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E-Book

Spezielle zerebrovaskuläre Krankheiten

Intrakranielle Blutungen, Thrombosen und Ischämien

AutorDarius G. Nabavi, E. Bernd Ringelstein
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl228 Seiten
ISBN9783170266513
FormatePUB/PDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,99 EUR
Der Schlaganfall stellt eine häufige Erkrankung mit vielfältigen Ursachen und Mechanismen dar. Dieses Werk veranschaulicht die für die tägliche Praxis relevanten Fakten zu speziellen zerebrovaskulären Krankheiten wie z. B. Hirnblutungen, Hirnvenenthrombosen, Hirngefäßdissektionen, Mikroangiopathien und paradoxen Hirnembolien. Durch die Fülle an Tabellen und Abbildungen ist es auch dem viel beschäftigten Leser möglich, sich in aller Kürze zu informieren. Zusätzlich enthält das Buch einen Ratgeber für Nichtmediziner, der in Frage-und-Antwort-Form die entscheidenden Aspekte aus Sicht der Betroffenen und Angehörigen darlegt.

Professor Dr. med. Darius G. Nabavi ist Direktor der Klinik für Neurologie - Stroke Unit - am Klinikum Neukölln, Berlin. Professor Dr. med. E. Bernd Ringelstein ist 2. Vorsitzender der Deutschen Schlaganfallgesellschaft und Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Münster.

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Leseprobe

1 Definition und Differentialdiagnose


1.1 Der »Schlaganfall«


Der Schlaganfall ist ein klinisch definiertes Syndrom, das durch ein plötzlich einsetzendes, fokal-neurologisches Defizit mutmaßlich vaskulärer Ursache gekennzeichnet ist. Synonym werden die Begriffe »Hirninsult« oder »Stroke« verwendet. Der veraltete Terminus »Apoplex« (= »niedergestreckt werden«) reduziert die Krankheit auf schwerste motorische Defizite und sollte heutzutage vermieden werden. Die Diagnose eines Schlaganfalls wird primär anhand des klinischen Syndroms gestellt, daraus können jedoch keine sicheren Anhaltspunkte im Hinblick auf Ätiologie und Pathogenese gewonnen werden. Vielmehr liegt dem Schlaganfall ein vielfältiges differentialdiagnostisches Spektrum zugrunde, das durch gezielte Zusatzdiagnostik aufgeschlüsselt werden muss (s. Tab. 1.1).

1.2 Klassifikation von Schlaganfallsyndromen


Es gibt verschiedene Möglichkeiten den Schlaganfall zu klassifizieren. Im Wesentlichen erfolgt dies nach 1. dem Pathomechanismus des Insultes, 2. dem zeitlichen Verlauf, 3. der Schwere des Defizits, 4. der Ätiologie des Insultes, 5. dem betroffenen arteriellen Stromgebiet und 6. dem Infarktmuster in der Bildgebung. Diese wesentlichen Aspekte sollen im Folgenden kurz dargelegt werden.

1. Pathomechanismus des Insultes

Man unterscheidet nach dem zugrunde liegenden Pathomechanismus 1. ischämische Insulte von 2. hämorrhagischen Insulten (= Hirnblutungen). Dabei machen ischämische Insulte etwa 80–85 %, Hirnblutungen etwa 15 % aller Schlaganfälle aus. Es gibt keine verlässlichen Kriterien, diese beiden Insultformen klinisch zu differenzieren (Weir 1994). Dies ist nur durch eine zerebrale Bildgebung mittels CT oder MRT möglich. Vor dem Hintergrund gegensätzlicher Therapiestrategien ist diese Differenzierung höchst bedeutsam. Eine spezifische Schlaganfalltherapie ist erst nach erfolgter Bildgebung – und im

Tab. 1.1: Ätiologische Subgruppen des Schlaganfalls.

1

Ischämischer Insult

1.1

Arterielle Makroangiopathie

  • Atherosklerotische Gefäßkrankheiten
    • Aortenbogen
    • Extrakranielle hirnversorgende Arterien
    • Intrakranielle hirnversorgende Arterien
  • Gefäßdissektionen
    • Spontan (meistens)
    • Traumatisch
  • Vaskulitiden
    • Generalisierte Form (meistens)
    • Isoliert am ZNS
  • Vasospasmen nach SAB
  • Andere Vaskulopathien ungeklärter Dignität
    • Fibromuskuläre Dysplasie
    • Moyamoya-Syndrom

1.2

Arterielle Mikroangiopathie

  • Erworbene Lipohyalinose penetrierender Arterien und Arteriolen
  • Hereditäre Syndrome*
    • CADASIL: Cerebrale autosomal dominante Arteriopathie mit subkortikalen Infarkten und Leukenzephalopathie
    • HERNS: Hereditäre Endotheliopathie mit Retinopathie, Nephropathie und Schlaganfall
    • Susac-Syndrom: Mikroangiopathie von Gehirn, Retina und Cochlea
    • M. Fabry
  • Toxämische Leukenzephalopathie (= Posteriore Enzephalopathie)
    • Peripartale Vaskulopathie
    • Andere

1.3

Kardiogene Embolien

  • Vorhofflimmern
  • Andere Rhythmusstörungen
  • Klappenerkrankungen, künstliche Herzklappen
  • Kontraktionsstörungen, thrombosiertes Herzwandaneurysma
  • Akuter Myokardinfarkt
  • Intrakavitäre Thromben
  • Rechts-Links-Shunt: Paradoxe Embolie

1.4

Andere Ischämieursachen

  • Sinusthrombose mit venösem Stauungsinfarkt
  • Hämatologische Krankheiten
    • Thrombophilien: Erworben – hereditär
    • Hyperviskositätssyndrome
    • Myeloproliferative Erkrankungen
  • Migräne
  • Mitochondriopathien (z.B. MELAS-Syndrom)
  • Gefäßkompression durch Tumor
  • Iatrogene periinterventionelle Insulte

2

Hämorrhagischer Insult

2.1

Intrazerebrales Hämatom

  • Spontan
    • Hypertensiv
    • Gefäßmalformation
    • Amyloidangiopathie
    • Gerinnungsstörung mit hämorrhagischer Diathese
    • Vaskulitis
    • Tumoreinblutung
    • Stauungsblutung infolge venöser Thrombose
    • Sympathikomimetika-Einnahme
  • Traumatisch

2.2

Subarachnoidalblutung

  • Spontan
    • Arterielles Aneurysma
    • Gefäßmalformation
    • Hämorrhagische Diathese
    • Perimesenzephal: Venöse Ruptur (?)
  • Traumatisch

2.3

Subdurales Hämatom

  • »Spontan«
    • Chronischer Alkoholismus
    • Rezidivierende Mikrotraumen
    • Hämorrhagische Diathese
  • Traumatisch

2.4

Epidurales Hämatom

  • Traumatisch

* Hier sind weitere Varianten, u.a. das sog. CARASIL als rezessive Form des CADASIL oder das Syndrom mit infantiler Hemiparese, retinaler arterieller Gefäßschlängelung und Leukenzephalopathie beschrieben worden.

Gegensatz zum Myokardinfarkt nicht bereits im Notarztwagen – möglich. Darüber hinaus sind sowohl ischämische als auch hämorrhagische Insulte in sich ätiologisch heterogen (s. Tab. 1.1).

2. Zeitlicher Verlauf der klinischen Defizite

Anhand des zeitlichen Verlaufs des klinischen Defizits werden die »Transitorisch-ischämische Attacke« (TIA) und der »vollendete Insult« (engl. completed stroke) unterschieden. Von einer TIA spricht man, wenn sich die neurologischen Defizite innerhalb von 24 Stunden vollständig zurückbilden. Bestehen die Symptome über 24 Stunden, so liegt ein vollendeter Insult vor. Daneben wurden weitere Begriffe wie RIND (reversibles ischämisches neurologisches Defizit) oder PRIND (prolongiertes reversibles ischämisches neurologisches Defizit)...

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