und Jugendlichen mit Verhaltensstörungen. Dabei arbeitet sie eng mit Kinderärzten, Psychiatern und anderen Fachleuten zusammen. Sie gibt STEP-Elternkurse und bildet STEP-Kursleiter aus. Darüber hinaus ist sie in der Weiterbildung von pädagogischen Fachkräften tätig.

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Leseprobe

1 Prävention und die Bedeutung von Elterntraining


Fragt man Eltern, so ist der Wunsch nach Unterstützung und nach Erziehungsratschlägen groß. Die Flut an sich zum Teil widersprechenden Ratschlägen im Internet, in Zeitschriften und Büchern verstärken das Gefühl der Überforderung und Verunsicherung. „Du musst konsequenter sein!“ – „Ihr müsst euer Kind mehr loben!“ – „Richtet positive Spielzeiten ein!“ – „Der Medienkonsum ist schuld!“ So hören es viele Eltern von Lehrern, Erziehern, Nachbarn und Verwandten und fragen sich, was sie in der Erziehung bloß alles falsch machen. Nicht selten haben Eltern den Anspruch, perfekt zu sein oder alles unter Kontrolle zu haben. Auch die in unserer Gesellschaft bestehenden Forderungen nach Eigenverantwortlichkeit, nach Effektivität und danach, immer gut „funktionieren“ zu müssen, verursachen zunehmendes Stresserleben. Selbstwertzweifel, Ohnmachtsgefühle oder chronische Unzufriedenheit und Verärgerung stellen sich ein, denn die von Eltern meist unreflektierten Vorstellungen über sich selbst, ihre Elternrolle und das Zusammenleben mit ihren Kindern passen oft nicht zur erlebten Realität, in der das Kind jeden Tag erneut beim Anziehen bummelt, nicht aufräumen will oder nicht von der Playstation wegzubringen ist.

Der Wunsch nach Entlastung und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen in dem Bewusstsein, dass die Erfahrungen der ersten Lebensjahre für die weitere Entwicklung ihrer Kinder einen entscheidenden Einfluss haben, löst bei vielen Eltern die Absicht aus, an einem Elterntraining teilzunehmen. Aber wie soll eine alleinerziehende Mutter die Zeit aufbringen, wo im Haushalt schon so viel unerledigt bleibt? Wie soll sie einen Babysitter finden? Wie die Kosten aufbringen bei ihren finanziellen Nöten? Wo und wie findet sie ein für ihren Bedarf angemessenes Angebot?

Die Teilnahme an einem Elternkurs wird in solchen Erziehungssituationen zwar erwogen, aber zuviel Scham und Schuldgefühle verhindern häufig eine Anmeldung. So äußern Eltern beispielsweise: „Klasse, dass es so was gibt, das ist sicher sehr hilfreich“, um dann hinzuzufügen, dass sie selbst aber keinen Kurs benötigen.

Wenn Zeit, Ort und Kosten von Elternkursen jedoch die Teilnahme schon von vornherein verhindern, weil die Möglichkeiten der jeweiligen Zielgruppe nicht ausreichend berücksichtigt werden, wird die Chance vertan, dass die Teilnehmer in ihrer Elternrolle gestärkt werden und sie lernen können, mit den Herausforderungen der Kindererziehung sicherer umzugehen. Eltern brauchen gesellschaftliche Rahmenbedingungen, in denen sie ihre Erziehungsaufgabe besser wahrnehmen können. Dazu gehört auch, dass Elternkurse in Settings angeboten werden, in denen auch diejenigen Erziehenden erreicht werden können, die weniger Ressourcen haben als gut ausgebildete, in sicheren sozialen Verhältnissen lebende Eltern.

Das zunehmende Problembewusstsein der letzten Jahrzehnte hat aber auch positive Folgen: Kinder mit ihren individuellen Persönlichkeiten, ihren Bedürfnissen und Wünschen bekommen mehr Aufmerksamkeit, Achtung und Respekt. Verbunden mit der Zuwendung und Liebe ihrer Eltern, haben sie psychosoziale Kompetenzen entwickeln können, die sie widerstandsfähiger machen, um den gesellschaftlichen Forderungen nach beständigem Fitsein und Funktionieren standhalten zu können. Selbstbewusstsein, Verantwortungsbewusstsein, Flexibilität und Konfliktlösungskompetenz sind Eigenschaften von hohem gesellschaftlichem Wert. Da ist der Wunsch nach Erziehungsoptimierung, der gerade in der Mittelschicht zu beobachten ist, nur verständlich. Das Bedürfnis nach schnellen Ratschlägen und einfachen Antworten hat jedoch auch solche Erziehungskurse auf den Markt gebracht, die keine Prüfung hinsichtlich Qualität und Effektivität erfahren haben.

Erziehung gelingt nicht nach Rezept. Wenn Erziehende bereit sind, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, mit ihren Gefühlen, Wertvorstellungen und der Haltung dem Kind gegenüber, haben sie Chancen, eine erfüllende, tragfähige Beziehung zu ihren Kindern zu entwickeln und Kinder zu erziehen, die die Herausforderungen und Lasten einer sich rasch ändernden Gesellschaft annehmen können.

Neben der absichtsvollen Beeinflussung von Kindern findet immer Erziehung im Sinn wechselseitiger Beeinflussung durch Interaktion statt. In diesem Sinn ist Erziehung immer Beziehung. Meist im Unbewussten vorhandene Vorstellungen und Erwartungen darüber, wie Kinder sich entwickeln und wie sie werden sollen, bedingen das Verhalten der Erwachsenen dem Kind gegenüber und führen zu entsprechenden Reaktionen, die dann wieder auf die Erziehenden zurückwirken. Erziehung ist also zu verstehen als dialogische Begegnung. Das Kind ist Subjekt, es ist keinem bestimmten, von anderen festgelegten Verhalten ausgeliefert, sondern bestimmt die Wirksamkeit einer erzieherischen Maßnahme selbst mit.

Das Kind gibt dem Verhalten eine Bedeutung, einen meist unbewussten Sinn und reagiert entsprechend. So entstehen Muster von wechselseitiger Interaktion. Erziehende und Kinder erfinden einen Raum von Möglichkeiten, in dessen Rahmen sie ihre Beziehung aktiv gestalten. Das geschieht nicht unabhängig von Gesellschaft und Kultur. Nicht nur psychosoziale Bedingungen wie Armut, Wohnverhältnisse und Bildungsdefizite können es erschweren, als Eltern Verantwortung für die Erziehung der Kinder zu übernehmen, auch in der Mittel- und Oberschicht gibt es erhebliche Probleme in der Kindererziehung. Gesellschaftliche Bedingungen sind für den Einzelnen nur langsam und schwer zu verändern, daher ist es sinnvoll und notwendig, an der Verbesserung der Erziehungskompetenz möglichst vieler Eltern anzusetzen.

„Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber man kann es nicht zum Trinken zwingen. Das Trinken ist seine Sache. Aber selbst, wenn das Pferd durstig ist, kann es nicht trinken, wenn man es nicht zum Wasser führt.“

Dieser Gedanke von Gregory Bateson zeigt, dass wir bei unserer Erziehungsabsicht die Autonomie und Selbstverantwortung des anderen berücksichtigen müssen, aber auch Gelegenheiten bereitstellen sollen, damit gute und passende Lernerfahrungen gemacht werden können.

Elternbildungsprogramme zur Stärkung der Erziehungskompetenz werden bereits seit Jahren zum Beispiel in den USA und in Großbritannien in größerer Zahl angeboten und dort selbstverständlicher in Anspruch genommen. In Deutschland wird die flächendeckende Einführung von geeigneten Elterntrainingsprogrammen zum Schutz vor der Entstehung psychischer Störungen und als allgemeine Gesundheitsförderungsmaßnahme in letzter Zeit zunehmend gefordert. Seit etwa zehn Jahren hat sich die Zahl der verschiedenen Präventionsprogramme zur Elternedukation entscheidend erhöht. Die Zahl der Eltern, die bisher an einem solchen Programm teilgenommen haben, ist jedoch noch gering. Es wurden Programme für unspezifische Ziele wie die Verbesserung der seelischen Gesundheit oder spezifische Ziele wie die Prävention von Alkohol- und Drogenabhängigkeit und Rauchen entwickelt und evaluiert. Programme für sozial oder ökonomisch benachteiligte Gruppen wie alleinerziehende Mütter, Eltern mit Migrationshintergrund oder psychisch kranke Eltern sind in der praktischen Erprobung. Die Ergebnisse der Evaluation dieser Programme zeigen, dass die Familie eine ganz entscheidende Rolle bei der Entstehung und der Prävention von Störungen spielt. Familienkonflikte wurden in den Studien als ein bedeutender Faktor für die Entstehung psychischer Störungen identifiziert.

Die Resilienzforschung hat aber auch gezeigt, dass die Familie mit ihrem Zusammenhalt und der Qualität der Beziehungen ein bedeutender Schutzfaktor ist. Zuhören, auf Sorgen und Nöte eingehen sowie gemeinsames Erleben stärken den Aufbau eines positiven Selbstkonzepts bei Eltern und Kindern. Die Psychologie, die Sozialwissenschaften, die medizinische Forschung, insbesondere die Hirnforschung, und die Psychotherapieforschung haben verschiedene Einflussfaktoren herausgestellt, unter denen sich eine gesunde Entwicklung vollziehen kann. Das Wissen über die kindliche Entwicklung und die Bedingungen, unter denen das Erwachsenwerden mit Risiken behaftet ist, war nie so groß wie heute. Je nach theoretischem Hintergrund unterscheiden sich die Antworten auf die Frage, was Kinder für eine gesunde Entwicklung benötigen, nur in der Schwerpunktsetzung.

Meist werden die folgenden Aspekte genannt:

  • Verfügbarkeit von Bezugspersonen, Bindung als sichere Basis;
  • emotionale Wärme, Erfahrung von Kontinuität und Stabilität;
  • liebevolle Zuwendung, Wertschätzung und Respekt;
  • Sicherheit, Verlässlichkeit, verbindliche Grenzsetzung;
  • Anregung, Anleitung, Achtung.

Hierin stimmen Eltern überein. Ja, das wollen sie ihren Kindern geben. Die Frage ist nur: Wie kann man dies in Verhalten umsetzen? Woran können Kinder erkennen, dass sie geliebt und wertgeschätzt werden? Einigen Eltern gelingt es nicht, ihre Erziehungsvorstellungen zu verwirklichen, weil sie ungeeignete Methoden anwenden oder weil sie selbst keine sichere Basis in sich (psychische Gesundheit) und um sich herum haben (gesunde Rahmenbedingungen). Der größte Teil der Eltern holt sich Rat in Erziehungsfragen im sozialen Nahraum, bei Freunden und den eigenen Eltern. Glücklicherweise funktioniert das noch immer. Die Erkenntnis, dass Elternsein gelernt werden muss, motiviert mehr und mehr Mütter und Väter, an Elternkursen teilzunehmen, ohne dabei den schamvollen Gedanken zu haben, dass sie eigentlich wissen sollten,...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Titel1
Inhalt6
Geleitwort Geleitwort8
Einleitung10
1 Prävention und die Bedeutung von Elterntraining14
2 Überblick über STEP18
2.1 Herkunft18
2.2 Theoretische Grundlagen19
2.3 Ziele des STEP-Elterntrainings23
2.4 Arbeitsweise31
2.5 Qualitätsmanagement bei STEP33
3 Was brauchen Kinder für eine gesunde Entwicklung?37
3.1 Ergebnisse der Präventionsforschung38
3.2 Salutogenese40
3.3 Bindungsforschung41
3.4 Resilienz42
3.5 Systemische Ansätze und neuro-wissenschaftliche Beiträge43
3.6 Empowerment47
4 Allgemeine Anforderungen an Elternkurse49
5 Erwartungen und Probleme der Eltern53
6 Das STEP-Konzept im Kontext der Entwicklungspsychologie und der Präventionsforschung59
6.1 Wünschenswerte erzieherische Kompetenzen62
6.2 Inhalte, Ziele und Nutzen der STEP-Kompetenzen70
7 Externalisierende und internalisierende Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen78
7.1 Externalisierendes Verhalten78
7.2 Internalisierendes Verhalten87
7.3 Fazit93
8 Elternkurse in verschiedenen Settings95
8.1 STEP im Bereich Erziehungshilfe (STEP HZE plus)96
8.2 STEP Tandem98
8.3 STEP Duo101
9 Ergebnisse der Bielefelder Evaluation (BEEP)103
Literatur109
Therapeutische Adressen112
Weitere Informationen112
Über die Autorin113

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